Titel: | Ueber die Verfälschung von Cement. |
Fundstelle: | Band 248, Jahrgang 1883, S. 245 |
Download: | XML |
Ueber die Verfälschung von Cement.
Ueber die Verfälschung von Cement.
Auf der 6. Generalversammlung des Vereins deutscher
Cementfabrikanten in Berlin berichtete R.
Dyckerhoff über Versuche mit verschiedenen Cementsorten, welche mit
Schlackenmehle, gepulvertem Kalksteine, Kalkpulver und feinem Sande versetzt
wurden:
Bezeichnungder
Cement-sorte
Rückstandauf
Binde-zeitStund.
Im cementwaren
ersetztProc.
3 Th.
NormalsandZugfestigkeit nach 28 Tagenk/qc
5000
900
OhneZusatz
Schlacken-mehl
Kalk-stein
Kalk-pulver
Fein-sand
Maschensieb.
Proc.
Proc.
A
17,0
3,0
7
0
20,9
–
–
–
–
–
–
–
10
–
20,3
19,4
18,8
18,6
–
–
–
20
–
19,0
17,5
16,1
17,2
–
–
–
33
–
15,8
15,1
14,4
15,2
–
–
–
50
–
11,6
11,0
–
14,4
B
36,0
5,0
10
0
19,9
–
–
–
–
–
–
–
10
–
19,3
17,2
18,3
18,4
–
–
–
20
–
17,6
16,5
16,3
17,2
–
–
–
33
–
14,8
15,6
14,2
14,9
–
–
–
50
–
11,1
11,0
–
13,4
C
23,5
3,0
2
0
17,9
–
–
–
–
–
–
–
10
–
17,5
15,7
16,1
17,5
–
–
–
20
–
14,4Diese Zahlen scheinen in Folge von Operationsfehlern zu niedrig zu
sein.
13,5Diese Zahlen scheinen in Folge von Operationsfehlern zu niedrig zu
sein.
13,9
16,0
–
–
–
33
–
14,1
13,7
12,6
13,0
–
–
–
50
–
10,2
8,5
–
11,8
D
20,0
3,8
5
0
16,7
–
–
–
–
–
–
–
10
–
14,6
14,4
14,6
15,9
–
–
–
20
–
13,0
11,5
13,3
13,8
–
–
–
33
–
10,5
8,8Diese Zahlen scheinen in Folge von Operationsfehlern zu niedrig zu
sein.
9,6
12,5
–
–
–
50
–
8,4
8,2
–
7,6
E
39,0
15,0
8
0
16,1
–
–
–
–
–
–
–
10
–
14,4
15,2
15,5
16,1
–
–
–
20
–
13,5
14,2
14,1
14,9
–
–
–
33
–
12,4
11,6
10,9
13,5
–
–
–
50
–
9,4
8,9
–
10,5
Das Kalkpulver war durch Trocknen von Kalkteig bei 100° erhalten.
Die nach dem Normenverfahren damit hergestellten Proben erforderten 1 bis 2 Proc.,
Wasser mehr; andernfalls hätten dieselben höhere Festigkeitszahlen ergeben. Die
Zusätze hatten folgende Mahlung:
Rückstand auf
5000-Maschensieb
900-Maschensieb
Schlackenmehl
25,5 Proc
5,5 Proc.
Kalkstein
32,2
7,0
Feinsand
16,0
4,0.
Danach verringerten bei reinen Cementen die hier benutzten Zusätze die Festigkeit in
annähernd gleicher Weise; die Wirkung derselben muſs daher vorwiegend eine
physikalische sein. Diese Zusätze verringerten die Festigkeit weniger als eine
gleiche Menge Sand, weil sie in Folge ihrer fein pulverigen Beschaffenheit die
Hohlräume in Mörtel mit ausfüllen helfen und daher einen dichteren Mörtel liefern.
Auch bei ½ jähriger
Erhärtung nimmt die Festigkeit des Cementes bei Schlackenmehl nicht stärker zu als
bei den übrigen Beimischungen (vgl. 1882 246 391).
Wenn die Vorwohler Fabrik behauptet, gewöhnlicher Portlandcement enthalte einen zu
groſsen Ueberschuſs an Kalk und werde daher durch Zusatz von Hochofenschlacke
Kalksilicat gebildet, so bemerkt Dyckerhoff dagegen,
daſs richtig hergestellter Portlandcement eben keinen schädlichen Kalk enthalten darf und bei richtiger Verarbeitung auch keine Uebelstände zeigt. Wenn aber ein Cement wirklich
einen schädlichen Kalkgehalt – in Folge dessen treibende Eigenschaften – besitzt, so
können letztere allerdings durch Zusatz von Schlackenmehl vermindert werden. Eine
gleiche Wirkung haben indeſs auch andere Zusätze. Dyckerhoff hat sogar gefunden, daſs bei einem treibenden Cemente ein
Zusatz von Kalkhydrat einen weit günstigeren Erfolg ergab als ein solcher von
Schlackenmehl, ein Beweis, daſs man es auch hier vorwiegend mit physikalischen
Vorgängen zu thun hat.
Die Behauptung, daſs lösliche Kieselsäure stets mit Kalk verbindungsfähig sei und mit
dieser erhärtende Verbindungen erzeuge, ist nicht richtig, da die lösliche
Kieselsäure des Kalksilicates im Schlackenmehle mit Kalk nur schwierig erhärtende
Verbindungen eingeht. Dagegen können solche Stoffe, welche reich an löslicher
Kieselsäure und Thonerde, aber arm an Kalk oder ganz frei davon sind, sich leicht
mit Kalk verbinden und erhärten, wie folgende Versuche zeigen:
Mörtelmischung
Zugfestig-keit nach28 Tagenk/qc
Bemerkungen
⅔ Schlackenmehl⅓ Kalkhydrat3 Th. Normalsand
0
Der Traſs wurde nochmals
gemahlen.Rückst. auf 5000-Maschensieb bez.
900-Maschensieb.Traſs 27,5 Proc. 7,0
Proc.Schlackenmehl 25,5 „ 5,5
„ Eine Mischung aus ⅔ des Kieselsaure
haltigenMaterials und ⅓ Kalkhydrat erwies sich für
dieErhärtung als das günstigste Verhältniſs.
⅔ Traſs⅓ Kalkhydrat3 Th. Normalsand
7,4
⅔ Ultramarin⅓ Kalkhydrat3 Th. Normalsand
13,5
Aus diesem Verhalten des Schlackenmehles erklärt sich, warum bei den Mischungen der
ersten Versuchsreihe mit Schlackenmehl kein besseres Resultat erzielt worden ist als
mit Feinsand und Kalk.
Wenn Schlackenmehlmörtel in längerer Zeit auch eine gewisse Härte annehmen, so
bewirkt doch Schlackenmehl als Ersatz im Cemente selbst nach längerer Zeit keine
stärkere Zunahme der Festigkeit als z.B. Kalk. Auch Traſs verbessert die Festigkeit
nicht; doch ist die Wirkung günstiger als bei Schlackenmehl. Ultramarin dagegen,
welches frei von Kalk ist und etwa 70 Proc. lösliche Kieselsäure und Thonerde
enthält, ergibt eine Verbesserung.
Nach Versuchen von Schumann ist das specifische Gewicht
des reinen Portlandcementes nicht unter 3,11, während von 17 mit Schlackenmehl
gemischten Cementen kein einziger ein an diese Zahlen heran reichendes specifisches
Gewicht zeigte (vgl. Heintzel 1883 247 258). Entsprechend diesem geringeren Eigengewichte
erweisen sich nach Dyckerhoff die gemischten Cemente
weniger widerstandsfähig gegen äuſsere Einflüsse und haben eine geringere Festigkeit
als reine Cemente. Auch aus reinem Cemente kann man durch hohen Sandzusatz unter
entsprechender Kalkbeigabe (vgl. 1882 245 511) billige
Mörtel herstellen. Aus gemischten Cementen kann man dagegen nicht solche
Cementkalkmörtel gewinnen, als man nach der Normenprobe erwarten sollte, wie
Versuche mit reinen und im Handel vorkommenden gemischten Cementen ergaben:
Cementsorte
Rückstand
Bindezeit
Normenprobe
1 Cement,6 Sand und1
Kalkteig,28 Tageerhärtet
Bemerkungen
5000-
900-
Maschen
Zug
DruckDie Druckfestigkeit ist an kreisförmigen Platten von 22mm,5 Dicke und 40qc Oberfläche
ermittelt.
Proc.
Proc.
Std.
k/qc
k/qc
a
25,0
5,0
1
16,7
10,6
207,0
Reiner Cement,
b
11,0
1,5
11
15,7
6,9
137,4
Mit Schlackenmehl gemischt. Cement.
c
–
5,5
4½
15,8
9,4
190,9
Reiner Cement.
d
14,0
1,5
12
13,9
5,0
105,5
Mit Schlackenmehl gemischt. Cement.
Somit können zwei Cemente, welche bei der Normenprobe eine gleiche Festigkeit
ergeben, dennoch für die Praxis einen sehr verschiedenen Werth haben, in so fern
sich der mit Schlackenmehl vermischte Cement (b) bei einer Mörtelmischung aus 1 Th.
Cement, 6 Th. Sand und 1 Th. Kalkteig gegenüber einem reinen Cemente wesentlich
ungünstiger verhält. Gemischte Cemente werden daher bei der Prüfung nach den Normen
nicht nach ihrem wirklichen Werthe, sondern zu günstig geschätzt.
Herzog bestätigt, daſs die Festigkeit der Probekörper
sich in dem Maſse vermindert, als der Procentsatz an Schlackenmehl gesteigert wird.
Durch gleichzeitigen Zusatz von Gyps wird die Festigkeit bis zu einer gewissen
Grenze vermehrt.
Nach H. Delbrück muſs die Wirkung der fremden Zuschläge
mit der Kornbeschaffenheit des Sandes, welcher zum
Mörtelanmachen benutzt wird, wechseln und zwar in der Weise, daſs je einheitlicher
die Korngröſsen werden, die fremden Zuschläge um so günstiger wirken. Hiernach ist
denn der Normensand, aus welchem alle Körner, die unter einer gewissen Feinheit
liegen, durch Sieben entfernt sind, zur Erprobung von gemischten Cementen als
ungeeignet anzusehen. Für Probungen gemischter Cemente ist allein der gewöhnliche
Mauersand geeignet, wie er in der Baupraxis Verwendung findet. Bei einer zweiten von Delbrück angestellten bezüglichen Versuchsreihe zeigte
sich, daſs eine Beimischung fein gepulverter Hochofenschlacke zu gewöhnlichem Mörtel
genau so, ja schlechter wirkt, als eine entsprechende Vermehrung des Sandzusatzes
oder eines jeden anderen fein gepulverten Magerungsmittels.
Bernoully machte zur Erklärung der von anderer Seite
(vgl. 1882 246 390) behaupteten Festigkeitserhöhungen
durch Schlackenmehlzusatz auf das besondere Verhalten derartiger Mischungen
aufmerksam; dieselben bedürfen zum Anmachen eine gröſsere Wassermenge als die in den
Normen vorgesehenen 10 Proc. Das Einschlagen von Probekörpern aus gemischtem Cemente
erfordert in Folge dessen einen gröſseren Arbeitsaufwand, wobei aber die Körper eine
gröſsere Dichte annehmen. Es wird dies dadurch erwiesen, daſs dieselben im Vergleich
zu Körpern aus ungemischtem Cemente ein um 3 bis 4g höheres Gewicht erlangen. Daher werden aber auch mit Schlackenmehl
gemischte Cemente bei einer streng nach den Normen mit 10 Proc. Wasserzusatz
durchgeführten Prüfung in ungerechtfertigter Weise bevorzugt, ein Umstand, welcher
bei Vergleichen nicht übersehen werden darf.
H. Delbrück hebt schlieſslich hervor, daſs im Handel
selbst mit 50 Proc. Schlackenmehl u. dgl. versetzte Cemente vorkommen. Durch dieses
Verfahren wird das eben erst und schwer gewonnene Vertrauen auf die Güte des
deutschen Cementes im In- und Auslande untergraben.
Es ist daher überhaupt unzulässig, daſs der Fabrikant seiner Waare eine Zumischung
gibt, gleichviel ob dieselbe einen verbessernden oder verschlechternden Einfluſs
ausübt. Die Zumischung von Kalksilicaten ist lediglich ein Schritt auf dem Wege, den
Cement in Mörtel überzuführen, und kann es nicht Sache des Fabrikanten sein, ein als
„angefangenen Mörtel“ zu bezeichnendes Product zu verkaufen.
Das Resultat der langen, über 3 Tage (22. bis 24. Februar) ausgedehnten Verhandlungen
war die fast einstimmige Annahme folgender 6 Thesen: 1) Portlandcement ist ein
Product, entstanden durch innige Mischung von Kalk und Thon als wesentlichen
Bestandtheilen, darauf folgendes Brennen bis zur Sinterung und Zerkleinerung bis zur
Mehlfeinheit. 2) Jedes Product, welches auf andere Weise entstanden ist, oder
welchem während oder nach dem Brennen fremde Körper beigemischt worden, ist nicht
als Portlandcement zu betrachten. Ein Zusatz bis 2 Proc. Gyps ist jedoch gestattet.
3) Der Verkauf von Cement, welcher Zumischungen fremder Körper enthält, unter der
Bezeichnung Portlandcement ist daher als eine Täuschung der Consumenten zu
betrachten. 4) Guter Portlandcement wird durch
Zumischung fremder Körper – wie Kalksilicat (Hochofenschlackenmehl u. dgl.), Traſs,
gemahlener Thonschiefer und Kalkstein u.s.w. – nicht verbessert. Aber selbst, wenn
im einzelnen Falle der Nachweis einer Verbesserung in Folge von Zumischungen zu
erbringen wäre, sind solche dem Fabrikanten nicht zu gestatten aus dem Grunde, weil
der Consument auſser Stande ist, Menge und Qualität der Zumischungen so weit zu
controliren, um sich gegen Miſsbrauch schützen zu können. 5) Jede Zumischung ist als
Beginn der Mörtelbereitung anzusehen und wird demnach niemals Sache des Producenten
sein, sondern ist dem Consumenten zu überlassen. 6) Da die Normenprobe s. Z. für
nicht mit fremden Körpern gemischten Portlandcement aufgestellt worden ist, da
ferner der besondere Charakter des Portlandcementes durch; Zumischungen geändert
wird, so können die Normenbestimmungen zu Vergleichen zwischen gemischtem und
ungemischtem Portlandcemente nicht angewendet werden.