| Titel: | Ueber die Verarbeitung Oberharzer Bleierzschliege. | 
| Fundstelle: | Band 248, Jahrgang 1883, S. 124 | 
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                        Ueber die Verarbeitung Oberharzer
                           								Bleierzschliege.
                        Cramer v. Clausbruch's Verarbeitung Oberharzer
                           								Bleierzschliege.
                        
                     
                        
                           Die Oberharzer Bleierzschliege, welche der Silberhütte zu Altenau zur Verarbeitung
                              									zugewiesen werden, haben bei niedrigem Bleigehalt verhältniſsmäſsig viel Quarz und
                              									Zinkblende, wodurch die sonst am Oberharz übliche Verhüttung mittels der
                              									Niederschlagsarbeit sehr erschwert wurde. Auf Grund bezüglicher Versuche ist nun
                              									nach Cramer v. Clausbruch (Zeitschrift für Berg-, Hütten-
                                       										und Salinenwesen, 1883 * S. 26) folgendes neue Verfahren mit Erfolg
                              									eingeführt worden.
                           Die zur Verarbeitung gelangenden Bleierzschliege mit 54 bis 55 Proc. Blei, 0,08 Proc.
                              									Silber, 0,90 Proc. Kupfer, 7 bis 8 Proc. Zink und 14 bis 18 Proc. Kieselsäure werden
                              									in einem einherdigen Flammofen geröstet, welcher auf jeder Längsseite 15
                              									Arbeitsöffnungen hat, wovon 13 zum Vorbringen des Röstmaterials dienen und je eine
                              									zum Sumpf und zur Feuerung führt. Der Herd ist 19m
                              									lang, 3m im Lichten breit, der Scheitel des
                              									Gewölbes liegt 0m,5 über der Herdsohle, welche von
                              									der Feuerbrücke nach dem Fuchs zu um 10cm
                              									ansteigt. Zwischen Fuchs und Esse liegt ein System von Condensationskammern. Vor der
                              									Feuerbrücke ist der Herd zu einem flachen Sumpfe zum Einschmelzen der abgerösteten
                              									Röstmasse vertieft. Feuerbrücke und Sumpf des Herdes werden durch Luftkanäle
                              									gekühlt.
                           Die Bleierzschliege werden in dem von der Feuerung entferntesten Theile des Ofens auf
                              									den Herd eingetragen und allmählich bei fortschreitender Röstung der Feuerung
                              									entgegengebracht. Der Röstprozeſs liefert die günstigsten Resultate bei einem
                              									Bleigehalte der Schliege von 55 bis 60 Proc., einem Kieselsäuregehalte von 15 Proc.
                              									und wenn die Korngröſse wie die Zusammensetzung der Schliege eine möglichst
                              									gleichmäſsige ist. Die Korngröſse darf 2mm nicht
                              									überschreiten; je feiner das Korn, desto besser verläuft der Prozeſs. Da die
                              									Zinkblende eine längere Zeitdauer und eine höhere Temperatur zur Abröstung verlangt
                              									als reiner Bleiglanz, so empfiehlt es sich, die an Zink reicheren Erze von den an
                              									Zink ärmeren getrennt abzurosten. Ist der Kieselsäuregehalt erheblich geringer, so
                              									wird ein Theil des gebildeten schwefelsauren Bleioxydes unzerlegt bleiben, wodurch
                              									später beim Schmelzprozeſs eine Steinerzeugung herbeigeführt wird, welche allerdings
                              									für die Altenauer Verhältnisse ohne Nachtheil sein würde. Je mehr Kieselsäure in der
                              									Beschickung vorhanden ist, desto mehr Basen sind zur Zerlegung des kieselsauren
                              									Bleioxydes beim Schmelzprozeſs erforderlich. Die Oefen werden 6 stündig mit 1t,5 Schliege beschickt, so daſs ein Ofen in 24
                              									Stunden 6t Sehliege verarbeitet, bei einem
                              									Steinkohlenverbrauche von 1t,1. Belegt sind die
                              									Oefen in 12stündiger Schicht mit je 6 Arbeitern, so daſs zum Abrösten von 5t Schliege 10 zwölfstündige Schichten aufgehen. Es
                              									werden erhalten 85 Proc. vollkommen verschlacktes Röstgut, 10 Proc. desselben,
                              									gemengt mit glanzigem Röstgut, und 2 bis 3 Proc. glanziges Röstgut bei 2 bis 3 Proc.
                              									Röstabgang.
                           Das gut verschlackte, von Schwefel nahezu freie Röstgut enthält nur Spuren von dem im
                              									Schliege vorhandenen Kupfer und etwa die Hälfte des im Schliege festgestellten
                              									procentualen Silbergehaltes, während das übrige Kupfer und Silber sich in dem
                              									glanzigen und gemischten Röstgut sammelt.
                           Zum Schmelzen des Röstgutes sind 2 förmige Schachtöfen verwendet, deren Schacht von
                              									den Formen ab 4m in einer Weite von 1m,2 aufsteigt und dann in einen 1m hohen schmiedeisernen Gichtaufsatz endet,
                              									welcher sich oben bis zu 1m,5 erweitert. Bis 1m über der Form ist dem Schachte zur Bildung einer
                              									Rast eine geringe Neigung gegeben, mit welcher die Vorwand des Ofens parallel läuft.
                              									Die Formen liegen 0m,75 über dem Sohlstein. Ein
                              									schmiedeiserner Wasserkühlapparat, welcher die Rückwandmauer des Ofens mantelförmig
                              									umgibt, schützt diese gegen die basische Einwirkung der Beschickung vor Corrosion,
                              									ohne auf die Schmelzmasse selbst zu stark kühlend einzuwirken. Derselbe hat die Form
                              									eines Kreissegmentes von 160 bezieh. 180cm
                              									Bogenlänge, 110cm Höhe und 12cm lichter Weite. In der Mitte ist er mit einer
                              										70cm langen und 35cm hohen viereckigen Durchbrechung versehen, durch welche zwei getrennt
                              									gekühlte guſseiserne Formen von 60cm Länge
                              									convergirend nach dem Ofenmittel eingesteckt werden, so daſs sich deren Achsen etwa
                              									im Mittel zwischen Ofenachse und Vorwandmittel schneiden. Die Formrüssel reichen
                              										10cm in den Schacht hinein, haben 7cm,5 Durchmesser im Lichten und von Mittel zu
                              									Mittel einen gegenseitigen Abstand am Rüssel von 28cm. Die Zustellung des Ofens ist die eines Sumpfofens. Diese gestattet,
                              									etwaige Ausscheidungen im Sumpfe des Ofens durch den Vorherd so lange zu beseitigen,
                              									bis durch eine Aenderung der Beschickung die Bildung derselben von selbst
                              									aufhört.
                           Gegenwärtig werden 4t Röstgut mit 1t rohem Schliege gattirt und diese 5t Schmelzgut je nach dem Gehalte an Kieselsäure
                              									und Zink mit 1 bis 1t,25 Puddelschlacke, 1 bis
                              										1t,25 Oker'schen Extractionsrückständen und
                              									0,75 bis 1t,5 Kalk, im Durchschnitt mit 3,25 bis
                              										3t,5 der genannten basischen Vorschläge
                              									beschickt. Dazu treten noch Schlacken von derselben Arbeit nach Bedürfniſs. Aus einer solchen
                              									Schicht werden 32 bis 34 Gichten mit je 50k Kokes
                              									gemacht und werden 60 solcher Gichten in 24 Stunden durchgesetzt, bei einer
                              									Windpressung von 14 bis 20mm Quecksilber. Die
                              									Belegschaft des Ofens in 8 stündiger Schicht besteht aus 1 Schmelzer, 2 Vor- und 1
                              									Schlackenläufer.
                           Zur Aufnahme des in den Erzen und in den als Vorschlag benutzten
                              									Extractionsrückständen enthaltenen Kupfers ist eine Steinbildung nothwendig; der
                              									dazu erforderliche Schwefel wird durch den rohen Schlieg eingeführt. Würde der
                              									Röstprozeſs von vorn herein so geleitet, daſs der Schwefel in der beanspruchten
                              									Menge in dem Röstgute verbliebe, so würde dieses, neben verhältniſsmäſsiger Erhöhung
                              									der Röstkosten durch die Mehrverröstung der jetzt beim Schmelzen vorgeschlagenen 20
                              									Proc., rohen Schlieges, zu einem ganz unerwünschten Verlaufe des ganzen
                              									Röstprozesses führen. Zur Neutralisation der Kieselsäure läſst sich der Kalkzuschlag
                              									bedeutend steigern; sobald jedoch der Zinkgehalt in der Beschickung steigt, muſs
                              									damit zurück und statt dessen mit Eisen haltigen Zuschlägen vorgegangen werden.
                           Zur Probenahme der Schlacke fängt man in regelmäſsigen Zeitabschnitten den Strahl der
                              									ununterbrochen in vorgesetzte Schlackentöpfe abflieſsenden Schlacke mit einem Löffel
                              									auf und entleert diesen in einen bereit stehenden Eimer mit Wasser. Bei der
                              									docimastischen Untersuchung der Schlacke wird ein bestimmter Gewichtstheil feines
                              									Silber zur Aufnahme des reducirten Metallgehaltes mitgeschmolzen, wodurch sich das
                              									Resultat gegen die sonst gebräuchliche Probirung um ¼ Proc. erhöht. Der auf diese
                              									Weise ermittelte Bleigehalt der abgesetzten Schlacke schwankt zwischen 0,5 und 0,75
                              									Proc. Schlacken; die nach dieser Probe über 0,75 Proc. Metall enthalten, werden in
                              									den Betrieb zurückgenommen. Selbstverständlich ergeben sich zwischen den Resultaten
                              									der trockenen Probe und der genauen Analyse Unterschiede im Bleigehalte. Die im 1.
                              									Quartal 1882 abgesetzte Schlacke enthielt:
                           
                              
                                 Kieselsäure
                                 30,32
                                 
                              
                                 Bariumsulfat
                                   0,19
                                 
                              
                                 Blei
                                   1,13
                                 
                              
                                 Kupfer
                                   0,18
                                 
                              
                                 Silber
                                   0,0007
                                 
                              
                                 Antimon
                                   0,09
                                 
                              
                                 Eisenoxydul
                                 35,72
                                 
                              
                                 Thonerde
                                   3,20
                                 
                              
                                 Zinkoxyd
                                   7,27
                                 
                              
                                 Manganoxydul
                                   1,66
                                 
                              
                                 Kobalt und Nickel
                                 Spur
                                 
                              
                                 Kalk
                                 16,15
                                 
                              
                                 Kali (K2O)
                                   0,67
                                 
                              
                                 Natron
                                   0,61
                                 
                              
                                 Schwefel
                                   1,47
                                 
                              
                                 Phosphorsäure (P2O5)
                                   2,04
                                 
                              
                           Ein weiteres Herabdrücken des Metallgehaltes der Schlacke ist bisher nur auf Kosten
                              									des guten Ofenganges und durch unverhältniſsmäſsig hohe basische Zuschläge möglich
                              									gewesen, deren Beschaffungskosten den Werth des dadurch erzielten Mehrerfolges an
                              									Blei weit überschritten. Ist der Metallgehalt der Schlacke höher als die angegebene
                              									Grenze, so ist dies ein Zeichen, daſs zur Zerlegung des kieselsauren Bleies noch
                              									Basen fehlen. Bilden sich im Sumpfe des Ofens Ausscheidungen, wobei der Gehalt der
                              									Schlacke meist unter den Durchschnitt herabgeht, so deutet dies auf einen
                              									Ueberschuſs von basischen Zuschlägen. Die den Schmelzgang hindernde Einwirkung des
                              									Zinkgehaltes der Schliege muſs neben der Verminderung des Kalk- und Erhöhung des
                              									Eisengehaltes in der Beschickung noch durch Vorschläge von Schlacken aus der
                              									nämlichen Arbeit beglichen werden.
                           Der erforderliche Kokesaufwand rechtfertigt sich durch die gegebenen örtlichen
                              									Verhältnisse. So erheischt die Mit Verarbeitung von 20 Proc. rohem Schlieg, wenn man
                              									den beim Niederschlagsprozeſs seither stattgehabten Verbrauch von 2t,5 Kokes auf 5t
                              									Erz damit vergleicht, einen Mehraufwand von 250k,
                              									deren Kosten jedoch durch die ersparten Röstkosten für 1t Schlieg nahezu beglichen werden. Eine ebenso groſse Menge Kokes darf im
                              									Vergleich mit anderen Werken, denen hinreichend Puddelschlacken zu Gebote stehen,
                              									auf die Anwendung der Extractionsrückstände in Ansatz gebracht werden, welche manche
                              									für den Schmelzprozeſs unbequeme Eigenschaften haben, deren Verwendung dennoch in
                              									Folge der sehr basischen Beschaffenheit wie sonstiger Vortheile geboten ist.
                           Die frühere Ansicht, daſs der Röstreductionsprozeſs im Vergleich zu der
                              									Niederschlagsarbeit wesentlich geringere Kosten erfordern, dagegen das Metall
                              									weniger gut ausbringen würde, kann nach den bisher gemachten Erfahrungen dahin
                              									ergänzt werden, daſs die Kostenersparniſs bei der durch die Altenauer Verhältnisse
                              									bedingten Aenderung des Verfahrens und in Folge des gesteigerten Verbrauches von
                              									verhältniſsmäſsig theuren Vorschlägen nicht so erheblich, das Metallausbringen
                              									dagegen ein vollständig befriedigendes ist.
                           Nach einer angestellten Berechnung ist der Kostenaufwand bei den Altenauer
                              									Verhältnissen für die Verarbeitung von 5t Schliege
                              									bei der jetzigen Verhüttungsmethode an Löhnen um 4,26 M. und an Vorschlagsmaterial
                              									um 3,55 M. höher, dagegen an Brennmaterial um 14,32 M., demnach in der gesammten
                              									Ausgabe um 6,51 M. geringer als bei der früheren Niederschlagsarbeit, wobei in
                              									beiden Fällen die erwachsenden Kosten der Steinarbeit in Rechnung gezogen sind. Der
                              									Bleigehalt, mit welchem die Erze nach der Tiegelprobe übernommen werden, wird auch
                              									ausgebracht, so daſs die Remedien des Probirverfahrens allein den Schmelzabgang
                              									decken. Beim Silberausbringen wird sogar von den Proberemedien noch etwas gewonnen,
                              									wie dies jedoch auch nach den bei den übrigen mit dem Niederschlagsprozeſs
                              									arbeitenden Hüttenwerken erzielten Resultaten in nicht unerheblichem Maſse der Fall
                              									ist. Ein Gleiches läſst
                              									sich auch vom Kupfererfolge sagen. Das Metallausbringen ist so günstig, daſs der
                              									Röstreductionsprozeſs auch auf Oberharzer Erze Anwendung finden kann. Bei glatt
                              									verlaufendem Betriebe mit andauerndem Ofenbetrieb sind 98,5 Procent des Bleiinhaltes
                              									sofort nach der ersten Schmelzung im Werkblei, unter Ersparung von Gebläsekraft,
                              									ausgebracht worden und läſst auch eine Verminderung des schädlichen Einflusses des
                              									Hüttenrauches auf die Umgebung der Hütte durch die gleichmäſsige Vertheilung und
                              									Abführung desselben in höhere Luftschichten sich nicht verkennen.