| Titel: | Ein neues selbstregistrirendes Thermometer für Tiefseebeobachtungen; von Dr. R. v. Lendenfeld in Melbourne. | 
| Autor: | R. v. Lendenfeld | 
| Fundstelle: | Band 248, Jahrgang 1883, S. 63 | 
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                        Ein neues selbstregistrirendes Thermometer für
                           								Tiefseebeobachtungen; von Dr. R. v. Lendenfeld in Melbourne.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 6.
                        R. v. Lendenfeld's Tiefsee-Thermometer.
                        
                     
                        
                           Die genauere Erforschung der groſsen Meerestiefen, welche besonders durch die
                              									Expedition des Challenger in neuerer Zeit gefördert
                              									worden ist, erstreckt sich ebenso wohl auf die Bewohner, wie auch auf die
                              									physikalische Beschaffenheit des Wassers groſser Tiefen.
                           Eine besondere Wichtigkeit ist den Temperaturbeobachtungen beizumessen, weil die
                              									Temperatur verschiedene Tiefen, an jenen Orten herrschende polare oder äquatoriale
                              									Strömungen erkennen läſst und auſserdem für die physikalische Geographie von groſsem
                              									Interesse ist.
                           
                           Auſser den von dem wissenschaftlichen Stabe des Challenger zumeist gebrauchten Minimumthermometern kamen auch einige
                              									registrirende Instrumente zur Verwendung. Diese letzteren erwiesen sich jedoch als
                              									unbrauchbar und es war mittels der Minimum- und Maximumthermometer natürlich nicht
                              									möglich, die wichtige Frage zu entscheiden, ob das Wasser am Meeresgründe wärmer sei
                              									als in höheren Schichten. Nur dann, wenn das Minimumthermometer, welches bis an den
                              									Grund gelangt war, eine niedrigere Temperatur zeigte wie jedes andere, konnte man
                              									die Temperatur des Grundwassers erkennen. In allen jenen Fällen aber, in welchen die
                              									Temperaturen der unteren Schichten alle gleich zu sein schienen; war die Annahme
                              									gerechtfertigt, daſs die Temperatur unten eine andere sei, als sie das
                              									Minimumthermometer anzeigte; denn es muſste das Thermometer, welches durch die
                              									kälteste Schicht gegangen war, die Temperatur derselben anzeigen, ohne Rücksicht
                              									darauf, was für Temperaturen unterhalb dieser Schicht herrschten.
                           Diese Erwägungen haben mich veranlaſst, das nachstehend beschriebene, in Fig.
                                 										13 bis 15 Taf. 6
                              									dargestellte selbstregistrirende Thermometer zu construiren, welches die
                              									Temperaturen von Meter zu Meter auf 1° genau angibt.
                           Die Platte B (Fig. 15)
                              									hat in der Mitte eine runde Oeffnung zur Aufnahme eines Glasrohres E, in dessen oben zugeschmolzenem Ende in gleichen
                              									Abständen von einander feine Platindrähte eingeschmolzen sind. Letztere werden mit
                              									feinen Drähten verbunden, welche durch Guttaperchahüllen von einander und von der
                              									Umgebung abgeschlossen werden. Zu einem Bündel a
                              									vereinigt, durchziehen diese Drähte die obere Schluſsplatte D des Eisenrohres C. Ein anderer isolirter
                              									Draht e wird mit der Schluſsplatte verbunden. Das
                              									Fingerhut förmige Stück A wird mit Quecksilber gefüllt,
                              									die durchbohrte Platte B mit dem eingeschmolzenen, oben
                              									noch offenen Thermometerrohre E eingeschraubt und das
                              									Ganze auf 25° erhitzt. Die Quecksilbermenge und die Rohrweite müssen so bemessen
                              									sein, daſs bei +25° das Quecksilber überzuströmen beginnt und daſs dasselbe bei –
                              									12° ganz aus dem Rohre sich zurückgezogen hat. Das auf + 25° erwärmte Rohr wird oben
                              									vorübergehend verschlossen und es werden dann auf gewöhnliche Weise durch
                              									Vergleichsbeobachtungen die Temperaturgrade von – 10 bis + 20° am Glase angegeben.
                              									Nach Abgieſsen des Quecksilbers werden dann an allen Theilstrichen Platinstifte
                              									eingeschmolzen; hierauf wird das Glasrohr mit einem feinen Kolben innen polirt, um
                              									etwa beim Einschmelzen daselbst entstandene Hervorragungen zum Theil zu entfernen.
                              									Ist dies geschehen, so wird nach Austreibung der Luft das Thermometer
                              									zugeschmolzen.
                           Die an sich ziemlich schwierige Herstellung des Thermometers wird dadurch wesentlich
                              									erleichtert, daſs es der Brauchbarkeit des Instrumentes keinen Eintrag thut, wenn
                              									die Platinstifte auch nicht genau in jener Höhe liegen, welche das Quecksilber erreicht, wenn es auf
                              									eine ganze Zahl von Graden erwärmt wird, da Abweichungen bis zu ¼° anderweitig
                              									berichtigt werden können.
                           Nun wird das Eisenrohr C, nachdem die Platinstifte mit
                              									Drähten in Verbindung gesetzt worden sind, aufgeschraubt und der Raum zwischen Glas-
                              									und Eisenrohr mit Schwefelstaub angefüllt; das Drahtbündel wird durch das Loch der
                              									Schluſsplatte D geführt und nun das Ganze durch
                              									mehrtägige Einwirkung von Chlorcalcium vollkommen getrocknet, worauf man die
                              									Schluſsplatte aufschraubt. Das Drahtbündel ist im weiteren Verlaufe in das Seil
                              									eingeschlossen, welches zum Herablassen des Instrumentes sammt den Gewichten
                              									dient.
                           Am anderen Ende des Seiles strahlen, wie aus Fig. 14 zu
                              									entnehmen, alle Drähte radial aus. Der Draht e, welcher
                              									mit der Hülse des Thermometers verbunden ist, wird mit einer groſsen, leicht zu
                              									erneuernden, amalgamirten Zinkplatte Z in Verbindung
                              									gebracht, welche in einer Zelle mit sehr verdünnter Schwefelsäure aufgehängt ist.
                              									Die Drähte a, welche von den Platinstiften kommen,
                              									umspinnen je einen kleinen Elektromagnet M (Fig.
                                 										13). Nach etwa 100 Umläufen verläſst der Draht den Eisenkern und zieht zu
                              									der Zelle (Fig. 14)
                              									hin, wo er mit einem Platinblechstreifen P endet,
                              									welcher in die verdünnte Schwefelsäure der Zelle eintaucht. Das Element enthält eine
                              									poröse Thonplatte T, welche die Platinstreifen von der
                              									Zinkplatte trennt.
                           Die durch das Element erzeugten elektrischen Ströme gehen von den Platinstreifen P durch die Drähte a um
                              									die Elektromagnete herum, hinab zu den Platinstiften des Thermometers. Von
                              									denjenigen Platinstiften nun, welche unterhalb des
                              									Quecksilberstandes liegen, vereinigen sich die Ströme und gehen durch das
                              									Quecksilber und die Hülse in den Draht e, welcher mit
                              									der groſsen Zinkplatte des Elementes in Verbindung steht. Durch alle jene Drähte,
                              									welche mit über dem Quecksilber liegenden Stiften in
                              									Verbindung sind, geht kein Strom. Es werden also alle jene Eisenkerne der
                              									Elektromagnetenreihe magnetisch sein, welche von Drähten umsponnen werden, die mit
                              									ihren freien Enden in das Quecksilber des Thermometers eintauchen, während alle
                              									anderen Eisenkerne unmagnetisirt bleiben.
                           Die Elektromagnete werden nun in derselben Reihenfolge neben einander aufgestellt,
                              									wie die Platinstifte des Thermometerrohres liegen, so daſs dieselben der Reihe nach
                              									magnetisch werden, wenn die Temperatur von – 10 auf + 20° steigt und zwar in
                              									demselben Augenblicke, als das Quecksilber des Thermometers die betreffende
                              									Temperatur erreicht hat.
                           Da es nun wohl schwer gelingen dürfte, ein solches Thermometer so herzustellen, daſs
                              									die Eisenkerne genau bei den Gradgrenzen magnetisch
                              									werden, so wird für das Magnetischwerden eines jeden Eisenkernes die Temperatur zu
                              									bestimmen sein.
                           
                           Unterhalb der 30 Elektromagnete liegen ebenso viel radial angeordnete Anker,
                              									Messingstäbe, deren Enden unter den Magneten liegen und mit je einer kleinen
                              									Eisenplatte c verbunden sind, welche nach oben gezogen
                              									wird, sobald das Thermometer in eine Wasserschicht von der diesem Eisenkerne
                              									entsprechenden Temperatur kommt. Sinkt die Temperatur in der Umgebung des
                              									Thermometers unter den betreffenden Grad, zu welchem der Eisenkern gehört, so wird
                              									der zugehörige Anker wieder fallen gelassen. Die Messingarme der Anker sind in der
                              									Mitte bei n derart befestigt, daſs sie sich nur um eine
                              									horizontale Achse drehen können. Auſserdem wird die Bewegung durch zwei Schneiden
                              										z (Fig. 13) in
                              									der Nähe der Elektromagnete eingeschränkt, so daſs die Anker c weder den Magnet berühren, noch so weit herabsinken können, daſs der
                              									Magnet keinen Einfluſs mehr ausüben könnte. Am anderen Ende der Ankerhebel ist je
                              									eine senkrechte Schreibfeder s angeheftet, unter
                              									welcher über eine Rolle R ein breiter Papierstreifen
                              									hinwegläuft. Diese Rolle befindet sich in einer solchen Entfernung von der Spitze
                              										s, daſs dieselbe das Papier nur dann berührt, wenn
                              									der zugehörige Anker von seinem Elektromagnet emporgehoben wird. Die Entfernungen
                              									zwischen den Federspitzen werden genau den Unterschieden angepaſst, die zwischen
                              									jenen Temperaturen liegen, welche dem Magnetischwerden der zu den zwei benachbarten
                              									Stäben gehörenden Elektromagnete entsprechen. Auf diese Weise kann man die Fehler in
                              									der Construction des Thermometers ausgleichen. Würden die Platinstifte genau an den
                              									Gradgrenzen liegen, dann müſsten die Schreibfederspitzen alle gleichen Abstand
                              									besitzen. So aber stellt man die Zahlenreihe der Temperaturen auf, bei welchen das
                              									Quecksilber die Platinstifte erreicht und vertheilt nun die Abstände zwischen den
                              									Federspitzen proportional. Da die Entfernung der äuſsersten Federspitzen gegeben
                              									ist, so lassen sich alle übrigen Entfernungen der Federspitzen leicht berechnen.
                           Bewegt sich nun die Rolle R und wird das Thermometer
                              									nach einander verschiedenen Temperaturen ausgesetzt, so werden bald mehr, bald
                              									weniger Eisenkerne magnetisirt und somit einmal mehr und einmal weniger Federn s das Papier berühren und schreiben. Verbindet man nun
                              									die Enden aller gezeichneten Linien mit einander, so
                              									erhält man eine genaue Temperaturcurve.
                           Um nun diese Curve in unserem Falle verwerthen zu können, brauchen wir nur die
                              									Papierrolle R mit einer Scheibe in Verbindung zu
                              									bringen, um welche das Seil läuft, an dem das Thermometer hängt. Diese Scheibe, um
                              									welche das Seil schraubenförmig mehrmals herum geführt ist, hat einen Durchmesser
                              									von (1 : π) Meter, so daſs mit einer einmaligen
                              									Umdrehung der Scheibe genau 1m Seil abgewickelt
                              									wird. Durch eine doppelte Zahnradübersetzung wird nun die Umdrehungsgeschwindigkeit
                              									in der letzten Achse auf 0,01 der Geschwindigkeit der Scheibe herabgesetzt. An der
                              									letzten Achse ist die Rolle R befestigt, um welche das Papier läuft.
                              									Diese Rolle hat einen Durchmesser von (0,1 : π) Meter,
                              									so daſs sich von ihr bei einmaliger Umdrehung 10cm
                              									Papier abwickeln, während 100m Seil ablaufen. Das
                              									Papier geht um eine zweite Rolle, welche 5m
                              									entfernt ist; es ist somit etwas über 10m lang und
                              									bildet einen geschlossenen Ring. 10km Seil
                              									entsprechen 10m Papier, welches von Millimeter zu
                              									Millimeter mit Querlinien versehen ist.
                           Will man nun mit dem vorbeschriebenen Apparate arbeiten, so hängt man an das Ende des
                              									Seiles, welches stets naſs erhalten werden muſs, um nicht zu groſsen Aenderungen in
                              									der Länge beim Gebrauche ausgesetzt zu sein, einige Gewichte fest und einige
                              									Gewichte derart, daſs sie von dem Seile loskommen, sobald sie den Meeresgrund
                              									erreichen. Das Seil geht um die Scheibe und das beschwerte Ende wird versenkt.
                              									Sobald das Thermometer die Oberfläche des Wassers erreicht, wird mit dem Ablassen
                              									innegehalten. Der geschlossene, also endlose Papierstreifen wird nun derart über
                              									seine Rollen gelegt, daſs die Querlinie Null genau unter die Reihe der Federspitzen
                              										s zu liegen kommt. Die Querlinien sind mit
                              									fortlaufenden Zahlen von 1 bis 10000 versehen und der Rest des Streifens, welcher
                              									nicht linirt ist, wird zur Niederschreibung von Zeit und Ort verwendet. Nun werden
                              									die Gewichte sinken gelassen. An der Scheibe befindet sich eine Vorrichtung, welche
                              									die allzu rasche Abseilung verhindert und regulirend wirkt (Schaufelrad in Wasser).
                              									Die Zahlen am Papierstreifen unter den Federspitzen zeigen stets die Tiefe an, in
                              									welcher sich das Thermometer gerade befindet. Am Ende des Seiles befindet sich ein
                              									Drücker o. dgl., welcher das Läuten einer Glocke veranlaſst, sobald der Meeresgrund
                              									erreicht wird.
                           Obwohl die Wärmeleitung durch die Metallwände des Apparatgehäuses rasch vor sich
                              									geht, werden die Temperaturen doch in so fern unrichtig aufgezeichnet sein, als sie
                              									etwas zu spät markirt, somit in gröſsere Tiefe verlegt erscheinen werden. Um diesen
                              									Uebelstand zu beheben, zieht man einen anderen Papierstreifen über die Rollen R und zwar so, daſs jene Eintheilungslinie unter den
                              									Federspitzen zu liegen kommt, welche auf dem ersten Streifen erreicht wurde, die
                              									also der Tiefe entspricht, in welcher sich das Thermometer befindet. Nun wird das
                              									Seil wieder aufgewunden und zwar möglichst mit derselben Geschwindigkeit in den
                              									einzelnen Absätzen, mit welcher es hinabgelassen worden war. Die nun erhaltene
                              									graphische Darstellung ist ebenso weit nach oben verschoben, wie es die frühere nach
                              									unten war. Das Mittel zwischen beiden, welches sich leicht construiren läſst,
                              									entspricht dann den wirklichen Verhältnissen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
