| Titel: | Ueber die Verwendung der Elektricität in der chemischen Industrie. | 
| Autor: | F. | 
| Fundstelle: | Band 254, Jahrgang 1884, S. 210 | 
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                        Ueber die Verwendung der Elektricität in der
                           								chemischen Industrie.
                        Mit Abbildung.
                        Verwendung der Elektricität in der chemischen
                           								Industrie.
                        
                     
                        
                           Durch Behandlung der Zuckersäfte mit Elektricität will
                              										L. H.
                                    											Despeissis in Paris (D. R. P. Kl. 89 Nr. 28353 vom 30. August 1883) die Alkalien
                              									und Erdalkalien des Zuckersaftes abscheiden und dadurch sowohl eine gröſsere
                              									Ausbeute an Zucker, wie auch eine Verwerthung der Alkalien erzielen. Die Carbonate
                              									und Saccharate des Zuckersaftes sollen so durch den elektrischen Strom zerlegt
                              									werden, daſs sich Kohlensäure und Zucker am positiven Pole abscheiden, die Metalle
                              									aber unter Zerlegung des Wassers als Basen an den negativen Pol bezieh. in das
                              									diesen umgebende poröse Gefäſs gehen. Das Wasser, welches die negative Elektrode
                              									umgibt, soll zeitweise erneuert werden.
                           Noch vortheilhafter soll es sein, auch die positive Elektrode eines elektrischen
                              									Stromkreises in ein mit Wasser gefülltes poröses Gefäſs eintauchen zu lassen und
                              									dieses Gefäſs in die zu reinigenden Zuckersäfte einzusetzen. Es würden also sowohl
                              									die positive, als auch die negative Elektrode mit einem mit Wasser gefüllten porösen
                              									Gefäſse umgeben sein. Bei einer solchen Anordnung scheiden sich angeblich an der
                              									positiven Elektrode die Säuren und das Eisen ab, welche in den Zuckersäften
                              									enthalten sind, während die Alkalien und alkalischen Erden an der negativen
                              									Elektrode abgeschieden werden. Die porösen Gefäſse erleichtern die Trennung dieser
                              									schädlichen Stoffe von den Zuckersäften, so daſs ein gröſserer Procentsatz an
                              									krystallisirbarem Zucker erhalten wird, wie Despeissis
                              									meint.
                           Die praktische Ausführbarkeit dieses Vorschlages erscheint doch zweifelhaft; namentlich dürfte
                              									es kaum gelingen, die alkalischen Erden auf diese Weise abzuscheiden, da diese sich
                              									als Hydrate auf die negative Elektrode legen und dann bald die Leitung
                              									unterbrechen.
                           J.
                                    											Görz in Berlin (* D. R. P. Kl. 89 Nr. 29015 vom 27. November 1883) will Zucker haltige
                              									Flüssigkeiten, welche auf gewöhnlichem Wege Krystallzucker nicht mehr abscheiden,
                              									zwischen zwei ringförmigen Elektroden hindurchleiten. Ein entsprechender Vorschlag
                              									wurde bereits von W. E. Gill im Journal des fabricants de sucre, 1877 Bd. 18 Nr. 20 bezieh. in Kohlrausch's Organ für Rübenzuckerindustrie, 1877 S.
                              									646 mitgetheilt. Ob die Melassebildner durch den elektrischen Strom zersetzt werden,
                              									oder welche Wirkung der Strom sonst ausüben soll, ist nicht gesagt.
                           Im Anschlusse an die früheren Mittheilungen über die Verwendung der Elektricität im Hüttenwesen (vgl. 1882 246 324. 1884 251 28. * 418)
                              									mögen noch einige geschichtliche Notizen folgen.
                           G. A. Pichon (1854 131 * 415)
                              									empfahl bereits den elektrischen Lichtbogen zum Schmelzen
                                 										von Erzen zu verwenden, indem die mit 1 Proc. Kohle gemischten Erze
                              									zwischen die Pole zweier groſser Elektroden geschüttet wurden.
                           Wall und Black (1853 129 420) schlugen vor, durch geschmolzenes Kupfer, Blei, Zink u. dgl. einen elektrischen Strom zu
                              									leiten, um Schwefel, Phosphor, Arsen u. dgl. abzuscheiden. Auch die Ueberführung von
                              										Eisen in Stahl sollte mit Hilfe von Elektricität
                              									bewirkt werden. Das Rösten der Erze soll nach Black (1854 132 31)
                              									ebenfalls mittels Elektricität ausgeführt werden.
                           Becquerel (1861 161 438)
                              									machte entsprechende Vorschläge, Eisen und Stahl elektrolytisch mit Oxyd zu überziehen, um die
                              									Oberfläche derselben dauerhafter zu machen.
                           A. C. Fleury (1861 162 314.
                              									427) sowie A. Winkler (1861 161 305. 1862 163 188) empfahlen auf Grund von
                              									Laboratoriums versuchen die Reinigung des Roheisens
                              									dadurch auszuführen, daſs durch das geschmolzene Metall ein elektrischer Strom
                              									geleitet wird.
                           Da jetzt starke elektrische Ströme sehr billig erzeugt werden können, so wäre es wohl
                              									wünschenswerth, wenn diesbezügliche Versuche wieder aufgenommen würden; allerdings
                              									müſste diese Aufgabe ernster aufgefaſst werden als der
                              									sogen. „elektrische Puddler“ in Stahl und Eisen,
                              									1882 S. 164.
                           Das Amalgamiren von Gold und anderen in Erzen
                              									enthaltenen Metallen soll nach B. Ch. Molloy in
                              										London (* D. R. P. Kl. 40 Nr. 28452
                                 										vom 8. Januar 1884) ähnlich wie bei dem von R.
                                 										Barker gemachten Vorschlage (vgl. 1884 251 * 32)
                              									in einem elektrisch erregten Quecksilberbade erfolgen und unterscheidet sich die
                              									Ausführung nur durch die Art der Mischung von Erz und Quecksilber.
                           Wie aus der beigegebenen Abbildung des Molloy'schen
                              									Apparates zu entnehmen ist, befindet sich das die Kathode bildende Quecksilber in
                              									dem an beiden Enden mit je einem Rumpfe a bezieh. b versehenen, oben geschlossenen Kasten c
                              									über einem aus porösen Platten, Häuten o. dgl. gebildeten Zwischenboden; unter
                              									letzterem ist die aus Kohle, Platin o. dgl. bestehende Anode o eingelegt und der ganze untere Behälterraum mit verdünnter Schwefelsäure
                              									oder Natronlauge als Erregungsflüssigkeit angefüllt. Der in den Rumpf a aufgegebene Erzschlamm wird durch das um die Walzen
                              										d, e und f gespannte
                              									endlose Tuch g in dünner Schicht auf dem Wege von d nach e durch das
                              									Quecksilber hindurchgeführt und nach der Austrittseite b befördert, wo der amalgamirte Erzschlamm an die Oberfläche steigt und
                              									durch einen Kanal h abflieſst.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 254, S. 211
                              
                           C. de
                                    											Changy in Levallois-Perret bei Paris
                              									(* D. R. P. Kl. 21 Nr. 28342 vom 6. December 1883) will
                              									durch seinen sogen. Depolarisator die nachtheiligen
                              									Wirkungen der Polarisation bei der elektrometallurgischen Gewinnung und Reinigung
                              									von Metallen oder bei Erzeugung von galvanoplastischen Niederschlägen dadurch
                              									beseitigen, daſs der die elektrolytischen Bäder speisende Hauptstrom unterbrochen
                              									und zwischen den beiden Elektroden des Bades eine Verbindung hergestellt wird, durch
                              									welche sich die in denselben angesammelte Elektricität entladen kann.
                           Eine solche zeitweise Unterbrechung bezieh. Umkehrung des Stromes dürfte doch wohl
                              									für die ausgeschiedenen Metalle unter Umständen sehr nachtheilig sein.
                           
                              
                                 F.