| Titel: | Kaltfärben von Anilinschwarz auf Baumwollstrang. | 
| Autor: | S. | 
| Fundstelle: | Band 251, Jahrgang 1884, S. 425 | 
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                        Kaltfärben von Anilinschwarz auf
                           								Baumwollstrang.
                        Mit Abbildung.
                        Renard's Kaltfärben von Anilinschwarz auf
                           								Baumwollstrang.
                        
                     
                        
                           A.
                                    											RenardVgl. A. Renard: Traité des matières colorantes, du
                                             														blanchiment et de la teinture du coton. (Paris
                                       												1883. J. Baudry.)
                              									beschreibt eingehend ein Verfahren zur Entwickelung von Anilinschwarz auf der
                              									Baumwollfaser ohne Zuzug der Wärme. Gewöhnlich wird die Anilinschwarz-Strangfärberei
                              									in der Weise ausgeführt, daſs man die Stränge zuerst in das Bad der nöthigen Stoffe
                              									Anilin, Salzsäure, Schwefelsäure und Kaliumbichromat bei gewöhnlicher Temperatur
                              									einführt, herumzieht und, wenn die Farbe sich zu entwickeln beginnt, auf 50 bis 60° (und höher)
                              									erwärmt. Auf 50k Baumwolle nimmt man
                              									beispielsweise 800l Wasser, 5k Anilinöl, 20k
                              									Salzsäure von 21° B. und 7k doppelt chromsaures
                              									Kalium. Die Arbeit nimmt zwischen 1 bis 3 Stunden in Anspruch und wird um so
                              									schneller beendigt sein, je concentrirter und säurereicher das Bad ist. Unnöthig ist
                              									darauf hinzuweisen, daſs obige Bedingungen und Verhältnisse der Abänderung fähig
                              									sind und sozusagen von einem Geschäfte zum anderen wechseln.
                           Das in Frage stehende Verfahren in der Kälte wird nach
                              										Renard, dank den vielfachen Vortheilen, welche es
                              									bietet, das alte Verfahren in der Wärme bald verdrängt
                              									haben. Bis jetzt ist es noch wenig bekannt und ist die Zahl der Färbereien, in
                              									welche es sich eingebürgert hat, noch eine beschränkte.
                           Die anzuwendenden Chemikalien sind dieselben wie beim gewöhnlichen Verfahren;
                              									hingegen wird bei ihrem gegenseitigen Mengenverhältnisse eine bedeutende Aenderung
                              									nöthig. Renard und Henry
                              									empfehlen als die günstigsten Verhältnisse die folgenden. Auf 100k Baumwolle:
                           
                              
                                 Salzsäure, 21° B.
                                 16 bis 20k
                                 
                              
                                 Schwefelsäure 66° B.
                                 20
                                 
                              
                                 Anilinöl
                                 8 bis 10
                                 
                              
                                 Kaliumbichromat
                                 14 bis 20
                                 
                              
                                 Eisenvitriol
                                 10
                                 
                              
                           Die angewendete Wassermenge ist eine ungleich geringere wie
                              									beim alten Verfahren, da ja die Reaction in einem verhältniſsmäſsig beschränkten
                              									Zeiträume und ohne Unterstützung durch die Wärme vor sich gehen muſs; aus diesem
                              									Grunde ist auch die Form der Färbekufen eine besondere. Die letzteren, von Tulpin in Rouen construirt, sind 2m lang und bestehen, wie die Textfigur zeigt, aus
                              									zwei Abtheilungen von paraboïdaler Form, welche derartig ausgeführt sind, daſs sie
                              									die kleinst mögliche Flüssigkeitsmenge aufnehmen können, ohne, dank ihrer Tiefe, der
                              									leichten Bewegung der Stränge hinderlich zu sein. Zu diesem Behufe ist über jeder
                              									Abtheilung eine viereckige Spule angebracht, deren jede 5k Baumwolle aufnehmen kann. Gewöhnlich werden
                              									mehrere solcher Kufen, eine an die andere anstoſsend, aufgestellt, so daſs alle
                              									Spulen auf einmal durch eine Kette ohne Ende in Drehung versetzt werden können.
                              									Ueber jeder Kufe befindet sich ein Halter, dazu bestimmt, die Spulen nach beendeter
                              									Färbung in Empfang zu nehmen. Damit sich während der Arbeit die Fäden nicht in
                              									einander verwirren, werden die Spulen abwechselnd in einem und anderem Sinne
                              									gedreht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 251, S. 426
                              
                           Diese Einrichtung gestattet eine bedeutende Ersparniſs an Handarbeit, verhindert die
                              									unmittelbare Berührung der Hände der Arbeiter mit der Chromsäure haltigen
                              									Flüssigkeit und bringt in Folge der regelmäſsigen Bewegung, welche den Strängen
                              									ertheilt wird, eine gleichmäſsige Oxydation hervor.
                           Von der nöthig werdenden Aenderung der quantitativen Verhältnisse der Droguen wird
                              									das Anilin allein nicht berührt; seine Menge hängt wie immer von der Schönheit und
                              									Solidität ab, welche man dem Schwarz zu ertheilen wünscht. Anstatt als Säure
                              									Salzsäure allein anzuwenden, welche beim Verfahren in der Wärme sehr gute Resultate
                              									liefern mag, ist es hier gerathen, gleichzeitig eine gewisse Menge Schwefelsäure
                              									einzuführen. In Bezug auf den hervorgebrachten Ton ist das Gemenge der beiden Säuren
                              									ebenfalls vorzuziehen. In der That gibt Salzsäure allein bläuliches, Schwefelsäure allein röthliches
                              									Schwarz, während die beiden Säuren vereinigt eine dem absoluten Schwarz sich am
                              									meisten nähernde Färbung erzeugen (was schon J. Persoz
                              									angegeben). Die Menge des Kaliumbichromates muſs vermehrt werden, da die Einwirkung
                              									der Chromsäure in der Kälte schwächer ist wie bei 50 bis 60°, der beim gewöhnlichen
                              									Verfahren inne gehaltenen Temperatur. Die Anwesenheit des Eisenvitriols ist nicht
                              									unbedingt nothwendig; doch wird die Solidität des Schwarz hierdurch erhöht und steht
                              									diese Thatsache übrigens im Einklänge mit den Beobachtungen von Gebrüder Köchlin, welche die Anwendung dieses Salzes
                              									gerathen haben, um Anilinschwarz unvergrünbar zu machen.Renard vergiſst, daſs die Eisenverbindung nur
                                    											bei höherer Temperatur in diesem letzteren
                                    											Sinne wirkt, bei 75 bis 80°.
                              								
                           Bei der Ausführung mischt man das Anilin mit der wenigstens mit ihrem Volumen Wasser
                              									verdünnten Salzsäure, um Auskrystallisiren des Anilinsalzes zu verhüten; dann fügt
                              									man die ebenfalls verdünnte Schwefelsäure zu und endlich den zuvor aufgelösten
                              									Eisenvitriol. Andererseits löst man das Chromat in einer genügenden Menge Wasser
                              									auf. Man bringt die Stränge im abgekochten, gewaschenen und ausgerungenen Zustande
                              									auf die Stäbe, dann, nachdem man die nöthige Menge Wasser in die Kufe gegeben, fügt
                              									man ungefähr die Hälfte der erwähnten Lösungen zu und führt die Stränge in die
                              									Flotte ein, indem man sie darin ungefähr 1 bis 1½ Stunden drehen läſst. Hierauf
                              									zieht man die Waare, welche schon eine schwarze Färbung angenommen hat, heraus, gibt
                              									die andere Hälfte der Lösungen zu und fährt mit dem Färben fort bis zur Erhaltung
                              									des gewünschten Tones, z.B. noch 1 bis ½ Stunden. Die Dauer der ganzen Behandlung
                              									beträgt demnach ungefähr 2½ Stunden. Bei ihrem Eintritte ins Bad nehmen die Stränge
                              									eine grünliche Färbung an, dann werden sie dunkelgrün, blau und endlich schwarz. Das
                              									Bad befolgt einen ähnlichen Gang; im Anfange ist es grün, dann wird es je länger, je
                              									dunkler und ist trübe, wenn die Färbung beendigt ist. Unterdessen entwickelt sich
                              									ein stechender Geruch, dem Ameisenaldehyd ähnlich (vielmehr Chinongeruch S.). Man wäscht die gefärbte Waare und seift kochend
                              									mit 5g Seife in 1l unter Zugabe von ungefähr 2 Proc. kohlensaurem Natron. Die Seife allein gäbe in der That
                              									ein violettes oder röthliches Schwarz; Natriumcarbonat zieht die Färbung ins
                              									Bläuliche, macht aber die Baumwolle hart; deshalb wendet man am besten ein Gemenge
                              									beider an, wobei Blaustich des Schwarz und Weichheit der Faser erzielt werden. Man
                              									könnte zwar ebenfalls ein Bad von mit kohlensaurem Alkali emulsionirtem Tournantöl
                              									anwenden, aber dasselbe ertheilt der Baumwolle einen unangenehmen Geruch.
                           Die so erhaltenen Schwarz sind im Allgemeinen von genügender Echtheit für alle
                              									Anwendungen, unveränderlich an der Luft und vergrünen nicht merklich, selbst unter
                              									dem Einflüsse von verdünnten Lösungen von Schwefligsäure. Wollte man durchaus
                              									unvergrünbare Anilinschwarz haben, so müſste man auf sie das Verfahren der
                              										„Ueberoxydation“ nach Gebrüder Köchlin
                              									anwenden.
                           Die bläulichen und bronzefarbenen Schwarz können auf ähnliche Weise wie die beschriebenen
                              									hervorgebracht werden; nur verringert man die Mengen der Droguen und verkürzt die
                              									Dauer des Färbens. Die gewaschene und getrocknete, nicht geseifte Baumwolle zeigt
                              									dann eine röthlich braune Färbung, welche man mit „Bronze“ bezeichnet; durch
                              									Einwirkung der Alkalien schlägt sie in Blau um und vergrünt sehr leicht unter dem
                              									Einflüsse der Säuren. Seift man hingegen kochend nach dem Waschen, so nimmt die
                              									Waare eine violette Färbung an, welche man durch Zusatz von kohlensaurem Natron
                              									leicht in reines Blau ziehen kann.
                           
                              
                                 S.