| Titel: | Ueber das sogen. Verbrennen von Eisen und Stahl. | 
| Fundstelle: | Band 251, Jahrgang 1884, S. 507 | 
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                        Ueber das sogen. Verbrennen von Eisen und
                           								Stahl.
                        Ledebur, über das sogen. Verbrennen von Eisen und
                           								Stahl.
                        
                     
                        
                           Verbrannt in der wirklichen Bedeutung des Wortes ist nach A.
                                 										Ledebur (Stahl und Eisen, 1883 S. 502) jedenfalls solches Eisen, welches
                              									längere Zeit hindurch der Einwirkung glühender Verbrennungsgase ausgesetzt wurde.
                              									Eine guſseiserne Ofenplatte, welche mehrere Jahre hindurch der Stichflamme des mit
                              									Steinkohlen unterhaltenen Ofenfeuers ausgesetzt gewesen war, besaſs folgende
                              									Zusammensetzung:
                           
                              
                                 Graphit
                                     0,960
                                 
                              
                                 Gebundener Kohlenstoff
                                     0
                                 
                              
                                 Eisen
                                   68,386
                                 
                              
                                 Schwefel
                                     0,079
                                 
                              
                                 Arsen
                                     0,056
                                 
                              
                                 Phosphor
                                     0,269
                                 
                              
                                 Kupfer, Nickel
                                     0,125
                                 
                              
                                 Sauerstoff in Verbind, mit Eisen, Schwefel, Arsen,    
                                    											Phosphor, Kupfer, Nickel
                                   27,804
                                 
                              
                                 Manganoxydul
                                     0,030
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                     2,328
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,037.
                                 
                              
                           Schweiſseisen, welches bis zum Schmelzen oder bis nahe zum Schmelzen erhitzt und
                              									dann, ohne geschmiedet zu werden, langsam abgekühlt wurde, wird ebenfalls
                              									verbranntes Eisen genannt. Es ist roth- und kaltbrüchig geworden, besitzt eine
                              									grobkrystallinische Structur mit stark glänzenden Absonderungsflächen. Der
                              									Sauerstoffgehalt dieses Eisens ist nicht erst beim Erhitzen von auſsen her
                              									aufgenommen worden, sondern er befand sich schon vorher als Bestandtheil der
                              									mechanisch eingemengten Schlacke darin. Erhitzt man das schlackenhaltige Eisen zum
                              									beginnenden Schmelzen, so reducirt das metallische Eisen das Eisenoxyd der Schlacke zu Eisenoxydul,
                              									löst dieses auf und verändert dadurch seine Eigenschaften.
                           Ein Stück geschmolzenes Schweiſseisen, welches von der Sohle eines Gasschweiſsofens
                              									in Riesa losgebrochen war und alle Merkmale stark verbrannten Eisens zeigte, besaſs
                              									folgende Zusammensetzung:
                           
                              
                                 Kohlenstoff
                                 0,052 Proc.
                                 
                              
                                 Silicium
                                 0
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 0,223
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 Spur
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                 0,177
                                 
                              
                                 Mangan
                                 0
                                 
                              
                                 Kupfer
                                 0,450
                                 
                              
                                 Kobalt, Nickel
                                 0,157
                                 
                              
                           Bei der lange andauernden Erhitzung, welcher das untersuchte Eisen unterworfen worden
                              									war, läſst sich mit Wahrscheinlichkeit annehmen, daſs der gefundene Sauerstoffgehalt
                              									vollständig in gebundener Form und nicht mehr als Bestandtheil mechanisch
                              									eingemengter Schlacke zugegen war; es scheint, daſs diese 0,177 Proc. Sauerstoff den
                              									höchsten Sauerstoffgehalt bilden, welchen das betreffende Eisen seiner sonstigen
                              									Zusammensetzung gemäſs in Lösung aufzunehmen vermochte, und daſs der Ueberschuſs der
                              									vorher eingemengten Eisenoxyde beim Schmelzen abgeschieden und von der
                              									Schweisofenschlacke aufgenommen worden sei.
                           Drei Proben fertig geblasenen Thomaseisens, vor dem Zusätze des Mangans der Birne
                              									entnommen, enthielten:
                           
                              
                                 
                                 I
                                 II
                                 III
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 0,037
                                 0,123
                                 0,050
                                 
                              
                                 Silicium
                                 0,001
                                 0
                                 0
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 0,038
                                 0,077
                                 0,085
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 0,059
                                 0,093
                                 0,057
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                 0,244
                                 0,187
                                 0,171
                                 
                              
                                 Mangan
                                 0
                                 Spur
                                 0
                                 
                              
                                 Kupfer
                                 0,046
                                 0,095
                                 0,061
                                 
                              
                                 Kobalt, Nickel
                                 0,064
                                 0,140
                                 0,110
                                 
                              
                           Die 1. Probe mit dem geringsten Gehalte an Kohlenstoff und Phosphor ist deshalb am
                              									reichsten an Sauerstoff und es ist hiernach anzunehmen, daſs der Sauerstoffgehalt,
                              									welchen reines Eisen in Lösung aufzunehmen vermag, auch kaum erheblich über 0,25
                              									Proc. hinausgehen wird. Die drei Eisenproben zeigten körniges Gefüge von
                              									gleichmäſsiger Korngröſse, waren erheblich feinkörniger als das verbrannte
                              									Schweiſseisen und ohne den eigenthümlich starken Glanz desselben.
                           Mit dem Probestücke Nr. 1, als dem an Sauerstoff reichsten, wurden einige
                              									Schmiedeversuche angestellt. Das Eisen zeigte sich stark rothbrüchig, lieſs sich
                              									aber in Weiſsglut ohne jede Schwierigkeit schmieden und mit Leichtigkeit schweiſsen.
                              									Ein aus dem Eisen geschmiedeter Stab von 6mm
                              									Stärke wurde in Wasser abgelöscht und dann kalt im Schraubstocke zu einer Schleife
                              									von 3mm Radius zusammengebogen, ohne daſs
                              									Kantenrisse entstanden. Auch die geschweiſste Stelle ertrug starke Biegungen, ohne
                              									zu reiſsen. Es ergibt sich hieraus, daſs ein Sauerstoffgehalt des Eisens unmittelbar
                              									weder der Schweiſsbarkeit, noch der Dehnbarkeit in der Kälte erheblich nachtheilig
                              									ist, auf die Schmiedbarkeit dagegen ähnlich wie Schwefel einwirkt. Fernerhin aber
                              									läſst sich der Schluſs siehen, daſs jene Kaltbrüchigkeit, welche verbranntes Schweißeisen zeigt nicht unmittelbar durch den
                              									Sauerstoffgehalt hervorgerufen ist.
                           Wie beim an Kohlenstoff armen Schmiedeisen wird auch beim Stahle durch allzu starke
                              									oder allzu lange ausgedehnte Erhitzung eine Aenderung der Eigenschaften
                              									herbeigeführt und zwar tritt diese durchschnittlich in um so niedrigerer Temperatur
                              									ein, je reicher an Kohlenstoff der Stahl ist, ein Umstand, der jedenfalls mit der
                              									Erniedrigung der Schmelztemperatur durch den Kohlenstoffgehalt in nahem Zusamenhange
                              									steht. Je härter der Stahl ist, mit desto gröſserer Vorsicht muſs er deshalb im
                              									Feuer behandelt werden.
                           Zunächst zeigt sich, wenn der Stahl kurze Zeit hindurch zu stark erhitzt wurde, eine Aenderung seines
                              									Gefüges. Dasselbe wird grobkörniger und als eine Folge dieser geänderten
                              									Beschaffenheit stellt sich einegröſsere Sprödigkeit – Kaltbruch – des Stahles ein
                              									(überhitzter Stahl). Schmiedet man den Stahl vorsichtig, oder härtet man ihn,
                              									wodurch eine Umwandlung des grobkristallinischen Gefüges in ein feinkörnigeres
                              									bewirkt wird, so erhält er seine früheren guten Eigenschaften ganz oder doch zum
                              									gröſsten Theile wieder. Bei stärkerer Erhitzung tritt ein lebhaftes Funkensprühen
                              									ein und diesen Stahl pflegt man dann ganz allgemein als „verbrannt“ zu
                              									bezeichnen. Die Abnahme der Elasticität und Festigkeit ist beträchtlicher als bei
                              									jenem weniger stark überhitzten Stahle; an der Oberfläche zeigen sich harte
                              									Knötchen, welche der Schmied als Hartkörner bezeichnet; die Regeneration des Stahles
                              									durch Schmieden oder Härten ist schwieriger und führt selten zu einem befriedigenden
                              									Ergebnisse. Nach den Beobachtungen praktischer Stahlhüttenleute verbrennt
                              									durchschnittlich Fluſsstahl leichter als Schweiſsstahl.
                           Durch Hüttendirektor Reiser in Kapfenberg erhielt der
                              									Verfasser eine Reihe von Stahlproben, theils Schweiſsstahl, theils Fluſsstahl, den
                              									wichtigeren Prozessen der Stahldarstellung entstammend. Die Proben bestanden aus
                              									Stäben, theils Quadrat-, theils Fachstäben, von etwa 40cm Länge; das eine Ende jedes Stabes war zum Zwecke des
                              										„Verbrennens“ in ein lebhaftes Holzkohlenfeuer bis zur beginnenden
                              									Schmelzung eingehalten. Die erforderliche Zeit hierfür war etwa 4 Minuten und beim
                              									Herausnehmen aus dem Feuer zeigten sämmtliche Proben das für das „Verbrennen“
                              									charakteristische Funkenwerfen. Von beiden Enden eines jeden Stabes entnommene
                              									Proben hatten folgende Zusammensetzung:
                           
                              
                                 
                                 Kohlen-stoff
                                 Silicium
                                 Phos-phor
                                 Schwefel
                                 Sauer-stoff
                                 Mangan
                                 KupferKobaltNickel
                                 
                              
                                 Herdfrisch-    stahl F
                                 gesundverbrannt
                                 0,8070,726
                                 0,0230,026
                                 0,0100,024
                                 0,0030,007
                                 0,0580,039
                                 0,1010,098
                                 0,0450,028
                                 
                              
                                 Puddelrohstahl
                                 gesundverbrannt
                                 0,8320,868
                                 0,1130,081
                                 0,0310,023
                                 0,0070,004
                                 0,0600,054
                                 0,1870,126
                                 0,0450,026
                                 
                              
                                 Gärbstahl
                                 gesundverbrannt
                                 0,8270,723
                                 0,0330,033
                                 0,027Spur
                                 0,0040,005
                                 0,0370,043
                                 0,0100,010
                                 0,0530,053
                                 
                              
                                 Bessemerstahl
                                 gesundverbrannt
                                 0,6730,681
                                 0,2070,209
                                 0,0660,070
                                 0,0100,015
                                 0,0070,024
                                 0,4780,473
                                 0,0450,084
                                 
                              
                                 Tiegelguſsstahl
                                 gesundverbrannt
                                 0,9170,916
                                 0,0980,093
                                 0,0250,025
                                 0,0050,008
                                 0,0450,063
                                 0,1250,150
                                 0,1370,136
                                 
                              
                           Man wird hieraus schlieſsen dürfen, daſs in einem an Mangan und Silicium armen Stahle
                              									Kohlenstoff verbrennt und der Stahl dadurch natürlicherweise an Härte, Festigkeit
                              									und Elasticität verliert. Enthält aber der Stahl Mangan und Silicium in
                              									einigermaſsen erheblichen Mengen, wie es in den meisten Fluſsstahlsorten der Fall zu
                              									sein pflegt, so wird Kohlenstoff zunächst nicht verbrannt, wahrscheinlich aber
                              									oxydirt, obgleich eine bestimmte Ermittelung darüber nicht vorliegt. Auch bei der
                              									Darstellung des sogen, schmiedbaren Guſseisens durch Glühen des Roheisens mit
                              									Eisenoxyden gelingt die Entkohlung nicht, wenn das Eisen Mangan haltig ist. Durch
                              									die Oxydation des Siliciums und Mangans aber müssen wesentliche Aenderungen in den
                              									Eigenschaften des Stahles hervorgerufen werden. Vor dem Verbrennen war eine
                              									gleichartige Legirung vorhanden; indem Oxydation einiger Bestandtheile dieser
                              									Legirung eintritt, wird dieselbe zum Zerfallen gebracht und die Oxyde bleiben in
                              									feiner Vertheilung im Eisen zurück. Der umstand jedoch, daſs der Fluſsstahl reicher
                              									an Mangan bezieh. auch an Silicium zu sein pflegt als der Schweiſsstahl, das
                              									Verbrennen des Mangans und Siliciums aber wegen jenes Zurückbleibens der Oxyde in
                              									dem Eisen noch nachtheiliger als das Verbrennen des Kohlenstoffes die Beschaffenheit
                              									des Stahles beeinfluſst, dürfte die Erklärung für die Beobachtung liefern, daſs
                              									Fluſsstahl empfindlicher gegen das Verbrennen zu sein pflegt als Schweiſsstahl. Eine
                              									Regeneration eines solchen mit Oxyden durchsetzten Stahles wird nicht anders als
                              									durch Einschmelzen mit entsprechend gewählten Zuschlägen und erneute Bearbeitung zu
                              									erreichen sein; es erfolgt dann ebenem ganz neuer Stahl. Eisen dagegen wird, so
                              									lange Kohlenstoff,
                              									Silicium oder Mangan anwesend sind, nicht in solchen Mengen oxydirt, daſs davon eine
                              									Beeinfluſsung der Eigenschaften des Stahles zu erwarten wäre.
                           Neben chemischen Aenderungen in der Zusammensetzung des Stahles beim Verbrennen
                              									machen unleugbar auch jene aus dem Krystallisationsbestreben hervorgegangenen
                              									Aenderungen des Gefüges ihren Einfluſs geltend. Je niederiger der Schmelzpunkt des
                              									Stahles liegt, je reicher an Kohlenstoff er also ist, desto früher werden diese
                              									Aenderungen eintreten. Dem unbewaffneten Auge verrathen sich dieselben durch die
                              									grobkörnigere Beschaffenheit der Bruch-flache; mit der Lupe erkennt man mitunter
                              									gröſsere glänzende Krystallflächen. Diese aus der Aenderung des Gefüges
                              									hervorgegangene Verschlechterung des Stahles würde sich, wie beim Schmiedeisen,
                              									durch vorsichtige Bearbeitung wieder beseitigen lassen.
                           Aehnliche Vorgänge wie beim eigentlichen Verbrennen, d.h. einer zu starken Erhitzung,
                              									zeigen sich, wenn der Stahl zu anhaltend auf eine übrigens normale Temperatur
                              									erhitzt wurde. Auch hier findet Oxydation der Bestandtheile in der Reihenfolge
                              									statt, wie sie durch die Oxydirbarkeit derselben gegeben ist. Drei Stahlproben,
                              									welche eine Stunde hindurch der Einwirkung von Holzkohlenfeuer in Kirschrothglut
                              									ausgesetzt waren, zeigten folgende Procentgehalte:
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 Kohlenstoff
                                 
                              
                                 
                                 Mangan
                                 Silicium
                                 Gesund
                                 Abgestanden
                                 
                              
                                 Herdfrischstahl FF
                                  0,05 Proc.
                                  0,016 Proc.
                                  1,141 Proc.
                                 1,000 Proc.
                                 
                              
                                 Cementstahl
                                   0,23
                                   0,070
                                   0,891
                                    0,686
                                 
                              
                                 Martinstahl
                                   0,50
                                   0,020
                                   0,568
                                    0,504