| Titel: | Zur Kenntniss der Alkaloide und Bitterstoffe. | 
| Fundstelle: | Band 248, Jahrgang 1883, S. 297 | 
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                        Zur Kenntniſs der Alkaloide und
                           								Bitterstoffe.
                        [Zur Kenntniſs der Alkaloide und Bitterstoffe.]
                        
                     
                        
                           Andromedotoxin, der giftige Bestandtheil der in Japan
                              									häufig vorkommenden Ericacee, Andromeda Japonica, ist
                              									nach P. C. Plugge (Archiv der Pharmacie, 1883 Bd. 221
                              									S. 1) namentlich in den Blättern enthalten. Zu seiner Herstellung werden die
                              									wässerigen Auszüge aus den Blättern auf dem Wasserbade concentrirt, dann nach
                              									einander mit neutralem und basischem Bleiacetate gefällt, worauf man aus den
                              									vollkommen farblosen Filtraten das Blei durch Schwefelwasserstoff oder
                              									schwefelsaures Natrium ausfällt und das Filtrat im luftverdünnten Räume einengt. Die
                              									zurückbleibende saure Flüssigkeit wird mit Chloroform ausgeschüttelt, dieses
                              									verdunstet, worauf das zurückbleibende Andromedotoxin beim längeren Stehen über
                              									Schwefelsäure zu fast farblosen Schuppen erstarrt.
                           Nach E. Bosetti (Daselbst S. 81) besteht das reine
                              									officinelle Veratrin aus einem Gemische zweier
                              									anscheinend isomerer Alkaloide der Formel C30H49NO9, von denen das
                              									eine krystallisirbar und in Wasser so gut wie unlöslich: krystallisirtes Veratrin (Cevadin von Wright
                              									und Luff), das andere nicht krystallisirbar, aber in
                              									Wasser löslich ist: Veratridin (lösliches Veratrin von
                              										Weigelin, E. Schmidt und Köppen). Verhältniſsmäſsig kleine Mengen des ersteren Alkaloides reichen
                              									hin, um das letztere in Wasser unlöslich zu machen, und geringe Mengen des letzteren
                              									genügen wiederum, um ersteres an der Krystallisation zu hindern. Daher gelingt es
                              									weder, die krystallisirbare Base durch Umkrystallisiren des käuflichen Veratrins aus
                              									Lösungsmitteln darzustellen, noch das wasserlösliche Veratridin durch Ausziehen des
                              									käuflichen Präparates mit Wasser zu gewinnen. Durch Kochen mit alkoholischer
                              									Barytlösung zerfällt krystallisirtes Veratrin oder Cevadin in Angelicasäure und
                              									amorphes Cevidin: C32H49NO9 + 2H2O = C5H8O2 + C27H45NO9.
                              									Veratridin spaltet sich in Veratrumsäure und in eine amorphe Basis, das Veratroïn:
                              										C55H92N2O16, im Sinne der
                              									Gleichung: 2C32H49NO9 + 4H2O = C9H10O4 + C55H92N2O16 + 2H2O. Bei längerer Berührung mit Wasser oder bei kurze Zeit andauerndem Erhitzen
                              									seiner wässerigen Lösung auf 100° geht das Veratridin zunächst in veratrumsaures
                              									Veratroïn: C55H92N2O16.C9H10O4 + 2H2O über, welches alsdann durch verdünnte Säure in Veratroïn und Veratrumsäure
                              									weiter zerlegt wird.
                           Zur Herstellung von Laserpitin, dem Bitterstoffe der
                              									weiſsen Enzianwurzel, Laserpitium latifolium werden
                              									nach R. Külz (Daselbst S. 161) die zerschnittenen
                              									Wurzeln wiederholt warm mit Petroleumäther ausgezogen, die filtrirten Auszüge durch
                              									Destillation von dem gröſsten Theile des Lösungsmittels befreit und die
                              									zurückbleibende, rothbraun gefärbte Flüssigkeit in flachen Gefäſsen der freiwilligen
                              									Verdunstung und Krystallisation überlassen. Nach 12 bis 24 Stunden erstarrt
                              									gewöhnlich die ganze Masse zu einem Krystallbreie, welcher durch Absaugen und durch
                              									Nachwaschen mit kaltem Petroleumäther leicht von anhaltender, Harz haltiger
                              									Mutterlauge befreit werden kann. Der schlieſslich verbleibende, gelblich weiſse, krystallinische
                              									Rückstand läſst sich alsdann durch wiederholtes Umkrystallisiren aus siedendem
                              									Petroleumäther leicht in groſsen, farblosen, wohl ausgebildeten Krystallen des
                              									monoklinen Systemes erhalten. Die Ausbeute beträgt etwa 1,5 Procent der angewendeten
                              									Wurzeln.
                           Das Laserpitin, C15H22O4, schmilzt bei 118°, ist unlöslich in
                              									Wasser und verdünnten Säuren, leicht löslich in Chloroform und Aether, schwer in
                              									Alkohol und Petroleumäther. Es gibt leicht eine Anzahl salzartiger Verbindungen und
                              									Zersetzungsproducte.
                           H. Biedermann (Daselbst S. 175) hat eine Anzahl Salze
                              									des Coffeïns, C8H10N4O2, hergestellt. Zur Gewinnung des salzsauren
                              									Coffeïns löst man z.B. Coffeïn in einer entsprechenden Menge warmer 40procentiger
                              									Salzsäure auf und überläſst die erzielte Lösung über Aetzkalk der Krystallisation.
                              									Schon nach kurzer Zeit scheiden sich alsdann farblose, durchsichtige, wohl
                              									ausgebildete, bisweilen Centimeter lange und breite, dem monoklinen Krystallsysteme
                              									angehörende Krystalle aus. Durch wiederholtes Pressen zwischen Flieſspapier lassen
                              									sich dieselben hierauf leicht in vollständiger Reinheit erhalten. Die Analyse
                              									derselben führte zu der Formel C8H10N4O2.HCl + 2H2O.
                           Colocynthin läſst sich nach G.
                                 										Henke (Daselbst S. 200) nur aus frischen Coloquinten vortheilhaft
                              									herstellen. Die gewöhnlichen Coloquinten des Handels lieferten nur 0,6 Proc.
                              									Colocynthin.
                           Chininhydrochlorat soll nach Angabe der neuen
                              									Pharmacopöe mit wenig Chlorwasser übergössen innerhalb 5 Minuten keine gelbe Farbe
                              									annehmen. H. Hager zeigt in der Pharmaceutischen Centralhalle, 1883 S. 167, daſs eine concentrirte Lösung
                              									von Chinin in Chlorwasser immer gelb ist; beim Verdünnen mit Chlorwasser wird sie
                              									fast farblos. Um Chinin auf die Gegenwart von Morphium und Strychnin zu untersuchen,
                              									übergieſst man dasselbe bei gewöhnlicher Temperatur mit Salpetersäure von 1,185 sp.
                              									G.; Chininhydrochlorat löst sich farblos auf, fremde Alkaloide geben, namentlich
                              									beim Erwärmen auf 80°, gelbe bis gelbrothe Färbung.
                           Wird nach A. W. Hofmann (Berichte der deutschen chemischen
                                 										Gesellschaft, 1883 S. 586) die aus Piperidin
                              									mit Essigsäureanhydrid entstehende Acetverbindung mit 2 Mol. Brom gelinde erwärmt,
                              									so steigert sich die Temperatur von selbst und es destillirt, indem Ströme von
                              									Bromwasserstoff entweichen, eine farblose Flüssigkeit über, während in der Retorte
                              									ein syrupdicker Rückstand verbleibt. Das so gewonnene Destillat siedete zwischen 80
                              									und 200° und erwies sich als ein Gemenge von Acetylbromid und seinen
                              									Bromsubstitutionsproducten, in welchem noch viel Bromwasserstoffsäure gelöst war.
                              									Die bei 150° destillirende Fraction lieferte bei dem Vermischen mit Wasser
                              									erhebliche Mengen von Bromessigsäure, deren Schmelzpunkt bei 53°, deren Siedepunkt
                              									bei 203° gefunden wurde. Der syrupdicke Rückstand in der Retorte ist ein Gemenge von
                              									Bromhydraten. Werden die Basen mit Alkali in Freiheit gesetzt und Wasserdampf
                              									übergetrieben, so erhält man ein alkalisches, stark nach Pyridin riechendes,
                              									wässeriges Destillat, auf basischer Oelschicht schwimmend, welche mit Krystallen
                              									durchsetzt ist. Aehnliche Krystalle erscheinen auch im Kühlapparate. Ausgepreſst und
                              									ein paar Mal aus Alkohol umkrystallisirt, zeigen diese Krystalle den constanten
                              									Schmelzpunkt 112° und erweisen sich identisch mit dem früher aus dem Pyridin
                              									gewonnenen Dibrompyridin. Durch Kalihydrat wird aus dem wässerigen Destillate
                              									Pyridin erhalten, welches mit Jodwasserstoff normales Quintan liefert. Die
                              									Rückverwandlung in Piperidin hat noch nicht gelingen wollen.
                           C. Schotten (Daselbst S. 643) untersuchte die
                              									Oxydationsproducte des Piperidins.