| Titel: | Zur Kenntniss der Eichenrinde-Gerbsäuren. | 
| Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 29 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Zur Kenntniſs der
                           								Eichenrinde-Gerbsäuren.
                        Etti, zur Kenntniſs der Eichenrinde-Gerbsäuren.
                        
                     
                        
                           Im Anschlusse an die Mittheilungen von C. Böttinger
                              									(1880 238 62), J. Löwe (1881
                              										241 69) und seine eigenen (1880 237 170) hebt C. Etti in den Monatsheften für
                                       												Chemie, 1883 S. 512 hervor, daſs es jetzt feststehe,
                              									die Gerbsäure der Eichenrinde sei kein Glykosid. Daſs bei der Darstellung durch
                              									Fällen mit Blei neben Gerbstoff amorpher flüssiger Zucker gefunden wurde, erklärt
                              									sich daraus, daſs dem Gerbstoffbleie das in dem Rindenauszuge vorhandene Lävulin
                              									hartnäckig anhängt und deswegen nicht vollständig durch Auswaschen entzogen werden
                              									kann.
                           Wenn man die Gerbsäure aus einem weingeistigen Auszuge der Eichenrinde mit Essigäther
                              									ausschüttelt, so kann dieselbe von einem braungrünen amorphen Terpenharze und von
                              									Phlobaphen begleitet sein. Ersteres ist leicht zu erkennen, ebenso bequem und scharf
                              									zu trennen, indem es sich auſser in Essigäther in Aethyläther und Benzol sehr leicht
                              									löst, während die Gerbsäure in Benzol gar nicht und in Aethyläther sehr schwer
                              									löslich ist. 100 Th. von Weingeist freiem Aether nehmen 0,035 Th. Gerbsäure auf. Das
                              									Anhydrid ist ebenfalls leicht zu erkennen. Während dasselbe durch Bleiacetat als
                              									braunrother Niederschlag niederfällt, fällt die Gerbsäure rein gelb, und ist
                              									letzterer nur eine Spur von Anhydrid beigemengt, so hat der Bleiniederschlag einen
                              									deutlich erkennbaren Stich ins Röthliche. In von Weingeist freiem Essigäther oder in
                              									einem Gemische von Essigäther und Aethyläther löst sich aber nicht nur Gerbsäure,
                              									auch das Anhydrid wird in kleinen Mengen aufgenommen. Auſserdem vermag die Gerbsäure
                              									der Eichenrinde den Essigäther in höherer Temperatur, wie verdünnte Schwefelsäure
                              									oder Salzsäure, in Essigsäure und Weingeist zu zerlegen und der nach dem Abdampfen
                              									und Trocknen bei der Gerbsäure verbleibende Rest der hierdurch immer concentrirter
                              									werdenden Essigsäure entzieht einem Theile der Gerbsäure Wasser, wodurch Anhydrid
                              									entsteht. Aus diesem Grunde kann bei Anwendung von Essigäther unmöglich eine von
                              									Anhydrid freie Gerbsäure gewonnen werden.
                           Reine Gerbsäure löst sich vollständig in der hinreichenden Menge des von Weingeist
                              									freiem Essigäthers; ihre Lösung in sehr verdünntem Weingeiste muſs mit Bleiessig
                              									einen rein gelben Niederschlag geben und die Gerbsäure darf an von Weingeist freiem
                              									Aethyläther oder Benzol keine fremdartigen Stoffe abgeben. Die isolirte reine
                              									Gerbsäure ist in Wasser sehr schwer löslich; 100 Th. Wasser lösen nur 0,6 Th. von
                              									ihr auf; dagegen ist sie in Weingeist von jeder Concentration sehr leicht
                              									löslich.
                           Das Phlobaphen ist in Wasser und Aether so gut wie unlöslich, dagegen in Weingeist
                              									von jeder Stärke leicht löslich. Das Phlobaphen, aus der Rinde bereitet, kann mit
                              									Terpenharz und Pektinsubstanzen verunreinigt sein. Ersteres wird erkannt und
                              									getrennt durch eine Behandlung mit Aether oder Benzol, von welchen Lösungsmitteln
                              									dasselbe aufgenommen wird; die Anwesenheit der Pektinsubstanzen läſst sich durch die
                              									Unlösbarkeit derselben in 90procentigem Weingeiste feststellen und auf diese Weise
                              									können sie auch entfernt werden. Die Gegenwart von Gerbsäure im Phlobaphen wird
                              									erkannt, wenn letzteres, nachdem durch Trocknen bei 110° die anhängende Feuchtigkeit
                              									entfernt ist, bei 130 bis 140° wieder Wasser verliert.
                           Den von Böttinger als Phlobaphen beschriebenen Stoff
                              									bekommt man immer, wenn wässerige oder weingeistige Auszüge der Eichenrinde
                              									abgedampft werden. Vermöge seines gallertartigen Aussehens im feuchten, seiner
                              									korkartigen Beschaffenheit im trockenen Zustande, seiner völligen Unlöslichkeit in
                              									den verschiedenen Lösungsmitteln hält Etti ihn für
                              									einen zu den Pektinsubstanzen gehörenden Körper, welcher deshalb braunroth gefärbt
                              									ist, weil ihm Phlobaphen untrennbar anhaftet. Die abweichenden Angaben von Löwe erklären sich dadurch, daſs dem von ihm
                              									dargestellten Phlobaphen das in der Eichenrinde vorhandene Terpenharz beigemengt
                              									war.
                           C. Etti unterscheidet Gerbsäure: C17H16O9, erstes Anhydrid oder Phlobaphen: C34H30O17, zweites Anhydrid: C34H28O16,
                              									drittes Anhydrid oder Oser's Eichenroth: C34H26O15 und viertes Anhydrid oder Löwe's Eichenroth: C34H24O14. Der
                              									chemischen Constitution nach hält Etti diese Gerbsäure
                              									für eine 3fach methylirte Gallylgallussäure.
                           Von W. Eitner erhielt Etti
                              									eine Eichenrinde, deren weingeistiger Auszug durch Eisenchlorid graublau gefällt
                              									wurde und Gallussäure, aber keine Ellagsäure enthielt. Die Rinde wurde mit
                              									20procentigem Weingeiste erschöpft und dem filtrirten Auszuge so viel Aethyläther
                              									zugesetzt, daſs über jenem nach dem Umschütteln eine mehrere Centimeter hohe
                              									Aetherschicht zu stehen kam. Letztere wurde abgehoben und der Aether abdestillirt.
                              									Diese Operation wurde dann so oft wiederholt, bis Benzol, mit einer Probe des
                              									Destillationsrückstandes geschüttelt, kein grünes Harz mehr aufnahm. Von jetzt an
                              									wurden die Rückstände der Destillation besonders aufbewahrt und die ersteren, welche
                              									neben Gerbstoff Harz in Weingeist gelöst enthalten, mit so viel Wasser verdünnt,
                              									daſs hauptsächlich nur letzteres niederfiel, von welchem dann abfiltrirt wurde. Das
                              									noch im Filtrate gelöste Harz wurde durch Ausschütteln mit Benzol gänzlich entfernt
                              									und alle harzfreien Lösungen der Gerbsäure vereinigt, welche, um das in kleiner
                              									Menge vorhandene Phlobaphen auszuscheiden, mit gewässertem Weingeiste verdünnt und
                              									so lange vorsichtig in kleinen Mengen mit Bleiessig versetzt wurden, bis eine
                              									abfiltrirte Probe mit dem letzteren einen gelben Niederschlag gab. Das Ganze wurde
                              									dann filtrirt und mit Weingeist haltigem Aether so lange ausgeschüttelt, als noch
                              									Gerbsäure von diesem gelöst wurde. Nach dem Abdestilliren des Aethers wurde auf dem
                              									Wasserbade eingedampft und die zurückbleibende Gerbsäure bei 100° getrocknet.
                           Die so gewonnene Gerbsäure, C20H20O9, ist röthlich
                              									weiſs, amorph und zeigt dieselbe Löslichkeit in Wasser, Aether und Weingeist wie die
                              									früher untersuchte Gerbsäure C17H16O9; sie gibt wie
                              									diese in ihrer Lösung mit Bleiacetat einen gelben Niederschlag, unterscheidet sich
                              									aber, wie erwähnt, von derselben dadurch, daſs sie in verdünntem Weingeiste gelöst
                              									auf Zusatz von wenig Eisenchlorid erst bläulich grün, dann intensiv grün gefärbt
                              									erscheint. Fügt man eine Sodalösung hinzu, so geht diese grüne Farbe in Blau und auf
                              									weiteren Zusatz desselben Reagens in Roth über. Anderseits bildet sich in der durch
                              									Eisenchlorid grün gefärbten Flüssigkeit in kurzer Zeit ein grüner Niederschlag, der
                              									sich auf ferneren Zusatz von Eisenchlorid wieder löst, wobei die Lösung etwas
                              									lichter wird, eine olivengrüne Farbe annimmt, kurz, sich ganz genau wie eine Lösung
                              									von Gallussäure gegen Eisenchlorid verhält. Die Gerbsäure fängt bei 124° an, Wasser
                              									zu verlieren, schmilzt bei 140° und wird unter Verlust von mehr Wasser wieder fest,
                              									wobei sie jetzt braunroth gefärbt erscheint und bei der Verbrennung Zahlen gibt, die
                              									mit denjenigen übereinstimmen, welche das aus der Rinde gewonnene Phlobaphen
                              									liefert. Ueberhaupt lassen sich aus der Gerbsäure C20H20O9
                              									die gleiche Anzahl von Anhydriden mit denselben Eigenschaften auf ähnliche Weise
                              									darstellen wie aus der Säure C17H16O9. Die Herkunft
                              									der Rinden, welche diese beiden verschiedenen Gerbsäuren lieferten, ist nicht
                              									bekannt.