| Titel: | Ueber die neueren Fabrikationsmethoden für Eisen und Stahl, sowie über die Qualitätseigenschaften und Erprobung dieser Materialien; von Franz Kupelwieser. | 
| Autor: | Franz Kupelwieser | 
| Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 37 | 
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                        Ueber die neueren Fabrikationsmethoden für Eisen
                           								und Stahl, sowie über die Qualitätseigenschaften und Erprobung dieser Materialien; von
                           									Franz
                              								Kupelwieser.
                        Kupelwieser, über Herstellung und Erprobung von Eisen und
                           								Stahl.
                        
                     
                        
                           Wenn man von einzelnen wenigen Fällen, weiche jedoch ohne Einfluſs auf die
                              									Groſsindustrie sind, absehen will, gehören die seit langer Zeit und auch gegenwärtig
                              									noch allgemein in Anwendung stehenden Fabrikationsmethoden für Eisen und Stahl den
                              									indirekten Prozessen an, da die Eisenerze auf Roheisen verschmolzen werden und
                              									dieses unter Anwendung eines Oxydationsprozesses, bei welchem die im Roheisen
                              									enthaltenen fremden Stoffe soviel als möglich abgeschieden werden, in weiches Eisen
                              									oder Stahl übergeführt wird, je nachdem gleichzeitig eine vollkommenere oder minder
                              									vollkommene Abscheidung des Kohlenstoffes erreicht wird.
                           Da im Roheisen stets eine gröſsere Menge von fremden Stoffen, welche aus den Erzen,
                              									ja selbst aus dem Brennmateriale entnommen sind, enthalten ist, so werden die
                              									Eigenschaften der Fabrikate des Eisens und Stahles abhängig sein von der Reinheit
                              									des verwendeten Roheisens und von der mehr oder minder vollkommenen Abscheidung der
                              									im Roheisen enthaltenen fremden Stoffe. Es werden dieselben aber auch davon abhängig
                              									sein, ob das erzeugte Eisen oder der Stahl nach, Vollendung des Frischprozesses in
                              									Form einer schwammigen Luppe oder in vollkommen geschmolzenem Zustande erhalten
                              									wird. Je weniger Verunreinigungen im Roheisen enthalten sind, desto rascher, desto
                              									vollständiger wird die Abscheidung der fremden Stoffe gelingen, desto
                              									unvollkommenere Frischprozesse können in Anwendung gebracht werden, um noch ein den
                              									Anforderungen der Industrie entsprechendes Product zu erhalten.
                           Die mehr oder minder vollkommene Abscheidung der Verunreinigungen wird abhängig sein
                              									von dem in Anwendung stehenden Oxydationsprozesse, sowie von der Durchführung
                              									desselben. Ob das Schluſsproduct nach Vollendung des Oxydationsprozesses in Form
                              									einer schwammigen Luppe oder in vollkommen flüssigem Zustande erhalten wird, hangt
                              									einzig und allein von der Schluſstemperatur des Prozesses ab.
                           Bei Anwendung der Herd- und
                                       												Flammofen-FrischprozesseHerd-Flammofen-Frischprozesse wird das Eisen, da die Schluſstemperatur nicht genügend hoch ist, um die
                              									an und für sich streng flüssigen Eisenmassen zu schmelzen, in Form von lockeren,
                              									schwammigen, von Schlacke durchdrungenen Massen erhalten, welche nur durch eine
                              									energische mechanische Bearbeitung bei entsprechend hoher Temperatur von der
                              									Schlacke annäherungsweise befreit werden können. Daſs die zwischen den
                              									Eisentheilchen zurückbleibenden Schlackenpartien nachträglich nur unvollkommen
                              									entfernt, die Eisentheilchen einander nie vollkommen genähert, noch schwieriger zu
                              										einem vollkommenen
                              									einheitlichen Ganzen vereinigt werden können, bedarf wohl kaum einer weiteren
                              									Erörterung. Die unter Anwendung der älteren Frischprozesse erzeugten Eisen- und
                              									Stahlsorten verdanken ihre häufig mindere Qualität, gleiche Abscheidung der fremden
                              									Bestandtheile vorausgesetzt, hauptsächlich diesem Uebelstande.
                           Dieser eben erwähnte Uebelstand ist bei den Producten des Herd-Frischprozesses in
                              									weniger empfindlicher Weise zu finden, weil das gefrischte gegarte Eisen vor der Formvon der Form im Focus des Feuers tropfenweise niedergeschmolzen wird, so daſs, wenn die
                              									Eisentropfen in dem Räume unter der Form auch wieder erstarren, die Trennung der
                              									Schlacke vom Eisen doch vollkommener als beim Puddelprozesse erfolgen kann. In
                              									diesem Umstände ist neben der Anwendung des vegetabilischen Brennstoffes beim
                              									Frischprozesse vorzüglich der Grund zu suchen, warum bei Anwendung desselben
                              									Roheisens das Herd-Frischeisen von besserer Qualität als das Puddeleisen sein
                              									kann.
                           Durch den auf diese Frischprozesse folgenden Schweiſsprozeſs können die den
                              									erhaltenen Fabrikaten aus den oben angeführten Gründen anhaftenden Fehler theilweise
                              									beseitigt werden, indem die Eisenmasse nochmals erhitzt, die in demselben
                              									enthaltenen Schlacken theilweise ausgesaigert, theilweise durch eine erneuerte
                              									mechanische Bearbeitung bei erhöhter Temperatur unter Hämmern und Walzwerken u. dgl.
                              									ausgepreist, die einzelnen Eisentheilchen einander genähert und zusammengeschweiſst
                              									werden. Der Erfolg wird ein um so vollkommenerer sein, je leicht- und dünnflüssiger
                              									die Schlacken, je kleiner die Luppen sind, je heiſser dieselben zur mechanischen
                              									Bearbeitung kommen und je besser dieselbe ist.
                           Da die Fehler dieser Fabrikationsweise ungleich schwerer zu beseitigen sind, wenn die
                              									Luppen sehr groſs sind, so wachsen die Schwierigkeiten bei der Fabrikation, wenn es
                              									sich darum handelt, sehr groſse Stücke zu erzeugen, und man muſs dann zum
                              									Zusammenschweiſsen aus einzelnen kleineren Stücken, zum Packetiren, Zuflucht nehmen.
                              									Dadurch verfällt man aber leicht in einen anderen Fehler, der darin besteht, daſs
                              									die Schweiſsstellen, selbst wenn die Arbeit des Schweiſsens eine möglichst
                              									vollständige war, immer die schwächsten Stellen des geschweiſsten Productes bilden,
                              									stets ein etwas weicheres Material zeigen, als die ursprünglich verwendeten Stücke,
                              									weshalb das erhaltene Fabrikat nicht gleich in der Textur ist, nicht die gleiche
                              									Widerstandsfähigkeit in den einzelnen Theilen besitzt.
                           Alle diese Uebelstande werden beseitigt, wenn die Schluſstemperatur des betreffenden
                              									Prozesses so hoch gehalten wird, daſs man ein flüssiges Schluſsproduct erhält, da in
                              									diesem Falle die Trennung der Schlacke vom Eisen vollständig, die Gröſse der zu
                              									erzeugenden Stärke beliebig gewählt werden kann und ein Zusammenschweiſsen aus
                              									kleineren Stücken ganz entfällt, d.h., daſs man immer aus dem Ganzen zu arbeiten
                              									vermag. Ferner ist das schlieſsliche Product in diesem Falle ein ungleich dichteres
                              									und homogenereshomogenes. Auf diesen Umständen beruht auch vorzüglich das Uebergewicht der neueren
                              									Fabrikationsmethoden gegenüber den älteren, der Vorzug des Fluſsmaterials gegenüber
                              									dem Schweiſsmateriale.
                           Zu den Fabrikationsmethoden, welche derartig flüssige Schluſsproducte geben, sind zu
                              									zählen: Das Umschmelzen in Tiegeln, das älteste und
                              									lange Zeit allein in Anwendung stehende Verfahren, um flüssige Schluſsproducte zu
                              									erhalten; es besteht meist nur in einem Umschmelzen von fertig gefrischten Eisen-
                              									und Stahlsorten, oder in einem Zusammenschmelzen von Roheisen mit weichem Eisen,
                              									seltener mit Erzen und eisenreichen Materialien; diese Arbeiten sind daher meist nur
                              									einfache Umschmelz- oder Misch-, in den seltensten Fällen und auch dann nur in
                              									untergeordneter Weise Frischprozesse. Dieselben werden der hohen Gestehungskosten
                              									halber immer seltener und dann nur bei Erzeugung von Werkzeug-Guſsstahl u. dgl.
                              									verwendet.
                           Die hervorragendste Rolle unter den Frischprozessen der Neuzeit nimmt unbedingt der
                              										Wind-Frischprozeß ein. (Dieser Ausdruck ist der
                              									allgemeinere, da derselbe sowohl den gewöhnlichen Bessemer-Prozeſs, wie dessen
                              									Abänderung, den Entphosphorungs-Prozeſs, umfaſst.)
                           
                           Seit Bessemer im J. 1856 mit demselben vor die
                              									Öffentlichkeit trat, gewann derselbe von Jahr zu Jahr an Verbreitung, wurde jedoch
                              									erst dadurch nahezu allgemein anwendbar, daſs er von Thomas und Gilchrist im J. 1878 so weit
                              									ausgebildet wurde, daſs man auch Phosphor haltige Roheisensorten auf gute und
                              									ausgezeichnete Fabrikate zu verarbeiten vermag. Er ermöglicht die Abscheidung aller
                              									jener Verunreinigungen des Roheisens, welche leichter oxydirbar sind als Eisen. Man
                              									kann daher Kohlenstoff, Mangan, Silicium, Phosphor nahezu vollkommen abscheiden,
                              									während dies hinsichtlich des Schwefels in weniger vollkommener Weise möglich ist.
                              									Kupfer, Nickel, Kobalt u. dgl. können bei diesem Prozesse ebenso wenig als bei den
                              									anderen Frischprozessen abgeschieden werden. Da man den Prozeſs in jedem Augenblicke
                              									unterbrechen, die Menge des Kohlenstoffes im Schluſsproducte auch durch Zusatz von
                              									Spiegeleisen vermehren kann, so ermöglicht derselbe, Producte von beliebiger Härte
                              									herzustellen. Da man ferner bei entsprechender Durchführung des Prozesses flüssige
                              									Schluſsproducte erhält, so gewährt derselbe gegenüber den älteren Prozessen
                              									wesentliche Vortheile.
                           Der nächst wichtigste Prozeſs, welcher ebenfalls flüssige Schluſsproducte liefert,
                              									ist der Martin-Prozeſs, oder wie Einige denselben
                              									bezeichnen wollen, der Siemens-Martin-Prozeſs. Derselbe
                              									schlägt annäherungsweise den gleichen Weg ein, welcher beim Umschmelzen in Tiegeln
                              									in Anwendung steht. Um jedoch billiger erzeugen zu können, werden die Materialien
                              									nicht in Tiegeln, sondern auf dem offenen Herde eines Flammofens – eines Gasofens,
                              									speciell Siemens-Ofens – eingeschmolzen. Schon dadurch,
                              									daſs auf dem Herde eingeschmolzen wird, die Materialien mit den
                              									Verbrennungsproducten der Gase, ja sogar mit unzersetzter Luft in Berührung kommen,
                              									nähert sich dieser Prozeſs mehr als der Umschmelzprozeſs in Tiegeln den
                              									Frischprozessen und kann die oxydirende Wirkung durch Verwendung von Erzen und
                              									anderen eisenreichen Zuschlägen, sowie durch Einleitung von Oxydationswind gefördert
                              									werden. In dem ersteren Falle nähert sich dieser Prozeſs dem
                              									Flammofen-Frischprozesse, unterscheidet sich jedoch von dem Puddelprozesse dadurch,
                              									daſs die Schluſstemperatur so hoch gesteigert wird, daſs man flüssige Producte
                              									erhält; in dem zweiten Falle schmiegt er sich dem Wind-Frischprozesse an.
                           Für Massenfabrikation verwendet man in allen jenen
                              									Fällen, in welchen man Fluſsmaterial benöthigt, die Producte des Wind-Frischprozesses oder des Martin-Prozesses. Die Frage, welcher dieser beiden Prozesse bessere
                              									Producte zu liefern vermag, welcher vortheilhafter in Anwendung zu bringen ist, kann
                              									nur von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse beantwortet
                              									werden. Bei Verwendung von Materialien gleicher Qualität wird man offenbar bei dem
                              									energisch oxydirend wirkenden Wind-Frischprozesse raschere und vollkommenere
                              									Abscheidung der fremden Bestandtheile zu erzielen vermögen. Da beim Martin-Prozesse
                              									der Einsatz meist nur aus 30 bis 40 Proc. Roheisen, der Rest aber aus Weicheisen und
                              									Stahl besteht, die oxydirende Wirkung bei diesem Prozesse eine verhältniſsmäſsig
                              									geringe ist, so hängt die Qualität des erzeugten Productes hauptsächlich von der
                              									Güte des verwendeten Schrottes (Weicheisen–, Eisen- und Stahl-Abfällen) ab. Hingegen
                              									ist es bei dem langsamer verlaufenden Martin-Prozesse ungleich leichter, die
                              									verlangte Härtenummer genau zu treffen, kleine Differenzen durch entsprechende
                              									Zusätze auszugleichen, Einen anderen Vortheil dürfte der Martin-Prozeſs vielleicht vor dem Wind-Frischprozesse noch voraushaben: Es ist bei demselben dem flüssigen
                              									Metalle weniger Gelegenheit geboten, Gase zu absorbiren. Diese Frage ist aber, wie
                              									bereits erwähnt, nicht endgültig gelöst und kann die Beantwortung derselben nur
                              									unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse erfolgen. Einzelne Hüttenwerke
                              									haben direkte Versuche darüber angestellt, wie z.B. Reschitza (im Banate), ohne zu
                              									Resultaten zu gelangen, wie aus den auſserordentlich werthvollen Arbeiten, welche
                              									bei Gelegenheit der Ausstellung in Paris 1878 veröffentlicht wurden, entnommen
                              									werden kann.
                           Die Qualitäts-Eigenschaften des Fluſsmaterials hängen
                              									ab: 1) von der Menge und Beschaffenheit der auſser dem Eisen noch vorhandenen
                              									fremden Stoffe, d.h. von der chemischen Zusammensetzung, 2) von der Homogenität des
                              									Materials und 3) von der mechanischen Bearbeitung desselben bei der
                              									Weiterverarbeitung.
                           
                           Nur in einigen Worten soll der Einfluſs, welchen die wichtigsten in den
                              									Fluſseisensorten vorhandenen Stoffe auf die Qualitätseigenschaften ausüben,
                              									angedeutet werden.
                           Als Fluſsmaterial von idealer Zusammensetzung, dessen Erzeugung anzustreben ist, wäre
                              									jenes zu bezeichnen, welches allein aus Eisen besteht und nur so viel Kohlenstoff
                              									enthält, um die für besondere Fälle von der Industrie verlangte Härte, Festigkeit,
                              									Elasticität u. dgl. zu erreichen. Dieses ideale Fabrikat kann im Groſsen nicht, ja
                              									kaum in geringen Mengen erzeugt werden, da die Abscheidung der im Roheisen
                              									enthaltenen Verunreinigungen nie vollkommen gelingt und um so schwieriger
                              									durchzuführen ist, je verschiedenere Stoffe gleichzeitig in demselben vorhanden
                              									sind, weil die Bedingungen für die Abscheidung nicht bei allen Stoffen dieselben
                              									sind. Man kann diese ideale Zusammensetzung aber doch annäherungsweise erreichen und
                              									in der That wird unter günstigen Umständen Fluſsmaterial erzeugt, welches auſser dem
                              									Kohlenstoffe nur einige wenige Zehntelprocent fremder Bestandtheile enthält.
                           Ein Gehalt an Kohlenstoff erhöht die Härte des Eisens,
                              									vermehrt bis zu einer bestimmten Grenze die Festigkeit, rückt die Elasticität und
                              									Bruchgrenze in Beziehung auf ruhige Belastung hinauf, vermindert aber die
                              									Dehnbarkeit, welche mit der Härte im umgekehrten Verhältnisse steht, und macht das
                              									Eisen bei steigendem Gehalte härter, spröder, daher empfindlicher gegen Stöſse.
                              									Steigt der Gehalt an Kohlenstoff über eine bestimmte Grenze, so wird das
                              									Fluſsmaterial für viele Zwecke der Technik unverwendbar.
                           Ein Gehalt an Silicium wirkt in ähnlicher Weise auf die
                              									Eigenschaften des Eisens, jedoch bei gleichem Gehalte nicht in so hohem Maſse ein.
                              									Das Silicium, macht das Eisen aber brüchiger, wenn nicht gleichzeitig eine dem
                              									Gehalte desselben entsprechende Menge an Mangan vorhanden ist. Nur in diesem Falle
                              									kann ein gröſserer Gehalt von Silicium im Eisen vorhanden sein, ohne die Güte des
                              									Eisens wesentlich zu beeinträchtigen.
                           Ein Gehalt an Mangan macht das Eisen im Allgemeinen
                              									härter, spröder; nur wenn gleichzeitig ein der Gröſse des Mangangehaltes
                              									entsprechender Gehalt an Silicium vorhanden ist und derselbe eine gewisse Grenze
                              									nicht übersteigt, ist der Einfluſs kein nachtheiliger.
                           Es ist wohl kaum nothwendig, hier darauf hinzuweisen, daſs schon ein sehr geringer
                              									Gehalt von Schwefel das Eisen rothbrüchig, daſs Phosphor dasselbe kaltbrüchig mache und daſs besonders
                              									die letztere Eigenschaft dann um so mehr hervortritt, wenn gleichzeitig der Gehalt
                              									an Kohlenstoff ein gröſserer wird.
                           Ich kann nicht umhin, bei dieser Gelegenheit darauf hinzudeuten, daſs das Eisen
                              									gleich anderen Metallen die Eigenschaft besitzt, wenn dasselbe längere Zeit im
                              									flüssigen Zustande erhalten wird, eine oft sehr beträchtliche Menge von Gasen
                              									aufzunehmen, gleichsam zu absorbiren und einen Theil derselben im Augenblicke des
                              									Erstarrens zu entlassen, wodurch eine mehr oder minder groſse Anzahl von Blasen im
                              									gegossenen Materiale entsteht. Während diese Eigenschaft bei der Erzeugung von
                              									Schweiſseisen keinen Einfluſs auf die Qualität ausübt, ist dies bei Erzeugung von
                              									Fluſsmaterial der Fall.
                           Ohne auf die über diesen Gegenstand in der letzten Zeit entwickelten Theorien näher
                              									einzugehen, will ich nur die Thatsache erwähnen, daſs Blasenräume in den Guſsblöcken
                              									vorkommen und daſs selbst in jenen Fällen, in welchen dieselben mit dem Auge nicht
                              									wahrgenommen werden können, durch die Analyse das Vorhandensein von Gasen in dem
                              									erstarrten Metalle nachgewiesen werden kann, sowie daſs dieselben überwiegend aus
                              										Wasserstoff und Stickstoff bestehen. Welchen unmittelbaren Einfluſs diese beiden Gase auf
                              									die Eigenschaften des Eisens ausüben, ist bis heute mit Verläſslichkeit nicht
                              									nachgewiesen; daſs die Blasenräume aber, wenn die Wände derselben bei der folgenden
                              									mechanischen Bearbeitung selbst vollkommen an einander gedrückt werden, nicht nur
                              									dann, wenn ein Zusammenschweiſsen nicht vollkommen erfolgte, sondern überhaupt, weil
                              									die Gase nicht entfernt werden können, die Continuität des Materials beeinträchtigen
                              									und dadurch die Qualität verschlechtern, unterliegt wohl kaum einem Zweifel. Durch
                              									Anwendung von gewissen Vorsichtsmaſsregeln bei der Fabrikation kann die vom Eisen
                              									aufgenommene Gasmenge vermindert, durch eine entsprechende mechanische Bearbeitung
                              									bei erhöhter Temperatur
                              									der schädliche Einfluſs verringert, in den meisten Fällen nahezu ganz beseitigt
                              									werden.
                           Das Fluſsmaterial, es mag dasselbe mit was immer für einem Prozesse erzeugt worden
                              									sein, hat vor dem Schweiſsmateriale (abgesehen von den angeführten Blasenräumen)
                              									voraus: eine gröſsere Dichte, eine bedeutendere Gleichförmigkeit, eine nahezu
                              									vollkommene Schlackenfreiheit und in Folge dessen bei gleicher chemischer
                              									Zusammensetzung der eigentlichen Eisentheile eine nicht unbedeutende gröſsere
                              									Festigkeit und Zähigkeit. Da das Material vollkommen dünnflüssig geschmolzen war,
                              									liegt es sehr nahe anzunehmen, daſs das Schluſsproduct ein vollkommen homogenes sei.
                              									Wenn die Ungleichförmigkeit in der chemischen Zusammensetzung auch in den meisten
                              									Fällen eine verschwindend kleine ist, so kann dieselbe bei Besprechung der
                              									Eigenschaften des Materials doch nicht ganz übergangen werden.
                           Da man das Eisen, wie es bei der Massenfabrikation erhalten wird, als ein Gemenge von
                              									verschiedenen Legirungen und Verbindungen ansehen kann und diese in den
                              									verschiedensten Verhältnissen gemischt werden können und zusammenschmelzen, so liegt
                              									es auſserordentlich nahe, daſs das Schluſsproduct, auch wenn es im flüssigen
                              									Zustande erzeugt wurde, nicht absolut homogen ist, es auch nicht sein kann und daſs
                              									die Ungleichförmigkeit von äuſseren Zufälligkeiten abhängig sein wird. Wenn die
                              									geschmolzenen Massen längere Zeit ruhig stehen, so werden sich die specifisch
                              									leichteren Stoffe und Verbindungen immer in den oberen, die specifisch schwereren
                              									aber in den unteren Partien des Metallbades ansammeln. Erfolgt der Guſs aus einer
                              									Pfanne von unten und geht die Arbeit des Gieſsens ziemlich langsam, so wird die
                              									chemische Zusammensetzung der zuerst gegossenen Stücke eine andere, als die der
                              									zuletzt gegossenen sein. Ebenso wird die chemische Zusammensetzung der zuerst
                              									erstarrten Partien eine andere sein als jene der durch längere Zeit flüssig
                              									bleibenden Theile. Wenn diese Thatsachen auch schon lange Zeit bekannt waren, wurden
                              									sie doch erst in neuerer Zeit eingehend und systematisch studirt.
                           Stubbs und Snelus (vgl.
                              									1882 243 400) haben, um diesen Einfluſs zu studiren,
                              									absichtlich jene Bedingungen geschaffen, welche dazu beitragen können, um ein
                              									langsames Erstarren und Abkühlen und dadurch eine möglichst groſse
                              									Ungleichförmigkeit in der Zusammensetzung zu begünstigen. Man hatte, um die
                              									Unterschiede recht auffallend zu zeigen, unreines Fluſsmetall in eine aus Sand
                              									hergestellte Form, welche einen Querschnitt von 50cm im Quadrate hatte, gegossen und auf diese Weise einen Block von 2m,2 Höhe und einem beiläufigen Gewichte von
                              										4300k erzeugt. Die obere Probe wurde 55cm unter dem oberen Ende, die untere Probe 4cm über dem Boden genommen. Die gewonnenen Proben
                              									zeigten folgende Zusammensetzung:
                           
                              
                                 
                                 Oben
                                 
                                 Unten
                                 
                                 
                              
                                 Kohlenstoff, chemisch gebunden
                                 0,620
                                 
                                 0,350
                                 
                                 
                              
                                 Graphit
                                 0,095
                                 
                                 0,037
                                 
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                                 –––––
                                 
                                 
                              
                                 Gesammt-Kohlenstoff
                                 
                                 0,715
                                 
                                 0,387
                                 
                              
                                 Silicium
                                 
                                 0,028
                                 
                                 0,023
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 
                                 0,129
                                 
                                 0,049
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 
                                 0,163
                                 
                                 0,063
                                 
                              
                                 Mangan
                                 
                                 0,694
                                 
                                 0,535
                                 
                              
                                 Eisen
                                 
                                 98,204
                                 
                                 99,004
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 99,933
                                 
                                 100,061.
                                 
                              
                           Weniger auffallend, als in Bezug auf den Höhenunterschied, sind die Differenzen,
                              									welche sich in Beziehung auf auſsen und innen, auf das raschere und langsamere
                              									Abkühlen zeigen. Die Proben, welche nach auſsen gegen die Mitte zu in gleichen
                              									Abständen genommen und mit 1 bis 6 bezeichnet wurden, haben folgende Zusammensetzung
                              									gezeigt:
                           
                              
                                 Oben
                                 1
                                 2
                                 3
                                 4
                                 5
                                 6
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 0,44
                                 0,54
                                 0,57
                                 0,61
                                 0,68
                                 0,77
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 0,032
                                 0,048
                                 0,080
                                 0,096
                                 0,120
                                 0,187
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 0,044
                                 0,060
                                 0,086
                                 0,097
                                 0,111
                                 0,142
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 Unten
                                 1
                                 2
                                 3
                                 4
                                 5
                                 6
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 0,44
                                 0,42
                                 0,41
                                 0,40
                                 0,38
                                 0,37
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 0,048
                                 0,056
                                 0,048
                                 0,048
                                 0,048
                                 0,044
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 0,060
                                 0,062
                                 0,054
                                 0,054
                                 0,058
                                 0,052.
                                 
                              
                           Aus diesen Zahlen kann entnommen werden, daſs die unteren Partien im Allgemeinen
                              									reiner, aber auch weicher sind. Aehnlich verhält es sich in Beziehung auf die
                              									äuſseren, rascher erstarrten und inneren Partien.
                           Bei der gewöhnlichen Fabrikation, bei welcher die
                              									Bedingungen zur Schaffung der Ungleichförmigkeit nicht absichtlich herbeigeführt
                              									werden, sind die Differenzen nicht so bedeutend und daher auch nicht bedenklich. Bei
                              									einem gewöhnlichen Schienenblocke von 31cm im
                              									Quadrate, 1m,25 Länge und 340k Gewicht in einer Eisenform gegossen, ergaben
                              									sich folgende Abweichungen:
                           
                              
                                 
                                 Oben
                                 Unten
                                 
                              
                                 Kohlenstoff, chemisch gebunden
                                     0,420
                                     0,420
                                 
                              
                                 Silicium
                                 Spur
                                 Spur
                                 
                              
                                 Schwefel
                                     0,46
                                     0,39
                                 
                              
                                 Phosphor
                                     0,056
                                     0,044
                                 
                              
                                 Mangan
                                     0,755
                                     0,738
                                 
                              
                                 Eisen
                                   98,723
                                   98,759
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,000
                                 100,000.
                                 
                              
                           Es sind dieselben so gering, daſs sie, wenn die oben
                              									angeführte Thatsache nicht schon festgestellt wäre, auch aus der unvermeidlichen
                              									Ungenauigkeit bei der Probenahme erklärt werden könnten.
                           Einen groſsen Einfluſs auf die Qualitätseigenschaften des Eisens übt aber auch die
                              										mechanische Bearbeitung aus. Es kann durch dieselbe
                              									die Qualität ebenso gut verbessert, wie verschlechtert werden. Dadurch, daſs man von
                              									groſsen Anfangsquerschnitten auf geringe Schluſsquerschnitte herabarbeitet, kann die
                              									Qualität wesentlich verbessert werden. Es ist eine bekannte Thatsache, daſs man
                              									durch eine genügend weit getriebene mechanische Bearbeitung die Zugfestigkeit
                              									bedeutend lieben kann. Die durch die mechanische Bearbeitung verursachte
                              									Querschnitts Verminderung trägt unter sonst gleichen Umständen wesentlich dazu bei,
                              									die Materialien dichter zu machen, Blasen, welche etwa in den Guſsblöcken enthalten
                              									sind, zusammenzudrücken und, wenn eine der Härte der zu behandelnden Materialien
                              									entsprechende Temperatur vorhanden ist dieselben auch zusammenzuschweiſsen, die
                              									Textur feinkörniger erscheinen zu lassen und, wenn die Bearbeitung bei sinkender
                              									Temperatur fortgesetzt wird, auch die Bruchgrenze hinaufzurücken, d.h. das Material
                              									etwas härter und dadurch auch etwas fester erscheinen zu lassen, als es seiner
                              									chemischen Zusammensetzung nach sein sollte.
                           Steht daher der Anfangsquerschnitt nicht im richtigen Verhältnisse zu den vorhandenen
                              									Bearbeitungsmaschinen, so kann durch die Wahl eines zu groſsen Anfangsquerschnittes
                              									ein ebenso groſser Fehler, als durch die Wahl eines zu kleinen begangen werden, weil
                              									das Material dann während längerer Zeit bei zu niederer Temperatur bearbeitet werden
                              									muſs, um den angestrebten Schluſsquerschnitt zu erhalten.
                           Der Grund, warum z.B. die auf österreichischen Hüttenwerken erzeugten
                              									Eisenbahnschienen ungeachtet der wenigstens ebenso guten, häufig sogar besseren
                              									Qualität des verwendeten Materials, so oft eine geringere Festigkeit zeigen als die
                              									auf deutschen Werken erzeugten Schienen, liegt meist nur darin, daſs die
                              									Einrichtungen der letzteren Werke vollkommener sind, wodurch eine bessere
                              									mechanische Bearbeitung, eine gröſsere Querschnittsverminderung durch die
                              									Bearbeitung ermöglicht wird.
                           Daſs die Temperatur des zu bearbeitenden Stückes einen
                              									wesentlichen Einfluſs auf die Güte der zu erzeugenden Fabrikate ausübt, brauche ich
                              									ebenso wenig zu erörtern, als daſs eine ungleichförmige Temperatur in den einzelnen
                              									Theilen eines zu bearbeitenden Stückes dazu beitragen kann, die Qualität des
                              									Fabrikates wesentlich herabzusetzen.
                           Einen groſsen Einfluſs übt ferner noch die Vertheilung
                              									des Materials in dem Querschnitte des zu erzeugenden Productes aus. Je
                              									ungleichförmiger das Material in dem Querschnitte vertheilt ist, um so ungünstiger
                              									wird dies auf die Qualität einwirken. An jenen Theilen des Querschnittes, an welchen mehr Material angehäuft
                              									ist, wird dasselbe wärmer aus den Walzen kommen, während die dünneren Partien bei
                              									niederer Temperatur mechanisch bearbeitet werden und in Folge dessen härter, ja
                              									sogar auch spröder erscheinen können. Es werden diese Uebelstände um so
                              									empfindlicher auftreten, je härter das verwendete Material ist. Diese
                              									Unannehmlichkeiten kommen z.B. bei der Schienenfabrikation nicht selten vor. Die
                              									Materialvertheilung ist im Fuſse und im Kopfe der Schienen eine so ungleiche, daſs
                              									das Material im Fuſse immer kälter aus den Walzen kommt als das im Kopfe der
                              									Schiene. Es wird daher das Material im Fuſse der Schienen immer härter sein als im
                              									Kopfe, während man eigentlich im Fuſse der Schienen weicheres Material haben sollte.
                              									Man kann diesen durch die bei verschiedener Temperatur erfolgte Bearbeitung
                              									veranlaſsten Unterschied im Materiale bei nahezu jedem Schienenbruche schon mit
                              									freiem Auge wahrnehmen. Nicht selten kommt es vor, daſs eine Schiene bricht, ohne
                              									daſs wenigstens scheinbar eine Veranlassung dazu vorhanden ist. Der Grund liegt in
                              									einem solchen Falle sehr häufig weder im Materiale, noch in der Fabrikation, sondern
                              									meist darin, daſs der Constructeur des Profils auf die Eigenschaft des Materials
                              									keine Rücksicht genommen hat, sondern jenes Profil wählte, bei welchem die gröſste
                              									rechnungsmäſsige Tragfähigkeit bei geringstem Materialverbrauche erreicht wird.
                           Ich kann nicht umhin, bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam zu machen, daſs es bei
                              									der Massenfabrikation eines Artikels nicht möglich ist, allen von theoretischer
                              									Seite gestellten Bedingungen absolut vollkommen zu entsprechen, da es unmöglich ist,
                              									die in die Oefen eingelegten Stücke in allen ihren Theilen genau auf die gleiche
                              									Temperatur zu erhitzen, da es unvermeidlich ist, daſs die zu bearbeitenden Stücke
                              									während des Ausnehmens aus dem Ofen, während der Bearbeitung selbst eine theilweise
                              									Abkühlung erleiden, und somit schon dadurch, daſs die Bearbeitung nicht bei absolut
                              									gleicher Temperatur erfolgen kann, Abweichungen in den Eigenschaften desselben
                              									Stückes, wenn die Proben an verschiedenen Stellen genommen werden, zum Vorscheine
                              									kommen.
                           Aber auch hinsichtlich der mechanischen Bearbeitung der Formgebung muſs bedacht
                              									werden, daſs dieselbe mit maschinellen Einrichtungen durchgeführt werden muſs,
                              									welche keine Präcisionsinstrumente sein können, weil sie eine bedeutende Kraft von
                              									mehreren hundert selbst bis zu tausend Pferdestärken benöthigen und auſserdem
                              									Eisenstücke bei erhöhter Temperatur zu bearbeiten haben. Sobald dies letztere aber
                              									der Fall ist, hört jede Präcisionsarbeit auf, da mit jeder Aenderung in der
                              									Temperatur eine Aenderung in den Abmessungen der Walzen, der Kaliber und mit diesem
                              									auch eine Aenderung in den Abmessungen der zu erzeugenden Stücke eintreten muſs.
                           Daſs es durch Einführung von besseren Fabrikationsmethoden ermöglicht wurde,
                              									Fabrikate von besserer Qualität zu liefern, ist ebenso erklärlich, wie eine
                              									Steigerung der Anforderung, welche die Industrie an die Fabrikate stellt. Auffallend
                              									muſs es aber erscheinen, daſs die Anforderungen oft so weit gehen, daſs dieselben
                              									auch bei Verwendung der besten Materialien, bei der sorgfältigsten Arbeit nicht mehr
                              									erfüllt werden können, ja daſs mitunter Anforderungen gestellt werden, welche
                              									einander widersprechen, da jede derselben andere Eigenschaften verlangt.
                           Um das eben Gesagte zu erläutern, will ich einige Anforderungen, welche bei der
                              									Fabrikation eines der wichtigsten Massenartikel, der Eisenbahnschienen, gestellt werden, besprechen.
                           In den vorgeschriebenen Abmessungen der Schienen wird in Beziehung auf Höhe und den
                              									Winkel der Verlaschung meist gar keine Toleranz gewährt, in den übrigen Maſsen 0mm,5 auf oder ab, bei 7,5 bis 9m Länge aber solche von 2 bis 2mm,5 mehr oder weniger.
                           Die Kaliber der Walzen, welche zur Schienen-Erzeugung verwendet werden, müssen mit
                              									Rücksicht auf das Schwindmaſs für eine mittlere Temperatur bei der Erzeugung
                              									hergestellt werden. Die Walzen sind bei Beginn der Arbeit kalt und werden, je
                              									nachdem rascher oder weniger rasch gearbeitet wird, mehr oder weniger warm.
                              									Dieselben werden, wenn sie auch gekühlt sind, leicht auf einige Hundert Grad erhitzt
                              									und es wird für eine Temperaturdifferenz von je 100° das Kaliber von 0mm,15 in Beziehung auf die Höhe der Schienen verändert. Es kann leicht
                              									vorkommen, daſs eine Schiene um 200 bis 300° kälter aus dem Walzwerke als eine
                              									andere kommt, so daſs aus denselben Kalibern bei der gleichen Walzenstellung
                              									Schienen erhalten werden können, welche um 4 bis 5mal 0,15, d.h. um 0,60 bis 0mm,75 in der Höhe von einander abweichen. Diese
                              									Schwankung kann noch dadurch vermehrt werden, daſs die Dicke des Walzensinters etwas
                              									gröſser oder kleiner ist, einmal hängen bleibt, ein anderes Mal abfällt. Eine
                              									Differenz von 1mm kann daher ganz ohne Verschulden
                              									des Fabrikanten bei der sorgfältigsten Arbeit vorkommen und wird dabei noch
                              									vorausgesetzt, daſs stets frisch abgedrehte Schluſskaliber in Anwendung kommen.
                              									Wollte man in der That keine Toleranz in Beziehung auf die Höhe gewähren, so müſste
                              									man die Schienen auf die richtige Höhe hobeln und auch selbst dann würde man zu
                              									leicht noch meſsbare Differenzen nachweisen können. Da aber die Walzwerke keine
                              									Präcisionsinstrumente sind und die Kaliber in Folge einer fortwährenden Abnutzung
                              									der Walzen bei der Bearbeitung des warmen Eisens sich verändern, so ist es gar nicht
                              									möglich, dieser Anforderung zu entsprechen. Dasselbe gilt bezüglich der gewährten
                              									Toleranz von 0mm,5 in den übrigen Maſsen.
                           Die Schienen werden kalt auf die richtige Länge abgearbeitet. Abgesehen davon, daſs
                              									es schwierig ist, so groſse Längen, wie sie bei Schienen von 7,5 oder 9m,0 vorkommen, genau zu messen, so glaube ich nur
                              									darauf aufmerksam machen zu müssen, daſs eine Temperaturdifferenz von nur 10° schon
                              									eine Längenänderung von nahe 1 bis 1mm,2
                              									veranlaſst.
                           Von Seiten der Bahnen wird sehr häufig ein bestimmter Gehalt von Kohlenstoff
                              									verlangt, unter welchen nicht herabgegangen werden soll. Man sollte denken, daſs es
                              									für die Bahnverwaltungen ausreicht, gewisse Belastungs- und Schlagproben zu
                              									verlangen, um das verwendete Material zu erproben, ohne sich weiter darum zu
                              									bekümmern, auf welche Weise die verlangte Widerstandsfähigkeit erreicht wird. Bei
                              									den gegenwärtig verlangten Proben kann ein Gehalt an Kohlenstoff von 0,3 Proc. zu
                              									gering, er kann zu hoch sein; es wird dies von der Menge der übrigen im Materiale
                              									noch vorhandenen Stoffe abhängig sein.
                           Bei der Erprobung des Materials werden Belastungsproben,
                              									Schlagproben, Zerreiſsproben und Stahlproben verlangt. Maſsgebend sind die ersten
                              									drei. Bei den Stahlproben müssen die zu Stäben ausgestreckten Probestücke Härtung
                              									annehmen und bei dem Anlassen jene Farben zeigen, welche den verschiedenen
                              									Härtegraden entsprechen. Die Anlaſsfarben können, da sie nur durch eine mehr oder
                              									minder dicke Oxydschicht hervorgerufen werden, nicht maſsgebend sein. Auch ganz
                              									weiches Eisen kann Anlauffarben zeigen. Ein vollkommen gleiches Korn kann nach dem
                              									früher Angeführten in dem Schienenbruche nie gefunden werden.
                           Die Zerreißproben sind allerdings unter Umständen
                              									werthvolle Hilfsmittel, um die Güte des Materials zu erproben; als alleiniges
                              									Mittel, um ein richtiges Bild über die Dauerhaftigkeit einer Schiene zu geben, sind
                              									sie jedoch nicht verwendbar. Schienen, welche beispielsweise nach 8jährigem
                              									Betriebe, nachdem 26 Millionen Tonnen darüber gerollt sind, vollkommen tadellos
                              									waren, zeigten bei Zerreiſsproben, welche aus denselben herausgeschnitten wurden,
                              									ungünstige Resultate, während bei fehlerhaft gewordenen Schienen wieder günstigere
                              									Resultate erzielt werden können.
                           Sehr häufig wird von Seiten der Bahnen auſserdem noch das Ansinnen gestellt, daſs der
                              									Lieferant auch eine gewisse Dauerhaftigkeit verbürgt. Das Verlangen, daſs der
                              									Lieferant bezieh. Fabrikant für die Dauerhaftigkeit während einer gewissen Zeit von
                              									5, ja selbst 10 Jahren bürgen solle, ist ein sehr unbestimmtes. Eine Strecke, heute
                              									noch wenig befahren, kann in der nächsten Zeit so in Anspruch genommen werden, daſs
                              									die Schienen die verbürgte Zeit nicht zu überdauern vermögen. Von Seiten anderer
                              									Bahnen wird verlangt, daſs die Schienen eine bestimmte darüber gerollte Last
                              									auszuhalten vermögen. Von ariderer Seite wurde wieder verlangt, daſs die Abnutzung
                              									nach einer darüber gerollten Last von 10 Millionen Tonnen nicht mehr als 1mm betragen dürfe.
                           
                           Wie groſs die eigentliche Abnutzung in einem solchen Falle ist, kann heute noch nicht
                              									angegeben werden, da bis jetzt keine Schienen bestehen, welche die oben angeführte
                              									Bruttolast aushielten und deren Höhe früher so genau gemessen wurde, daſs eine
                              									Abnutzung von 1mm mit Sicherheit wirklich
                              									testgestellt werden, kann. Man fand bei Versuchen allerdings auch geringere,
                              									mitunter aber auch höhere Maſse, als die Schienen ursprünglich hätten haben sollen.
                              									Ueberdies kann eine durch Höhenmessung gefundene Abnutzung, abgesehen von der
                              									Schwierigkeit der Messung, nur eine scheinbare sein, welche auſserdem ganz
                              									unabhängig von der Qualität der Schienen sein kann.
                           Die wenigen Versuche, welche bis nun in dieser Richtung durchgeführt wurden, haben in
                              									den meisten Fällen ein Zusammenstauchen der Schienen nachgewiesen. So wie man einen
                              									Eisenstab, der eine bedeutende Last, ohne eine Deformation zu erleiden, trägt, durch
                              									eine groſse Anzahl von verhältniſsmäſsig schwachen Schlägen zu deformiren, zu
                              									stauchen vermag, ebenso scheint durch die darüber rollende Last ein Stauchen zu
                              									erfolgen. Bei sehr dünnem schwachem Stege, der wohl die ruhige Belastung zu tragen
                              									vermag, wird derselbe bei der darüber rollenden Last allmählich gestaucht, manchmal
                              									sogar abgebogen, wie die Erfahrung zeigt. Es wird daher die Abnutzung in diesem
                              									Falle gröſser erscheinen, als sie in der That ist. Bei der bedeutenden Länge des
                              									Steges würde ein Zusammenstauchen desselben um 3 bis 4mm Höhe in der Dicke desselben nicht nachweisbar erscheinen, da die
                              									Verdickung nur einige 0mm,01 betragen würde.
                           Auf die Abnutzung werden aber auch noch andere Verhältnisse ungünstig einwirken, für
                              									welche der Fabrikant nicht verantwortlich gemacht werden kann: Radreifen aus
                              									härterem Materiale, gröſsere Geschwindigkeit der verkehrenden Züge, schadhaft
                              									gewordener Unterbau u. dgl. werden stets zur rascheren Abnutzung der Schienen
                              									beitragen. Auch der Rost kann eine Veränderung der Abmessungen, somit auch eine
                              									Verminderung der Hohe veranlassen. (Vgl. Snelus, 1882
                              										246 433.)
                           Aus diesen wenigen Beispielen kann entnommen werden, daſs man so häufig Anforderungen
                              									stellt, welche eben nicht erfüllt werden können. Wenn vielleicht entgegnet wird,
                              									daſs die Bedingungen doch erfüllbar sein müssen, weil Schienen nach derartigen
                              									Bedingungen geliefert werden, so kann ich darauf nur erwiedern, daſs sie den
                              									Lieferungsbedingungen wohl annäherungsweise entsprechen, aber nicht vollkommen
                              									entsprechen können, daſs die Uebernahme immer von dem Benehmen der Uebernehmer
                              									abhängig bleibt. Es ist in der That für jeden Lieferanten sehr niederdrückend, von
                              									der Willfährigkeit der Uebernehmer abhängig zu sein, das Bewuſstsein zu haben, nie
                              									sagen zu können, mein Fabrikat ist tadellos, es muſs übernommen werden. Es muſs wohl
                              									sonderbar erscheinen, von Seiten der Abnehmer vorzuschreiben, wie die Schienen
                              									erzeugt werden sollen, die Fabrikation selbst zu überwachen, Qualitätsproben zu
                              									verlangen, in Beziehung auf Form und Gestalt äuſserst streng zu sein, eine 3fache
                              									Uebernahme durchzuführen, von welchen mitunter einzelne durch 3 Uebernahmscommissäre
                              									hinter einander vorgenommen werden, und auſserdem noch eine Haftung für bestimmte
                              									Zeit oder Dauerhaftigkeit zu beanspruchen. Man sollte denken, daſs eine einmalige
                              									Erprobung bei der Uebernahme, eine Bürgschaft für die
                              									Dauerhaftigkeit, vollkommen ausreichen würde.
                           Ebenso begründet ist die Klage der Fabrikanten, daſs jede Bahnverwaltung nicht etwa
                              									ein, sondern mehrere Schienenprofile in Verwendung hat, so daſs ein Hüttenwerk,
                              									welches sich heute in Oesterreich mit der Schienenfabrikation beschäftigt, für die
                              									Erzeugung einer Unzahl von verschiedenen Schienenformen eingerichtet sein muſs. Sehr
                              									häufig unterscheiden sich die einzelnen Profile nicht wesentlich- es ist aber
                              									trotzdem die Verwendung anderer Walzen erforderlich. Es kann ja nicht geläugnet
                              									werden, daſs für gewisse Verhältnisse verschiedene Schienenprofile nothwendig
                              									erscheinen, daſs man zweckmäſsig auf ebenen Strecken andere Formen als auf
                              									Gebirgsstrecken, andere wieder auf Nebenbahnen verwenden könne. Es liegt die schon
                              									so oft aufgeworfene Frage, ob nicht eine Einigung der verschiedenen Bahnen in
                              									Beziehung auf die Schienenprofile erreicht werden könnte, auſserordentlich nahe.
                           
                           Mit den Anforderungen an die Fabrikate, mit den erschwerten Uebernahmsbedingungen,
                              									mit der Anzahl der verlangten Profile, mit der Umständlichkeit der Uebernahme selbst
                              									steigen die Kosten der Fabrikation und mit diesen die Verkaufspreise, was für die
                              									Abnehmer gewiſs nicht gleichgültig sein kann. (Aus der Wochenschrift des
                                       												Oesterreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, 1883
                                 										S. 187 und 191.)