| Titel: | Der Bentheimer Asphalt unter Hinweisung auf analoge Vorkommen in Italien in geologisch-bergmännischer und chemisch-technischer Beziehung. | 
| Autor: | L. Strippelmann | 
| Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 216 | 
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                        Der Bentheimer Asphalt unter Hinweisung auf
                           								analoge Vorkommen in Italien in geologisch-bergmännischer und chemisch-technischer
                           								Beziehung.
                        Engler und Strippelmann, über den Bentheimer Asphalt.
                        
                     
                        
                           1) Geologisch-bergmännische
                                 										Untersuchungsergebnisse über den Bentheimer Asphalt; von Bergingenieur
                              									L. Strippelmann
                                    										 in Görlitz.
                           Zwischen dem nördlichen Rande des rheinisch-westfälischen Schiefergebirges und dem
                              									Teutoburger Walde bildet das Becken von Münster einen abgeschlossenen Bezirk der Kreideformation. Vom Nordwestrande desselben bei
                              									Bentheim bis Borken und Duisburg und auch noch bei Losser in den Niederlanden treten
                              									aus dem Diluvium die tiefsten Kreideschichten in einzelnen Partien hervor.
                              									Ueberlagert sind dieselben, soweit das Becken gegen West zwischen Borken und
                              									Duisburg geöffnet ist, von oligocänen Schichten, deren Ausdehnung auch über der
                              									Kreide von Aachen nachweisbar ist. Durch den Hils und Gault, welche im Teutoburger
                              									Walde eine namhafte Entwickelung erreichen, während der Turon einen breiten Saum um
                              									das Becken bildet und bei Fehlen der Schreibkreide das Innere des Beckens mit
                              									mächtigen Schichten des Senon erfüllt ist, wird eine sehr vollständige Reihenfolge
                              									von Schichten der Kreideformation durch dasselbe nachgewiesen. Am Südrande des
                              									Beckens wird die Carbonformation von Duisburg bis gegen Stadtbergen flach von der
                              									nur wenig entwickelten unteren Abtheilung des Cenoman – sich auf eine Erz führende
                              									Grünsandlage, die Turtia, beschränkend – überlagert. Die gegen Osten in dichten.
                              									Kalkstein übergehenden Turonmergel (Pläner) enthalten ein als Baustein verwendetes
                              									Grünsandlager, charakterisirt durch die aus demselben hervortretenden Salzquellen.
                           Während im südlichen Theile des Teutoburger Waldes der Hils, Gault und Turon die
                              									steil aufgerichteten Schichten des Jura und Trias flach überlagern, sind in dem
                              									westlichen Abschnitte dieses Höhenzuges diese drei Abtheilungen zum Theile auch
                              									steil aufgerichtet, zum Theile den unterliegenden Schichten gemäſs überkippt und
                              									sprechen dafür, daſs nicht viel vor dem Ende der Kreideperiode die Hebungen und
                              									Aufrichtungen der Schichten ihr Ende erreicht haben. Mergel, Kalksteine, Sandsteine
                              									und kieselige Gesteine kennzeichnen die Senonschichten in diesem Becken und nehmen
                              									von Cappenberg bis Coesfeld und Borken fast überall die oberste Stelle ein.
                           Nach diesen allgemeinen Bemerkungen zur geologischen Charakteristik des
                              									Kreidebeckens, welchem die speciell hier in Frage kommende Bentheimer Umgebung,
                              									anlehnend an die Untersuchungen v. Decken's, angehört,
                              									treten wir nun in das Becken ein, welches begrenzt wird gegen Osten durch die von
                              									Schüttorf nach Nordhorn von Südosten gegen Nordwesten ihren Lauf vollziehende Vechte,
                              									gegen Norden durch den Isterberger Höhenzug in der Bauernschaft Quendorf, gegen
                              									Westen durch das Königreich der Niederlande (speciell die Bauernschaften Waldseite,
                              									Westenberg und Gildehaus), gegen Süden endlich durch den Regierungsbezirk Münster
                              									(speciell die Gildehauser Venne und die Bauernschaften Sieringshock und Suddendorf).
                              									An die westlichen Ausläufer des Teutoburger Waldes sich anlehnend und diesen
                              									zuzählend erheben sich, rings von Flachland umgeben, drei charakteristische,
                              									generell von Osten nach Westen verlaufende, der senonen
                                 										Kreide zuzählende Sandsteinrücken, von denen der nördlichste, Isterberg,
                              									die kürzeste Längserstreckung nachweist, gegen Westen in der Syen-Venne, gegen Osten
                              									im Flachlande verschwindet, während der Bentheimer Hügelzug sich von Schüttorf bis
                              									zur Grenze der Niederlande (Bauernschaft Westenberg) verfolgen läſst und den
                              									Mittelzug bildet und die dritte, am wenigsten entwickelte, am südlichsten gelegene,
                              									mehr nur als eine Terrainfalte sich darstellende Erhebung in der Bauernschaft
                              									Sieringshock hervortritt, gegen Osten im Flachlande der Bauernschaft Suddendorf,
                              									gegen Westen in den Bauernschaften Agterberg-Gildehaus verflacht.
                           Diese drei in annäherndem Parallelismus stehende Terrainfalten, mit der Längsrichtung
                              									von Ost nach West, gegen Norden jenseits Isterberg in das Flachland, gegen Süden
                              									jenseits Sieringshock in das Münsterland mit südlichem Einfallen verlaufend, bilden
                              									durch den Isterberger und Bentheimer Faltenrücken einerseits und andererseits durch
                              									den Bentheimer und Sieringshocker Faltenrücken begrenzt, zwei lang gezogene Mulden.
                              									Sowohl der Isterberger, als auch der Bentheimer und Sieringshocker Faltenrücken sind
                              									auf ihrer Sattelhöhe durch röthlich weiſse, gelbe, graue, oft ganz weiſse, fein- und
                              									grobkörnigere, ein vorzügliches Baumaterial (Bentheimer, Gildehauser u.a.) liefernde
                              									Sandsteine gekennzeichnet, welche, insbesondere bei Bentheim steil aufgerichtet, ein
                              									südliches Einfallen von 60 bis 65° nachweisen, hier eine die normale Lagerung
                              									durchgreifend störende Hauptaufbruchslinie darstellen.
                           Während die südliche Muldenlinie durch graue, blaue, oft schwarz gefärbte Thon- und
                              									Mergelschichten, welche sich den südlich einfallenden Bentheimer Sandsteinen
                              									anschmiegen und in gröſserer Tiefe, wie durch Bohrungen bis zu 178m nachgewiesen, einen sandsteinartigen Charakter
                              									annehmen, ist die nördliche Mulde zwischen Quendorf, Isterberg und dem nördlichen
                              									Rande des Bentheimer Rückens durch dünn schieferige, grünlich schwarze bituminöse Schiefer, bis zu Tage ausgehend,
                              									gekennzeichnet, welche sich einerseits an den Sandstein des Isterbergs, andererseits
                              									an den Bentheimer Rücken anlehnen, ohne bis dahin Nachweis über deren Mächtigkeit
                              									und die unter gelagerten Schichten erlangt zu haben. Dieselben sind durch das
                              									Vorhandensein reicher Schwefelquellen, denen auch das
                              									Bad Bentheim seine Begründung verdankt, ausgezeichnet, während derartige
                              									Erscheinungen der südlichen Mulde fremd sind.
                           
                           Das Vorhandensein der in dem vorliegenden Becken nachgewiesenen Asphaltgänge greift derart in beide Gebiete über, daſs
                              									eine Zusammenfassung derselben geboten erscheint.
                           Bereits im J. 1772 gaben innerhalb des Münster'schen Kreidebeckens die Asphaltvorkommen am Schöppinger Berge der Münster'schen
                              									Hofkammer zu bergmännischen Untersuchungen Veranlassung. Ebenso wie im Kreise
                              									Coesfeld bei Darfeld, Buldern und Hangenau findet sich bei Appelhülsen im Kreise
                              									Münster (hier im sogen. „Pechgrabe“) in dem Senon angehörigen mergeligen
                              									Gesteinen Asphalt von sehr reiner Beschaffenheit, in bis 1m mächtigen Gangtrümmern nach verschiedenen
                              									Richtungen durchsetzend, nur oberflächlich untersucht. Bei Darfeld wurden im J. 1839
                              									bereits groſse Massen reinen Asphaltes gewonnen und umfassendere Versuchsarbeiten,
                              									jedoch nur in geringen Tiefen, betrieben. Augenscheinlich in ursächlichem
                              									Zusammenhange mit diesen Asphaltvorkommen scheinen nun diejenigen bei Bentheim zu stehen. Dieselben besitzen hier den
                              									Charakter von bestimmt ausgeprägten Gangspalten,
                              									ausgefüllt mit Asphalt. Derselbe bildet eine feste,
                              									spröde, durchaus porenfreie, amorphe Masse von tiefschwarzer Farbe und glänzendem,
                              									muschligem Bruche, erst bei groſser Hitze erweichend und sich dadurch wesentlich von
                              									den eigentlichen Asphalten, welche schon bei gelinder Wärme zähe werden,
                              									unterscheidend. Bei weiterem Erhitzen bläht sich nach Grotowsky's Untersuchungen das Mineral auf und stöſst dabei Dämpfe aus,
                              									welche mit heller, wenig ruſsender Flamme brennen. Beim Erhitzen im
                              									Destillationsapparate gehen Spuren Wasser und flüchtiges Oel über; später tritt
                              									Zerstörung der nichtflüchtigen Bestandtheile ein, unter Bildung von Wasser, Ammoniak
                              									und Paraffin haltigen Brandölen, und in der Retorte bleibt Koke zurück. Durch den
                              									kaum nennenswerthen Wassergehalt unterscheidet sich der Bentheimer Asphalt
                              									vortheilhaft von den Asphalten von Bastennes, Pont du Chateau, Pont Navey und den
                              									Abruzzen, welche bis 20 Proc. Wasser enthalten.
                           Daſs nicht durch Volumenveränderung in Folge von Abkühlung, Austrocknung oder
                              									chemischer Umwandlung diese Bentheimer Gangspalten
                              									entstanden sind, bei deren Bildung vielmehr ein ungleicher Druck in Folge Bewegung
                              									der Erdrinde, gleichviel ob durch Erdbeben, Hebungen und Senkungen des Erdbodens und
                              									Zusammenfaltung geschichteter Gesteine in Wirkung trat, erscheint auf Grund
                              									eingehender Untersuchungen auſser Zweifel gestellt, ebenso auch daſs derartige
                              									Einwirkungen aber in der Umgebung von Bentheim stattgefunden, daſs abnorme
                              									Kraftäuſserungen das dortige Sandsteinmassiv gehoben und die steile, nach Süden
                              									weisende Schichtenstellung veranlaſst haben, hiermit im Zusammenhange aber die
                              									Bildung der auf 900m und mehr Länge streichend
                              									verschürften und nachgewiesenen, steil einfallenden, mit Asphalt erfüllten
                              									Gangspalten, deutlichen Sahlbändern und Rutschflächen des Nebengesteines
                              									stattgefunden hat.
                           
                           Während Volumenveränderungen in sich geschlossener kleinerer Gebirgsglieder
                              									gewöhnlich eine groſse Anzahl nach den verschiedensten Richtungen verlaufende
                              									Spalten zu erzeugen pflegen, dann auch sich auf diese einzelnen Gebirgsglieder
                              									beschränken, haben wir es hier einerseits mit Gangspalten zu thun, welche auf die
                              									Bezeichnung „Verwerfungsspalten“ berechtigten
                              									Anspruch machen und zweifellos viele Gebirgsglieder durchsetzen, in bedeutende
                              									Tiefen hinabreichen, andererseits aber auch in dem diese Gangspalten begrenzenden
                              									Nebengesteine mit einer gröſseren Anzahl von kleinen, mit Asphalt erfüllten, nach
                              									verschiedenen Richtungen verlaufenden, das Gestein durchschwärmenden, gleichfalls in
                              									die Teufe niedersetzenden Spalten überall in bestimmter Form anzeigen, daſs die
                              									Ausfüllung auch dieser kleinen Spalten mit ursprünglich tropfbar flüssigem
                              									Kohlenwasserstoffe (Bitumen) nach deren Bildung oder gleichzeitig hiermit stattfand
                              									und hier sich dessen Oxydationsprozeſs vollzog.
                           Die vorliegenden Gänge stehen des Weiteren nun aber vermittelnd zwischen einfachen und zusammengesetzten Gängen, d.h. es begrenzen einerseits bestimmt erkennbare
                              									lettige Sahlbänder Gangmasse und Nebengestein; dagegen bildet andererseits sowohl
                              									unverändertes Nebengestein, als auch solches durch chemische und mechanische
                              									Umwandlung hervorgegangenes Gestein an den Punkten, wo der Asphalt die Gangspalte
                              									nicht vollständig ausfüllt, das Ganggestein. Die
                              									Ausfüllung dieser Gangspalten mit Asphalt anlangend, so ergeben die bis dahin über
                              									Tage 450 bis 900m lang verschürften h. 11,48 (Gang
                              									I und II), 0,14 (Gang III), 0,02 (Gang IV), 0,52 (Gang V) streichenden Gänge fast
                              									vollständig übereinstimmende Charaktere.
                           Während der Asphalt bei Entblöſsung der Gangspalten metertief unter Tage in mehreren
                              									sich nach oben ausspitzenden Adern streifenartig das
                              									Ganggestein, zumeist aus Zerreibungsproducten des Nebengesteines bestehend, erfüllt,
                              									findet in Teufen von 3 bis 5m bereits eine
                              									Vereinigung dieser 5 bis 20mm mächtigen
                              									Asphaltstreifen zu einer compacten Asphaltmasse und eine Mächtigkeitserweiterung des
                              									Asphaltes bis 300mm (Gang II) und 800 bis 1000mm (Gang I), regelmäſsig in die Teufe
                              									niedersetzend, statt. Die Gangspalten stehen zumeist vollständig lothrecht (90°) und
                              									nur bei Gang I ist ein mäſsiges Einfallen von 80 bis 85° festgestellt. Hierauf sich
                              									stützend, wurde mit einer in 35m östlichem
                              									Abstande vom Ausgehenden dieses Ganges angesetzten Bohrung in 126m Teufe der Asphalt wieder erbohrt und in
                              									demselben bis 178m Teufe vertieft, am
                              									Bohrlochstoſse anstehend das Bohrloch bei dieser Tiefe wegen starken, aus dem oberen
                              									unverrohrten Horizonte herrührenden Nachfalles eingestellt.Im J. 1870 lenkte der Bentheimer Asphalt vorübergehend die Aufmerksamkeit des
                                    											Amerikaners Sargent auf sich. Nach seinem
                                    											Berichte fand er in etwa 11 Schächten von 9 bis 38m,5 Tiefe Asphalt, der fast reiner Kohlenwasserstoff und bis 1m mächtig war. 500t habe er gewinnen und auf Petroleum
                                    											destilliren lassen und von 1t bis zu
                                    												525k Petroleum erzielt. Im Museum zu
                                    											Hannover findet sich ein etwa 0cbm,03
                                    											groſser schwarzer Block unter der Bezeichnung „Gagatkohle von Bentheim“. Ob dieser bei 126m Teufe erbohrte Asphalt identisch mit Gang I ist oder
                              									einer hier bereits stattgefundenen Massenanhäufung oder anderen über Tage noch nicht
                              									verschürften Gangspalten angehört, muſs vorläufig unentschieden bleiben. Für die
                              									Thatsache, daſs bis zu einer Teufe von 178m
                              									erwiesenermaſsen der Asphalt in gröſserer Mächtigkeit nieder- und hierüber hinaus
                              									fortsetzt, ist diese offen bleibende Frage von untergeordneter Wichtigkeit. Dagegen
                              									liefert diese Thatsache einen gewichtigen Hinweis auf die Entstehung dieses
                              									Asphaltvorkommens und gestattet Schlüsse, welche für die Bildung des Petroleums im
                              									Allgemeinen nicht ohne Interesse sind.
                           Wir treten um so mehr in eine nähere Beleuchtung dieser Verhältnisse ein, als es
                              									hierdurch allein möglich wird, für die richtige Beurtheilung der Bentheimer Asphaltvorkommen eine wissenschaftliche
                              									Grundlage zu schaffen und deren geologisch-bergmännische Wichtigkeit zu begründen,
                              									gleichzeitig aber, weil wir in der Lage sind, zur näheren Bestätigung unserer
                              									diesbezüglichen Anschauungen einige Beobachtungen über Petroleum- und
                              									Asphaltvorkommen zur Seite zu stellen, deren Studium uns in Begleitung des Prof. Anton Stoppani in Florenz durch eine
                              									geologischbergmännische Untersuchung der Bitumenvorkommen Italiens, speciell der
                              									Terra di Lavoro, im J. 1879 möglich wurde.
                           In der vorausgeschickten Charakteristik der Bentheimer
                                 										Gangspalten wurde hervorgehoben, daſs deutliche Sahlbänder und
                              									Rutschflächen des Nebengesteines dieselben kennzeichnen, der Asphalt aber die
                              									Gangmasse nach dem Ausgehenden in streifenartig angeordneten Adern veredelt, nach
                              									der Teufe zu und bereits schon 4 bis 5m unter Tage
                              									eine Vereinigung dieser Adern zu einer compacten, die ganze Gangmächtigkeit (300 bis
                              										1000mm und darüber) erfüllenden Asphaltmasse
                              									stattgefunden hat, daſs das Nebengestein sich von den Bitumen führenden Gangspalten
                              									bestimmt abscheide und an keiner der bis dahin
                              									erschlossenen Berührungsflächen auch nur entfernt darauf hinweise, daſs ein
                              									Ausscheidungsprozeſs aus dem Nebengesteine sich vollzogen habe, gleichzeitig aber
                              									auch die Auskeilung des Asphaltes am Tage und dessen Zertrümmerung greifbaren
                              									Nachweis dafür liefere, daſs eine Infiltration der Gangspalten von oben positiv als ausgeschlossen zu erachten sei.
                              									Wenn dem Nebengesteine der Gangspalten auf Grund dieser Thatsachen die physikalische
                              									Natur zur Aufnahme von Bitumen mangelt, so legen genaue Untersuchungen auch klar,
                              									daſs das Nebengestein in keinem seiner bisher erschlossenen Sedimente eine
                              									organische Substanz oder einen Rückstand derselben, sei es auch nur in Form von
                              									Hohlräumen, erkennen lasse, welchem das z. Z. in fester Form vorfindliche Bitumen
                              									(Asphalt) seinen Ursprung verdanken kann.
                           
                           Auf diese Thatsachen fuſsend, erscheint es demgemäſs als eine durchaus berechtigte
                              									Annahme, daſs zunächst die vorliegenden Gangspalten eruptiven Kräften, direkt oder
                              									in Folge ihrer Nachwirkungen, ihre Entstehung verdanken, daſs wahrscheinlich
                              									gleichzeitig mit deren Bildung massenhaft im Erdinneren angesammelte, dort gebildete
                              									Wasserdämpfe die gleichfalls daselbst vorhandenen Kohlenwasserstoffgase mit emporrissen, bei deren Abkühlung die verdichteten Kohlenwasserstoffe sich sammelten und in
                              									Folge der dem Nebengesteine nachweislich mangelnden physikalischen Natur zur
                              									Aufnahme derselben die vorhandenen oder gleichzeitig hiermit gebildeten Spalten ganz
                              									oder theilweise erfüllten, je nachdem innerhalb derselben nicht bereits eine
                              									Ausfüllung durch Ganggestein stattgefunden hatte, welches aus unverändertem
                              									Nebengesteine oder aus letzterem durch chemische und mechanische Umwandlung
                              									hervorgegangen war.
                           Die charakteristische chemisch-physikalische Natur und Beschaffenheit des Bentheimer
                              									Asphaltes und dessen Niedersetzen in namhafte Tiefe weist nun aber weiter darauf
                              									hin, daſs dieser von unten nach oben sich vollziehende Bildungs- und
                              									Ausfüllungsprozeſs mit Bitumen derart vor sich gegangen ist, daſs, wenn auch alle
                              									unter etwa 60° übergehenden Fractionen verflüchtigt wurden, die Fractionen gebunden
                              									blieben, welche Leuchtöl, Paraffin und Schmieröle liefern, durch einen lang
                              									andauernden, fortgesetzten Oxydationsprozeſs aber die ursprünglich flüchtigen
                              									Kohlenwasserstoffe in die Form übergingen, welche wir
                              									in der Gegenwart vor uns sehen. Gleichzeitig erhält aber die Annahme Berechtigung,
                              									daſs in gröſserer Tiefe und in den bei Bildung der Gangspalten entstandenen, durch
                              									hochgespannte Kohlenwasserstoffgase und Wasserdämpfe erfüllten Hohlräumen nach
                              									erfolgter allmählicher Abkühlung eine Ansammlung des Materials erfolgte, welches wir
                              									nun in den Gangspalten bis zu Tage ausgehend vorfinden, daſs sehr wahrscheinlich und
                              									dem Charakter eruptiver Gangspalten entsprechend eine Mächtigkeitszunahme derselben
                              									nach der Teufe und hiermit im Zusammenhange in denselben eine gröſsere Anhäufung von
                              									Asphalt zu erwarten ist. Nicht ohne Interesse erscheint des Weiteren die bei Gang I
                              									festgestellte Thatsache, daſs sich in Begleitung des festen Asphaltes auf 10 bis
                              										15mm mächtigen Nebentrümmern Asphaltpartien
                              									von noch zäher Beschaffenheit, oft bis zu bergtheerartiger Beschaffenheit herabgehend, vorfinden,
                              									welche sich zumeist in paralleler Anordnung mit den mit festem Asphalte erfüllten
                              									Gängen, unabhängig von dem Nebengesteine, hinziehen. In Begleitung des festen
                              									Asphaltes finden sich auſserdem Partien reinen ausgeschiedenen Paraffins bis zu
                              									Hühnereigröſse in unregelmäſsiger Vertheilung.
                           Die geplante und durch den hohen Werth, welchen der Bentheimer Asphalt sowohl zum Zwecke der Vergasung, als zur Darstellung von Leuchtöl, Paraffin, Schmierölen und Kokes besitzt,
                              									gerechtfertigte, durchgreifende bergmännische Untersuchung mittels Schachteinbau
                              									läſst Nachweise über die
                              									Bestätigung dieser auf die Thatsachen der Gegenwart sich stützenden, durchaus
                              									berechtigten Grundanschauung für den vorliegenden Fall erwarten.
                           Daſs zwischen den Bentheimer Asphaltvorkommen und denen irn Münsterlande am
                              									Schöppinger Berge, Appelhülsen, Darfeld, Buldern und Hangenau (Kreis Coesfeld) ein
                              									ursächlicher Zusammenhang bestehen dürfte, wurde bereits angedeutet.
                           Das muthmaſsliche Vorkommen von flüssigem Bitumen
                              									(Erdöl) in der Umgebung von Bentheim und zwar im Bereiche der Asphaltgänge und dem
                              									Untersuchungsgebiete überhaupt anlangend, so dürften folgende, den vorliegenden
                              									Thatsachen entsprechende Anschauungen der gesuchten Wahrheit nahe kommen.
                           In groſser Verbreitung finden sich namentlich in dem Bentheimer Walde und in der
                              									Richtung nach Quendorf zu Tage tretende Schwefelquellen, denen Ingenieur M.
                                 										RaczkiewiczVgl. Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und
                                       												Hüttenwesen, 1879 S. 17 ff. einen Zusammenhang mit den
                              									Erdölquellen zuerkennt, sie gewissermaſsen als Begleiter derselben erklärt. Gestehen
                              									wir denselben Wichtigkeit in diesem Sinne zu und beachten ferner, daſs auf vielen
                              									Wasseransammlungen in der Nähe der Asphaltgänge ölartige Spiegel sich bilden, halten
                              									gleichzeitig aber fest, daſs nachgewiesenermaſsen dem Nebengesteine der Bentheimer
                              									Asphaltgänge die physikalische Natur abgeht, Bitumen aufzunehmen, demselben
                              									auſserdem jeder Nachweis der Rückstände derjenigen organischen Substanz mangelt,
                              									welche gleiehmäſsig oder in einzelnen seiner Sedimente vertheilt zur Bildung von
                              									tropfbar flüssigen Kohlenwasserstoffen (Naphta) das Material hätten liefern können,
                              									so erscheint der Schluſs gerechtfertigt, daſs in dem vorliegenden Becken
                              									anzuhoffendes flüssiges Bitumen in Form von Erdöl ziemlich unzweifelhaft sich
                              									vorwiegend nur in Spalten finden wird, hiermit im Zusammenhange aber ursprüngliche
                              									Ansammlungen desselben nur in tieferen Horizonten zu vermuthen sind, wobei nicht
                              									ausgeschlossen bleibt, daſs einzelne Sedimente, deren physikalische Natur die
                              									Aufnahme von tropfbar flüssigem Bitumen zulässig erscheinen lieſs, hiermit, von den
                              									Spalten ausgehend, erfüllt wurden, sonach tiefer liegende sedimentäre
                              									Schichtencomplexe Oelansammlungen auf secundärer Lagerstätte bergen, die Bildung des
                              									flüssigen Bitumens sich aber in Uebereinstimmung mit der bei der Asphaltbildung klar
                              									gelegten Grundanschauung befindet.
                           Wir schreiten nunmehr zu der in Aussicht genommenen Mittheilung unserer Beobachtungen
                              									über Naphtavorkommen in vulkanischen Laven und Tuffen und einigen dem Bentheimer
                              									analogen Asphaltvorkommen der Terra di Lavoro (Italien)
                              									im Bereiche der Litoral- und Apenninenkette.
                           Prof. vom Rath berichtete bereits im J. 1877 in einer
                              									Sitzung der physikalischen Section des naturhistorischen Vereins der Preuſsischen
                              										Rheinlande und
                              									Westfalens (1877 S. 24) über den Inhalt der Schrift: Sopra
                                 										alcune Paraffine ed altri Carburi d'idrogeno omologhiche trovansi contenuti in
                                 										una lava dell'Etna von Prof. Or. Silvestri,
                              									und theilte hieraus mit, daſs sich am Fuſse des Aetna bei dem Städtchen Paterno
                              										22km gegen Südsüdwesten vom Centralkrater
                              									vorhistorische Lava finde, inmitten welcher aus Thonschiefer der kleine
                              									Schlammvulkan La Salinella di Paterno hervorbricht
                              										(190m ü. M.). Höhlungen dieser Lava finden
                              									sich, in so weit dieselben nicht von kohlensaurem Kalke eingenommen sind, von einer
                              										steinölartigen Substanz erfüllt, welche unter
                              									Einfluſs der Sonnenwärme flüssig ist. Schon Maravigna
                              									erwähnt die Naphta haltige Lava von Paterno. Eine ungewöhnlich groſse Steinölgeode
                              									fand 1874 Prof. Gius. Pulvirenti (10cc Oel enthaltend). Dieses Oel erstarrte bei 17°
                              									und brannte bei 0,9475 sp. G. mit hell leuchtender Flamme. Eine ähnliche
                              									steinölartige Substanz wie diejenige aus der Lavageode wurde durch Behandeln der
                              									zerkleinerten Lava mittels Aether gewonnen (etwa 1,1 Proc).
                           Die Zusammensetzung der in der Lava von Paterno enthaltenen
                              									Kohlenwasserstoffverbindung ergab auf 100 Gewichtstheile:
                           
                              
                                 1)2)3)
                                 Leichte Kohlenwasserstoffe, Siedepunkt 79 bis 88°, 0,860 sp.
                                    											G.Oelartige Kohlenwasserstoffe, Siedepunkt 190 bis 280°, 0,925bis
                                    											0,94 sp. G.Schwere ölartige Kohlenwasserstoffe, Siedepunkt 280 bis
                                    											400°,0,94 bis 0,96 sp. G.
                                 0,7417,2331,95
                                 = 49,92
                                 
                              
                                 4)5)
                                 Weiſses krystallinisches Paraffin, bei 52°
                                    											schmelzendWeiſses krystallinisches Paraffin, bei 57,2°
                                    											schmelzend
                                 19,9022,89
                                 = 42,79
                                 
                              
                                 6)
                                 Asphalt mit 12 Proc. Asche
                                 
                                 =   2,90
                                 
                              
                                 7)
                                 Schwefel, monokliner       „       rhombischer
                                 4,300,09
                                 =   4,39
                                 
                              
                           Diese Untersuchung ergab sonach ein Petroleum mit 42,79 Proc. Paraffingehalt, mit dem
                              									Goudronminerale von Rangoon gleichwerthig und fast identisch. Besonderes Interesse
                              									gewannen diese Untersuchungen für uns durch den Besuch des Oelfundortes Ripie in etwa 7km
                              									nordöstlicher Entfernung von Pofi, etwa 1km,5 von
                              									der Stadt Ripie entfernt in dem Thale Piano Pocamare, am Fuſse des von vulkanischem
                              									Tuffe überlagerten Monte di S. Silvestro. Auf den der Apenninenkette angehörigen
                              									Kalkbildungen lagern hier pliocäne Tertiärschichten (blaugraue und dunkel gefärbte
                              									Mergel mit Sandsteinzwischenlagerungen), die von Tuffbildungen, welche dem
                              									erloschenen Vulkane Pofi ihre Entstehung verdanken, überlagert werden und das Thal
                              									Piano Pocamare vollständig bedecken.
                           Die in dem sogen. Petrolera-Bache zu Tage tretenden Tuffe sind von frei
                              									ausflieſsendem Petroleum reichlich erfüllt, wobei bemerkenswerth ist, daſs in
                              									verschiedenen durch Aufschürfungen entblöſsten Niveaus der Travertinschichten Erdöl
                              									ausflieſst, also auch hier die physikalische Natur des Tuffes mitzusprechen scheint,
                              									die gebildeten, durch Petroleumausflüsse gekennzeichneten Tuffsedimente
                              									augenscheinlich verschiedenen Zeitperioden vulkanischer Thätigkeit des Vulkans Pofi
                              									angehören. Aber nicht nur auf sedimentären Tuffscheidungen fand sich in reichlichem
                              										Maſse abflieſsendes
                              									Oel, auch Höhlungen von mehreren Cubikcentimeter Gröſse waren hiermit erfüllt. Von
                              									zwei (seitens einer französischen Unternehmung) hier niedergebrachten Bohrungen
                              									ergab das 66m tiefe, in Tuff angesetzte, in
                              									pliocänen Mergel weiter vertiefte Bohrloch kein Oel, dagegen das
                              									nachgewiesenermaſsen auf einer Spalte in unmittelbarer Nähe gleichfalls in Tuff
                              									angesetzte, bis 22m in pliocänem Tertiär, dann
                              									noch 6m im Kreidekalke vertiefte zweite Bohrloch
                              									viel im J. 1879 noch frei ausflieſsendes Oel.
                           Daſs das in dem über dem pliocänen Tertiär und den Kreidekalken abgelagerten Tuffe
                              									vorkommende Bitumen in Ripie ebenso wie die in den Lavageoden von Paterno
                              									vorgefundene Naphta in direktem Zusammenhange mit
                              									vulkanischen Prozessen stehen sollte, erscheint uns nicht wahrscheinlich. Wohl aber
                              									besteht ein bestimmter indirekter Zusammenhang mit vulkanischen Wirkungen in der Richtung, daſs Spaltenbildungen durch dieselben
                              									hervorgerufen und bedingt wurden, diese den Austritt von im Bereiche derselben
                              									angesammelten Wasserdämpfen und Kohlenwasserstoffen vermittelten und, die letzteren
                              									von ersteren emporgetrieben, in der in Folge ihrer physikalischen Natur zur Aufnahme
                              									geeigneten, von Hohlräumen reichlich erfüllten Lava des Aetna und dem vulkanischen
                              									Tuffe von Pofi ebenso wie in Schichten des Tertiär und den Kreidekalken der
                              									Apenninenkette, aus den Spalten übertretend, der Bitumen-Ausscheidungs- und
                              									Condensationsprozeſs sich vollzog.
                           Einen weiteren interessanten Beitrag für die auf den anorganischen Bildungsweg des Bitumens uns verweisenden Thatsachen liefern
                              									die Asphaltgänge von Castro am Fuſse der Litoralkette
                              									und Colle San Magno in den Abruzzen
                              									(Apenninenkette).
                           Von dem Monte di S. Silvestro bei Ripie in südwestlicher Richtung den Weg über den
                              									erloschenen Vulkan Pofi verfolgend, gelangt man bei der Eisenbahnstation Pofi (der
                              									Eisenbahn Rom-Neapel unfern Ceprano) aus dem Bereiche der vulkanischen Tuffe auf
                              									kurze Entfernung in das der pliocänen Tertiärschichten, welche sich an eine aus
                              									Kalkbruchstücken bestehende Breccie anlagern: In dieser Kalkbreccie und dem
                              									untergelagerten Kreidekalke findet sich eine Gangspalte, etwa 2m mächtig, wesentlich von Nord nach Süden
                              									streichend, mit deutlichen Rutschflächen und einem aus Bruchstücken des kalkigen
                              									Nebengesteines bestehenden, mit Asphalt und Erdpech reichlich erfüllten Ganggestein.
                              									Der Umstand, daſs die aus Bruchstücken des Nebengesteines herrührenden Theile des
                              									Ganggesteines nicht mit Asphalt und Bitumen erfüllt,
                              									nur hiervon umgeben sind, Asphalt und Erdpech einzelne Theile der Gangspalte
                              									ausschlieſslich erfüllen, liefert einen greifbaren Nachweis dafür, daſs das Bitumen
                              									entweder gleichzeitig mit, oder kurz nach der Spaltenbildung, von unten nach oben
                              									aufsteigend, die freien Hohlräume derselben in Anspruch nahm. Kurze, in das
                              									Nebengestein getriebene Querschläge ergaben, daſs das Nebengestein frei von Bitumen
                              									ist, demselben sonach sowohl die physikalische Natur zur Aufnahme von Bitumen mangelt, als auch kein
                              									organisches Material ursprüngliches Eigenthum desselben ist, von dem der
                              									Asphaltgehalt der Spalten sich etwa herleiten lieſs. Der Gang ist auf etwa 1000m Länge streichend über Tage verschürft und war im
                              									J. 1879 mittels Stollenzubauen in zwei Horizonten von einer englischen Gesellschaft
                              									in Angriff genommen.
                           In 20km südlicher Entfernung von dem Castroer
                              									Asphaltvorkommen findet sich, von der Station Rocca Secca ausgehend, der
                              									vortrefflich geführten Bergstraſse nach Colle San Magno, am südöstlichen Abhänge der
                              									Apenninen, folgend und von hier zu dem bereits den Abruzzen zuzählenden Hochplateau
                              									etwa 800m aufsteigend, das Asphaltvorkommen Colle San Magno. Uebereinstimmend mit Castro findet
                              									sich der Asphalt hier in einer 3 bis 4m mächtigen,
                              									auf etwa 2 bis 3km Länge streichend verschürften
                              									Gangspalte in einem breccienartigen Kalkeonglomerate und festen Apenninenkalke
                              									aufsetzend. Die Gangausfüllung besteht theils aus Zerreibungsproducten des
                              									Nebengesteines, deren Absonderungsflächen und Hohlräume innig mit Asphalt erfüllt
                              									sind, theils aus reinem Asphalte. Auch hier tritt die Thatsache hervor, daſs das
                              									Bitumen weder die die Breccie zusammensetzenden Kalkstücke durchdrungen, noch auch
                              									das Nebengestein erfüllt hat. Deutliche Rutschflächen kennzeichnen das Hangende und
                              									Liegende der steil stehenden (75 bis 80°), widersinnig gegen die Gebirgskette
                              									einfallenden Gangspalte, deren Streichungslinie parallel zu der vulkanischen
                              									Aufbruchslinie steht, welche die Vulkane Pofi und Rocca Monfina verbindet und sich
                              									als ein Vermittelungsglied zwischen den erloschenen Vulkanen im römischen Gebiete
                              									und der süditalienischen vulkanischen Gruppe kennzeichnet. Der Asphalt ist
                              									begleitet, oft innig durchdrungen von reinem amorphem Schwefel in linsen- und
                              									erbsengroſsen Stücken. Der Gang ist von Tage steinbruchartig erschlossen, wird von
                              									Hrn. Cico de Cola in Neapel betrieben und der Asphalt
                              									zum Theil durch Saumpferde, zum Theile in Körben von Frauen auf dem Kopfe (40 bis
                              										50k Belastung) nach der Station Rocca Secca,
                              									von hier auf der Bahn nach Neapel befördert und kosten 100k an Gewinnungs- und Transportkosten in Rocca
                              									Secca etwa 80 Pf.
                           Einen weiteren Nachweis dafür, daſs der Apenninenkalk keine zur Bildung von
                              									Kohlenwasserstoff erforderliche organische Substanzen in einzelnen seiner Sedimente
                              									erkennen läſst und seine physikalische Natur zur Aufnahme von Bitumen nicht hinneigt, lieferte das Resultat einer etwa 200m tiefen Bohrung, welche in der Nähe von Pico bei
                              									S. Giovanni Incarico in der Nähe des Petrolera-Baches, wo bis zum J. 1879 bereits
                              									7848 Barrels gleich 1330760k Rohöl zur Gewinnung
                              									gelangten (nachweislich hier durchsetzenden Spaltenräumen angehörig), im
                              									Apenninenkalke angesetzt und hierin resultatlos niedergebracht wurde.
                           Fassen wir die über einige Petroleum- und Asphaltvorkommen Italiens mitgetheilten
                              									Beobachtungen zusammen, so kann nicht in Abrede gestellt werden, daſs dieselben
                              									sich aufklärend den über die Bildung der Bentheimer
                                 										Asphaltvorkommen entwickelten Anschauungen zur Seite stellen.
                           Daſs Prof. Mendelejef's Grundanschauungen über die
                              									Bildung des Bitumens auf anorganischem Wege (vgl. 1878 228 540) – bereits von Herm. Abich in Tiflis
                              									auf die kaukasischen Erdölvorkommen übertragen (vgl. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien 1879 Bd. 29) – sowohl
                              									auf die italienischen, als insbesondere auch die Bentheimer Asphaltvorkommen mit
                              									einiger Berechtigung Anwendung zu finden haben, bedarf einer weiteren Begründung
                              									nicht. Hier wie dort begegnen wir Bitumen an Fundstellen, wo geologisch nur dadurch
                              									eine Erklärung gefunden werden kann, daſs wir dem direkten Einflüsse vulkanischer
                              									Kräfte auf die Bildung von Spalten ihren berechtigten Standpunkt zuerkennen, daſs
                              									wir uns das in diesen Spalten angesammelten Bitumen ebenso wie das in Lavageoden und
                              									auf Absonderungsflächen vorhistorischer Tuffablagerungen vorhandene aber auf anorganischem Wege – der Hauptsache nach den
                              									diesbezüglichen Grundanschauungen Mendelejef's und Abich's folgend – entstanden denken.
                           Wir haben in dieser Zusammenstellung des Beobachtungsmaterials über die Bentheimer
                              									Bitumen vorkommen und durch Heranziehung analogen Beweismaterials eine den
                              									Thatsachen entsprechende Aufklärung für ein beachtenswerthes Bitumenvorkommen
                              									versucht. Diese Grundanschauung steht für uns z. Z. fest. Ausgeschlossen bleibt
                              									hierbei nicht, daſs durch weitere Aufschluſsarbeiten eine Richtigstellung derselben
                              									zu erfolgen hat.
                           Stehen uns, wie Karl Ochsenius in der Zeitschrift: Die Natur, Halle 1882 Nr. 29 ankündigt, auch neue
                              									Probleme über die Bildung des Erdöles in Aussicht, in so fern die Mutterlauge als
                              									geologisches Agens derart in Wirkung tritt, daſs die Einwirkung Salz haltiger
                              									Schlammfluthen auf Organismen die Petroleumbildung einleitet, so können dieselben
                              									für den vorliegenden Fall ebenso wenig als die von Bergrath Paul aufgestellten genetischen Anschauungen über die Bildung des
                              									karpathischen Erdölvorkommens (vgl. Verhandlungen der k. k.
                                 										geologischen Reichsanstalt, 1881) etwas ändern.Daſs endlich gröſsere Klarheit in die geologischen Verhältnisse der
                                    											karpathischen Sandsteinzonen gebracht ist, kann, nachdem Jahrzehnte lange
                                    											geologische Untersuchungen diesem umfangreichen und schwierigen Gegenstande
                                    											zugewendet sind, nicht als das Verdienst eines Einzelnen angesehen werden.Ob mit den jetzigen Untersuchungen der Gegenstand als endgültig ab
                                    											geschlossen zu erachten ist, bleibt eine vorläufig offene Frage. Daſs die
                                    												karpathischen Erdölvorkommen
                                    											ausschlieſslich der eingeschlossenen organischen
                                       												Substanz derjenigen Sedimente ihren Ursprung verdanken, in denen
                                    											oder in deren unmittelbarer Nähe dieselben vorkommen, sowie die hieraus
                                    											hergeleitete logische Nothwendigkeit der Existenz bestimmter
                                    											stratigraphischer Oelhorizonte, erachten wir als eine nur bedingungsweise
                                    											zutreffende, in vieler Beziehung der Richtigstellung bedürftige Ansicht,
                                    											keinenfalls berufen, dem Oelbergbaue, in dieser
                                    											Schroffheit und Einseitigkeit hingestellt, vorläufig praktische
                                    											Anhaltepunkte und wirklichen Nutzen zu bieten.Das Prioritätsrecht der ausgesprochenen Ansicht, daſs das Erdöl in den
                                    											Karpathen, wenn auch an verschiedenen Punkten aus Längs- und Querspalten zum
                                    											Vorscheine kommend, an diese Spalten, wenn auch hier am reichlichsten
                                    											angesammelt, nicht ausschlieſslich gebunden ist, sondern auch in
                                    											verschiedenen Oel führenden Gesteinsschichten in bestimmten Niveaus
                                    											angetroffen wird, nehmen wir für uns in Anspruch (vgl. Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und
                                       												Hüttenwesen, 1879 S. 16).Hiermit halten wir denn auch die von technisch tüchtigen Fachleuten Galiziens
                                    											wiederholt bestätigte Behauptung aufrecht, „daſs kaum ein einziger
                                       												Oelgewinnungspunkt von Bedeutung auſserhalb des Bereiches und der
                                       												Einwirkungen umfangreicher Dislocationsspalten in den Karpathen
                                       												nachgewiesen erscheine“.
                           
                           Was nun schlieſslich den nutzbaren bergmännisch-technischen
                                 										Werth der Bentheimer Asphaltgänge in der Gegenwart und ohne Berücksichtigung der an die Teufenverhältnisse zu
                              									knüpfenden Erwartungen anlangt, so wird derselbe dadurch begründet, daſs zu mäſsigen
                              									Kosten eine bergmännische Gewinnung durch Schachteinbaue alsbald eingeleitet werden
                              									kann, daſs die bereits 4 bis 5m unter Tage 300,
                              									900 bis 1000mm betragende Asphaltmächtigkeit
                              									einzelner Gänge, sowie die nachgewiesene namhafte streichende Erstreckung, endlich
                              									aber das bis 178m Tiefe nachgewiesene Fortsetzen
                              									derselben sichere Stützpunkte für eine nachhaltige Asphaltgewinnung gewährt, wenn
                              									man endlich berücksichtigt, daſs der Bentheimer Asphalt einen hohen Werth sowohl zum
                              									Zwecke der Vergasung, als zur Darstellung von Leuchtöl, Paraffin, Schmierölen und
                              									Kokes besitzt, wie aus den nachfolgenden chemischen Untersuchungsergebnissen näher
                              									hervorgeht.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)