| Titel: | Die Dampfversorgung New-Yorks. | 
| Autor: | K. H. | 
| Fundstelle: | Band 248, Jahrgang 1883, S. 359 | 
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                        Die Dampfversorgung New-Yorks.
                        Mit Abbildung.
                        Die Dampfversorgung New-Yorks.
                        
                     
                        
                           Nachdem bereits im J. 1877 die Stadt Lockport, N.-Y., eine Röhrenleitung zur
                              									Versorgung eines Theiles derselben mit Dampf zu Heizungszwecken erhielt (vgl. 1879
                              										234 * 276), ist jetzt eine solche Anlage, welche
                              									auſserdem noch Dampf für den Maschinenbetrieb liefern soll, auch für New-York
                              									geplant und von 2 Gesellschaften, der New-York Steam
                                 										Company und der American Heating and Power
                                 										Company in Angriff genommen. Beide haben unabhängig von einander mit dem Legen der
                              									Dampfröhren begonnen; die erstere Gesellschaft mit mehr Erfolg als die zweite,
                              									welche vielfach Betriebsstörungen durch Brüche in den Leitungen zu verzeichnen hat.
                              									In amerikanischen und englischen Fachblättern wird vielfach über die
                              									Verkehrsstörungen durch das Aufgraben der Straſsen, über die häufigen Brüche und das
                              									Leckwerden der Rohrverbindungen geklagt; auch sollen die Wasser- und Grasleitungen
                              									durch die Legungsarbeiten leiden, so daſs bereits Gasexplosionen entstanden
                              									sind.
                           Die New-York Company will 12 bis 14 Dampfstationen
                              									errichten, nach dem Alphabet genannt; die Station „B“ welche fast vollendet
                              									ist, besteht aus einem 5 stöckigen Hause, in welches 60 Röhrenkessel von zusammen
                              										16000e in 4 Stockwerken vertheilt sind. In der
                              									Mitte des Gebäudes erheben sich zu 70m Höhe 2
                              									Schornsteine, deren Zug noch durch 4 Flügelgebläse unterstützt wird, welche durch
                              									vier 20e-Dampfmaschinen getrieben werden. Der
                              									Dampf der in einem Stockwerke befindlichen 15 Kessel sammelt sich in einem Cylinder,
                              									von welchem aus die Straſsenleitungen gespeist werden. Diese bestehen aus 6m langen geschweiſsten Schmiedeisenröhren von 150
                              									bis 400mm Weite, mittels Flanschen, in welche die
                              									Röhren eingepreſst und verstemmt werden, zusammengeschraubt. Jede Leitung besteht
                              									aus zwei Röhrensträngen, einer für den Dampf, der andere für das
                              									Condensationswasser, welches nach der Station zurückflieſst, dort in einem Behälter
                              									gesammelt und zur Kesselspeisung wieder benutzt wird.
                           Die weiteren Röhren werden in aus Ziegeln gemauerte Kanäle, die engeren Röhren in
                              									ausgebohrte Holzblöcke verlegt und die Zwischenräume mit Schlackenwolle ausgefüllt.
                              									Bei Straſsenkrümmungen wie auch bei Boden Veränderungen werden die Röhren durch
                              									Kugelmuffen verbunden. Je nach einer Rohrlänge von 22m ist eine Vorrichtung eingeschaltet, welche gestattet, daſs bei
                              									Temperaturänderungen die Röhren sich ausdehnen bezieh. zusammenziehen können. Die
                              									genannte Gesellschaft verwendet folgenden im Techniker,
                              									1883 S. 65 beschriebenen Compensationsmuff, welcher sich ausgezeichnet bewährt haben
                              									soll.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 248, S. 360
                              
                           An den mit den schmiedeisernen Röhren mittels Flanschen verbundenen guſseisernen
                              									Rohrstücken C sind elastische, concentrisch gewellte
                              									Kupferscheiben P befestigt, welche mit dem äuſseren
                              									Ende zwischen das Mittelstück A und die aufgebauchten
                              									Deckel B eingespannt sind, in deren Stopfbüchsen die
                              									Rohrstücke C sich führen; letztere können sich also
                              									entsprechend den Längenveränderungen der damit verbundenen Röhren gegenseitig
                              									bewegen, da die elastischen Kupferscheiben geringe Bewegungen zulassen, welche höchstens 25mm betragen werden. Damit die Kupferscheiben durch
                              									den Dampfdruck nicht in die aufgebauchten Deckel B
                              									hineingedrückt werden, ruhen sie flach auf einer Anzahl von segmentförmigen Platten
                              										O auf, welche nur eingelegt sind und somit leicht
                              									nachgeben können. Die Stopfbüchsen in B werden also gar
                              									nicht auf Dampfdruck in Anspruch genommen und dienen nur dazu, die Röhrenenden bei
                              									ihrer Ausdehnung und Zusammenziehung zu führen und die inneren beweglichen Theile
                              									vor Verunreinigungen zu bewahren.Diese Compensationsverbindung hat sich, wie berichtet wird, recht gut
                                    											bewährt; dagegen erwies sich die von der American
                                       												Company angewendete gewöhnliche Stopfbüchsenverbindung als schlecht
                                    											haltbar; sie wird leicht undicht und verursachte auch Rohrbrüche, wenn die
                                    											Packung durch die Stopfbüchsschrauben zu stark angezogen war. Zur Dichtung
                                    											zwischen den Rohrflanschen verwendet die New-York
                                       												Company mit Erfolg geriefte Kupferringe; weniger gute Resultate
                                    											sollen die Dichtungen der American Company
                                    											liefern, welche aus Compositionen verschiedener mineralischer Substanzen
                                    											bestehen; auch Asbestringe wurden verwendet.
                           Die American Company legt die Röhren in aus starken, mit
                              									Theer getränkten Bohlen hergestellten Holzgehäusen auf Reibungsrollen; der
                              									Zwischenraum wird mit pulverisirter Holzkohle ausgefüllt. Beide Gesellschaften
                              									verlegen ihre Röhren in geringer Entfernung von der Straſsenfläche; hierbei wird den
                              									Hebungen und Senkungen des Bodens möglichst unter Verwendung flacher Krümmer gefolgt
                              									und werden nur starke Abkrümmungen ausgeglichen.
                           Die Einleitung des Dampfes in die Häuser erfolgt seitens der New-York Company von der oben angegebenen Expansionsverbindung aus; von
                              									derselben zweigen zwei Röhren D nach den beiden
                              									Straſsenseiten ab, so daſs bei der üblichen Breite einer Bauparzelle von ungefähr
                              										7m,5 von dem Räume A ab 6 Häuser gleichzeitig mit Dampf versorgt werden. Die Theilung des
                              									Rohres D in die 3 Hausröhren geschieht in einer an das
                              									mittlere Haus angebauten, unter dem Fuſssteige angeordneten Kammer. Die 3 Hausröhren
                              									sind in dieser Kammer je mit einem Dampfabsperr- und einem Regulirventile versehen;
                              									letzteres dient dazu, den Dampfdruck im Gebäude gleichmäſsig auf einer Höhe von
                              									ungefähr 0at,7 Ueberdruck zu erhalten, während der
                              									Ueberdruck in den eigentlichen Dampfleitungen unter der Straſse 3,5 bis 4at beträgt.
                           Die schwierige Frage der Entwässerung der Straſsen, wie der Hausröhren ist von der
                              										New-York Company in folgender befriedigender Weise
                              									gelöst worden: Von dem aus jedem Compensationsmuffe tretenden Zweigrohre geht in den
                              									genannten Kammern ein Rohr abwärts nach einem Condensationstopfe; die
                              									Hausdampfleitungen endigen schlieſslich in einem Rohre, welches den übrigen Dampf
                              									und das Niederschlagswasser nach einem zweiten, im Keller des Gebäudes stehenden
                              									Condensationstopfe führt. Der auf jedem Topfe stehende Dampf drückt das in ihm sich
                              									sammelnde Wasser durch angeschraubte Röhren in ein Sammelrohr für die 3 Bauparzellen und von
                              									diesem in die Hauptrückleitung, welche neben der Dampfzuleitung liegt.
                           Bei diesem groſsartigen Unternehmen der Dampfversorgung einer ganzen Stadt sind also
                              									praktische Schwierigkeiten aufgetreten, deren Beseitigung noch wenig gelungen ist
                              									und welche deshalb Beachtung seitens der Techniker verdienen. Als solche
                              									Schwierigkeiten ergaben sich: Wahl einer haltbaren dichten Verbindung der Röhren
                              									unter Verwendung von unverwüstlichem Dichtungsmateriale, einer nie versagenden
                              									Expansionsverbindung; die einfache und sichere Entfernung des Condensationswassers
                              									und die zweckmäſsige Umhüllung der Röhren mit Isolirmaterial, um die groſsen
                              									Dampfverluste durch Condensation zu vermeiden. Bei den vielfachen schlimmen
                              									Erfahrungen, welche durch ungenügende Ausführung und Construction für die genannten
                              									Einrichtungen in New-York gemacht worden sind, wird eine weitere Versorgung anderer
                              									Städte durch Dampf wohl kaum zur Ausführung gelangen, ehe nicht die genannten Fragen
                              									eine vollkommene Lösung gefunden haben, welche auch den wesentlichen Punkt, die
                              									Billigkeit der Anlage, nicht unberücksichtigt läſst.
                           
                              
                                 K. H.