| Titel: | Ueber den Hoff'schen Multiplikator; von Arnulf Nawratil. | 
| Autor: | Arnulf Nawratil | 
| Fundstelle: | Band 251, Jahrgang 1884, S. 540 | 
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                        Ueber den Hoff'schen Multiplikator; von Arnulf Nawratil.
                        Nawratil, über den Hoff'schen Multiplikator.
                        
                     
                        
                           In der polnischen Zeitung für die galizische Erdölindustrie „Górnik“ 1883 Nr. 13 veröffentlichte B.
                                 										Hoff einen Aufsatz über einen von ihm erfundenen Apparat, genannt Multiplikator, zur Destillation von Erdölen. Hierüber
                              									habe ich eine Kritik in der gleichen Zeitschrift des Inhaltes veröffentlicht, daſs
                              									der Hoff'sche Apparat für die Destillation der Erdöle
                              									nicht praktisch und die Versicherung Hoff's, daſs
                              									mittels dieses Apparates bei der Destillation von Rohölen 95 Proc. Leuchtöle
                              									gewonnen werden können, vollkommen unrichtig sei. Nachdem nun aber dieser Hoff'sche Apparat auch in diesem Journale (1883 250 * 410) aufgenommen und, ungeachtet meiner gegen
                              									denselben veröffentlichten Kritik, behauptet wurde, daſs mit demselben eine weit
                              									gröſsere Menge Leuchtöl aus rohem Oele abdestillirt werden kann, als es bis jetzt
                              									mit den in Anwendung stehenden Apparaten möglich war, so finde ich mich veranlaſst,
                              									gegen diese Behauptung auch vor dem deutschen Fachpublikum aufzutreten und meine in
                              									polnischer Sprache veröffentlichte Kritik in kurzer deutscher Bearbeitung
                              									wiederzugeben.
                           Es ist eine altbekannte Sache, daſs man bei der trockenen
                              									Destillation der schweren Oele bedeutend leichtere Destillate erhält als das der
                              									Destillation unterworfene Product; dies ist also nicht ein Resultat der eigenen
                              									Beobachtungen Hoff's. Das Eigengewicht der Holz- und
                              									Kohlentheere ist doch bedeutend gröſser als das der aus diesen Theeren gewonnenen
                              									Destillate. Daſs auch das Erdöl bei der Destillation leichtere Producte liefert, als
                              									es selbst ist, wissen wir seit dem J. 1849, als sie der um die Erdöl-Industrie so
                              									sehr verdiente
                           Ignaz Lukasiewicz zum ersten Male
                              									destillirte. Ja sogar ein Petroleumtheer, ein Rückstand der Erdöldestillation gibt
                              									bei weiterer Destillation noch Producte, welche specifisch leichter sind, als dieser
                              									Rückstand vor der weiteren Destillation gewesen ist. Ein Petroleumtheer von 0,936
                              									sp. G. bei 15° wurde aus einer Destillirblase von 1500l Inhalt in der M. Fedorowicz'schen
                              									Petroleum-Raffinerie in Ropa bis zu Koke destillirt und wurden nachstehende Producte
                              									erhalten:
                           
                              
                                 1.
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                                 ein
                                 Destillat
                                 von
                                 0,8307
                                 sp. G.
                                 bei
                                 15°
                                 
                              
                                 2.
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,8427
                                 „   „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 3.
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,8577
                                 „   „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 4.
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,8907
                                 „   „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 5.
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,8913
                                 „   „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 6.
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,8934
                                 „   „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                   7.
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,8952
                                 „   „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 8.
                                 Vorlage
                                 enthielt
                                 ein
                                 Destillat
                                 von
                                 0,8870
                                 sp. G.
                                 bei
                                 15°
                                 
                              
                                 9.
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,8887
                                 „   „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 10.
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,8895
                                 „   „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 11.
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,8895
                                 „   „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 12.
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,9140
                                 „   „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 13.
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,9227
                                 „   „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 14.
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,9227
                                 „   „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 15.
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,9372
                                 „   „
                                 „
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                                 0,9385
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                                 0,9385
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                           Da dies Destillate aus dem Petroleumtheere sind,
                              									enthalten sie keine leichtesten und leichteren Producte, welche aus dem Erdöle, aus
                              									welchem dieser Petroleumtheer als Rückstand zurückblieb, zu Leuchtölen schon früher
                              									abdestillirt wurden. Kann uns aber Hoff beweisen, daſs
                              									ein Petroleumtheer ein eigenartiger Körper ist, daſs er keine Mischung der
                              									erhaltenen Destillate war? Wissen wir doch ganz genau, daſs eine Mischung von
                              									Producten verschiedenen Siedepunktes oft sehr viele Male fractionirt werden muſs,
                              									bis man Destillate von constantem Siedepunkte und Eigengewichte bekommt.
                           Die Behauptung, daſs Kohlenwasserstoffe, welche bis über den
                              									Siedepunkt erhitzt werden, einestheils in flüchtige und an Kohlenstoff arme,
                              									anderentheils in weniger flüchtige und an Kohlenstoff reichere zerlegt werden, daſs
                              									es also möglich wäre, bei gewissen Temperaturen an Kohlenstoff arme Oele, z.B.
                              									Leuchtöle, aus schweren an Kohlenstoff reichen Oelen auszuscheiden, ist vielleicht
                              									nicht zu bestreiten, wenn man die Eigengewichte der Destillate in den Vorlagen 6, 7,
                              									8 und 9 berücksichtigt. Man kann sich aber darauf mit Sicherheit nicht stützen;
                              									wenigstens wäre dies eine sehr gewagte Folgerung, besonders, wenn man aus dieser
                              									einen Nutzen für die zweckmäſsige Einrichtung der Erdöldestillirapparate ziehen
                              									wollte.
                           Daſs die gesättigten Kohlenwasserstoffe, die Hauptbestandtheile
                              									der Erdöle, bei einer höheren Temperatur einer Zersetzung unterliegen, ist eine
                              									längst bekannte Thatsache (vgl. Vohl 1865 177 58. Lissenko 1878 227 78. Letny 1878 229 353. Rudnew 1881 239 72. Liebermann 1882 246 429). Nach diesen Untersuchungen wäre auch die
                              									Ansicht nicht unberechtigt, daſs die im Destillirkessel zurückbleibenden schweren
                              									Oele bei zunehmender Temperatur einen Zersetzungsprozeſs erleiden und daſs bei
                              									wiederholten derartigen Destillirungen auch leichte oder leichtere Oele gewonnen
                              									werden könnten; andererseits beweisen aber die oben angeführten Untersuchungen, daſs
                              									eine solche Zersetzung der schweren gesättigten Kohlenwasserstoffe auf leichtere
                              									Kohlenwasserstoffe im Fabrikbetriebe nicht derart stattfinden kann, wie sie der
                              									Erfinder des Multiplikators darstellt, welcher praktische Versuche im Groſsen, d.h.
                              									im Fabrikmaſsstabe wohl gar nicht angestellt hat.
                           Schon die Untersuchungen von Letny
                              									(1878 229 353) haben uns gelehrt, daſs die Dämpfe
                              									schwerer Erdöle (also gesättigter Kohlenwasserstoffe, welche bei einer höheren
                              									Temperatur als 300° sieden), wenn man sie durch Röhren leitet und in diesen
                              									überhitzt, einer Zersetzung unterliegen und hierbei aromatische Kohlenwasserstoffe,
                              									eine bedeutende Menge Gase und Kohle ausgeschieden werden. Dieser Verlauf kann auch
                              									in einer Destillirblase eintreten; wenn nämlich die Destillirblase derart
                              									eingemauert ist, daſs die Flamme nicht nur den Boden, sondern auch die Seitenwand
                              									direkt bestreicht, so werden, nachdem ein Theil der destillirenden Flüssigkeit
                              									abgetrieben wurde, die Wände der Destillirblase, unterhalb welcher sich schon keine
                              									Flüssigkeit vorfindet, höher von der um sie streichenden Flamme erhitzt, als die
                              									Theile der Wände in dem unteren Räume, welche die destillirende Flüssigkeit umgeben;
                              									in Folge dessen berührt ein Theil der destillirenden Dämpfe die mehr überhitzte
                              									Wand, sie überhitzen sich selbst und erleiden eine Zersetzung. Berücksichtigt man
                              									aber diesen Umstand, daſs die Tension der Dämpfe desto gröſser ist, je stärker die
                              									Blase geheizt wird, so berühren die destillirenden Dämpfe das überhitzte Metall nur
                              									sehr kurz, wogegen die inneren Dampfschichten, welche die überhitzte Seitenwand der
                              									Blase nicht berühren, ohne Zersetzung destilliren können. Daſs die Zersetzung der
                              									schweren Oele durch Ueberhitzung nicht so leicht von statten geht, wie Hoff dies darstellt, haben schon die von Letny durchgeführten Untersuchungen bewiesen, indem
                              									durch dieselben dargethan wurde, daſs eine solche Zersetzung besser gelingt, wenn
                              									die Dämpfe viele Berührungsflächen antreffen, wenn sie dabei eine gewisse
                              									Verdichtung erleiden und einen gewissen Widerstand zu überwinden haben, weshalb man
                              									diese Dämpfe durch Röhren leitete, welche mit Koke, Kohle, Bimsstein, Asbest, Kalk
                              									u. dgl. gefüllt waren.
                           Daſs in einer Destillirblase die destillirenden schweren
                              									Kohlenwasserstoffe eine theilweise Zersetzung zu leicht flüchtigen und gasigen
                              									Kohlenwasserstoffen wirklich erleiden, hatte ich Gelegenheit, mich während meiner
                              									mehrjährigen Fabrikpraxis selbst zu überzeugen. Ich habe nämlich wahrgenommen, daſs
                              									selbst sehr schwere (nicht raffinirte) Erdöldestillate schon bei einer
                              									verhältniſsmäſsig niedrigen Temperatur entflammbar sind. Der Grund hiervon liegt in
                              									dem Umstände, daſs diese Destillate leichte und sogar gasige Zersetzungsproducte
                              									aufgelöst enthalten; denn die leichten und gasigen Producte werden von den schweren
                              									Oelen während der Condensirung in den Kühlapparaten aufgenommen und verursachen eben
                              									die leichte Entflammbarkeit der schweren Oele. Wenn man aber durch solche mit
                              									leichten und gasigen Producten geschwängerte Oele gepreſste Luft durchstreichen
                              									läſst, so werden die leichten und gasigen Bestandtheile aus denselben verdrängt und
                              									verlieren ihre leichte Entflammbarkeit. Ferner ist festgestellt, daſs schwere Oele,
                              									welche in amerikanischen (langen, nicht hohen) Kesseln destillirt werden,
                              									verhältniſsmäſsig schwer entflammbar sind und daſs der Grund dieser Erscheinung
                              									darin zu suchen ist, daſs die amerikanischen Kessel nur mit ihrem Boden der Flamme
                              									ausgesetzt sind, während die Seitenwände derselben entweder von Mauerwerk, oder von
                              									einem luftgefüllten Blechmantel umgeben werden und daher eine Ueberhitzung bei ihnen
                              									nicht möglich ist. Endlich ist auch eine altbekannte Thatsache, daſs aus einem
                              									Gemenge von Dämpfen verschieden schwerer Kohlenwasserstoffe bei einer gewissen
                              									Temperatur zuerst die Dämpfe der schweren Kohlenwasserstoffe condensirt, während die
                              									leichteren Kohlenwasserstoffe bei derselben Temperatur nicht niedergeschlagen
                              									werden, und sind mit Rücksicht auf diese Eigenschaft der Dämpfe die Dephlegmatoren
                              									für die Destillationstechnik eingerichtet worden.
                           Die Behauptung, daſs Hoff, gestüzt
                              									auf die zwei erwähnten, von ihm erkannten Eigenschaften der Kohlenwasserstoffe einen
                              										„Multiplikator“ construirte, der für einen Fabrikbetrieb tauglich wäre
                              									und welcher bei der Destillation des Rohöles gröſsere Mengen von Leuchtöl erzeugen
                              									würde, muſs ich unbedingt bestreiten und die Angabe, daſs dieser Multiplikator
                              									gestatten sollte, aus Rohöl von 0,900 sp. G. oder 27° B. bis 95 Proc. Leuchtöl zu
                              									gewinnen, mindestens als übertrieben ansehen.
                           Hoff selbst erwähnt des Umstandes,
                              									daſs die an Kohlenstoff reichen Kohlenwasserstoffe bei ihrer Zersetzung Kohle
                              									ausscheiden; dasselbe zeigten schon die Untersuchungen von Letny u.a.; auſserdem hat jeder Erdöldestillateur dies bemerken müssen,
                              									daſs die Wände seiner Blasen nach jeder Destillation mit feinem Kohlenstaube belegt
                              									sind, und es ist allgemein bekannt, daſs bei der Destillation des Erdöles, wenn man
                              									diese zu Ende führt, am Boden der Blase Koke zurückbleibt. Endlich wissen wir aus
                              									den uns bekannten Analysen der verschiedenartigsten Erdöle, wie viel diese Erdöle
                              									Koke zurücklassen. Meine Erfahrungen lehren mich, daſs in einer gewöhnlichen
                              									Destillirblase bei sorgfältigster Destillation und Kühlung ein Erdöl von 0,853 sp.
                              									G. an Kokes und Gase 10 bis 14 Proc. liefert, daher in dem Multiplikator nach dem
                              									Gesagten unstreitig bedeutend gröſsere Verluste sich ergeben werden. Wenn man also
                              									bei der Destillation so namhafte Verluste an Gas und Kohle erleidet, so wirft sich
                              									unwillkürlich die Frage auf, wie Hoff bei Anwendung
                              									seines Multiplikators aus einem Erdöle von 0,900 sp. G. 95 Proc. Leuchtöle gewinnen
                              									kann?
                           Auf welche Art durch den Multiplikator aus den Abfällen, welche
                              									bei der Reinigung der Leuchtöle durch Schwefelsäure zurückbleiben, die Oele
                              									ausgeschieden werden, ist mir gar nicht erklärlich. Soll diese Abfall schwefelsaure
                              									einfach in seinem Multiplikator destillirt werden? Dann würde ein solcher
                              									Multiplikator nicht besonders viele Destillationen aushalten und was würde man dann
                              									mit dem bei dieser Destillation sich entwickelnden Schwefelwasserstoff und Schwefeldioxyd anfangen?
                              									Sollen aber aus der Abfallschwefelsäure die Oele früher abgeschieden werden, so
                              									müſste man diese von der Schwefelsäure befreien, welcher Vorgang wegen seiner nicht
                              									geringen Kosten und wegen des geringen Werthes des von Schwefelsäure zu befreienden
                              									Productes sich durchaus nicht empfehlen würde, da man bloſs Destillate erhalten
                              									möchte, welche reich an geschwefelten Kohlenwasserstoffen und als solche zu
                              									Leuchtzwecken nicht verwendbar wären. Eine neuerliche Reinigung dieser Oele, welche
                              									ebenfalls nur mit Schwefelsäure vorgenommen werden könnte, würde sie wieder in den
                              									ursprünglichen Zustand versetzen, weshalb der Versuch, diesen Abfallstoff für
                              									Leuchtzwecke verwendbar zu machen, als ein vollkommen miſsglückter angesehen werden
                              									muſs. Die Behauptung, daſs die Abfallschwefelsäure der Petroleumraffinerien, welche
                              										Hoff wahrscheinlich der Kürze wegen „Abfall“
                              									nennt, 40 bis 50 Procent eines Oeles enthalten soll, ist in so fern unrichtig, als
                              									das specifische Gewicht der Schwefelsäure bedeutend gröſser ist als jenes des
                              									erwähnten Oeles.
                           Der Apparat selbst, wiewohl er in der Zeichnung sehr einfach
                              									erscheint und in kleinem Maſsstabe zu Laboratoriumuntersuchungen möglicherweise
                              									geeignet wäre, ist für Fabrikzwecke höchst unpraktisch eingerichtet. Die Zeichnung
                              									und die Beschreibung sind äuſserst mangelhaft, man kann aus denselben nicht einmal
                              									entnehmen, welche Abmessungen der ganze Apparat und seine einzelnen Theile haben
                              									sollen.
                           Es ist bekannt, daſs die Erdöle erst zwischen 300 bis 350°
                              									Destillate geben, welche 0,837 bis 0,900 sp. G. haben, daſs zwischen 350 bis 400°
                              									Producte von 0,852 bis 0,908 sp. G. destilliren und über 400° solche von 0,895 bis
                              									0,925 sp. G. (vgl. Nawratil 1882 246 423). Ob in diesem Falle eine 7m
                              									lange, frei durch den Fabrikraum laufende Eisenröhre, welche von kaltem Wasser nicht
                              									umspült ist, sich nicht so weit erhitzen wird, daſs sie nach kurzer Zeit aufhört,
                              									die durchziehenden Dämpfe zu verflüssigen, bleibt immer zweifelhaft; daſs aber diese
                              									Röhre, durch welche Destillate von so hoher Temperatur gehen, nothwendiger Weise
                              									auch die Temperatur im Fabrikraume über alle Maſsen erhöhen und den Aufenthalt in
                              									demselben fast unerträglich machen muſs, unterliegt gar keinem Zweifel.
                           Was soll der kugelförmige, in Wasser befindliche Condensator
                              									bedeuten; soll er besser die Kühlung bewirken als die alt bekannten Schlangen und
                              									Zickzackröhren? Ein solcher Kühler wird nur jene Dämpfe gut condensiren, welche
                              									seine Wandungen berühren; die durch die Mitte der Kugel gehenden Dämpfe werden
                              									uncondensirt nach auſsen entweichen. Ein solcher Kühler ist eine theure Einrichtung,
                              									bietet Schwierigkeiten beim Zusammenstellen dar, muſs aus mehreren einige Millimeter
                              									starken Blechen bestehen, welche mit einander vernietet und mit Eisenkitt verdichtet
                              									werden müssen. Jede Ausbesserung, sobald der Rost nur ein Blech durchlöchert, ist
                              									mit groſsen Schwierigkeiten verbunden, wogegen es bei den heute durchgehend
                              									angewendeten Kühlröhren gar keine Schwierigkeiten bietet, ein verdorbenes Eisenrohr
                              									durch ein neues zu ersetzen u.s.w.
                           Es erübrigt noch, die Tabellen zu besprechen, und da ist es mir
                              									nicht recht verständlich, was Hoff mit dem Namen
                              										„Petroleum“ bezeichnet. Unter diesem Namen verstehe ich aus einem Erdöle
                              									gewonnene, mit concentrirter Schwefelsäure und Aetzlauge gereinigte Producte, welche
                              									zwischen 150 bis 300° destillirten, wobei das specifische Gewicht derselben keine
                              									Rolle spielt. Andere verstehen darunter sogar jene raffinirten Erdölproducte, welche
                              									zwischen 150 bis 270° destillirten und höchstens 0,812 sp. G. haben. Ob man aber
                              									auch, wie Hoff behauptet, ein gelbes Product, welches
                              									bis 53,3 Proc. Destillate enthält, von denen die leichtesten 0,858 sp. G. haben,
                              									darunter aber auch solche von einem Eigengewichte von 0,862, 0,865, 0,875, ja selbst
                              									solche von 0,880 und 0,900 vorkommen, mit dem Namen Petroleum bezeichnen darf, muſs
                              									bezweifelt werden. Auf welche Weise Hoff aus den in der
                              									ersten Tabelle (vgl. Bd. 250 S. 412) zusammengestellten Destillaten eine Mischung
                              									von 0,821 sp. G. erhält, ist unbegreiflich; ich glaube, daſs das specifische Gewicht
                              									dieser Mischung 0,830 bis 0,834 betragen hat, jenes aber in der zweiten Tabelle so,
                              									wie Hoff angibt, nämlich 0,840 bis 0,842.
                           
                           Daſs ein Erdöldestillat, welches im unraffinirten Zustande ein
                              									Eigengewicht von 0,840 hat, nach Behandlung mit concentrirter Schwefelsäure 0,830
                              									sp. G. bekommen sollte, scheint mir unwahrscheinlich, höchstens, daſs dieses
                              									Destillat sehr reich an ungesättigten Kohlenwasserstoffen war und diese durch die
                              									Schwefelsäure beseitigt wurden. Es ist aber doch sehr merkwürdig, daſs Hoff aus 3000cc
                              									Rohproduct in beiden Fällen 15 mal zu 200cc
                              									Destillate erhielt, also sogar 100 Proc. Wiewohl dies Volumprocent sind, so scheint
                              									denn doch diese Angabe nicht richtig zu sein; auch die Eigengewichte der einzelnen
                              									Destillate erscheinen in zu sehr regelmäſsigen und runden Zahlen.
                           Nach dem, was wir über die Zersetzung der gesättigten
                              									Kohlenwasserstoffe durch Ueberhitzung wissen, ist es unglaubwürdig, daſs ein aus dem
                              										Hoff'schen Multiplikator erhaltenes Product erst
                              									bei 43° entflammbar wäre, und wenn sich dies auch so verhalten würde, so wäre es nur
                              									ein Beweis, daſs das so gewonnene Product sehr reich an schweren Oelen sei (vgl. Wagner's Jahresbericht, 1871 S. 865). Weshalb sind nur die
                              									Eigengewichte der erhaltenen Destillate angegeben; warum hat Hoff nicht untersucht, bei welchen Temperaturen die Fractionen
                              									destilliren? Dies würde uns bedeutend mehr die Qualität dieser einzelnen Destillate
                              									charakterisiren als die Angabe ihrer Farbe, welche doch gar nichts erklärt; mehr
                              									würde uns schon der Geruch dieser Producte sagen.
                           Die photometrischen Untersuchungen sagen uns über die Qualität des
                              										Hoff'schen Petroleums gar nichts; sie wurden auch
                              									ganz bestimmt mangelhaft ausgeführt. Ich habe in dieser Richtung manche Erfahrung
                              									und kann erklären, daſs ein solches an schweren Producten so reiches Petroleum viel
                              									schwächer leuchtet als jenes, welches diese schweren Oele nicht enthält. Solche an
                              									schweren Oelen reiche und an leichten Oelen arme Erdöldestillate brennen schlecht,
                              									leuchten mit rother ruſsender Flamme.
                           Der Umstand, daſs die aus dem Multiplikator erhaltene Mischung der
                              									Destillate leichter ist als das hierzu angewendete Erdöl, spricht nicht das Mindeste
                              									zu Gunsten des Hoff'schen Apparates; dasselbe erzielt
                              									man aus jeder Destillirblase. Man muſs doch berücksichtigen, daſs man in den
                              									Destillaten schon sehr wenig jener Producte bekommt, welche die Leichtigkeit des
                              									Rohöles beeinträchtigen; diese Stoffe, nachdem sie schon sehr schwer destilliren,
                              									bleiben in der Blase und diese hauptsächlich lassen die Kokes zurück. Es sind dies
                              									die noch wenig untersuchten harzähnlichen Körper, welche Chrysen und Pyren geben.
                              									Daſs es so ist, beweist der Umstand, daſs lichte, an harzähnlichen Producten arme
                              									sehr wenig, wogegen die dunklen, an diesen Producten reichen Erdöle sehr oft
                              									bedeutende Mengen Kokes zurücklassen.
                           Ich will nicht bestreiten, daſs in dem Hoff'schen Multiplikator die destillirenden Dämpfe vielleicht eine
                              									gröſsere Zersetzung erleiden, wie dies bei den gewöhnlichen Blasen der Fall ist;
                              									daſs jedoch dieser Apparat von irgend einem Nutzen für den Fabrikbetrieb wäre, muſs
                              									ich in Abrede stellen. Mehr Petroleum aus einem Erdöle wird man nicht gewinnen;
                              									wenigstens hat Hoff dies nicht bewiesen, da er seine
                              									zwei Erdölsorten nicht einmal einer vergleichenden Untersuchung unterworfen hat,
                              									welche uns überzeugen könnte, welche Unterschiede zwischen einer gewöhnlichen
                              									Destillation und einer solchen im Multiplikator wahrzunehmen wären.
                           Im besten Falle sollte der Multiplikator wirklich etwas mehr
                              									Ausbeute an leichteren Oelen von niedrigerem Siedepunkte geben als die gewöhnlichen,
                              									bis nun gebräuchlichen Blasen, so würden die hier erhaltenen Oele reich an jenen
                              									Kohlenwasserstoffen sein, welche bei einmaliger Behandlung mit concentrirter
                              									Schwefelsäure schwer zu beseitigen wären; man würde zur Raffinirung solcher Oele
                              									bedeutende Mengen Schwefelsäure benöthigen und bei allem dem noch ein gelbes
                              									Petroleum erhalten, welches sich nur sehr schwer nach Behandlung mit Aetznatronlauge
                              									klären würde. Das Wichtigste bei dem Ganzen wäre aber, daſs man bei der Raffinirung
                              									eines mittels Multiplikator gewonnenen Petroleums sehr bedeutende Verluste erleiden
                              									müſste, da gegen alle die entstandenen Zersetzungsproducte, als ungesättigte
                              									Kohlenwasserstoffe, die Schwefelsäure activ ist.
                           Würde aber der Multiplikator derart wirken, wie es Hoff darstellt, sollten sich wirklich im
                              									Abführungsrohre die Dämpfe der schweren Oele niederschlagen, 
                              									Vorkommen des Titelblattes hier ist ein Bindungsfehler des Druckexemplars.
                              									so könnte dann die
                              									Destillation nur äuſserst langsam von statten gehen; man würde zu einer solchen
                              									Destillation bedeutende Mengen Brennmaterial verbrauchen, auſserdem aber würden
                              									durch die starke Ueberhitzung der trockenen Metallflächen die Blasen sehr bald zu
                              									Grunde gehen.
                           Ich glaube hiermit aus einander gesetzt zu haben, daſs der Hoff'sche Multiplikator uns weder etwas Neues, noch etwas Nützliches
                              									gebracht hat.
                           Lemberg, December
                              									1883.