| Titel: | Druckschraube von G. Weickum in Wien. | 
| Fundstelle: | Band 248, Jahrgang 1883, S. 11 | 
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                        Druckschraube von G. Weickum in
                           								Wien.
                        Mit Abbildungen.
                        Weickum's Druckschraube.
                        
                     
                        
                           Mit den gewöhnlichen Schrauben können nur dann groſse Druckkräfte direkt erzeugt
                              									werden, wenn die Steigung sehr klein gewählt wird. Durch praktische Rücksichten sind
                              									nun für die Wahl der Steigung enge Grenzen gezogen. Wollte man trotzdem groſse
                              									Umsetzung erreichen, so müſste man zu Vorgelegen oder zu Differentialschrauben seine
                              									Zuflucht nehmen.
                           Georg
                                    											Weickum in Wien (* D. R. P. Kl. 47 Nr. 19 738 vom 14. März 1882) hat diese
                              									Aufgabe in einer neuen eigenartigen Weise gelöst. Indem Spindel und Mutter in einem
                              									Körper vereinigt wurden, konnten einer Schraube beliebig kleine Steigungen gegeben
                              									werden, ohne die Festigkeit von Gewinden in Frage zu stellen. Die Schraube wird
                              									gebildet aus einzelnen Kreisringen, deren Stirnflächen Schraubengänge sind. Eine
                              									Anzahl solcher Ringe werden, wie nebenstehende Figur zeigt, über eine runde Stange
                              										A geschoben und so zu einer Säule vereinigt. Jeder
                              									Ring ist mit entsprechend angebrachten Nasen versehen, welche verhindern, daſs er
                              									sich gegen die benachbarten um mehr als ⅜ Umgang drehen kann. Wird die Drehung in
                              									den unteren Endring B eingeleitet, so wird dieser sich
                              									so lange gegen den nächsten drehen, bis die Anschläge auf einander treffen. Während
                              									dieser Zeit ist die darüber stehende Säule um die Ganghöhe des einen Ringes gehoben
                              									worden. Nun nimmt auch der zweite Ring C an der Drehung
                              									theil und, bis dessen Nase den nächsten Ring erfaſst, ist eine weitere Hebung der
                              									übrigen Säule um eine zweite Ganghöhe erfolgt; so wird schlieſst lieh, nachdem alle
                              									Ringe C gedreht sind, der letzte Ring D und mit ihm die daran befestigte Druckvorrichtung um
                              									die Summe aller Steigungen bewegt worden sein.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 248, S. 11
                              
                           Wie aus dem Gesagten hervorgeht, wirkt die Vorrichtung nicht als
                              									Differentialschraube, sondern wie eine einfache Schraube; sie hat mit ersterer aber
                              									gemein, daſs die auf eine Umdrehung an der Einleitungsstelle für die Kraft treffende
                              									Verschiebung der Last beliebig klein, die mit der Schraube ausgeübte Druckkraft also
                              									dem entsprechend groſs sein kann. Die zu erreichende Hubhöhe hängt ab von der Zahl
                              									der Ringe; da dieselbe bezieh. die Höhe der Säule bei groſser Uebersetzung und
                              									gleichzeitig verlangtem groſsem Hub eine sehr bedeutende werden muſs, so ist auch
                              									dieser Schraube die Grenze für ihre Anwendbarkeit gezogen, wie allen Maschinen,
                              									welche auf der Anwendung des Keiles beruhen. Zur Verminderung der Reibung zwischen
                              									den einzelnen Ringen versieht Weickum die
                              									Schraubenflächen mit Rinnen, in welche kleine Stahlkugeln eingelassen werden
                              									können.
                           
                           Die beschriebene Schraube ist ohne Zweifel eine interessante Bereicherung der Zahl
                              									der einfachen Maschinen und dürfte einer ausgedehnten Anwendung für die
                              									verschiedensten Arten von Pressen sicher sein.
                              									Gröſseren Werth erhält die Weickum'sche Schraube durch
                              									eine Eigenschaft, welche sie ganz besonders zur Bremsschraube für Eisenbahnfahrzeuge geschickt macht. Man kann die
                              									Steigung der einzelnen Ringe verschieden wählen. Indem man den ersten Ringen, welche
                              									nur das Verschieben der Bremsklötze gegen das Rad bewirken sollen, gröſsere, jenen
                              									aber, welche das Anpressen der Bremsbacken besorgen müssen, geringere Steigung gibt,
                              									können bei gleichmäſsiger Drehung an der Kurbel die Bremsklötze zunächst rasch gegen
                              									das Rad geführt und dann kräftig angedrückt werden, womit die Bremsarbeit wesentlich
                              									erleichtert ist. Von Seite der Wiener und Pester Tramway – Gesellschaften sowie von
                              									der General-Inspection der österreichischen Eisenbahnen wurden umfassende Versuche
                              									mit solchen Bremsen angestellt und, da sie – wie das Organ
                                 										für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1883 * S. 22 mittheilt – sehr
                              									günstige Resultate ergaben, deren Einführung ins Auge gefaſst.