| Titel: | Anwendung des Thermometers zur Bestimmung der Durchflussmengen kleiner Wasserläufe. | 
| Fundstelle: | Band 254, Jahrgang 1884, S. 157 | 
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                        Anwendung des Thermometers zur Bestimmung der
                           								Durchfluſsmengen kleiner Wasserläufe.
                        Ritter's Bestimmung der Menge kleiner Wasserläufe.
                        
                     
                        
                           Nach der Revue industrielle, 1884 S.
                                 										193 sind von Chefingenieur C. Ritter in
                              										Paris zahlreiche Bestimmungen der Wassermengen kleiner
                              									Bäche u. dgl. mit Hilfe des Thermometers vorgenommen. Vereinigen sich 2 Wasserläufe
                              									zu einem einzigen, so werden offenbar nach dem Mischungsgesetze die Wassermengen
                              									derselben sich umgekehrt verhalten wie die erlittenen Temperaturänderungen des
                              									Wassers; oder, wenn Q und Q1 die zuflieſsenden Wassermengen, t und t1 die Temperaturen derselben vor der Vereinigung,
                              										Θ die Temperatur des vereinigten Wasserlaufes
                              									bedeuten, besteht die Proportion:
                           Q : Q1
                              									= Θ – t1 : t – Θ.
                           Damit nach dieser Formel ein Ergebniſs gewonnen werden kann,
                              									müssen die Temperaturen
                              										t und t1 einigermaſsen verschieden sein und nahe am
                              									Zusammenflusse der beiden Wasserläufe gemessen werden, ebenso ist die Temperatur der
                              									Vereinigung nahe am Zusammenflusse zu ermitteln; doch muſs an der betreffenden
                              									Stelle eine vollständige Mischung stattgefunden haben. Auch muſs die Temperatur
                              									jedes Wasserlaufes als gleichförmig angesehen werden können, was bei kleinen
                              									schnellflieſsenden Bächen, zumal wenn dieselben ein unregelmäſsiges Bett besitzen,
                              									oder Wehre überflössen haben, allerdings meist anzunehmen ist. Sind diese
                              									Bedingungen erfüllt, so läſst sich auf diesem Wege eine genügend genaue Bestimmung
                              									der Wassermengen von zweien der drei Wasserläufe ausführen, wenn die des dritten
                              									bekannt ist, wie nachfolgendes Beispiel ergibt, bei weichern die betreffenden
                              									Wassermengen auch anderweitig gemessen werden konnten.
                           Zur Messung der Temperaturen bedient sich Ritter eines
                              									in Fünftelgrade eingetheilten Thermometers und nimmt an, daſs eine Bestimmung der
                              									Temperaturdifferenzen bis auf 0,02 bis 0,03° durch Schätzung möglich ist. Beim
                              									Messen wird das Thermometer in dem Wasserlaufe hin- und herbewegt, zugleich aber
                              									auch ein kleiner dickwandiger Holzkübel mit langem Stiele eingetaucht und, wenn er
                              									die Temperatur des Wassers angenommen hat, das Thermometer hineingebracht und so
                              									herausgehoben, ohne mit der Luft in Berührung zu kommen. Bei dem groſsen Inhalte des
                              									hölzernen Kübels ist eine merkliche Temperaturänderung während des Ablesens nicht zu
                              									befürchten.
                           In dieser Weise wurden am 23. November 1883 Messungen an der Wasserleitung der Dhuys
                              									kurz vor ihrem Eintritte in die Sammelbehälter von Ménilmontant bei Paris
                              									vorgenommen an einer Stelle, wo sie von den Anlagen zu Saint-Maure kommendes
                              									Marnewasser aufnimmt, dessen Menge jederzeit nach der Arbeit der Pumpen genau
                              									bestimmt werden kann. Die Temperatur der Dhuys betrug vor dieser Stelle 10,54°, nach
                              									der Vereinigung 10,00°, während das zuflieſsende Marnewasser 8,64° zeigte. Nach
                              									obiger Proportion ergab sich daher das Verhältniſs der Wassermenge der Dhuys vor der
                              									Vereinigung zu der von der Marne kommenden Wassermenge zu: (10,00 – 8,64) : (10,54 –
                              									10) = 2,52, und da die Pumpen von Saint-Maure zur betreffenden Zeit 114l,7 in der Secunde lieferten, so waren als
                              									secundliche Wassermenge der Dhuys 2,52 × 114,7 = 288l,9 anzunehmen. Am Tage vorher waren mittels direkter Messung durch
                              									Anhalten der Pumpen in Saint-Maure und Beobachtung der Veränderung des
                              									Wasserspiegels im Sammelbehälter 294l,6 ermittelt
                              									worden. Der Fehler, welcher sich danach zu nur 2 Proc. ergibt, kann daher auch zum
                              									groſsen Theile in einer geringen Veränderung des sonst sehr gleichmäſsigen
                              									Wasserzuflusses der Dhuys von einem zum anderen Tage begründet sein.