| Titel: | Ueber einige Beispiele elektrischer Glühlichtbeleuchtung auf Schiffen. | 
| Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 157 | 
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                        Ueber einige Beispiele elektrischer
                           								Glühlichtbeleuchtung auf Schiffen.
                        Ueber elektrische Glühlichtbeleuchtung auf Schiffen.
                        
                     
                        
                           Nirgends hat sich wohl das elektrische Licht allen anderen Beleuchtungsmethoden so
                              									überlegen gezeigt als in seiner Anwendung zur Erhellung der Passagierräume groſser
                              									Seeschiffe. In den engen und insbesondere niedrigen Räumlichkeiten, welche stets in
                              									genügender Weise zu lüften kaum möglich ist, war die althergebrachte Luft
                              									verderbende Oelbeleuchtung immer nur ein schlechter Nothbehelf, ja geradezu ein
                              									nothwendiges Uebel. Ihr gegenüber besitzt offenbar die elektrische Beleuchtung,
                              									welche weder die Luft mit unathembaren Gasen erfüllt, noch gröſsere Wärmemengen
                              									ausstrahlt, groſse Vorzüge. Es sind daher schon früher Versuche mit Bogenlampen
                              									angestellt worden, welche indessen der Natur der Sache nach ein befriedigendes
                              									Ergebniſs nicht haben konnten, da bei der Beleuchtung von Räumen von so
                              									verschiedener Längen- und Breitenausdehnung, wie es die Cajüten und Deckräume
                              									meistens sind, eine möglichst weit gehende Theilung des Lichtes eine unabweisbare
                              									Forderung ist. Dagegen sind hier die Glühlichtlampen ganz am Platze und wohl
                              									geeignet, wenigstens auf Dampfschiffen, wo die Beschaffung der Triebkraft für die
                              									elektrischen Maschinen nicht gar schwierig ist, mit der Zeit alle anderen
                              									Beleuchtungsarten zu verdrängen. In der That sind auch schon mehrere englische
                              									Schiffe, insbesondere durch die Edison CompanyDie Edison-Lampen haben sich bei der ersten
                                    											Fahrt der Tarawera (vgl. 1883 248 177) nach Neuseeland gut bewährt; von den 150
                                    											Lampen versagten nur 10. und die Swan
                                 										Company (vgl. 1883 248 177), sowie von Gebrüder Siemens mit den Einrichtungen für eine
                              									elektrische Glühlichtbeleuchtung versehen. Bei den besonderen Eigentümlichkeiten,
                              									welche eine solche Anlage naturgemäſs darbietet, dürfte die nachfolgende kurze
                              									Beschreibung nach Angaben im Engineering, 1883 Bd. 35 *
                              									S. 423 von zwei der neuesten Einrichtungen weitergehendes Interesse bieten.
                           An Bord der Schiffe besteht die Hauptschwierigkeit immer in der Beschaffung des
                              									nöthigen Raumes. So lange man auf Schiffen nur einige Bogenlampen zu mehr
                              									gelegentlicher Benutzung zu speisen hatte, war dies allerdings nicht fühlbar. Die
                              									für diese Lampen nöthige geringe Kraft wurde einfach von der Betriebsmaschine
                              									entnommen und die elektrische Maschine konnte mit im Maschinenräume untergebracht
                              									werden. Anders ist dies bei Einrichtung einer vollständigen Beleuchtungsanlage mit
                              									Glühlampen, welche unter Umständen eine Betriebskraft bis zu 50e erfordert. Hier bedarf es einer besonderen Betriebsmaschine, welche
                              									mit den Stromerzeugern möglichst gedrängt angeordnet werden muſs. Daher kuppelt die
                              										Swan Company mit jeder Dynamomaschine eine Brotherhood'sche Dreicylindermaschine direkt
                              									conachsial; Gebrüder Siemens dagegen ziehen es vor,
                              									eine gewöhnliche Dampfmaschine zu benutzen und die Bewegung von dieser auf die
                              									einzelnen elektrischen Maschinen durch eine Hanfseiltransmission von ganz
                              									eigenthümlicher Anordnung zu übertragen, welche von ihrem Vertreter Raworth in Manchester herrührt und sich bei über 20
                              									Anlagen, z.B. auf den Schiffen City of Rome, City of Paris,
                                 										Alaska, Arizona, Aurania, Orient und Austrat,
                              									gut bewährt hat.
                           Von den genannten Schiffen ist die Arizona eines der
                              									schönsten Schiffe der Guion-Linie, mit 2 Siemens'schen Dynamomaschinen mit in Nebenschlieſsung
                              									liegenden erregenden Magneten versehen. Diese Maschinen, deren jede 300 Swan-Lampen von hohem Widerstände speisen kann, sind
                              									jede einzeln auf einer besonderen Grundplatte befestigt, welche auf runden
                              									Führungsstangen des gemeinschaftlichen Fundamentrahmens durch Schrauben verschiebbar
                              									sind. Getrieben werden dieselben durch zwei gekuppelte liegende Dampfmaschinen von
                              										Shank mit Cylindern von 241mm,5 × 355mm,5,
                              									von deren beiden Schwungrädern aus die Bewegung mittels der oben erwähnten Raworth'schen Transmission in nachfolgender Weise auf
                              									die Antriebsscheibe jeder Dynamomaschine übertragen wird. Jedes Schwungrad sowie die
                              									correspondirende Antriebsscheibe der Dynamomaschine ist mit 10 Seilläufen versehen.
                              									Dagegen ist nur ein Seil vorhanden, welches abwechselnd 10mal über die
                              									Antriebsscheibe bezieh. das Schwungrad geführt ist. So ist nur eine einzige
                              									Splissung erforderlich. Leitrollen führen das aus der letzten Rille des Schwungrades
                              									ablaufende Seil auf die erste Rille der Antriebsscheibe zurück. Diese Leitrollen
                              									gewähren zugleich die Möglichkeit, das Seil nach Belieben stärker anzuspannen, was
                              									allerdings in erster Linie durch die Verschiebbarkeit der Dynamomaschinen auf dem
                              									Fundamentrahmen erreicht werden soll. Die Führungen der Grundplatten sind, um
                              									Klemmungen zu vermeiden, namentlich auf der Antriebsseite sehr lang gemacht. Die
                              									Achse einer Maschine ist verlängert und mit einer kleinen Riemenscheibe versehen,
                              									von welcher aus ein Geschwindigkeitsmesser angetrieben wird. Die Commutatorbürsten
                              									sind in einer Knagge untergebracht, welche mittels eines Schneckengetriebes so
                              									eingestellt werden kann, daſs die Berührungspunkte in die möglichst günstige Lage
                              									gebracht werden können. Der Conductor, welcher einen groſsen Querschnitt besitzt,
                              									ist so angeordnet, daſs er die Bewegung nicht hindert.
                           In neuester Zeit ist noch das Schiff Hawarden Castle,
                              									welches von John Eider und Comp. für die Firma Donald Currie und Comp. gebaut wurde, mit elektrischer
                              									Beleuchtung ausgestattet. Da dieses Schiff an und für sich nur verhältniſsmäſsig
                              									klein ist, so ist auch die elektrische Anlage nur von geringerer Gröſse, dabei aber
                              									in ihrer ganzen Ausführung sehr vollkommen. Eine stehende Dampfmaschine, deren
                              									Cylinder 203mm,2 Durchmesser bei 203mm,2 Hub hat, treibt von ihren beiden gerillten
                              									Schwungrädern aus je eine Siemens'sche Maschine (Modell
                              										D2), deren Strom
                              									sich selbstthätig der Anzahl eingeschalteter Lampen anpaſst, welche zwischen 1 und
                              									70 schwankt. Diese beiden Maschinen sind wie bei der Arizona verschiebbar aufgestellt und die ganze Einrichtung nimmt mit
                              									Dampfmaschine und Dynamomaschinen eine Bodenfläche von nur 2m,30 × 1m,22
                              									ein. Im Ganzen sind 68 Glühlichtlampen vorhanden, von denen 20 im Salon, 13 im
                              									Maschinenräume und die übrigen in der Rauchcajüte, der Damencajüte, dem Kartenraume,
                              									ferner in den Officierscabinen und Gängen vertheilt sind. Von den 13 Lampen im
                              									Maschinenräume sind 3 tragbar, indem dieselben mit biegsamen isolirten Drähten mit
                              									Metallstöpseln an den Enden versehen sind, die je nach Bedarf in ein oder das andere
                              									Paar von Leitungsklemmen gesteckt werden, welche allerorten am Maschinenständer u.
                              									dgl. passend vertheilt sind. So kann man mit diesen Lampen ebenso gut als mit den
                              									Oellampen an alle Stellen kommen und dieselben bei allen Arbeiten an der Maschine
                              									benutzen. Alle Leitungsdrähte, sowohl die von den Maschinen kommenden als auch die
                              									zu den einzelnen Lampen führenden, treten an einer bestimmten Stelle in einen
                              									Umschalter ein, mittels dessen dieselben in jeder gewünschten Weise unter einander
                              									verbunden werden können.
                           Obgleich dieses Schiff, wie gesagt, mit 2 Stromgebern ausgerüstet ist, so ist, um
                              									völlige Sicherheit zu erzielen, doch noch eine vollständige Einrichtung zur
                              									Oelbeleuchtung vorhanden. Diese zwei Systeme sind nun in recht sinnreicher Weise
                              									verbunden, nämlich in der Weise, daſs die Swan-Lampen
                              									in den Glasglocken der Oellampen sich befinden. Müssen wegen Störung der
                              									elektrischen Anlage die letzteren Verwendung finden, so lassen sich die elektrischen
                              									Lampen aus den Glocken in die Höhe schieben und von ihren Trägern entfernen, so daſs
                              									die Oellampen entzündet werden können. Auch sind die Lampen im Salon sehr leicht
                              									anzubringen und zu entfernen, wenn letzteres wegen der Benutzung desselben zum
                              									Tanzen o. dgl. etwa nöthig werden sollte. Durch die Befestigung stellt sich sogleich
                              									auch die elektrische Leitung her, ohne daſs sonstige elektrische Anschlüsse noch
                              									besonders gekuppelt oder gelöst werden müſsten.
                           Für den Gebrauch auf dem Hauptdeck ist das Schiff mit einer Bogenlampe von 2500
                              									Kerzen versehen. Zwei Leitungsdrähte führen zu passend angeordneten Polklemmen auf
                              									dem Overlopdeck, von wo aus dann biegsame Drähte die Weiterleitung nach jeder
                              									beliebigen Stelle vermitteln. Die Lampe, welche für gewöhnlich im Takelwerke hängen
                              									soll, ist auſser mit dem gewöhnlichen Reflector mit einer Blende versehen, um auf
                              									offenen Rheden verhindern zu können, daſs das Licht aus der Ferne gesehen wird.
                           Im Allgemeinen ist das elektrische Licht bisher wenig über Deck verwendet worden, auſser bei
                              									Kriegsschiffen, welche jetzt wohl alle damit ausgerüstet sind, um gegen unbemerkte
                              									Annäherung von Torpedobooten bei Nacht gesichert zu sein. Dagegen ist die Normandie, ein neues Boot der Compagnie Transatlantique, durch Gebrüder
                                 										Siemens mit einer elektrischen Einrichtung versehen, umfänglicher als
                              									irgend ein anderes Handelsfahrzeug besitzt. Bogenlampen dienen als Mast- und
                              									Bordlichter und wahrscheinlich werden auch die Winden und Aschenaufzüge vortheilhaft
                              									durch den elektrischen Strom betrieben werden.