| Titel: | Ueber Brennstoff-Ersparung bei einigen Eisenhüttenprozessen. | 
| Fundstelle: | Band 248, Jahrgang 1883, S. 173 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Ueber Brennstoff-Ersparung bei einigen
                           								Eisenhüttenprozessen.
                        Kupelwieser, über Brennstoffersparung bei
                           								Eisenhüttenprozessen.
                        
                     
                        
                           Der Verbrauch an Brennstoff spielt in den Gestehungskosten der Eisenfabrikate eine so
                              									hervorragende Rolle, daſs das Bestreben aller Hüttenleute dahin geht, die Prozesse
                              									in einer solchen Weise einzurichten und zu combiniren, daſs derselbe auf ein Minimum
                              									gebracht werde. Man kann dies dadurch erreichen, daſs man entweder eine möglichst
                              									vollständige Feuerungseinrichtung herstellt, oder die verlorene Wärme einzelner
                              									Prozesse theils für den eigenen, theils für andere Hüttenprozesse nutzbar zu machen
                              									sucht. Ist man in der Lage, beide Wege gleichzeitig oder in einer entsprechenden
                              									Combination in Anwendung zu bringen, so wird der Verbrauch an Brennstoff auf eine
                              									möglichst geringe Menge herabgerückt werden können, d.h. man wird im Stande sein,
                              									mit einem Minimum von Brennstoff zu produciren.
                           Prof. Kupelwieser hat nun, wie die Beilage zur Oesterreichischen Zeitschrift für Bery- und
                                 										Hüttenwesen, 1883 S. 27 berichtet, im Berg- und Hüttenmännischen Verein für
                              									Steiermark und Karaten am 24. Februar d. J. über die Combination einiger seit
                              									längerer Zeit mit Vortheil durchgeführter Prozesse gesprochen, um dadurch vielleicht
                              									zur Combination auch anderer Verfahren anzuregen.
                           Die Combination des Hochofen- und Bessemer-Betriebes ist
                              									eine seit langen Jahren in Anwendung stehende und dort, wo dieselbe in der Weise
                              									ausführbar ist, daſs das flüssige Roheisen unmittelbar vom Hochofen in die Birne
                              									übertragen werden kann, gewährt sie den groſsen Vortheil, daſs die Umschmelzkosten
                              									des Roheisens entfallen. Es wird dann der zur Herstellung des Bessemermetalles
                              									erforderliche Brennstoff auf diejenige Menge beschränkt, welche zur Erzeugung des
                              									erforderlichen Roheisens benöthigt wird, vermehrt um jene Brennstoffmenge, die zur
                              									Herstellung der Betriebskraft für den Bessemerprozeſs erforderlich ist, dazu jenen
                              									Brennstoff, welcher zum Anwärmen der Birne, der Pfannen, Rinnen u. dgl. benöthigt
                              									wird. Der letztere Posten ist an und für sich nicht sehr bedeutend und wird um so
                              									geringer, je lebhafter der Betrieb ist, je rascher die Hitzen auf einander folgen.
                              									Die für diese Zwecke erforderliche Brennstoffmenge beträgt, auf verkohltes
                              									Brennmaterial umgerechnet, im Minimum etwa 4 bis 5k, im Maximum etwa 8 bis 10k auf 100k Bessemermetall. An dieser Brennstoffmenge kann
                              									nur verhältniſsmäſsig wenig erspart werden.
                           Viel bedeutender ist der Brennstoffaufwand, welcher zur Erzeugung der Betriebskraft
                              									behufs Durchführung des Bessemerprozesses erforderlich ist, da gegenwärtig kaum ein
                              									Fall vorkommt, in welchem Wasserkraft für diesen Zweck ausgenützt wird. Der Aufwand
                              									zur Beschaffung der zum Betriebe der Gebläse und hydraulischen Motoren nöthigen
                              									Kraft schwankt je nach der Qualität zwischen 20 bis 25k bei gutem Brennmaterial, erreicht aber auch 40k und mehr, wenn das Brennmaterial minder
                              									werthvoll oder der Betrieb kein stetiger ist. Hier kann unter Umständen gespart
                              									werden, wenn man z.B. mit den beim Hochofenbetriebe erhaltenen Gasen im Stande ist,
                              									nicht nur den Wind für die Roheisenerzeugung zu produciren und zu erhitzen, sondern
                              									auch noch jene Dampfmenge zu liefern, welche zum Betriebe der Bessemerhütte
                              									erforderlich ist.
                           Ein derartiger Betrieb ist seit längerer Zeit auf der Hütte zu Givors eingeführt und
                              									ist in Kupelwieser's Berichte über die Ausstellung in
                              									Paris 1878 (S. 47 bis 56) darauf aufmerksam gemacht. Da die im J. 1875 hergestellten
                              									Einrichtungen heute noch mit sehr zufriedenstellenden ökonomischen Resultaten in
                              									Betrieb stehen, so sei Einiges darüber mitgetheilt.
                           In der Hütte zu Givors, welche der Compagnie des Hauts
                                 										Fourneaux, Forges et Acièries de la Marine et des Chemins de Fer (der
                              									früheren Firma Petin und Gaudet) gehört, stehen 3
                              									Hochöfen von 15m Höhe, von welchen jedoch in der
                              									Regel nur zwei in Betrieb sind. Die zur Verschmelzung kommenden Erze werden von St.
                              									Leon bei Cagliari (Sardinien), von Mokta-El-Hadid, von Camerata (Provinz Oran in
                              									Algier), von der Insel Elba, von Polomares in Spanien und aus den Pyrenäen bezogen
                              									und haben einen durchschnittlichen Eisengehalt von 53 Proc. Dieselben bedürfen eines
                              									Kalkzuschlages von 30 Proc. Der Brennstoffaufwand stellt sich im Jahresdurchschnitt
                              									auf 100k Kokes für 100k graues Bessemer-Roheisen.
                           Jeder der Siemens-Cowper'schen Apparate hat 5m,8 Durchmesser, 16m,2 Höhe, 406cbm Inhalt, 450t Ziegel, welche eine Heizfläche von 2600qm besitzen.
                           Die Kessel zur Dampferzeugung für das Hochofen-Gebläse, sowie für die Bessemerhütte
                              									haben eine Länge von 14m,5 und bestehen aus einem
                              									cylindrischen Oberkessel von 1m,3 und einem
                              									Unterkessel von 1m Durchmesser, welche durch je 4
                              									Stutzen verbunden sind. Die Hochofengase werden zuerst in eine Verbrennungskammer
                              									geleitet, in welcher sie mit früher erwärmter Luft, welche durch eine Reihe von
                              									horizontalen Kanälen eingeleitet wird, verbrannt werden. Die Gase, welche zuerst die
                              									untere Hälfte des Oberkessels, dann den ganzen Unterkessel umspülen, legen unter den
                              									Kesseln einen Weg von 27m zurück. Zahlreiche
                              									Analysen der Verbrennungsproducte, welche mit einer Temperatur von durchschnittlich
                              									280° in die Esse entweichen, haben gezeigt, daſs die Verbrennung eine nahezu
                              									vollkommene ist. Die Heizfläche jedes Kessels beträgt 75qm und werden bei normalem Gange auf 1qm
                              									und Stunde 16 bis 18k Dampf mit 55k Dampfspannung erzeugt. Die zwei Hochofen-Gebläse
                              									von J. Cockerill in Seraing gebaut, sind direkt
                              									wirkende Maschinen nach Woolf'schem System mit
                              									Expansion und Condensation; sie haben Dampfcylinder von 0,850 und 1m,200 Durchmesser. Die Hubhöhe des Dampf- und
                              									Windcylinders beträgt 2m,445. Der Windcylinder hat
                              										3m Durchmesser und ein Volumen von 17cbm. Die Windpressung beträgt 180mm Quecksilbersäule.
                           Wenn eine Maschine minutlich 11 Wechsel macht, so kann man in 24 Stunden 100 bis
                              										110t Kokes verbrennen, d.h. eben so viele
                              									Tonnen Roheisen erzeugen. Im Maximum kann das Gebläse 12,5, im Minimum 6 ½ Wechsel
                              									in der Minute machen. Bei normalem Gange, d.h. bei 11 Wechseln in der Minute,
                              									arbeitet die Maschine mit 260e (Rohkraft) und
                              									benöthigt 2 Kessel mit zusammen 150qm
                              									Heizfläche.
                           
                           Wenn, wie dies gewöhnlich der Fall ist, zwei Hochöfen in Betrieb stehen, kann die
                              									Jahresproduction an grauem Bessemer-Roheisen auf 30000 bis 32000t angesetzt werden.
                           Die Bessemerhütte enthält zwei Birnen und wird die Tagesleistung der beiden Hochöfen
                              									mit 16 bis 17 Hitzen aufgearbeitet.
                           Der zum Betriebe der Gebläse und hydraulischen Apparate der Bessemerhütte
                              									erforderliche Dampf wird ebenfalls durch die Hochofengase und die früher
                              									beschriebenen Kessel, von welchen drei für die Bessemerhütte in Betrieb gehalten
                              									werden müssen, geliefert. Die Gebläse, von Satre und
                                 										Averly in Lyon construirt und mit einer Sulzer'schen Steuerung versehen, sind liegend angeordnet und die
                              									Kolbenstangen der Dampf- und Windcylinder unmittelbar mit einander verbunden. Der
                              									Dampfcylinder hat einen Durchmesser von 0,850, der Windcylinder von 1m,050 und beide haben einen Hub von 1m,500. Die Windpressung schwankt zwischen 1000 und
                              										1400mm Quecksilbersäule. Wenn die beiden
                              									zusammengehörigen Maschinen 22 bis 26 Wechsel in der Minute machen, kann man in der
                              									Birne bequem Posten von 5500k Roheisen
                              									verarbeiten.
                           Nach Indicatorversuchen bedürfen beide Maschinen zusammen 380e (roh). Der Dampfverbrauch stellt sich im
                              									Durchschnitte auf nicht ganz 12k für 1e und Stunde, wenn das Gebläse während der Arbeit
                              									22 bis 26, beim Anwärmen der Birnen und Pfannen aber 10 bis 15 Wechsel macht.
                           Unter den eben angeführten Verhältnissen ist es möglich, aus etwa 111k Roheisen oder aus etwa 210k Erzen mit nur 110k Kokes zur Erzeugung des Roheisens und etwa 4 bis 4k,5 Kokes zum Anwärmen der Birnen, Pfannen, Rinnen
                              									u. dgl., somit mit 115 bis 116k Kokes
                              									Bessemerguſsblöcke zu erzeugen, und wird mindestens jene Brennstoffmenge, welche zur
                              									Dampferzeugung in den Bessemerhütten verbraucht wird und meist 20 bis 30k auf 100k
                              									Guſsblöcke beträgt, erspart.
                           Nach John Gjers kann man die in den Guſsblöcken nach dem
                              									Gusse enthaltene Wärme dazu benutzen, dieselben unmittelbar weiter zu verarbeiten
                              									(vgl. 1882 246 * 508. 1883 247
                              									429). Alle in letzter Zeit an verschiedenen Orten ausgeführten Versuche haben die
                              									Richtigkeit dieser Angaben bestätigt. Es kann daher im groſsen Ganzen angenommen
                              									werden, daſs man in allen jenen Fällen, in welchen man mit einer Hitze
                              									Bessemerblöcke auf fertige Waare verarbeiten kann, dies ganz ohne Anwendung von
                              									Brennmaterial auszuführen vermag. In allen jenen Fällen, in welchen jedoch mehr
                              									Hitzen erforderlich sind, kann die erste Hitze und mit dieser eine beträchtliche
                              									Menge von Brennstoff erspart werden, sobald überhaupt die entsprechenden
                              									Einrichtungen und Betriebsverhältnisse geschaffen sind.
                           Dieser sogen. Durchweichungs-, richtiger aber Wärme-Ausgleichungsprozeß (da ein Durchweichen ein Weichwerden von auſsen
                              									nach innen bedeutet, während in der That die im Guſsblock enthaltene, jedoch auf die
                              									einzelnen Theile desselben ungleich vertheilte Gesammtwärme auf alle Theile
                              									möglichst gleichförmig vertheilt wird), gewährt aber auſser der Brennstoffersparung
                              									noch eine Verminderung des Abbrandes, der Arbeitslöhne u.a. und verhindert das
                              									sogen. Verbrennen des zu verarbeitenden Metalles gänzlich.
                           Recht auffällig tritt der Werth dieses Verfahrens hervor, wenn man den ersteren der
                              									beiden früher angegebenen Fälle, den, daſs man die Guſsblöcke mit einer Hitze zu
                              									fertigen Fabrikaten zu verarbeiten vermag, näher ins Auge faſst. Dieser Fall kann
                              									bei Erzeugung von Eisenbahnschienen, von Trägern, von schweren Blechen u.a., also
                              									bei Massenfabrikation eintreten.
                           Um 100k fertiger Schienen zu erzeugen, benöthigt
                              									man je nach den Abmessungen derselben beim:
                           
                              
                                 
                                 GewöhnlichenVerfahren
                                 Wärme-Ausgleichungs-Verfahren
                                 
                              
                                 An Guſsblöcken
                                 118 bis 123k
                                 114 bis 118k
                                 
                              
                                 An Brennstoff, der zum Wärmen der Guſs-    blöcke, nicht
                                    											aber zur Dampferzeugung    verbraucht wird
                                 20 bis 40k
                                 –
                                 
                              
                           
                           Daraus erzeugt man beim:
                           
                              
                                 
                                 GewöhnlichenVerfahren
                                 Wärme-Ausgleichungs-Verfahren
                                 
                              
                                 Schienen
                                 100k
                                 100k
                                 
                              
                                 Enden
                                 10 bis 14
                                 10 bis 14
                                 
                              
                                 Ausschuſs
                                 2,5 bis 4
                                 2,5 bis 4
                                 
                              
                                 Abbrand
                                 5
                                 –
                                 
                              
                           Die Differenzen in dem Procentabfall der Enden sind abhängig
                              									von den Einrichtungen der Hütten, dem Schienenprofile u. dgl.
                           Wenn man, um einen Vergleich zwischen dem gewöhnlichen Vorgange und dem durch die
                              									Combination dieser Prozesse in Anwendung zu bringenden Verfahren zu ziehen, die
                              									erforderlichen Daten neben einander stellt, so erhält man bei Berücksichtigung der
                              									Durchschnittsresultate folgende Zahlen:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Gewöhnliches
                                 Combinirtes
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Verfahren
                                 Verfahren
                                 
                              
                                 
                                 100k Schienen benöthigen
                                    											Guſsblöcke
                                  120k
                                  116k
                                 
                              
                                 
                                 Brennstoff zum Wärmen ohne Dampf-      erzeugung
                                   30
                                 –
                                 
                              
                                 
                                 100k Guſsblöcke benöthigen
                                    											Roheisen
                                 111
                                 111
                                 
                              
                                 
                                 Brennstoff verkohlt zum Anheizen der      Birnen u.
                                    											a
                                     5
                                     5
                                 
                              
                                 
                                 Brennstoff zur Dampferzeugung
                                   25
                                 –
                                 
                              
                                 
                                 100k Roheisen benöthigen
                                    											nach obigem Bei-      spiele an Erzen
                                 210
                                 210
                                 
                              
                                 
                                 An Kokes
                                 100
                                 100
                                 
                              
                                 Zur
                                 Erzeugung von 100k Schienen
                                    											sind daher erforderlich:
                                 
                                 
                              
                                 
                                 An Guſsblöcken
                                  120k
                                  116k
                                 
                              
                                 
                                 An Roheisen
                                   133,2
                                    128,8
                                 
                              
                                 
                                 An Erzen
                                 252
                                 245
                                 
                              
                                 
                                 An Brennstoff:
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                     a) Zur Roheisenfabrikation: Kokes
                                   133,2
                                    128,8
                                 
                              
                                 
                                     b) Zum Bessemerprozeſs: An Anwärm-            
                                    											kokes
                                     6
                                       5,8
                                 
                              
                                 
                                         An Kesselkohle
                                   30
                                 –
                                 
                              
                                 
                                     c) Zum Walzen ohne Rücksicht auf Dampf-            
                                    											erzeugung
                                   30
                                 –
                                 
                              
                                 Der 
                                 Gesammt-Brennstoffverbrauch beträgt daher:
                                 
                                 
                              
                                 
                                 An Kokes
                                      139,2k
                                  134,6k
                                 
                              
                                 
                                 An mineralischer Kohle
                                   60
                                 –
                                 
                              
                           Um einen besseren Vergleich ziehen zu können, ist es zu empfehlen, die Brennstoffe
                              									auf gleiche Qualität zu reduciren. Bei Annahme eines Kokesausbringens von 70 Proc.
                              									stellt sich der Gesammtbrennstoffaufwand für den bis jetzt gewöhnlichen Betrieb mit
                              										100k Schienen auf 259k Steinkohle, bei Anwendung der neueren
                              									Combination auf 192k Steinkohle.
                           Es ergibt sich somit zu Gunsten der neueren Combination eine Ersparung von 67k oder von nahe 25 Procent der bis nun
                              									verbrauchten Brennstoffmenge. Diese bessere Ausnützung des Brennstoffes ist theils
                              									der zweckmäſsigeren Feuerungseinrichtung der Kessel, gröſstentheils aber der
                              									günstigeren Ausnützung der verlorenen Wärme zuzuschreiben.
                           Welchen Einfluſs diese Ersparung auf die Ertragfähigkeit einer Hütte auszuüben
                              									vermag, zeigen am besten folgende Zahlen: Eine Hochofen-Anlage, wie z.B. die oben
                              									besprochene von Givors, liefert das Material für eine Jahreserzeugung von mindestens
                              									24000 bis 28000t Schienen. Bei der besprochenen
                              									Combination der Prozesse ergibt sich gegenüber den gegenwärtig noch meist in
                              									Anwendung stehenden Verfahren eine Ersparung von etwa 16000 bis 18500t Brennstoff. Ferner kommen im letzteren Falle
                              									noch zu Gute: Die minderen Löhne der Kesselheizer, der Ofenheizer, der geringere
                              									Betrag des Abbrandes und vermuthlich auch die geringeren Kosten der Einrichtung der
                              									Ausglühgruben gegenüber den Glühöfen.