| Titel: | Ueber die Herstellung von Spiritus und Presshefe. | 
| Fundstelle: | Band 249, Jahrgang 1883, S. 227 | 
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                        Ueber die Herstellung von Spiritus und
                           								Preſshefe.
                        (Schluſs des Berichtes Bd. 248 S.
                           								464.)
                        Ueber die Herstellung von Spiritus und Preſshefe.
                        
                     
                        
                           Nach M. Delbrück haben Alkohol und Schwefelsäure einen
                              									ganz eigenthümlichen Einfluſs sowohl auf die Hefe, als
                              									auch auf die Bacterien. Beide sind für die Bacterien Gift und heben die Vermehrung
                              									der Hefe auf, ohne die Gährthätigkeit zu stören. Es ist geradezu erstaunlich, welche
                              									Mengen Schwefelsäure die Hefe ertragen kann, ohne daſs die Gährkraft zerstört wird,
                              									wenigstens für 1 Stunde; aber eine Vermehrung der Zellen findet gar nicht statt.
                              									Ebenso hört, sobald in der Maische 5 bis 6 oder gar 7 Proc. Alkohol vorhanden sind,
                              									die Vermehrung der Zellen vollständig auf; aber die Gährthätigkeit ist unbehindert.
                              									Die Ursache, weshalb man bei der direkten Anstellung mit Preſshefe Schwefelsäure
                              									verwendet, oder im anderen Falle concentrirte Kunsthefe, liegt nicht bloſs darin,
                              									daſs beide Mittel die Kugelbacterien ausschlieſsen oder tödten, sondern auch darin,
                              									daſs sie erlauben, die Hefe in lebhafte Gährthätigkeit zu versetzen, ohne ihre
                              									Vermehrung zu gestatten. Mit einem Worte, in beiden Fällen haben wir lebhaft
                              									gährende Kunsthefe oder Hefenansatz mit Schwefelsäurezusatz ohne Zellenvermehrung.
                              									Jedenfalls ist es durchaus erforderlich, die Anstellung der Maische mit reifer Hefe
                              									zu machen, in welcher jede Hefezelle vollständig ausgewachsen ist; erst dann ist sie
                              									im Stande, wenn sie in ein neues Nahrungsmittel übertragen wird, eine kräftige
                              									gesunde Nachzucht zu erlauben. Wenn wir etwas Maische nehmen und die Preſshefe zusetzen, welche zum
                              									Anstellen der Maische benutzt werden soll, so wird ohne Schwefelsäurezusatz ein
                              									lebhaftes Wachsthum entstehen; wird sie dann wieder herausgenommen und in den
                              									groſsen Maischbottich gebracht, so kommt sie in andere Lebensverhältnisse. Nur
                              									gesunde, fertig ausgewachsene Hefezellen erlauben das Uebertragen in andere
                              									Nährmittel; es tritt eine Schädigung der Hefe ein, wenn die kleinen jungen Zellen,
                              									welche eine sehr dünne Membran haben und in Folge dessen gegen eine Veränderung der
                              									Lebensverhältnisse sehr empfindlich sind, in concentrirtes Gut übertragen
                              									werden.
                           Heinzelmann hat gefunden, daſs die Gährkraft der Hefe durch einen Zusatz von Salicylsäure bis zu 0g,1 auf 1l erhöht wird; bei 0g,12 nahm die Gährkraft schon wieder ab und bei
                              										0g,375 wurde die Hefe getödtet. 0g,1 zu 1l
                              									Kartoffelmaische gesetzt, gab kein ersichtliches Resultat. 200g Darrmalz zu 1l
                              									gemaischt und gleichzeitig 0g,1 Salicylsäure
                              									zugesetzt, ergab eine bessere Verzuckerung und gröſsere Gährkraft als ohne
                              									Salicylsäure, so daſs es empfehlenswerth erscheint, dem Hefengut Salicylsäure
                              									zuzusetzen und dann damit die Maische auf gewöhnliche Weise anzustellen.
                           In der v. Gilhausen'schen Fabrik werden vor dem
                              									Einmaischen die Hauptbottiche, nachdem sie ausgekühlt sind, mit schwefligsaurem Calcium ausgestrichen und jeden Tag
                              									auch die Ansatzgefäſse. Dies Verfahren bewährt sich sehr gut. Auch Gontard hat damit gute Resultate erhalten, während M. Maercker Phenol, Stumpfeldt abwechselnde Verwendung
                              									von Schwefelsäure und Kalk
                              									und zeitweiliges Ausbrennen mit Spiritus empfehlen; die
                              									letzteren Vorschläge werden von Schulz bekämpft. Siemens löst 16 Th. Colophonium und 8 Th. Terpentin in
                              									Spiritus, streicht damit die Bottiche an und brennt
                              									dann aus; der auf diese Weise gebildete Ueberzug soll sich sehr gut halten.
                           Die Verwendung von Grünmalz zur Herstellung von
                                 										Preſshefe wird immer allgemeiner, wenn auch von einigen Seiten behauptet
                              									wird, daſs die mit Darrmalz hergestellte Hefe besser sei. Bei Anwendung von Grünmalz
                              									ist namentlich auf gute Zerkleinerung desselben zu sehen.
                           Zum Conserviren bezieh. Abdampfen der Schlempe empfiehlt Stenglein
                              									den Gontart'schen Apparat. Quer über den Rand einer
                              									Wanne ist eine Welle gelagert, auf welche dicht an einander aufgereiht runde
                              									Scheiben aufgekeilt sind. Dieselben tauchen ungefähr bis zur Mitte in die
                              									verdampfende Flüssigkeit ein. Die Welle wird ruhig gedreht und es vermehren
                              									hierdurch die stets benetzten Scheiben die Verdampfungsoberfläche um ihre eigene
                              									Fläche. Ein Verdampfungsgefäſs von 1qm Oberfläche
                              									ist demnach durch Einsetzen einer Welle, auf der 100 Blechscheiben je 10mm von einander entfernt aufgekeilt sind, mit
                              									nahezu 100qm Verdampfungsfläche versehen. Diese
                              									ist überdies eine besonders wirksame, weil die Flüssigkeit in ganz dünner Schicht
                              									aufliegt und das Entweichen der Dampf Wäschen sehr leicht erfolgen kann, da kein
                              									Druck einer darüber stehenden Flüssigkeitsschicht zu überwinden ist. Die Verdampfung
                              									ist schon bei sehr
                              									niederen Temperaturen eine äuſserst lebhafte; sie ist so stark, daſs die Flüssigkeit
                              									bei einigermaſsen genügenden Scheibenflächen trotz heftigen Feuerns nicht ins Kochen
                              									kommt. Die eingedickte Schlempe wird dann zu Kuchen gepreſst, wobei eine
                              									schwarzbraune Flüssigkeit abläuft. Wie groſs der Verlust an Nährstoffen durch diese
                              									abflieſsende Brühe ist, muſs zunächst festgestellt werden (vgl. 1882 243 * 247).
                           Das Dämpfen und Maischen von Getreide, insbesondere das
                              									Zusammenmaischen desselben mit Kartoffeln, bespricht
                              										M. Stenglein. Beim Mälzen verlangen Roggen und
                              									Weizen eine viel sorgfältigere Behandlung noch als Gerste. Beim Maischen lassen sich
                              									Roggen und Weizen nicht wie Mais verarbeiten, da in Folge ihres hohen Klebergehaltes
                              									die Maischen oft so zähe werden, daſs die Pumpen versagen.
                           Für 200l Maischraum nimmt man 45, seltener 46 bis
                              										47k Roggen und auſserdem 6k Malzgetreide; auf 100k Roggen verbraucht man 160 bis 180l Wasser. Es wird empfohlen, auf je 2000l Dämpfwasser 0l,5 Schwefelsäure zuzusetzen, wodurch der Roggen besser aufgeschlossen werden
                              									soll. Neuere Versuche haben gezeigt, daſs es von Vortheil ist, schon am Tage vor der
                              									Maischung den Roggen oder Weizen in den eben angegebenen Verhältnissen in den
                              									Dämpfer zu bringen, die Masse sodann auf 50° zu erwärmen. Andere setzen diese
                              									Erhitzung auch auf 1 und 2at Druck fort, um dann
                              									das ganze Gemisch bis am anderen Tage stehen zu lassen, sodann unter 3at Druck gar zu dämpfen und zu maischen. Auch hier
                              									wird ein Zusatz von Schwefelsäure empfohlen, um schlechte Säuren zu vermeiden; doch
                              									dürfte auch diese Vorsichtsmaſsregel zum mindesten als unnöthig zu betrachten sein,
                              									da bei dem Gardämpfen Temperaturen erreicht werden, welche schon an und für sich das
                              									Vorhandensein solcher falschen Säuren verhüten. Als Nachzerkleinerungsapparat hat
                              									sich das Ausblaserohr von Barthel bewährt (vgl. 1882
                              										245 * 116), während die Centrifugalmühle von Böhm (vgl. 1879 231 * 167.
                              										232 * 137), die Maischmühle von Hampel (1883 247 * 213) und
                              									von Paucksch (1879 232 * 64)
                              									für Roggenmaischen werthlos sind.
                           Durch das von M. Delbrück empfohlene gemeinsame Dämpfen
                              									von Roggen und Kartoffeln erzielt man eine Verbesserung des Futters, bessere
                              									Ausnützung des Stärkemehles der Kartoffeln, gute und gleichmäſsige Ausbeuten. Es ist
                              									besonders darauf zu achten, daſs der conische Theil des Henze'schen Dämpfers mit Kartoffeln gefüllt ist; dann füllt man den Roggen
                              									und schlieſslich den Rest der Kartoffeln ein. Bei dieser Anordnung ist es möglich,
                              									das gesammte Condensationswasser abzulassen, ohne Roggen zu verlieren, da die
                              									unterste Schicht der Kartoffeln dem Roggen als Sieb dient.
                           Bei Verarbeitung von Roggen und Kartoffeln in diesem Verhältnisse ist es nothwendig,
                              									den Roggen vorerst einzuquellen, und zeigen derartige Maischungen in der Praxis sehr
                              									verschiedene Resultate, je nachdem der Roggen mehr oder weniger Wasser aufgenommen hatte; auch
                              									die ursprüngliche Feuchtigkeit des Roggens scheint auf den Dampfverbrauch, d.h. auf
                              									den Druck, unter welchem die Materialien gedämpft werden, nicht ohne erheblichen
                              									Einfluſs zu sein. Erfahrungen in den verschiedensten Brennereien haben gelehrt,
                              									daſs, je feuchter der Roggen ursprünglich war, um so weniger Wasser hatte derselbe
                              									nachträglich aufgenommen und um so höher muſste der Druck sein, unter welchem er
                              									gedämpft und ausgeblasen wurde, und umgekehrt, je trockener die Waare, je mehr
                              									Wasser hatte sie in 12 Stunden aufgenommen und um so geringer brauchte die
                              									Dampfspannung zu sein, mit welcher gedämpft und ausgeblasen wurde.
                           Die einzelnen Maischungen schwankten zwischen 4,5 bis 3at Druck; auch zeigte sich bei besonders gutem Materiale die am Barthel'schen Apparate angebrachte Dampfeinströmung als
                              									überflüssig. In neuester Zeit werden in der Brennerei Braunsfelde in der Weise sehr
                              									günstige Resultate erzielt, daſs der Dampf nicht nach oben durch das
                              									Sicherheitsventil oder den Lufthahn ausströmt, sondern nach unten gelassen wird.
                              									Während des Dämpfens bleibt die untere Dampfeinströmung völlig geschlossen und es
                              									wird nur von oben Dampf gegeben, wobei das erste Condensationswasser abgelassen
                              									wird, während das letzte in den Vormaischbottich flieſst, wo es zum Einteigen des
                              									Malzes dient. Bezügliche Versuche ergaben, daſs diese Art der Verarbeitung von
                              									Roggen und Kartoffeln auch ohne das Barthel'sche
                              									Ausblaserohr zu bewerkstelligen ist, daſs aber dann sowohl die Dämpfzeit, als der
                              									Dampfverbrauch gesteigert werden muſs. Bei Verarbeitung groſsentheils trockenfauler
                              									Kartoffeln wurde die Maische durch dieses Ausblaserohr so fein geliefert, daſs der
                              									Steigraum verringert werden konnte.
                           Stark ausgewachsenes Getreide ist besonders schwierig zu zerkleinern; ja
                              									ausgewachsener Weizen kann bei einfacher Verarbeitung ohne vorherige besondere
                              									Behandlung schlechterdings nicht zerkleinert werden. Trocknet man aber stark
                              									ausgewachsenen Roggen und Weizen vor ihrer Einquellung auf einer Darre, so können
                              									sie leicht verarbeitet werden. Die Mitverwendung von Schwefelsäure bei der
                              									Roggenverarbeitung gab schlechtere Ausbeuten.
                           Wittelshoefer spricht sich weniger günstig über das Barthel'sche Ausblaserohr aus und meint, daſs man bei
                              									richtiger Behandlung des Getreides auch ohne dasselbe fertig werde, da durch
                              									dasselbe nur diejenigen Körner wirklich zerkleinert würden, welche im Dämpfer
                              									bereits verkocht sind.
                           Nach M. Maercker wird in Trotha ausgewachsene Gerste nach dem Riebe'schen
                              									Verfahren verarbeitet, mit einer Ausbeute von mindestens 9,5. Die Gerste wird
                              									geschroten, dann findet eine Vor Verzuckerung mit etwas Malz statt; nun wird bis
                              									137° erhitzt und in gewöhnlicher Weise im Hollefreund'schen Apparate (1879 231 * 165) weiter
                              									gearbeitet. Die Aufschieſsung ist so vollständig, daſs nur 1,5 Procent der
                              									eingemaischten Stärke ungelöst bleiben.
                           Nach in Maerker's Laboratorium von Lintner ausgeführten Versuchen über die Einwirkung
                              									verschiedener Verhältnisse auf die Diastasebildung und
                              									namentlich über ein Verfahren, um dieselbe zu messen, ist es niemals möglich
                              									gewesen, gleichmäſsige Resultate zu erzielen beim Wachsthum derselben Gerste und
                              									namentlich bei vergleichenden Versuchen mit verschiedenen Gersten, als bis sie
                              									vorher vorsichtig bei 50° getrocknet wurden. Trocknet man feuchte und schlechte
                              									Gerste bei einer Temperatur von 50°, so keimt sie nachher sehr gleichmäſsig. Wenn
                              									man also gelegentlich frische, nasse Gerste zu verarbeiten hat, so kann es
                              									möglicherweise nützlich sein, dieselbe zuerst bei 50° zu trocknen- die Keimfähigkeit
                              									leidet dabei durchaus nicht.