| Titel: | Analyse eines Grubenwassers; von Dr. Alto Arche und Carl Hassack. | 
| Autor: | Alto Arche , Carl Hassack | 
| Fundstelle: | Band 251, Jahrgang 1884, S. 132 | 
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                        Analyse eines Grubenwassers; von Dr. Alto Arche und Carl Hassack.
                        Arche und Hassack's Analyse eines Grubenwassers.
                        
                     
                        
                           Ende Mai 1883 wurde uns von der Fürstlich
                                    											Schwarzenberg'schen Domäne Frauenberg in Böhmen ein Grubenwasser aus
                              									der Braunkohlengrube zu Wolleschnik zur Analyse eingesendet und ein Gutachten
                              									darüber gewünscht, ob dasselbe ohne Gefahr zur theilweisen Speisung von Fischteichen verwendet werden könne. Bei der Ausführung der
                              									Analyse ergaben sich so interessante Verhältnisse und erlitt das Wasser bei längerem
                              									Stehen so auffallende Veränderungen, daſs die Resultate dieser Untersuchung wohl ein
                              									allgemeines Interesse haben dürften.
                           Das Wasser erschien durch eine ziemlich bedeutende Menge suspendirter Theilchen fast
                              									braunschwarz gefärbt; nach längerem Stehen setzten sich dieselben jedoch vollständig
                              									zu Boden. Bei der Filtration einer Durchschnittsprobe ergab sich, daſs in 100000 Th.
                              									des Wassers 55,8 Th. suspendirter Stoffe vorhanden waren, von denen sich 24,4 Th.
                              									als glühbeständig erwiesen, daher der Rest von 31,4 Th. als organische Substanz
                              									(hauptsächlich Kohle) anzusehen ist. Der glühbeständige Rückstand der suspendirten
                              									Theile setzte sich aus Kieselsäure, Thonerde, Eisenoxyd, Kalk, Magnesia sowie
                              									Kalium- und Natriumsilicaten zusammen, wurde jedoch nur qualitativ analysirt.
                           
                           Das filtrirte Wasser erschien lichtgelb gefärbt und war von fadem süſslichem
                              									Gesehmacke; die qualitative Untersuchung ergab: Schwefelsäure, Chlor, Kieselsäure,
                              									Kohlensäure, Kali, Natron, Eisenoxyd, Thonerde, Kalk und Magnesia, organische
                              									Substanzen; ferner in äuſserst geringen Spuren Ammoniak, Salpetersäure und
                              									Phosphorsäure, welche erst in auf etwa 100cc
                              									eingeengten 5l der Probe nachweisbar waren,
                              									weshalb die quantitative Bestimmung dieser 3 Stoffe unterlassen wurde. Dagegen war
                              									das Wasser völlig frei von schweren Metallen, Schwefelwasserstoff und salpetriger
                              									Säure. Zur Prüfung auf schwere Metalle wurden 5l
                              									mit Salzsäure bis auf einen kleinen Rest eingedampft und Schwefelwasserstoff
                              									eingeleitet; dabei entstand wohl ein gelblicher, in Schwefelammonium löslicher
                              									Niederschlag, welcher bei der Untersuchung jedoch als nur von organischer Substanz
                              									und etwas Schwefel herrührend erkannt wurde.
                           Die mehrmals nach den gebräuchlichen Methoden vorgenommenen Bestimmungen der
                              									einzelnen Substanzen ergaben folgende Mittelwerthe für 100000 Th. des Wassers:
                           
                              
                                 
                                 Fester Rückstand
                                 20,51 Th.
                                 
                              
                                 
                                 Davon glühbeständig
                                 16,80
                                 
                              
                                 
                                 Schwefelsäure
                                   1,85
                                 
                              
                                 
                                 Chlor
                                   1,24
                                 
                              
                                 
                                 Kaliumchlorid
                                   1,22
                                 
                              
                                 
                                 Natriumchlorid
                                   3,80
                                 
                              
                                 
                                 Freie und halbgebundene Kohlensäure
                                   4,65
                                 
                              
                                 
                                 Kieselsäure
                                   3,02
                                 
                              
                                 
                                 Eisenoxyd und Thonerde
                                   0,66
                                 
                              
                                 
                                 Kalk
                                   4,00
                                 
                              
                                 
                                 Magnesia
                                   1,36
                                 
                              
                                 
                                 Sauerstoff zur Oxydation der organischen Substanz
                                   0,93
                                 
                              
                                 Die
                                 Härte wurde (in deutschen Graden ausgedrückt) bestimmt zu:
                                 
                              
                                 
                                 Gesammthärte
                                   4,57°
                                 
                              
                                 
                                 Bleibende Härte
                                   1,78
                                 
                              
                                 
                                 Temporäre Härte
                                   2,79
                                 
                              
                           Aus den Befunden der Analyse berechnet sich die Zusammensetzung und Menge der in dem
                              									Wasser enthaltenen Verbindungen für 100000 Th. folgendermaſsen:
                           
                              
                                 Chlorkalium
                                 1,22
                                 Th.
                                 
                              
                                 Chlornatrium
                                 1,09
                                 
                                 
                              
                                 Schwefelsaures Natrium                      
                                 2,13
                                 
                                 
                              
                                 Schwefelsaures Calcium
                                 1,10
                                 
                                 
                              
                                 Kohlensaures Calcium
                                 6,33
                                 
                                 
                              
                                 Kohlensaures Magnesium
                                 2,85
                                 
                                 
                              
                                 Eisenoxyd und Thonerde
                                 1,76
                                 
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 3,02
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 Summe
                                 19,50
                                 
                                 
                              
                           In Anbetracht der Kohlensäure und der organischen Substanz stimmt die Summe des
                              									berechneten Gesammtrückstandes mit der durch die Analyse gefundenen ganz gut überein
                              									(Differenz 0,03 Proc). – Aus der temporären Härte ergibt sich, daſs 2,14 Th.
                              									Kohlensäure (von den im Ganzen vorhandenen 4,65 Th.) als halbgebunden, die übrigen 2,51 Th. als frei im
                              									Wasser anzunehmen sind.
                           Wie aus der Analyse ersichtlich, ist die Menge der organischen Substanz im
                              									Verhältnisse zu dem geringen Gehalte an gelösten Substanzen überhaupt eine sehr
                              									bedeutende, da die zur Bestimmung derselben angewendete Schulzesche Methode 0,93 Th. Sauerstoff als zur Oxydation der in 100000
                              									Th. enthaltenen organischen Stoffe nöthig ergab. Dies veranlaſste einige
                              									Schwierigkeiten bei der Bestimmung der einzelnen Stoffe und hatte auſserdem zur
                              									Folge, daſs das filtrirte Wasser bei längerem Stehen, namentlich wenn der
                              									Luftzutritt nicht gehindert war, eine Aenderung in seiner Zusammensetzung erlitt. In
                              									Bezug auf den ersten Einfluſs der organischen Substanz muſsten wir z.B. der
                              									Bestimmung des Chlores eine Zerstörung jener vorhergehen lassen, damit dieselbe
                              									nicht Silbernitrat reduciren und einen Fehler verursachen konnte; wir erreichten
                              									dies, indem wir eine entsprechende Probe des Wassers mit übermangansaurem Kalium
                              									eindampften und hierauf in der sehr eingeengten Flüssigkeit den Ueberschuſs des
                              									Oxydationsmittels mit Oxalsäure zerstörten; erst nach Zusatz von Salpetersäure wurde
                              									mit Silbernitrat gefällt und das Chlor bestimmt. Was zweitens die Veränderungen in
                              									der Zusammensetzung betrifft, deren Ursache die bedeutende Menge der organischen
                              									Substanzen war, so beobachteten wir, daſs in dem filtrirten Wasser bei längerem
                              									Stehen an der Luft sich Flocken abschieden, welche aus organischen Stoffen,
                              									Eisenoxyd und Thonerde, sowie etwas kohlensaurem Kalk bestanden; dem entsprechend
                              									ergaben die zu verschiedenen Zeiten ausgeführten Bestimmungen dieser Stoffe
                              									abweichende Resultate. So betrug die Menge der freien und halb gebundenen
                              									Kohlensäure am 18. Juni 4,65 Th., am 4. Juli 3,38 Th.; diese Abnahme bedingte die
                              									Ausscheidung des kohlensauren Kalkes. Noch auffallender war die Abnahme im Gehalte
                              									an Eisenoxyd und Thonerde, sowie an organischer Substanz; es ergaben sich in der
                              									Beziehung folgende Resultate:
                           
                              
                                 Am
                                 1.18.4.
                                 Juni„Juli
                                             
                                 1,760,660,22
                                 Th.
                                 EisenoxydundThonerde
                                 
                              
                                 
                                 9.12.18.5.
                                 Juni„„Juli
                                 
                                 0,930,780,630,27
                                 Th.
                                 Sauerstoff zurOxydation
                                    											derorganischenSubstanzen.
                                 
                              
                           Es ist somit anzunehmen, daſs der Sauerstoff der Luft die gelösten organischen
                              									Substanzen allmählich oxydirt und so eine theilweise Abscheidung derselben
                              									verursacht, was wahrscheinlich auf die gelösten Eisen- und Thonerde Verbindungen in
                              									der Weise einwirkt, daſs diese, in unlösliche Form übergehend, sich mit den
                              									organischen Substanzen ausscheiden.
                           Unser Gutachten über die Verwendbarkeit des untersuchten Wassers zur theilweisen Speisung von
                              									Fischteichen bezeichnete dasselbe als nicht tauglich für diesen Zweck, obgleich das
                              									Wasser geringe Härte besitzt und frei von schädlichen Stoffen ist; die groſse Menge
                              									der organischen Substanz ist in diesem Falle von Bedeutung, als sie den in dem
                              									Wasser vorhandenen absorbirten Sauerstoff wegnimmt und daher die darin lebenden
                              									Thiere an diesem wichtigsten Lebensbedürfniſs Mangel leiden würden.
                           Laboratorium für Allgemeine Chemie an der k. k.
                                 										technischen Hochschule in Wien, December 1883.