| Titel: | Neue Theerfarbstoffe und deren Darstellung. | 
| Fundstelle: | Band 248, Jahrgang 1883, S. 252 | 
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                        Neue Theerfarbstoffe und deren
                           								Darstellung.
                        Neuere Theerfarbstoffe und deren Darstellung.
                        
                     
                        
                           Einen neuen Phenolfarbstoff erhält man nach C. Reichl (Berichte der österreichischen chemischen
                                 										Gesellschaft, 1883 S. 5), wenn man gleiche Moleküle xanthogensaures Alkali
                              									und Resorcin, in wenig Wasser oder Weingeist gelöst, so lange in einer Retorte mit
                              									Rückfluſskühler erhitzt, als noch Schwefelkohlenstoff zurückflieſst. Die erhaltene
                              									dunkelgelbe, das Alkalisalz des Farbstoffes enthaltene Flüssigkeit wird mit Wasser
                              									aufgenommen, filtrirt und mit Salzsäureversetzt. Aus heiſsem Wasser umkrystallisirt,
                              									erhält man den gelben Farbstoff in feinen Nadeln, welche in kaltem Wasser schwer, in
                              									heiſsem Wasser, Alkohol, Essigsäure und Alkalien leicht löslich sind. Wolle und
                              									Seide werden in schwach saurer Lösung desselben feurig goldgelb gefärbt. In
                              									derselben Weise liefern auch Orcin, Hydrochinon, Pyrogallussäure, Naphtol und Chinon
                              									mit Alkalixanthogenaten gelbe Farbstoffe.
                           R. Meldola (Chemical News, 1883 Bd. 47 S. 133) hat neue
                              										Rosanilinfarbstoffe dargestellt. Erhitzt man die
                              									Rosanilinbase mit überschüssigem β-Naphtylamin 10 bis
                              									15 Minuten auf eine etwas über dem Schmelzpunkte des letzteren liegende Temperatur,
                              									während man eine geringe Menge Benzoesäure oder Essigsäure hinzufügt, so bildet sich
                              									unter Ammoniakentwickelung eine blaue Schmelze. Das Product, in bekannter Weise
                              									gereinigt und in Sulfosäuren übergeführt, hat einen röthlicheren Ton als die
                              									entsprechenden Sulfosäuren des Triphenylrosanilins. Das bei Verwendung von
                              									Pararosanilin erhaltene Tri-β-Naphthylpararosanilin
                              									entspricht der Formel HO.C(C6H4.NH.βC10H7)3.
                           
                           Einen dem Diphenylrosanilin entsprechenden purpurrothen Farbstoff erhält man durch
                              									Behandlung von 1 Mol. Parotoluidin und 2 Mol. Diphenylamin, gelöst in Essigsäure,
                              									mit Arsensäure nach der Zersetzungsgleichung: NH2.C6H4.CH3 + 2H.C6H4.NH.C6H5 + 30 = NH2.C6H4.HO.C(C6H4.NH.C6H5)2 + 2H2O.
                           Behandelt man zur Darstellung einer Monosulfosäure des
                                 										β-Naphtylamins dieses mit concentrirter oder rauchender Schwefelsäure in
                              									der Wärme, so entstehen nach Versuchen der Badischen Anilin- und
                                    											Sodafabrik in Ludwigshafen (D. R. P. Kl. 22 Nr. 20 760 vom 17. November 1881) zwei
                              									isomere Monosulfosäuren verschiedener Löslichkeit. Durch Einwirkung rauchender
                              									Schwefelsäure bei 100° bildet sich vorwiegend die im Wasser leicht lösliche Säure,
                              									durch gemäſsigte Einwirkung einer 96 bis 97 Proc. Monohydrat haltigen Schwefelsäure
                              									fast ausschlieſslich die schwer lösliche.
                           Man trägt 20k fein gepulvertes Naphtylamin oder die
                              									entsprechende Menge seines Sulfates unter Umrühren ein in 60k der genannten Schwefelsäure und erhitzt unter
                              									Umrühren etwa 6 Stunden lang auf 100 bis 105°. Man trägt das Reactionsproduct dann
                              									in 250l kaltes Wasser und befreit nach 24
                              									stündigem Stehen die schwer lösliche kristallinische β-Naphtylaminmonosulfosäure durch Filtriren und Abpressen von der Mutterlauge,
                              									welche geringe Mengen der leicht löslichen Isomeren enthält.
                           Die so erhaltene schwer lösliche Sulfosäure wird mit 200l Wasser fein zerrieben, mit 10k
                              									Schwefelsäure versetzt und bei niederer Temperatur, unter stetem Umrühren, durch
                              									Zufügung einer Lösung von 12 bis 14k Natriumnitrit
                              									in der 10 fachen Gewichtsmenge Wasser in die schwer lösliche Diazoverbindung
                              									übergeführt. Diese wird durch Abpressen von der Mutterlauge befreit, dann mit 5 Th.
                              									kaltem Wasser zu einem dünnen Brei angerührt, welcher allmählich in 250l, vorher mit 5k
                              									Schwefelsäure angesäuertes kochendes Wasser eingetragen wird. Die unter reichlicher
                              									Stickstoffentwickelung rasch vor sich gehende Umwandlung ist beendet, wenn eine
                              									herausgenommene Probe beim Uebersättigen mit Alkali keine Rothfärbung mehr zeigt.
                              									Die saure Lösung der Oxysulfosäure wird nun mit Kalkmilch neutralisirt, das Kalksalz
                              									vom Gypse abfiltrirt und durch Umsetzen mit Soda das Natriumsalz dargestellt. Zur
                              									vollständigen Reinigung dampft man die Lösung ein und krystallisirt den Rückstand
                              									aus starkem Alkohole um.
                           Aus der alkoholischen Lösung krystallisirt das Natriumsalz der so dargestellten
                              									Monosulfosäure des β-Naphtols beim langsamen Erkalten
                              									in groſsen, wenig gefärbten Krystallnadeln aus. Die Krystalle enthalten Alkohol und
                              									verlieren denselben beim Trocknen bei 100°. Das so erhaltene amorphe Pulver ist
                              									äuſserst leicht löslich in Wasser, sehr schwer löslich in kaltem 95 procentigem
                              									Alkohol (100 Th. desselben lösen bei 15° 1 Th. des Salzes), leicht löslich in
                              									siedendem Alkohol; es zeigt die Zusammensetzung C10H6.ONa.SO3Na. Beim Ansäuern mit der berechneten Menge Salzsäure entsteht das in
                              									kochendem Alkohol sehr schwer lösliche Salz C10H6.OH.SO3Na.
                           Die freie Säure läſst sich in wässeriger Lösung durch Behandeln des schwer löslichen
                              									Bleisalzes mit Schwefelwasserstoff erhalten. Dampft man diese Lösungen aber ein, so
                              									spaltet sich diese Monosulfosäure in β-Naphtol und
                              									Schwefelsäure. Beim Erwärmen mit concentrirter Schwefelsäure wird die Verbindung in
                              									die bekannten Disulfosäuren des β-Naphtols übergeführt.
                              									Mit Salpetersäure in wässeriger Lösung behandelt, entsteht eine Nitrosulfosäure des
                              										β-Naphtols. Eisenchlorid färbt die wässerige Lösung
                              									der Verbindung blauviolett.
                           Beim Zusammenbringen einer alkalischen Lösung dieser Monosulfosäure des β-Naphtols mit der Diazomonosulfosäure des Azobenzols
                              									entsteht ein prachtvoll ponceau färbender Azofarbstoff, der in orangegelben Flocken
                              									ausfällt.
                           Ein Verfahren zur Darstellung von rothen und braunen
                                 										Azofarbstoffen aus Anthrol, Anthrolsulfosäuren und Bioxyanthracenen
                              									beschreibt die Actiengesellschaft für
                                    										Anilinfabrikation in Berlin (D. R. P. Kl. 22 Nr. 21178 vom 26. Februar 1882). Danach
                              									lassen sich Anthrol, C14H9.OH, Anthrolsulfosäure, C14H8.OH.SO3H,
                              									Anthrolbihydrür, C14H11.OH, Anthrolhydrürsulfosäure, sowie α- und
                                 										β-Oxyanthrol, C14H8.(OH)2 vortheilhaft
                              									in ähnlicher Weise wie das Naphtol zur Darstellung von Azofarbstoffen verwenden.
                           Zu diesem Zweck wird das Anthrol oder je einer der genannten Abkömmlinge desselben
                              									gepaart mit Diazobenzol, Diazotoluol, Diazoxylol, Diazokumol, α- und β-Diazonaphtalin, Diazoanisol, den Sulfosäuren
                              									dieser Diazoverbindungen, mit Diazoanthraminsulfosäure,
                              									Diazoanthraminhydrürsulfosäure, Diazoamidoazobenzol, Diazoamidoazotoluol,
                              									Diazoamidoazoxylol, sowie den Mono- und Disulfosäuren dieser Diazoverbindungen.
                           Wie bei der Darstellung der Azofarbstoffe üblich, bringt man die wässerigen Lösungen
                              									der Diazoverbindungen mit der alkalischen Lösung von 1 bis 1,1 Mol. Anthrol oder
                              									dessen Abkömmlingen zusammen. Man mischt z.B. 17k,3 Sulfanilsäure in 5001 Wasser, 8k,5 salpetrigsaures Kalium in 50l Wasser sowie 11k Salzsäure in 50l Wasser zusammen und
                              									läſst unter Abkühlen allmählich in eine Lösung von 19k,4 Anthrol und 12k Natronlauge von 1,37
                              									sp. G. in 10001 Wasser einflieſsen, wobei die
                              									Lösung eine schön tiefrothe Farbe annimmt. Die gebildeten Farbstoffe werden dann
                              									durch Säuren oder Kochsalz aus den Lösungen als rothe bis braunrothe Niederschläge
                              									ausgefällt. Die Paarungsproducte, welche die Sulfurylgruppe nicht enthalten, sind in
                              									angesäuertem Wasser fast unlöslich, aber löslich in Alkohol; die übrigen sind in
                              									Wasser sehr löslich, bis auf die der Anthrolsulfosäure und Anthrolhydrürsulfosäure
                              									mit den von Schwefel freien Diazoverbindungen, welche eine mittlere Löslichkeit
                              									besitzen. Die Zusammensetzung des aus Anthrol mit Diazobenzolsulfosäure erhaltenen
                              									Sulfanilsäureazoanthrols entspricht der Formel: C6H4.SO3H.N.N.C14H8.OH.
                           Die gebildeten Farbstoffe lassen sich auf Seide, Wolle und Baumwolle in ganz
                              									derselben Weise färben wie die bereits länger bekannten Azofarbstoffe.
                           Zu den Sulfosäuren des Anthrols kann man wohl durch
                              									Behandeln des Anthrols mit Schwefelsäure gelangen; diese Sulfosäuren zeigen aber für
                              									die Verwendung zu Azofarbstoffen unerwünschte Eigenschaften, was möglicherweise von
                              									der Zahl oder von der Stellung der eintretenden Sulfurylgruppen herrührt. Dagegen
                              									kann man Anthrolsulfosäuren durch Schmelzen der Anthracendisulfosäuren mit einer
                              									entsprechenden Menge Kali erzielen. Technisch sind hierzu verwendbar die
                              									Anthracendisulfosäuren, welche man aus den in der Alizarinfabrikation benutzten α- und β-Anthrachinondisulfosäuren durch Reduction
                              									erhält. Zu diesem Zweck werden die letztgenannten beiden Sulfosäuren bezieh. deren
                              									Alkalisalze mit Zinkstaub und Ammoniak digerirt. Die Mengenverhältnisse können sehr
                              									verschieden gewählt werden:, doch ist die Verwendung von 1 Th.
                              									anthrachinondisulfosaurem Salze, 1,5 Th. Zinkstaub und 3 Th. Ammoniak von 0,95 sp.
                              									G. besonders vortheilhaft.
                           Da bei gröſseren Mengen die Reaction sehr heftig verläuft, so ist es zu empfehlen,
                              									den Zinkstaub allmählich dem Gemische von Salz und Ammoniak zuzusetzen. Die Reaction
                              									wird durch Erwärmen im Wasserbade, wobei sich die zuerst roth werdende Flüssigkeit
                              									wieder entfärbt, in einigen Stunden beendet. Das hier entstehende α- und β-anthracendisulfosaure Natron wird durch
                              									Umkrystallisiren aus Wasser, worin es leicht löslich ist, gereinigt.
                           Zum Schmelzen der Anthracendisulfosäuren wendet man auf 1 Th. des Salzes 3 bis 4 Th.
                              									Aetzkali an und schmilzt, bis eine Probe der Schmelze, in Wasser gelöst, beim
                              									Uebersättigen mit Säure reichlich in weiſslichen Flocken gefallt wird. Hierauf wird
                              									die Gesammtschmelze nach dem Erkalten in gleicher Weise behandelt und der
                              									Niederschlag abfiltrirt. In dem Niederschlage befindet sich, gleichgültig, ob man
                              										α- oder β-Anthracensulfosäure verschmolzen hat, ein
                              									Oxanthranol und eine Anthrolmonosulfosäure. Beide werden dadurch getrennt, daſs man
                              									den noch feuchten Niederschlag wiederholt mit Wasser auskocht, wobei die
                              									Anthrolsulfosäure in Lösung geht. Beim Erkalten des Filtrates fällt sie wieder in
                              									Form ihres Alkalisalzes aus und kann so gewonnen werden. Das Oxyanthrol ist schon
                              									vorher als in kochendem Wasser unlöslich zurückgeblieben und kann durch
                              									Umkrystallisiren aus Alkohol gereinigt werden, wobei es in sehr kleinen glitzernden
                              									Schüppchen erhalten wird. Mäſsige Schmelztemperatur und weniger Kali (3 Th.) liefern
                              									vorwiegend anthrolsulfosaures Kali, hohe Schmelztemperatur und vermehrte Alkalimenge
                              									(4 bis 5 Th.) dagegen wesentlich Dioxyanthracen.
                           
                           Erwärmt man eine Lösung von Anthrol in Alkohol mit Natriumamalgam, so bildet sich
                              									unter Zergehen des letzteren Anthrolhydrür C14H11.OH. Die
                              									Verbindung krystallisirt nach dem Ansäuern und theilweisen Abdestilliren des
                              									Alkohols in kleinen Nadeln vom Schmelzpunkt 132°. Das Anthrolhydrür scheint unter
                              									denselben Bedingungen etwas röthere Farben als das Anthrol zu geben. Mit
                              									Schwefelsäure zusammengebracht, wird das Anthrolhydrür nicht so verschmiert als das
                              									Anthrol. Beim gelinden Erwärmen mit Schwefelsäure oder beim Stehen über rauchender
                              									Schwefelsäure geht es in eine Sulfosäure über. Diese läſst sich für sich durch
                              									vorsichtiges Abstumpfen mit Schlemmkreide von der freien Schwefelsäure trennen; ein
                              									Ueberschuſs von Schlemmkreide ist aber zu vermeiden, da auch das Kalksalz der
                              									Anthrolhydrürsulfosäure schwer löslich ist.
                           Durch Kochen von Anthramin mit verdünnter Salzsäure und Zink erhält man Anthraminhydrür, welches in derselben Weise wie die
                              									Anthrolhydrürsulfosäure in Anthraminhydrürsulfosäure übergeführt wird; hierbei
                              									entstehen weniger schmierige Producte als bei der entsprechenden Darstellung von
                              									Anthraminsulfosäure. Bei Behandlung der salzsauren Lösungen der Anthramin- und
                              									Anthraminhydrürsulfosäure mit äquivalenten Lösungen von Kaliumnitrit entstehen
                              									Lösungen von Diazoanthraminsulfosäure und Diazoanthraminhydrürsulfosäure.