| Titel: | Ueber die Gasausscheidungen in Stahlgüssen. | 
| Fundstelle: | Band 251, Jahrgang 1884, S. 83 | 
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                        Ueber die Gasausscheidungen in
                           								Stahlgüssen.
                        Ueber die Gasausscheidungen in Stahlgüssen.
                        
                     
                        
                           Entgegen der Annahme von Pourcel (1882 246 244), daſs die Gasausscheidungen in Stahlgüssen auf
                              									Kohlenoxyd zurückzuführen seien, stellt Fr. Müller in
                              										Stahl und Eisen, 1882 S. 532 eine Reihe von
                              									Analysen zusammen, welche er mit durch Anbohren von Stahlblöcken unter Wasser
                              									gesammelten Gasen erhalten hat und die neben Stickstoff fast immer nur Wasserstoff
                              									ergaben.
                           A. Pourcel (Daselbst 1883 S. 48) hebt dagegen hervor,
                              									daſs Gas, welches der Stahl bei seinem Erstarren abscheidet, um so mehr Wasserstoff
                              									enthalte, je reicher an Mangan das Metall war. Das Mangan und nicht das Silicium
                              									bestimme die Stärke der Löslichkeit des Wasserstoffes in Kohlenstoff haltigem Eisen.
                              										Troost und Hautefeuille (1874 214 78) haben festgestellt,
                              									daſs das Silicium die Löslichkeit des Wasserstoffes im Stahle fast aufhebt, sobald
                              									Mangan nur in Spuren vorhanden ist. Der Angabe Müller's, daſs aus dem Bessemer- wie Martinbade nach der Desoxydation durch
                              									Spiegeleisen, Ferromangan oder Silicit kein Silicium verbraucht werde, sondern nur
                              									Kohlenstoff und Mangan, stellt Pourcel mehr als 1000 in
                              									seinem Laboratorium ausgeführte Analysen entgegen, welche die gleichzeitige Aufnahme von Silicium und Mangan
                              									beweisen. In der Praxis seines Betriebes nimmt er an, daſs wenigstens ⅓ des in Form
                              									von Silicit zugesetzten Siliciums in die Schlacke übergeht, und die chemische
                              									Analyse hat bewiesen, daſs dieses Verhältniſs bis auf ½ und darüber steigen kann.
                              										Richards in Eston huldigt der Reactionstheorie,
                              									weil ihre Anwendung auf die Praxis des Thomasverfahrens ihm werthvoll gewesen ist,
                              									um jede Gasabscheidung durch Zusatz von Spiegeleisen vollkommen zu vermeiden. Er hat
                              									dem überblasenen Bade Silicium haltiges Eisen, d.h. Silicit zugesetzt und ist dabei
                              									keine Gasausscheidung vor sich gegangen. Der darauf erfolgende Zusatz von reichem
                              									Spiegeleisen ruft keine Ausscheidung von Kohlenoxyd hervor. Müller erklärt die Gegenwart des Siliciums beim deutschen
                              									Bessemerverfahren durch eine Aenderung der Verwandtschaft dos Kohlenstoffes und
                              									Siliciums zum Sauerstoffe je nach der Temperatur, Pourcel dagegen durch die Reduction der Kieselsäure der Fütterung durch
                              									den Kohlenstoff des Eisens und des Mangans. Er führt hierfür als Beweis die in
                              									Schmelztiegeln gemachten Probeversuche an. Im Martinofen mit saurem Boden löst ein von Silicium freies
                              									Stahlbad 3 bis 4 Tausendstel bei einer einige Stunden dauernden Ueberhitzung auf.
                              									Uebrigens wird in der basischen Birne bei Verwendung gleichen Eisens und bei noch so
                              									hoher Steigerung der Temperatur das Gesetz der Affinität von Kohlenstoff' und
                              									Siliciuin niemals umgekehrt. Die aus dem deutschen Bessemerprozesse hervorgehenden
                              									Blöcke sind trotz der Gegenwart von Silicium zuweilen porös, wenn die Reaction nicht
                              									lebhaft ist, was gewöhnlich eintritt, wenn die Schlacke dick und zähe ist und die
                              									Mischung des Reactionsmittels, d.h. des Spiegeleisens, sich nicht innig vollzogen
                              									hat. Das Eisenoxyd ist dann unvollständig reducirt, die Reaction setzt sich in der
                              									Guſsform fort. Der Stahl ist blasig und stets mehr oder weniger rothbrüchig. Dies
                              									hat auch Helmholtz in der Bochumer Hütte beobachtet. In
                              									Terre-Noire, wo man seit mehreren Jahren das deutsche Verfahren betrieben hat,
                              									liegen die Dinge nicht anders als in Bochum und in der Mehrzahl der deutschen
                              									Bessemerwerke. Im Martinofen tritt nichts derartiges ein. Wenn man durch Ueberhitzen
                              									des Stahlbades gegen Schluſs des Blasens einen heiſsen Gang der Füllung bewirkt,
                              									erhält man stets Stahl mit 0,003 bis 0,004 Silicium. Der Zusatz von Spiegeleisen
                              									oder Ferromangan erzeugt keine lebhafte Reaction und der gegossene Stahl ist ohne
                              									Blasen. In solcher Weise arbeitet ein groſses, in der Mitte Frankreichs gelegenes
                              									Stahlwerk, welches für die französische Marineartillerie ausgezeichnete
                              									Stahlgeschosse geliefert hat.
                           Um schlieſslich die Reaction des Siliciums auf Eisenoxyd und dessen
                              									Reductionsfähigkeit auf das im geschmolzenen Eisen gelöste Kohlenoxyd nachzuweisen,
                              									setze man einer sauren Bessemerfüllung, welche bis zu dem Punkte überblasen ist,
                              									daſs ein Zusatz von Spiegeleisen ein Zerspringen der Birne hervorrufen würde, an
                              									Stelle des Spiegeleisens ein Roheisen mit 8 Proc. Silicium, etwa 2,5 Proc.
                              									Kohlenstoff und geringem oder keinem Mangangehalte, letzterer nach dem Verhältnisse
                              									der Reducirfähigkeit von Silicium und von Mangan bestimmt, d.h. wenn das Bad 1,5
                              									Proc. Mangangehalt erhalten soll, muſs man dafür 0,004 bis 0,005 Silicium oder aus
                              									Vorsicht etwas mehr anwenden. Der Zusatz von Siliciumeisen verursacht in der Birne
                              									keine heftige Reaction, keine Entwickelung von Gasen und der Stahl wird blasenfrei,
                              									aber rothbrüchig sein. Die chemische Analyse ergibt, daſs Eisensilicat ziemlich
                              									ungleich intermolekular in dem Stahle vertheilt ist. Wenn man an Stelle des
                              									Siliciumeisens ein Siliciummanganeisen zusetzt, welches die ersteren Elemente im
                              									Verhältnisse ihrer Aequivalente enthält, so wird man keine heftige Reaction in der
                              									Birne bemerken:, der Stahl wird blasenfrei sein und sich gut walzon lassen.
                           F. Müller (a. a. O. S. 79 und 443) bemerkt dagegen, Troost und Hautefeuille
                              									hätten nur festgestellt, daſs Manganeisen, in einer Wasserstoffatmosphäre
                              									geschmolzen, beim Erstarren heftig spratze, während Siliciumeisen dies nicht thue.
                              									Daraus folge nur, daſs das flüssige Manganeisen in höherer Temperatur mehr Gase
                              									aufnehme, als es bei seinem Schmelzpunkte zu halten vermag- das Siliciumeisen
                              									hingegen habe in hoher Temperatur keine gröſsere Absorptionsfähigkeit als beim
                              									Erstarren. Seiner Ansicht nach handelt es sich lediglich darum, ob das feste Metall bei höherem Siliciumgehalte mehr
                              									Wasserstoff zurückzuhalten vermag. Daſs dies aber der Fall, beweisen die anderen
                              									Versuche der genannten Forscher: 500k Roheisen
                              									nahmen 46cc,6 Wasserstoff, Guſsstahl 7cc,8, Schmiedeisen 13cc,9 auf.
                           Müller hat bei 4 Spiegelreactionen keine merkliche
                              									Abnahme des Siliciums, bei 2 sogar eine Zunahme beobachtet. Hierdurch wird seiner
                              									Ansicht nach bestätigt, daſs sich bei der auſserordentlich hohen Temperatur am Ende
                              									des deutschen Bessemerprozesses der Sauerstoff des Bades vorwiegend auf den
                              									Kohlenstoff und das Mangan wirft. Indessen gibt er zu, daſs immerhin auch ein wenig
                              									Silicium oxydirt, dieser Verlust aber durch entsprechende Siliciumreduction aus dem
                              									Futter ausgeglichen bezieh. überboten wird. Bezüglich der 1000 Analysen auf dem
                              									Martinwerke von Terre-Noire hält er es beim Martinprozesse für gar nicht möglich,
                              									die Spiegelreaction zu studiren, da von der Schlacke aus der Frischprozeſs weiter
                              									gehe, wodurch die Zusatzstoffe ausgeschieden werden und, falls das Bad nicht
                              									bedeutend überhitzt sei, auch das Silicium stark in Mitleidenschaft gezogen werde.
                              									Die Reaction SiFex + 2CO = CFex + SiO2 könne nur
                              									bei Rothglühhitze eintreten; bei Stahlschmelzhitze werde sie umgekehrt: SiO2 + CFex = 2CO +
                              										SiFex.
                           Müller hat ferner basischen Stahl ebenfalls unter Wasser
                              									angebohrt, die Bohrschneide aber mit einer Hohlkehle versehen lassen, um
                              									zusammenhängende lockige Späne zu erhalten, wodurch das Auftreten intermolekularer
                              									Gase aus dem zwischen den Poren befindlichen dichten Metalle möglichst beschränkt
                              									werden sollte. Untersucht wurden:
                           I) Weicher Thomasstahl, mit 2,5 Proc. 35 procentigern Ferromangane
                              									hergestellt, unruhig, spratzend und mäſsig steigend, der Block enthielt ziemlich
                              									viel Radialporen und gab 36 Proc. Gas.
                           II) Basisches Metall, fertig ohne jeden Zusatz. Dasselbe war in
                              									der Pfanne und Guſsform ruhig, wenig spratzend, langsam steigend, der Block enthielt
                              									wenig Radialporen und gab 20 Proc. Gas.
                           III) Thomasstahl, mit 5 Proc. 14 procentigem Silicit und 2,5 Proc.
                              									70 procentigem Ferromangane hergestellt. Der Stahl war ruhig steigend, der Block
                              									maſsig porös und gab 22 Proc. Gas.
                           IV) Thomasstahl, mit 5 Proc. 14 procentigem Silicit hergestellt.
                              									Der Stahl war ruhig steigend, der Block enthielt sehr wenig Poren und gab 6 Proc.
                              									Gas.
                           Die Gase hatten folgende Zusammensetzung:
                           
                              
                                 
                                 I
                                 II
                                 III
                                 IV
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd
                                    0,6
                                 0
                                   0,4
                                 0
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                  85,4
                                 64,5
                                 86,4
                                  54,7
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                  14,3
                                 35,4
                                 12,7
                                  45,3
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 ––––
                                 ––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,3
                                 99,9
                                 99,5
                                 100,0.
                                 
                              
                           Es wird bemerkt, daſs trotz der hohen Silicium- und Manganzusätze der Stahl nur
                              									Spuren von Silicium und 0,4 Proc. Mangan enthält, während 0,3 Proc. Phosphor reducirt
                              									worden sind. Bei einem zweiten Versuche stieg nach Zusatz von 5 Proc. geschmolzenen
                              									Silicites der Phosphorgehalt von 0,106 auf 0,515 und der Stahl enthielt nur 0,011
                              									Silicium. Uebrigens zeigt sich auch bei diesen Gasanalysen, daſs der Procentsatz des
                              									Stickstoffes steigt, wenn die absolute Menge der Gase abnimmt.
                           Zur Untersuchung der beim Erstarren von Roheisen entwickelten Gase wurde dieses in
                              									Kupolöfen umgeschmolzen und in kleine Guſsformen abgelassen. Hierbei entwickelte
                              									graues Bessemerroheisen (I) reichlich Gas, der erhaltene Block war dicht, feinkörnig
                              									grau. Spiegeleisen (II) entwickelte viel Gas, der Guſsblock war dicht, blätterig,
                              									krystallinisch. Thomasroheisen (III) mit 3 Proc. Phosphor entwickelte weniger Gas,
                              									der Block war blasenfrei. Die Untersuchung des Eisens und der gesammelten Gase
                              									ergab:
                           
                              
                                 
                                 
                                 I
                                 II
                                 III
                                 
                                 
                              
                                 Eisen:
                                 Kohlenstoff
                                   3,688
                                   4,18
                                   3,099
                                 Proc.
                                 
                              
                                 
                                 Silicium
                                   1,68
                                   0,253
                                   0,203
                                 
                                 
                              
                                 
                                 Mangan
                                   1,93
                                   7,37
                                   0,736
                                 
                                 
                              
                                 Gase:
                                 Kohlenoxyd
                                 36,1
                                 48,1
                                 37,1
                                 
                                 
                              
                                 
                                 Kohlensäure
                                   3,7
                                   1,2
                                   3,3
                                 
                                 
                              
                                 
                                 Wasserstoff
                                 55,8
                                 48,9
                                 43,7
                                 
                                 
                              
                                 
                                 Stickstoff
                                   3,6
                                   2,0
                                 14,2
                                 
                                 
                              
                                 
                                 Sauerstoff
                                   0,8
                                   0,4
                                   1,2.
                                 
                                 
                              
                           In Bochum wird das Roheisen mit mäſsigem Silicium- und Mangangehalte im Kupolofen
                              									heiſs eingeschmolzen. Es beginnt sofort die Verbrennung des Kohlenstoffes. Silicium
                              									verbrennt zur einen Hälfte am Beginne; in der Mitte hört es fast auf zu brennen, um
                              									am Schlusse, nachdem der Kohlenstoff entfernt, zugleich mit dem Mangan wieder
                              									energisch anzufangen. Das Blasen wird bis zur Entwickelung dicken Qualmes
                              									fortgesetzt. Das Bad wird am Schlüsse auſserordentlich heiſs; es enthält stets 0,2
                              									Silicium und wenig mehr Mangan. Die dünnflüssige Schlacke ist vorwiegend
                              									Mangansilicat. Die Rückkohlung und Desoxydation geschieht mit geschmolzenem
                              									Spiegeleisen, welches eine überaus heftige Kohlenoxyd-Entwickelung hervorruft. Beim
                              									Ausgieſsen in die Sammelpfanne zeigt sich starke Flammenbildung. Beim Gieſsen
                              									erscheint das Metall ruhig und erstarrt zu absolut blasenfreien Blöcken. Gleichwohl
                              									ist bei genauer Beobachtung deutlich zu erkennen, wie aus dem Inneren des Blockes
                              									beim Erstarren Gase aufsteigen und durch feine Oeffnungen in der oberen
                              									Erstarrungskruste entweichen. Bemerkenswerth ist, daſs Federstahl mehr Gase liefert
                              									als dichter Schienenstahl. Die Untersuchung ergab:
                           
                              
                                 
                                 Schienenstahl
                                 Federstahl
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 0,23
                                 bis
                                 0,28
                                 0,48
                                 bis
                                 0,53
                                 
                              
                                 Silicium
                                 0,15
                                 „
                                 0,25
                                 0,15
                                 „
                                 0,25
                                 
                              
                                 Mangan
                                 0,5
                                 „
                                 0,6
                                 0,8
                                 „
                                 0,9
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 0,06
                                 „
                                 0,08
                                 0,06
                                 „
                                 0,08.
                                 
                              
                           
                           Die Gasanalyse:
                           
                              
                                 
                                 Schienenstahl
                                 Federstahl
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd
                                    35,5
                                   24,1
                                   41,7
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                    45,3
                                   35,1
                                   19,1
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                    11,3
                                   29,5
                                   37,9
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                     7,0
                                     5,8
                                     0,4
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                     1,0
                                     5,6
                                     0,7
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 ––––
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 100,1
                                 100,1
                                 99,8.
                                 
                              
                           Um festzustellen, ob sich die Zusammensetzung der Gase beim
                              									längeren Abstehen des Stahles in der Pfanne ändert, wurden bei ein und derselben
                              									Füllung auf der ersten und letzten Guſsform Gasproben genommen. Die durch Abzug der
                              									atmosphärischen Luft berichtigten Analysenresultate sind:
                           
                              
                                 
                                 Dichter Schienenstahl
                                 Dichter Federstahl
                                 
                              
                                 
                                 
                                 17 Min. später
                                 
                                 21 Min. später
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd
                                   38,7
                                   43,4
                                   48,2
                                 42,5
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                   51,3
                                   46,9
                                   44,5
                                 36,5
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                     7,2
                                     6,6
                                     2,5
                                 17,1
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                     2,8
                                     3,1
                                     4,8
                                   3,7
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 –––––
                                 –––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 100,0
                                 100,0
                                 99,8.
                                 
                              
                           Der Gang des Prozesses erscheint, wenn der Stahl steigen will, kälter, die Temperatur
                              									und der Siliciumgehalt am Ende des Prozesses niedriger. Die folgende Probe I stammt
                              									von schwach steigendem Schienenstahle, welcher noch durch Aufgieſsen von Wasser in
                              									der Guſsform gehalten werden konnte; der Stahl zu II muſste vertheilt werden und
                              									Stahl III stieg sehr stark und war sehr unruhig:
                           
                              
                                 
                                 I
                                 II
                                 III
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd
                                   33,0
                                 30,2
                                  68,6
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                   47,4
                                 37,5
                                  19,8
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                   10,0
                                 23,8
                                    9,0
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                     7,6
                                   7,4
                                    2,0
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                     2,0
                                   0,8
                                    0,8
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 –––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 99,7
                                 100,2.
                                 
                              
                           Neben dem fertigen Bessemerstahle ist noch das völlig entkohlte, Oxyd haltige und
                              									rothbrüchige Metall ohne Spiegelzusatz besonders bemerkenswerth, einerseits, weil im
                              									Metalle selber wegen des fehlenden Kohlenstoffes eine nachträgliche
                              									Kohlenoxydbildung unmöglich ist, andererseits, weil in der letzten Minute das Bad
                              									bei verschwindendem Kohlenoxyde wesentlich nur mit atmosphärischem Stickstoffe in
                              									Berührung kommt, ohne beim Desoxydiren Gelegenheit zu finden, sich mit Kohlenoxyd
                              									wieder zu sättigen. Um eine genügende Menge dieses Metalles zu bekommen, wurde eine
                              									kleinere, auf dem Gieſskrahne befindliche Pfanne durch Neigen der Birne gefüllt und
                              									der Inhalt in gewöhnlicher Weise in eine Form gegossen. Es zeigte sich Steigen und
                              									lebhafte Gasentwickelung. Der Block enthielt eine Porenzone am Rande und einzelne
                              									rundliche Blasen in der Mitte. Es wurden nach einander zwei Gasproben von dem
                              									nämlichen Guſsblocke genommen:
                           
                           
                              
                                 Kohlenoxyd
                                 15,6
                                 17,5
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                 45,4
                                 51,1
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                 33,7
                                 29,1
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                 1,8
                                 2,2
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                 3,2
                                 0,8
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 99,7
                                 100,7.
                                 
                              
                           Es trat somit ein starkes Zurücktreten des Kohlenoxydes und
                              									eine bedeutende Vermehrung des Stickstoffes ein.
                           Entsprechende Versuche bei völlig entkohltem, ebenfalls rothbrüchigem Martinmetalle
                              									ergaben:
                           
                              
                                 Kohlenoxyd
                                 36,5
                                 39,0
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                 26,7
                                 36,9
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                 30,5
                                 17,8
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                 1,3
                                 2,9
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                 4,7
                                 3,0
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 99,7
                                 99,6.
                                 
                              
                           Gegen entkohltes Bessemermetall zeigt sich hier der
                              									Kohlenoxydgehalt bedeutend gröſser und der Stickstoffgehalt geringer, was sich ohne
                              									Weiteres aus der Verschiedenheit des metallurgischen Prozesses erklärt. Das
                              									Martinbad wird durch die Schlackendecke daran gehindert, aus den Ofengasen viel
                              									Stickstoff und Wasserstoff zu absorbiren, wogegen eine stetige und langsame
                              									Kohlenstoffverbrennung ihm Gelegenheit gibt, sich mit Kohlenoxyd zu sättigen.
                           Während beim basischen Stahle die Spiegelreaction in der Birne verhältniſsmäſsig
                              									schwach ist und Ferromangan fast gar keine Kohlenoxydentbindung zur Folge hat, tritt
                              									in der Sammelpfanne eine heftige Entwicklung brennbarer Gase ein. Wenn sich der
                              									Stahl in der Pfanne gänzlich beruhigt hat, fängt er in der Guſsform von Neuem an, zu
                              									wallen und zu spratzen, und entläſst bis zum völligen Erstarren aus seinem Inneren
                              									groſse Mengen Gas. Trotz dieser Unruhe ist das Bestreben zum Steigen und zur
                              									Porenbildung in der Regel nicht groſs, so daſs der wildeste Stahl ziemlich dichte
                              									Blöcke liefern kann. Folgende 6 Gasanalysen betreffen einen weichen basischen Stahl,
                              									bei welchem die Desoxydation und Rückkohlung durch Einwerfen von 2 Proc. 95
                              									procentigem Ferromangan bewerkstelligt wurde:
                           
                              
                                 Kohlenoxyd
                                   50,7
                                   55,8
                                   75,1
                                   57,7
                                   47,0
                                   75,4
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                     2,0
                                     4,6
                                     6,0
                                     4,8
                                     5,5
                                     6,2
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                   44,7
                                   39,3
                                   19,0
                                   30,5
                                   46,0
                                   17,6
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                     0
                                     0
                                     0
                                 –
                                     0,4
                                     0,3
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                     2,6
                                     0,6
                                     0,5
                                 –
                                     1,3
                                     0,5
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 –––––
                                 –––––
                                 –––––
                                 –––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 100,3
                                 100,6
                                 100,0
                                 100,2
                                 100,0.
                                 
                              
                           Beim Gieſsen von Fluſseisen und Schienenstahl wurde nun je eine Probe während des
                              									Gieſsens und nach dem Steifwerden des Metalles genommen. Die umgerechneten Analysen
                              									ergaben:
                           
                           
                              
                                 
                                 Fluſseisen
                                 Schienenstahl
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd
                                   77,9
                                   62,6
                                   81,7
                                  54,1
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                     5,7
                                   12,6
                                     8,2
                                  38,6
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                   14,7
                                   23,2
                                     9,5
                                    3,5
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                     1,7
                                     1,6
                                     0,6
                                    3,8
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 –––––
                                 –––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 100,0
                                 100,0
                                 100,0.
                                 
                              
                           Diese Versuche zeigen, daſs die ersten Gasproben, welche das Schäumen des basischen
                              									Stahles veranlassen, lediglich Kohlenoxyd sind, daſs aber während des Erstarrens
                              									Gase austreten, deren Zusammensetzung sich schon mehr dem sauren Stahle nähert. Die
                              									starke Gasentwickelung des basischen Stahles rührt somit vorwiegend von Kohlenoxyd
                              									her, wodurch er sich von Roheisen, Bessemer- und Martinstahl wesentlich
                              									unterscheidet. Dieses Kohlenoxyd entstammt einestheils dem Frischprozesse in der
                              									Birne, anderntheils der Reaction nach Zusatz von Spiegeleisen oder Ferromangan. Die
                              									zu Ende des Blasens genommenen Proben zeigen sich durchgehends ruhiger als der
                              									fertige Stahl; ihr Gasgehalt ist sehr schwankend. Oft ist das Metall ruhig und gibt
                              									ziemlich dichte Blöcke:, bald darauf beobachtet man wieder starkes Spratzen und
                              									Steigen. Eine Gesetzmäſsigkeit lieſs sich dabei noch nicht erkennen; nur so viel
                              									scheint festzustehen, daſs, wenn man das Ueberblasen nicht zu weit treibt, sondern
                              									noch etwa 0,15 Proc. Phosphor im Bade läſst, das Metall ohne Zusatz ruhig ist und
                              									wenig steigt. Nach Spiegelzusatz wird es allerdings wieder unruhig. Folgende
                              									Gasprobe I entstammt einem weniger Gas haltigen Bade, II und III sind zwei nach
                              									einander von dem nämlichen Blocke eines an Gas reicheren Metalles entnommene
                              									Proben:
                           
                              
                                 
                                 I
                                 II
                                 III
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd
                                   8,0
                                 19,3
                                 29,2
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                 71,7
                                 30,7
                                 32,0
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                 18,0
                                 41,7
                                 32,0
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                   2,0
                                   2,1
                                   3,4
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                   0,0
                                   5,8
                                   3,3
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 ––––
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 99,7
                                 99,6
                                  99,9.
                                 
                              
                           Somit ist die weitaus überwiegende Menge des aus dem fertigen Stahle oder Fluſseisen
                              									entweichenden Kohlenoxydes bei der Desoxydation in das Bad gelangt. Müller hält es aber damit nicht für erwiesen, daſs in
                              									der Guſsform eine Desoxydation vor sich geht. Er gibt zu, daſs namentlich beim
                              									kalten Einwerfen von Ferromangan die gehörige Mischung der Stoffe in der Birne noch
                              									nicht erfolgt, glaubt aber, daſs dies unbedingt in der Sammelpfanne geschehen müsse.
                              									Seiner Ansicht nach ist die Desoxydation in der Pfanne beendet. Dabei hat sich der
                              									Stahl mit Kohlenoxyd völlig gesättigt und dieses gelöste Kohlenoxyd entweicht
                              									nachher beim Gieſsen und Erkalten des Stahles. Schon in dem Augenblicke, wo der
                              									Stahl aus dem Guſsloche tritt, entweichen die gelösten Gase mit solcher Gewalt, daſs
                              									derselbe sich kelchförmig ausbreitet und sofort in kleine Tropfen zerstäubt. Das
                              									kleinste abspringende Theilchen sprüht und bläht sich; jeder Tropfen der gesammten
                              									Schmelze ist schon an und
                              									für sich mit Kohlenoxyd übersättigt und braucht sich nicht mit einem anderen zu
                              									vermengen, um Gas zu entwickeln. Danach würde man die gesammte Menge des
                              									entweichenden Kohlenoxydes als vorher gelöst anzusehen haben, zumal doch der Theil,
                              									welcher vor der Desoxydation vorhanden war, unbedingt in Lösung gewesen ist.
                           Bei einem Versuche wurden 5 Proc. Silicit und 2,5 Proc. Ferromangan geschmolzen in
                              									die Birne gebracht. Der Stahl war ruhig, stieg aber und zeigte sich wiegen starken
                              									Kaltbruches unbrauchbar. Der Phosphorgehalt war von 0,106 auf 0,515 Proc. gestiegen
                              									und es waren nur 0,011 Silicium verblieben. Die zu Anfang (I) und Ende (II) des
                              									Gieſsens aufgefangenen Gase enthielten:
                           
                              
                                 
                                 I
                                 II
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd
                                 58,3
                                 36,2
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                 17,0
                                 34,1
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                 19,9
                                 22,7
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                   1,9
                                   3,0
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                   1,8
                                   3,5
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 98,9
                                 99,5.
                                 
                              
                           Praktisch wichtig ist weniger die Beruhigung des Stahles als die Phosphorreduction
                              									durch Zusatz von geschmolzenem Siliciumeisen. Um die Phosphorreduction
                              									hintanzuhalten, wurden bei einer neuen Hitze 5 Proc. Silicit und 2 Proc. 70
                              									procentiges Ferromangan in festem Zustande, aber zur Rothglut vorgewärmt, in der
                              									Pfanne zugesetzt. Es zeigte sich keine Reaction; der Stahl war wiederum völlig
                              									ruhig, stieg aber gleichwohl und die Blöcke hatten eine Porenzone am Rande. Das
                              									Metall enthielt vor bezieh. nach dem Zusätze:
                           
                              
                                 Kohlenstoff
                                 0,002
                                 0,115 Proc.
                                 
                              
                                 Silicium
                                 0,002
                                 0,162
                                 
                              
                                 Mangan
                                 0,083
                                 0,944
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 0,078
                                 0,097
                                 
                              
                           Nach dem Zusätze hätten 0,14 Proc. Kohlenstoff, 0,53 Proc.
                              									Silicium und 1,25 Proc. Mangan vorhanden sein müssen. An der Reaction hatte sich
                              									also namentlich das Silicium betheiligt. In der Guſsform entwickelte der langsam
                              									steigende Stahl nur wenig Gas folgender Zusammensetzung (umgerechnet):
                           
                              
                                 Kohlenoxyd
                                 34,7
                                 30,8
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                 58,0
                                 65,8
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                 4,1
                                 1,9
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                 3,2
                                 1,5
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 100,0.
                                 
                              
                           Fr. Müller glaubt, daſs das Steigen des Stahles durch
                              									den Wasserstoff, das Schäumen und Spratzen aber wesentlich von absorbirtem
                              									Kohlenoxyde herrührt, welches in Blasen entweicht, sobald der flüssige Stahl auf die
                              									Temperatur des Erstarrungspunktes sinkt. Das basische Metall ohne jeden Zusatz
                              									enthält vorwiegend Wasserstoff und Stickstoff, daneben wenig, unzweifelhaft
                              									absorbirtes Kohlenoxyd; dem entsprechend ist es in der Form verhältniſsmäſsig ruhig,
                              									steigt aber. Durch Zusatz von Spiegeleisen oder Ferromangan tritt eine Kohlenoxyd bildende Reaction ein, der
                              									Stahl sättigt sich mit diesem Gase, schäumt deshalb in der Form und entläſst anfangs
                              									groſse Mengen Kohlenoxyd; sobald der Block fest wird und die Porenbildung vor sich
                              									geht, tritt neben dem Kohlenoxyde der Wasserstoff wieder hervor. Durch Silicitzusatz
                              									hingegen wird die Stahlbildung ohne Entbindung von Kohlenoxyd erreicht, der Stahl
                              									löst davon also nichts, ist ruhig, steigt gleichwohl und entläſst dabei vorwiegend
                              									Wasserstoff.
                           Brustlein bespricht in den Annales industrielles, 1883 S. 551 die von Fr.
                                 										Müller durch Anbohren des Stahles ausgeführten Gasanalysen. Um zu beweisen,
                              									daſs bei rascher Erstarrung die Gase in Form von Blasen eingeschlossen werden, lieſs
                              									er Stahl in ein durch Wasser gekühltes, cylindrisches, 150mm weites Kupfergefäſs einflieſsen. Der Stahl
                              									stieg sehr stark, der erhaltene Guſsblock glich einem Schwämme, während ein in
                              									gewöhnlicher Weise gegossener, also langsam erkalteter Block ziemlich dicht war. Brustlein nimmt an, Eisen und Stahl können sich mit
                              									nascirendem Wasserstoff verbinden; bei Roth wärme geht diese Verbindung wieder aus
                              									einander und bei hoher Temperatur, etwa dem Schmelzpunkte des Stahles, verbindet
                              									sich der Stahl abermals mit Wasserstoff.
                           Während Müller annimmt, daſs Silicium die Löslichkeit
                              									der Gase im Stahle erhöht, Pourcel dagegen, daſs es
                              									diese Löslichkeit fast ganz aufliebt, setzt Brustlein
                              									voraus, Silicium und Mangan wirken auch dadurch, daſs sie den Stahl für die Gase
                              									durchlässiger machen, so daſs diese während des Gieſsens durch die Poren dringen
                              									können, ohne sich zur Bildung von Blasen zu vereinigen.
                           Nach H. Wedding (Stahl und
                                 										Eisen, 1883 S. 200) ist es ebenso möglich, daſs Kohlenoxyd wie Wasserstoff
                              									die Blasenräume gebildet haben. Ist Wasserstoff der Blasenbilder, so muſs man ihn,
                              									wenigstens am Ende des Prozesses, fern halten, also mit trockener Luft arbeiten; ist
                              									Kohlenoxyd der Blasenbilder, so ist am Prozesse selbst nichts zu ändern; man muſs
                              									die Zersetzung durch Silicium herbeiführen, um so die Blasen zu zerstören, oder man
                              									muſs sich die letzteren gefallen lassen und sie zweckmäſsig vertheilen. Letzteres
                              									erscheint für die meisten praktischen Fälle als das beste. Ein Fluſseisen mit
                              									gleichmäſsig vertheilten Blasen walzt sich viel besser als ein dichtes und gibt mit
                              									viel gröſserer Sicherheit die gegenwärtig von den Eisenbahnen vorgeschriebenen
                              									Qualitätsziffern, als dies bei einem Ungewissen Ueberschusse von Silicium der Fall
                              									ist. Um mit Silicium ohne jede Gefahr arbeiten zu können, dazu gehört eben, wie Wedding meint, ein „Pourcel“.