| Titel: | Ueber elektrische Kraftübertragung im Bergbaue. | 
| Fundstelle: | Band 249, Jahrgang 1883, S. 61 | 
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                        Ueber elektrische Kraftübertragung im
                           								Bergbaue.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 4.
                        Ueber elektrische Kraftübertragung im Bergbaue.
                        
                     
                        
                           Ueber verschiedene Anlagen der elektrischen Kraftübertragung in Kohlengruben bringen
                              									die Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen,
                                 										1883 S. 141 sowie die Zeitschrift des Vereins deutscher
                                       												Ingenieure, 1883 S. 67 nach dem Bulletin de
                                       												la Société de l'Industrie minerale, 1882 Heft 1
                              									längere Abhandlungen, denen im Anschlüsse an die in D. p.
                                 										J. 1883 247 348 gebrachte Notiz nachfolgender
                              									Auszug entnommen ist.
                           Auf der Grube La Peronnière bei St. Etienne wurden
                              									bislang durch Pferde auf einer Förderstrecke von 110m Länge und 40m saigerer Förderhöhe in
                              									der Schicht von 7 Stunden 160l gefördert und
                              									sollte dieser Betrieb fortan durch Elementarkraft geschehen. Da der betreffende
                              									Fallort sich in 1200m Entfernung von der Hängebank
                              									des nächst erreichbaren Schachtes Chêne befindet und
                              									auch die zu ihm führenden Strecken groſse und häufige Krümmungen darboten, so war
                              									auf die Anwendung des über Tage herzugeleiteten Dampfes oder auf mechanische
                              									Kraftübertragung von vorn herein zu verzichten und blieb nur die Wahl zwischen
                              									Preſsluft und Elektricität. Zur Anwendung der letzteren entschloſs man sich in
                              									Hinblick auf die Schwierigkeit, eine Luftleitung unter den oben angeführten
                              									erschwerenden Verhältnissen dauernd in Stand zu erhalten.
                           Zur Erzeugung der Betriebselektricität steht über Tage am Schacht Chêne der Grube eine Dampfmaschine A von 32e (vgl. Fig.
                                 										3 Taf. 4). Von ihrem Schwungrade, welches 65 Umgänge in der Minute macht,
                              									wird durch geeignete Riemenübersetzung die Welle D mit
                              									325 Umläufen angetrieben. Die Bethätigung der Strom gebenden Gramme'schen Maschinen mit 1300 Umgängen minutlich erfolgt von D aus mittels der Reibungsräder F, E bezieh. F, E1 von denen die kleineren E und E1 aus gepreſstem
                              									Papiere hergestellt sind. Jede der Dynamomaschinen ist auf nominell 8e construirt; doch genügt eine derselben, um die
                              									bisherige Fördermenge zu bewältigen, während die zweite vor der Hand nur zur
                              									Aushilfe dient. Die An- und Abstellung der Maschinen erfolgt mittels Handräder G, G1, durch deren
                              									entsprechende Drehung nach Belieben jede einzeln oder auch beide mit ihren
                              									Reibungsrollen an die Scheiben F angepreſst oder von
                              									denselben abgerückt werden können. Hierbei drehen sich die ganzen Maschinen
                              									innerhalb geringer Grenzen um Achsen, welche parallel unterhalb der Wellen E, E1 angebracht
                              									sind.
                           Von der im Betriebe befindlichen Gramme'schen Maschine
                              									gehen die zwei Leitungskabel von je 1200m Länge
                              									für Hin- und Rückleitung des Stromes durch den Schacht Chêne in die Grube hinab. Jedes dieser Kabel besteht aus 16 Drähten von
                              									reinem Kupfer und 1mm,1 Dicke, eingehüllt in
                              									getheerte Leinwand. An nassen Orten genügt aber eine solche Isolation keineswegs.
                              									Durch den Schacht Chêne verwendete man ursprünglich eine 3fache Hülle
                              									von paraffinirter Baumwolle, getheerter Leinwand und Kautschuk; da sich
                              									Stromablenkungen einstellten und auch ein Bleirohr, durch welches man das Kabel
                              									gezogen hatte, in kurzer Zeit oxydirt wurde, ging man zu folgender Isolirungsweise
                              									über: Um die 16 Drähte ist zunächst ein paraffinirtes Baumwollenzeug gelegt, dann
                              									eine Schicht von Guttapercha, hierüber eine mehrfache Umwickelung von getheerter
                              									Leinwand und als äuſsere Bekleidung eine Masse von 57 Proc. norwegischem Theer, 38
                              									Proc. Wachs und 5 Proc. Talk.
                           Durch den rund gemauerten und jeder Führung baren Schacht Chêne, in welchem man mit Tonnen fördert, muſste zum Schütze der Kabel ein
                              									kleiner segmentartiger Scheider angebracht werden. In den Strecken liegen die
                              									Leitungen, um schädliche Inductionen zu vermeiden, wenigstens 20cm aus einander, auf 29 an der Zimmerung
                              									angebrachten Brettchen. Brüche sind leicht wieder gut zu machen; man verbindet die
                              									Kabelenden, indem man die Drähte reinigt, spliſst, mit Zinn verlöthet und die
                              									Isolation auf gleiche Weise herstellt.
                           Der elektrische Haspel ist an dem oberen Ende des betreffenden Fallortes aufgestellt
                              									und die ganze Maschinerie ruht, wie aus Fig. 4 bis
                              										6 Taf. 4 zu ersehen, auf gemeinschaftlichen guſseisernen
                              									Grund-rahmen.
                           Die Elektromotoren a, a1
                              									von gleicher Construction wie die Stromgeber, betreiben mittels ihrer Papierräder
                              										b, b1 die glatten
                              									Eisenscheiben c, auf deren Welle noch die Riemenscheibe
                              										d sitzt, welche die Bewegung verlangsamt auf die
                              									Scheibe e und damit auch auf f überträgt. Die Umlaufzahl wird weiter verringert durch die
                              									Riemenübersetzung von f auf g und die Stirnräder k, l und k1, 11. Auf der Trommel m liegen die Förderseile; als Sicherung gegen Brüche an
                              									denselben ist die Bremse n vorhanden. Die Umkehrung der
                              									Bewegung ist durch die Klauenkupplung o und die
                              									Kegelräder h, i, i1
                              									ermöglicht. Auf 4 Säulen p ruht eine als bequemer
                              									Standort des Maschinenwärters dienende Bühne. Von dort regiert er mittels des Hebels
                              										r die Bremse n,
                              									steuert mit der Kurbel q und kann durch Drehen des
                              									Schraubenrades s (Fig. 5) das
                              									Reibungsgetriebe b, c lösen oder in Thätigkeit setzen.
                              									Auch übersieht er leicht den Indicator u und einen
                              									Stromstärkemesser.
                           Soll die Förderung nur kurze Zeit unterbrochen werden, so stellt man durch Abrücken
                              									der Elektromotoren die Bewegung des Treibkorbes ein, läſst aber dieselben weiter
                              									laufen. Hierdurch entsteht in diesen Elektromotoren ein dem treibenden
                              									entgegengerichteter Strom von beträchtlicherer Stärke, welcher zur Folge hat, daſs
                              									der Stromgeber für die Dauer des Leerlaufes des Elektromotors bedeutend weniger
                              									Arbeit verbraucht. Durch geringes Nachlassen im Hebelwerke t (Fig. 5)
                              									mittels der Schraube s kann man die Reibung auch nur
                              									theilweise beheben, wodurch ein unschädliches Rutschen und eine Verringerung der
                              									Fördergeschwindigkeit erfolgt.
                           
                           Muſs die Förderung auf längere Zeit unterbrochen werden, so gibt der untere
                              									Maschinist mittels Telephon zu Tage hinauf das Zeichen, worauf die
                              									Betriebsdampfmaschine auſser Thätigkeit gesetzt wird. Von dem vorhandenen
                              									Stromausschalter soll nur im Nothfalle und keineswegs dann Gebrauch gemacht werden,
                              									wenn geladene Wagen im Aufgange begriffen sind.
                           Die Uebersetzung ins Langsame ist eine 37fache, d.h. bei 900 Umläufen des
                              									Elektromotors dreht sich der Treibkorb nur 24mal in der Minute, was bei 1m,5 Durchmesser einer Fördergeschwindigkeit von
                              										1m,9 entspricht. In diesen riesigen
                              									Uebersetzungsverhältnissen ist sicherlich ein Nachtheil der elektrischen
                              									Transmission für ähnliche Förderzwecke zu erblicken. So hat man auch in Folge der
                              									Riemengleitung u.s.w. nur etwa die Hälfte der oben berechneten Fördergeschwindigkeit
                              									erhalten. Immerhin ist die Nutzleistung eine ganz annehmbare. Diesbezügliche
                              									Versuche wurden in der Weise durchgeführt, daſs man die vom Dampfmotor abgegebene
                              									Arbeit mittels des Indicators bestimmte und gleichzeitig die Zeit ermittelte, welche
                              									der Haspel brauchte, um nach einander 1, 2, 3 und 4 angehängte Förderwagen auf die
                              									gesammte Förderhöhe von 40m zu bringen, und zwar
                              									wurde nur die Nutzlast von je 400k in Rechnung
                              									gezogen, weil die Förderung zweitrümmig ist, die todten Gewichte sich daher
                              									ausgleichen. Die Resultate dieser Versuche sind in nachfolgender Tabelle
                              									zusammengestellt:
                           
                              
                                 Im
                                    											Dampf-maschinen-cylindergeleisteteArbeit
                                 
                                    
                                    
                                    Nutzarbeit
                                    
                                 Nutzeffekt
                                 Umlaufzahlder
                                    											StromerzeugendenMaschinen
                                 Umlaufzahlder
                                    											Stromempfangen-denMaschine
                                 
                                    
                                    \frac{v}{V}
                                    
                                 
                              
                                 mk
                                 mk
                                 Proc.
                                 
                                    V
                                    
                                 
                                    v
                                    
                                 
                                 
                              
                                 1050
                                   400k in 125 Sek.
                                 auf 40m = 128
                                 12,2
                                 1280
                                 880
                                 0,68
                                 
                              
                                 1200
                                   800  in 143
                                 auf 40   = 223
                                 18,6
                                 1280
                                 830
                                 0,65
                                 
                              
                                 1370
                                 1200  in 151
                                 auf 40   = 317
                                 23,1
                                 1280
                                 810
                                 0,63
                                 
                              
                                 1530
                                 1600  in 160
                                 auf 40   = 400
                                 26,1
                                 1280
                                 780
                                 0,61
                                 
                              
                           Hieraus ersieht man, daſs bei vier an einander gehängten Wagen der Nutzeffekt der
                              									ganzen Anlage 26,1 Proc. beträgt. Bedenkt man nun, daſs bei Preſsluftbetrieb der
                              									Nutzeffekt der Transmission allein bei langen Leitungen kaum diesen Werth erreicht,
                              									so ist der Elektricität wohl der Vorrang einzuräumen.
                           Noch ein Umstand wirkt auf La Peronnière ungünstig: der
                              									Dampfmotor ist nicht vollständig ausgenützt und arbeitet mit ungünstiger Füllung.
                              									Diesem Uebelstande wird man aber in Kürze abhelfen, da auch die zweite
                              									Dynamomaschine bestimmt ist, aus einem Blindschachte Kohle zu fördern. Die beste
                              									dynamische Leistung der Elektricität an und für sich im Elektromotor soll etwas über
                              									50 Proc. betragen.
                           
                           Die Kosten einer solchen Fördervorrichtung stellen sich
                              									folgendermaſsen:
                           Entfernung = 1200m. 
                           Maximale Leistungsfähigkeit = 1600k Kohle bei 40m Förderhöhe in 2½ Minuten.
                           
                              
                                 Dampfmaschine mit Expansion
                                 6450
                                 M.
                                 
                              
                                 2 Gramme'sche Maschinen
                                    											von je 8e zu 3500 M.
                                 7000
                                 
                                 
                              
                                 Haspel
                                 7800
                                 
                                 
                              
                                 Zubehör, Riemen, Tachymeter, Galvanometer
                                    											u.a.
                                 4060
                                 
                                 
                              
                                 Leitungskabel:
                                 1800m für trockene
                                    											Strecken, 1m zu 1,20 M.
                                 2160
                                 
                                 
                              
                                 
                                   600m für den Schacht,
                                    												1m zu 3 M.
                                 1800
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 29270
                                 M.
                                 
                              
                           Es sind nur 2 Gramme'sche Maschinen in Rechnung gesetzt,
                              									weil deren eigentlich nicht mehr nöthig sind. Auch ist zu bemerken, daſs die für
                              									Dampfmaschine und Haspel angeführten Preise sich sicherlich vermindern lieſsen.
                           Mittels einer ähnlichen Anlage werden aus einem 24m
                              									tiefen Gesenke auf Schacht Thibaut in Saint-Etienne 20
                              									bis 25t Kohlen in 10 Minuten gefördert.
                           Die Einrichtung ober Tags umfaſst, ähnlich wie auf La
                                 										Peronnière, eine kleine liegende Dampfmaschine von 5e, welche mit 20½facher Uebersetzung (mittels
                              									Riemen) den Gramme'schen Stromgeber bethätigt. Die
                              									beiden Leitungskabel von je 250m Länge bestehen
                              									aus 1mm,1 dicken Kupferdrähten, sind in Baumwolle
                              									eingehüllt und haben als äuſsere Bekleidung mit Kautschuk durchtränkte Leinwand.
                           Fig.
                                 										7 Taf. 4 stellt den Antrieb in der Grube dar. Auf einem eichenen Rahmen
                              									ist die Gramme'sche Maschine sammt der Transmission und
                              									dem Rundbaum gelagert. Die Uebersetzung ins Langsame ist hier eine 250 fache. Von
                              									den Riemenscheiben a und b
                              									wird die Welle c in rasche Drehung versetzt. Sie ist in
                              									einem Rahmen gelagert, welcher, um eine horizontale Achse drehbar, das Andrücken der
                              									kleinen Scheiben C aus gepreſstem Papier gegen die
                              									groſsen, glatten Eisenscheiben d gestattet und so ein
                              									Aus- und Einrücken des Haspels ermöglicht.
                           Die Bewegung wird ferner mittels der Kegelräder e, f und
                              									der Stirngetriebe g, h auf den Rundbaum übertragen. Die
                              									Umsteuerung erfolgt auch hier durch Verstellen der Kegelräder e.
                           Was die Nutzleistung der Anlage anbelangt, so denke man sich 100 Th. Arbeit am Kolben
                              									des Dampfmotors wirkend- von diesen werden 15 Th. consumirt und 85 Th. vom
                              									Stromgeber in Elektricität verwandelt, An die Riemenscheibe b übergehen noch 38 und endlich an den Rundbaum 25 Procent der in der
                              									Dampfmaschine aufgewendeten Arbeitsleistung. Diese 25 Procent sind also der
                              									Nutzeffekt der ganzen Anlage; jener der Elektricität allein ist 45 Proc.
                           Bei beiden beschriebenen Anlagen besteht der Nachtheil, daſs der Elektromotor
                              									fortwährend laufen muſs, wenn auch der Haspel abwechselnde Arbeitspausen macht. Wie
                              									oben erwähnt, braucht alsdann der Stromgeber aber weniger Arbeit von der Dampfmaschine zu entnehmen. Um
                              									die Maschine dem entsprechend einzustellen, kann zweckmäſsig der in Fig. 8 Taf.
                              									4 angedeutete elektrische Regulator von Rossigneux
                              									dienen. Derselbe schlieſst die Drosselklappe ganz, wenn der Schlieſsungskreis an
                              									irgend einer Stelle unterbrochen wird, und öffnet dieselbe nur wenig, wenn der
                              									Elektromotor leer mitläuft. Vom Schwungrade treibt ein Riemen die Scheibe a an, auf deren Welle eine zweite massive Eisenscheibe
                              										b aufgekeilt ist. Dieser gegenüber befinden sich 2
                              									Elektromagnete c, drehbar auf einer Welle sitzend,
                              									welche noch die Rolle d trägt. An der Schnur e hängt das Gewicht f.
                              									Wenn nun der Haspel in der Grube in Arbeit ist, so macht der starke Strom, welcher
                              									dann durch die Leitung und theilweise auch durch die Elektromagnete c geht, die weichen Eisenkerne der letzteren
                              									magnetisch, in welchem Falle sie auf die Scheibe b
                              									einwirken und in Folge dessen von ihr verdreht werden. Das Gewicht f wird gehoben und die Drosselklappe öffnet sich.
                           Da die Stromstärke die Differenz des Hauptstromes und des vom Elektromotor
                              									ausgehenden Gegenstromes ist, dieser letztere aber bei verminderter Leistung wächst,
                              									so wird die Drosselklappe um so mehr geöffnet, je mehr Arbeit der Elektromotor zu
                              									überwinden hat.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
