| Titel: | Thomson-Houston's Dynamomaschine. | 
| Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 115 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Thomson-Houston's Dynamomaschine.
                        Mit Abbildung.
                        Thomson-Houston's Dynamomaschine.
                        
                     
                        
                           Die dynamo-elektrische Maschine der Thomson-Houston
                                 										Company in Boston hat nach dem Techniker, 1883 S. 264 ein Paar cylindrischer
                              									Elektromagnete, zwischen denen die kugelförmige Armatur rotirt. Jeder der
                              									Elektromagnete besteht aus runden Drahtwickelungen um je einen hohlcylindrischen
                              									Eisenkern, welche beide Theile durch eine Reihe von kräftigen Eisenstangen fest mit
                              									einander verbunden sind, die sowohl als eine magnetische Verbindung zwischen den
                              									Enden der Elektromagnete, als auch als Schutz für die äuſseren Drähte beim
                              									Transporte u.s.w. dienen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 250, S. 114
                              
                           Die Armatur, welche fast ganz in den Elektromagneten verborgen steckt, besteht aus
                              									einer Hohlkugel von weichem Eisen, auf einer horizontalen hohlen Stahl welle und
                              									enthält 3 Systeme von parallelen Drahtwindungen, welche in drei verschiedenen
                              									Richtungen (in einem Winkel von 120° zu einander) über die äuſsere Fläche der Kugel
                              									gewunden sind. Diese
                              									Wickelungen sind mit groſser Sorgfalt gemacht, um eine möglichst genaue Kugelgestalt
                              									der Armatur zu erreichen. Die Enden dieser drei Wickelungssysteme sind wie die
                              									Abschnitte eines Gramme'schen Ringes zu einer endlosen
                              									Leitung mit einander verbunden und die drei Verbindungen nach drei groſsen
                              									Commutatorplatten auf dem Ende der Armaturwelle gezogen. Die Armatur ist vollständig
                              									gleichmäſsig aufgebaut und läuft daher auch sehr regelmäſsig; durch ihre
                              									kugelförmige Gestalt ist der Kraftverlust durch den Luftwiderstand auf ein Minimum
                              									herabgezogen, während zwischen den Windungen und den dicht davor stehenden
                              									Polstücken ein kühlender Luftstrom durchgesaugt wird.
                           Der Commutator besteht nur aus 3 Kupfersegmenten, die durch verhältniſsmäſsig breite
                              									Lufträume von 6mm,4 von einander isolirt sind.
                              									Während so die ganze Armatur beständig der Einwirkung des magnetischen Feldes
                              									ausgesetzt ist, entstehen bei der Drehung derselben in den drei Wickelungssystemen
                              									zwei Ströme von entgegengesetzter Richtung, welche durch zwei Paar Bürsten von dem
                              									3theiligen Commutator abgenommen werden. Diese vier Bürsten sind an einem
                              									scherenartigen Hebelgestelle, welches auf der Welle drehbar sitzt, beweglich zu
                              									einander gelagert und ihre jedesmalige Einstellung wird durch einen Regulator
                              									bewirkt, welcher links an der Maschine sichtbar ist. Durch die scherenartige Hebel
                              									Verbindung können die Bürsten jedes Paares einander genähert und von einander
                              									entfernt werden, wobei sie sich zugleich mit einander auf der Welle etwas drehen.
                              									Stehen die Bürsten jedes Paares nahe bei einander, so wird der Strom in der
                              									vortheilhaftesten Weise von der Armatur abgenommen; stehen sie weit von einander, so
                              									geht ein Theil des Stromes verloren. Die elektromotorische Kraft der Maschine muſs
                              									dem Gesammtwiderstande der Leitung proportional sein, damit in jeder Lampe immer die
                              									gleiche Stromstärke zur Geltung kommt. Sind alle Lampen in den Stromkreis
                              									eingeschaltet, so wird die höchste elektromotorische Kraft der Maschine verlangt,
                              									d.h. die Bürsten müssen nahe zusammengerückt werden. Werden dagegen einzelne Flammen
                              									ausgeschaltet, so werden die Bürsten aus einander gerückt. Diese Bewegungen der
                              									Bürsten werden selbstthätig vom Regulator controlirt, welcher aus einem festen
                              									Elektromagnete M von ½ Ohm Widerstand besteht, dessen
                              									Ankerhebel direkt mit den scherenartigen Stellhebeln der Bürsten verbunden ist. Der
                              									Pol dieses Elektromagnetes (wie die Pole der Elektromagnete, welche in den
                              									Bogenlampen zur Anwendung kommen) hat einen kleinen kegelförmigen Ausläufer, welcher
                              									durch eine Oeffnung im Armaturstücke hindurchgeht. Das Gestell des Elektromagnetes
                              									dient als magnetische Verbindung zum Anker, welcher selbst jedoch, zur Vermeidung
                              									des Haftenbleibens, den Kern des Elektromagnetes an keiner Stelle berührt. Die
                              									Anziehung zwischen Anker und Elektromagnet findet so hauptsächlich durch die
                              									kugelförmige Verlängerung statt, welche durch die Oeffnung im Anker hindurchgeht.
                              									Damit der Regulator
                              									nicht zu empfindlich werde, ist an dem Anker desselben ein Kolben für einen mit
                              									Glycerin gefüllten Hemmcylinder angebracht.
                           Sind nun die Bürsten des Commutators nach dem Widerstände der Gesammtleitung bezieh.
                              									der Anzahl der eingeschalteten Lampen richtig eingestellt und werden jetzt plötzlich
                              									ein Paar Lampen ausgeschaltet, so wird der Elektromagnet M des Regulators mehr angezogen und die Bürsten der Paare weiter von
                              									einander entfernt, was nun eine Verringerung der zur Wirkung kommenden
                              									elektromotorischen Kraft hervorruft. Werden neue Lampen in den Stromkreis
                              									eingeschaltet, so wird die Stromstärke (bei vorläufig gleicher elektromotorischer
                              									Kraft) verringert und der Elektromagnet des Regulators geschwächt, so daſs der mit
                              									einem Gewichte beschwerte Anker zurückfällt, die Bürsten zusammenrückt und dadurch
                              									die verfügbare elektromotorische Kraft vermehrt. Diese Regulirungsmethode, welche
                              									ähnlich wie das alte Drosselventil an der Dampfmaschine wirkt, ist äuſserst
                              									erfolgreich und schützt Maschinen und Lampen vor Zerstörung bei
                              									Unregelmäſsigkeiten.
                           In Verbindung hiermit kommt noch ein Controlapparat in Anwendung, der einen
                              									Hufeisen-Elektromagnet mit einem Anker enthält, welcher abfällt, wenn die
                              									Stromstärke zu gering wird und den Stromkreis kurz schlieſst, wobei auch der
                              									eigentliche Regulator aus dem Stromkreise ausgeschaltet wird. Letzterer stellt daher
                              									sogleich die Bürsten auf ihren stärksten Punkt, so daſs die verfügbare
                              									elektromotorische Kraft vermehrt wird. Hierauf wird sogleich durch Anziehen des
                              									Ankers im Controlapparate die kurze Zweigleitung wieder unterbrochen und
                              									elektromotorische Kraft und Widerstand gleichen sich daher in der angegebenen Weise
                              									aus. Diese Aenderungen finden in einem Augenblicke statt und die Leuchtkraft der
                              									Lampen wird dadurch nicht merklich unterbrochen.
                           Dadurch, daſs auf jeder Seite des Commutators ein Bürstenpaar zur Anwendung kommt und
                              									die Leitung daher niemals unterbrochen werden kann, zeigen sich auch keine Funken am
                              									Commutator. Der Strom ist auſserdem von einer groſsen Gleichmäſsigkeit und
                              									Stetigkeit. Zur Kühlung und Reinhaltung des Commutators und der Bürsten kommt ein
                              									kleines Gebläse auf der Welle in Anwendung, welches, von einem festen Gehäuse
                              									umgeben, zwei Luftströme von oben und unten auf den Commutator bläst. Die Bürsten
                              									halten sich an dieser Maschine sehr lange in gutem Zustande.
                           Die Armatur macht 850 bis 1200 Umdrehungen in der Minute. Der innere Widerstand einer
                              									28-Lampen-Maschine ist 18 Ohm, 9 Ohm in der Armatur und 9 in den Elektromagneten:
                              									die elektromotorische Kraft beträgt 1260 Volt. Die Lampen haben je 4½ bis 5 Ohm
                              									Widerstand und brauchen eine elektromotorische Kraft von je 45 bis 50 Volt, um mit
                              									einer Stromstärke von 9,6 Ampère eine Leuchtkraft von 1700 bis 2000 Kerzenstärke zu
                              									geben.
                           
                           Der Regulator für die Lampe enthält einen oberen und einen unteren
                              									Hufeisen-Elektromagnet, die, mit kegelförmigen Verlängerungen versehen, an einem
                              									zweiarmigen Anker wirken, welcher die Klammer für die obere Kohle controlirt. Der
                              									untere Magnet von 3 Ohm Widerstand ist in die Lampenleitung eingeschaltet, der obere
                              									von 350 Ohm in eine Zweigleitung. Bei regelmäſsigem Betriebe zieht das untere Paar
                              									den Anker an und hält die obere Kohle hoch. Wird die Entfernung und der Widerstand
                              									zwischen den Kohlenspitzen zu groſs, so zieht der obere Magnet den Anker an, die
                              									Klammer des oberen Kohlenhalters öffnet sich und die Kohlenspitzen nähern sich
                              									einander, worauf dann wieder ein Gleichgewichtszustand eintritt. Um ruckweise
                              									Bewegungen zu verhindern, ist an einem Hebel am Anker ein mit Luft gefüllter
                              									Hemmcylinder angebracht. – Nach Abbrennen der Kohlen oder bei einem Unfälle schaltet
                              									sich die Lampe selbstthätig aus.