| Titel: | Ueber die Herstellung von Schwefelsäure und Soda in Deutschland und England. | 
| Fundstelle: | Band 254, Jahrgang 1884, S. 214 | 
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                        Ueber die Herstellung von Schwefelsäure und Soda
                           								in Deutschland und England.
                        Zur Herstellung von Schwefelsäure und Soda.
                        
                     
                        
                           Die deutsche Schwefelsäurefabrikation hat nach
                              									Mittheilungen von R. HasencleverGef. eingesendeter Sonderabdruck aus der Chemischen Industrie, 1884 S. 78. Vgl.
                                       												auch D. p. J. 1875 216 234 331. 427. 513. 217 41. 139.
                                       												1877 223 302. 224
                                       												321. 1878 229 100 u.s.w.
                              									erhebliche Fortschritte gemacht, wie nachfolgende Zusammenstellung der Schwefelkiesförderung erkennen läſst. Dieselbe betrug
                              									in Tonnen in:
                           
                           
                              
                                 
                                 Siegen
                                 Goslar
                                 Im übrigenpreuſs. Staate
                                 Gesammt
                                 
                              
                                 1862
                                 14850
                                 –
                                   7461
                                   22311
                                 
                              
                                 1863
                                 28765
                                 –
                                   5934
                                   34699
                                 
                              
                                 1864
                                 29115
                                 –
                                   3437
                                   32552
                                 
                              
                                 1865
                                 34060
                                 –
                                   4187
                                   38247
                                 
                              
                                 1866
                                 50875
                                 –
                                   4302
                                   55177
                                 
                              
                                 1867
                                 71835
                                 1599
                                   4756
                                   78190
                                 
                              
                                 1868
                                 90100
                                 2635
                                   3953
                                   96688
                                 
                              
                                 1869
                                 64789
                                 2689
                                   6394
                                   73872
                                 
                              
                                 1870
                                 92048
                                 3225
                                   3191
                                   98464
                                 
                              
                                 1871
                                 110432
                                 3324
                                   4574
                                 118330
                                 
                              
                                 1872
                                 144745
                                 3640
                                     964
                                 149349
                                 
                              
                                 1873
                                 123172
                                 1217
                                   3748
                                 128137
                                 
                              
                                 1874
                                 120326
                                 1396
                                   5074
                                 126796
                                 
                              
                                 1875
                                 110899
                                 904
                                 12173
                                 123976
                                 
                              
                                 1876
                                 88397
                                 1334
                                 21071
                                 110802
                                 
                              
                                 1877
                                 67782
                                 375
                                 32761
                                 100918
                                 
                              
                                 1878
                                 60960
                                 23
                                 34767
                                   95750
                                 
                              
                                 1879
                                 60281
                                 27
                                 40118
                                 100426
                                 
                              
                                 1880
                                 62296
                                 25
                                 49914
                                 112235
                                 
                              
                                 1881
                                 76437
                                 34
                                 48451
                                 124922
                                 
                              
                                 1882
                                 111159
                                 88
                                 46714
                                 157961
                                 
                              
                           Bei diesen statistischen Angaben bezieht Hasenclever die
                              									Schwefelsäure auf solche von 1,711 sp. G. bei 15° = 60° B., da diese am meisten zum
                              									Versandt kommt, während G. Lunge die Berechnung auf
                              									sogen. Monohydrat, H2SO4, empfiehlt.
                           Die Hauptmengen Schwefelsäure wurden bisher noch aus deutschem Kiese hergestellt. Die
                              									Röstung geschieht für Stücke in bekannten Röstöfen mit drehbarem Rost und für
                              									Feinkies auf Platten im sogen. Perret'schen oder Malétra'schen Ofen. Die Abbrände der Erze von manchen
                              									Gruben (z.B. Schwelm und Lintorf) finden beim Hochofenbetriebe nützliche Verwendung,
                              									während für die ausgebrannten Kiese der Siegener Gruben ihres Zinkgehaltes und des
                              									in Folge davon bedingten hohen Schwefelgehaltes wegen bisher noch keine regelmäſsige
                              									Verwendung gefunden ist. Ungarischer Kies wird in Schlesien und in geringen Mengen
                              									norwegischer Kies in Norddeutschland geröstet und aus den Rückständen Kupfer
                              									gewonnen. Auch die Verwendung von spanischem Kupfer haltigem Schwefelkiese ist sehr
                              									bedeutend und nimmt von Jahr zu Jahr zu. Diese Erze werden in Deutschland seit 1877
                              									eingeführt und jetzt von etwa 15 zum Theile sehr bedeutenden Fabriken geröstet,
                              									deren Kiesabbrände zu 75 Proc. nach Duisburg, zu 25 Proc. seit 1882 nach Hamburg
                              									gehen, um nach dem in England gebräuchlichen Verfahren verarbeitet zu werden (vgl.
                              										Lunge 1874 214 466).
                           Spanischer Kies soll sich an den Hafenplätzen von 1885 an zur
                              									Hälfte des heutigen Preises stellen, wenn nur der Schwefelgehalt bezahlt wird. Die
                              									Lage der deutschen Gruben wird dann vorübergehend schwieriger werden, bis durch
                              									gesteigerte Schwefelsäure-Erzeugung wieder mehr Kies gebraucht werden wird. Die
                              									Schwefelkiesgruben haben bereits früher ihre Förderung zeitweise vermindern müssen,
                              									sowohl nach 1868, als die Versendungen nach England aufhörten, als 1877 nach
                              									Inbetriebsetzung der Duisburger Kupferhütte, Trotzdem erreichte nach den
                              									statistischen Notizen die örtliche Schwefelkieslieferung im preuſsischen Staate im J. 1882
                              									ihren Höchstwerth mit 157961t. Ein sehr
                              									empfindlicher Wettbewerb entstand vor Jahren namentlich den mitteldeutschen
                              									Schwefelsäurefabriken durch die Verwerthung der im Hüttenrauche enthaltenen
                              									Schwefligsäure zur Schwefelsäurebereitung in Oker, Freiberg und Mansfeld. Diese
                              									Fabrikation bewirkte für einige Jahre ein erhebliches Sinken im Verkaufspreise der
                              									Schwefelsäure. Seitdem sich in Folge der geänderten Zollpolitik so viele
                              									vaterländische Industriezweige gehoben haben, stieg auch der Bedarf an Schwefelsäure
                              									bedeutend und ist heute die durch den genannten Hüttenbetrieb beschränkte Erzeugung
                              									im Verhältnisse zu dem inzwischen gewachsenen Verbrauche von Schwefelsäure nicht
                              									mehr groſs. Zur Zeit hat eine erhebliche Schwefelsäurefabrikation aus Zinkblende in
                              									Rheinland-Westfalen und Oberschlesien begonnen, indem ausgedehnte Zinkhütten dazu
                              									übergegangen sind, die bei der Röstung der Blende erhaltene Schwefligsäure zur
                              									Darstellung von Schwefelsäure zu verwerthen. Aus Schwefel und sogen. Laming'scher Masse wird nur noch wenig Säure
                              									hergestellt.
                           Die gesammte deutsche Schwefelkiesförderung betrug im J. 1882:
                              										158409t, die Ausfuhr (meist nach Belgien und
                              									Holland) 27517t, der deutsche Verbrauch somit
                              										130892t, entsprechend etwa 183250t Schwefelsäure. Der Verbrauch von spanischem Kies
                              									stellt sich auf etwa 55000t mit etwa 165 Proc.
                              									Ausbringen. Der Verbrauch an ungarischem Kies mit etwa 155 Proc. Ausbringen
                              									beschränkt sich auf einige schlesische Fabriken, mag aber immerhin mit norwegischem
                              									Kies zusammen etwa jährlich 9000t betragen. Die
                              									Erzeugung an Schwefelsäure in Freiberg, Mansfeld und Oker (Harz.) beträgt jährlich
                              									etwa 40200t; aus Zinkblende wurden im J. 1882 etwa
                              										30000t in Rheinland, Westfalen und
                              									Oberschlesien dargestellt und nur geringe Mengen aus Schwefel und Laming'scher Masse gewonnen.
                           Hiernach stellt sich die gesammte deutsche
                                 										Schwefelsäuregewinnung folgendermaſsen zusammen:
                           
                              
                                 Aus
                                 deutschem Kies
                                 130892t
                                 zu
                                 140
                                 Proc.
                                 183249t
                                 
                              
                                 „
                                 spanischem Kies
                                   55000
                                 „
                                 165
                                 „
                                   90750
                                 
                              
                                 „
                                 ungarischem, norwegischem u.a. Kies
                                     9000
                                 „
                                 155
                                 „
                                   13950
                                 
                              
                                 In Oker, Freiberg, Mansfeld
                                 
                                 
                                 
                                 
                                   40200
                                 
                              
                                 Aus Zinkblende
                                 
                                 
                                 
                                 
                                   30000
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 358149t.
                                 
                              
                           Gegen die Verwendung der Zinkblende besteht noch
                              									vielfach das Vorurtheil, daſs die damit erzielten Gase für die
                              									Schwefelsäurebereitung ungünstig seien. Nach Hasenclever's Berechnung besteht aber das Gasgemenge für 100k:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Schwefel
                                 Kies
                                 Zinkblende
                                 
                              
                                 aus
                                 SO2
                                   69,8cbm
                                   37,2cbm
                                   23,0cbm
                                 
                              
                                 „
                                 N
                                 262,2
                                 192,3
                                 129,7
                                 
                              
                                 „
                                 Luft
                                 309,8
                                 193,5
                                 124,0
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 641,8cbm
                                 423,0cbm
                                 276,7cbm.
                                 
                              
                           Daraus ergibt sich also in Vol.-Proc. an Schwefligsäure
                              									bei:
                           
                              
                                 Schwefel
                                 Kies
                                 Blende
                                 
                                 
                              
                                 10,6
                                 8,8
                                 8,3
                                 Vol.-Proc.
                                 
                              
                           und es entstehen für 100k
                              									Schwefel Gase bei Anwendung von:
                           
                              
                                 Schwefel
                                 Kies
                                 Blende
                                 
                              
                                 642
                                 800
                                 840cbm.
                                 
                              
                           Die Kammerräume für die gleiche Schwefelsäuremenge müssen daher bei den verschiedenen
                              									Schwefelquellen im Verhältnisse von 642 bei Schwefel, zu 800 bei Kies und 840 bei
                              									Anwendung von Zinkblende wachsen. Die Vortheile bei der Verarbeitung von
                              									Schwefelkies sind also nicht erheblich im Vergleiche zur Zinkblende und, da bei
                              									letzterem Erz die
                              									Beimengung von Arsen sehr unbedeutend zu sein pflegt, so ergibt sich aus der
                              									Zinkblende in der Regel eine reinere Schwefelsäure als aus Kies.
                           Das Rösten der Zinkblende zur Herstellung von
                              									Schwefelsäure geschieht noch meist in den Oefen von Hasenclever und Helbig (1876 222 * 250). Den Vorschlägen, auch die in den
                              									Feuerungsgasen enthaltene Schwefligsäure und Schwefelsäure nutzbar zu machen, steht
                              									entgegen, daſs den Röstgasen Flugstaub beigemengt ist, daſs dieselben zur Absorption
                              									der Schwefligsäure abgekühlt werden müssen und der Schornsteinzug alsdann für die
                              									Röstöfen nicht hinreicht, daſs endlich die Form, in welcher der Schwefel gewonnen
                              									wird, keine direkte Verwendung gestattet.
                           Mit günstigerem Erfolge sind für Zinkblende-Röstung die Bemühungen darauf gerichtet
                              									gewesen, die Röstöfen selbst derart zu verbessern, daſs zur unmittelbaren Benutzung
                              									bei der Schwefelsäuredarstellung mehr Schwefel aus den Erzen gewonnen wird. Der von
                              									der Gesellschaft Vieille Montagne in Oberhausen gebaute
                              									Röstofen (vgl. 1883 250 * 314) ist noch
                              									verbesserungsfähig, gibt aber immerhin schon recht befriedigende Betriebserfolge, da
                              									man einestheils vom Arbeiter unabhängig ist, anderentheils bei Lohnersparniſs auf
                              									eine gröſsere Ausbeute an Schwefel als bisher mit Sicherheit rechnen kann. In dem
                              										Giesche'schen Ofen (1884 253 * 505) wird sich eine kiesfreie Zinkblende in für den Hüttenbetrieb
                              									genügender Weise wohl kaum entschwefeln lassen.
                           Die Chemische Fabrik Rhenania röstete versuchsweise
                              									Zinkblende in einem guſseisernen Rohre von 40cm
                              									Durchmesser, in welchem nach Anordnung des Thelen'schen
                              									Apparates (vgl. 1881 239 * 52) das Erz auf mechanischem
                              									Wege durch schneckenförmige Bewegung des Rührers von einem Ende zum anderen
                              									wagerecht bewegt wurde. Die Zinkblende enthielt in rohem Zustande 30 Proc. Schwefel.
                              									Das Rohr war von auſsen geheizt und wurden von 3 zu 3 Stunden folgende
                              									Schwefelgehalte nachgewiesen: 23,4, 20,4, 15,2, 10,86, 6,9, 4,4, 4,2. Beim Versuche,
                              									diese Röstung in gröſserem Maſsstabe auszuführen, bediente man sich einer halbrunden
                              									guſseisernen Pfanne von 2m,5 Durchmesser und 7m Länge, wie solche zum Trocknen von Soda u. dgl.
                              									benutzt wird. Die Betriebserfolge waren aber durchaus nicht zufriedenstellend, weil
                              									das Erz in dem groſsen Apparate vor Abkühlung schlechter als im engen Rohre
                              									geschützt werden konnte und die niedrige Temperatur einer guten Abrostung hinderlich
                              									war.
                           Mit einem Röstofen von Eichhorn und Liebig (1883 249 * 30)
                              									wurden in 24 Stunden etwa 3l geröstete Blende
                              									durchgesetzt, also für jede Abtheilung etwa 333k.
                              									Alle 6 Stunden wird an derselben Abtheilung eine Ladung gezogen und bleibt die
                              									Blende 36 Stunden in dem Ofen. In den auf einander folgenden Abtheilungen zeigte die
                              									Blende folgende Schwefelgehalte:
                           
                           
                              
                                 Rohes Erz
                                 31,2
                                 31,2
                                 31,2
                                 31,2
                                 
                              
                                 Obere Sohle
                                 28,0
                                 23,8
                                 24,3
                                 24,2
                                 
                              
                                 2 Sohle
                                 24,8
                                 22,7
                                 19,7
                                 21,5
                                 
                              
                                 3 Sohle
                                 16,1
                                 16,5
                                 12,3
                                 17,3
                                 
                              
                                 4 Sohle
                                   8,8
                                 12,5
                                   9,9
                                   ?
                                 
                              
                                 5 Sohle
                                   7,8
                                   7,8
                                   5,4
                                   5,6
                                 
                              
                                 Unterste Sohle
                                   0,96
                                   0,9
                                   1,29
                                   1,33.
                                 
                              
                           Die Ofentemperatur betrug mitten auf der unteren Sohle 700 bis 750°, in den
                              									Endabtheilungen etwa 660°, so daſs diese noch besser vor Abkühlung zu schützen sind.
                              									Es empfiehlt sich, für jeden Ofen einen besonderen Schornstein anzubringen, um
                              									etwaige Undichtigkeiten sofort erkennen zu können. Da diese Oefen allen Schwefel
                              									nutzbar machen, so sind dieselben nach Hasenclever den
                              									von ihm früher empfohlenen vorzuziehen (vgl. 1876 222 *
                              									250).
                           Durch diese bessere Verwerthung der bei der Entschwefelung von
                              									Zinkblende entstehenden Röstgase erfährt namentlich die Schwefelsäuredarstellung in
                              									Rheinland und Westfalen, wo 40 Procent der deutschen und 20 Procent der
                              									Zinkerzeugung von Europa erfolgt, wieder eine sehr starke Vermehrung. Die in beiden
                              									Provinzen jetzt bestehenden 25 Schwefelsäurefabriken hatten im Jahre 1880 zusammen
                              										99620cbm Kammerraum. Nach F. Curtius sind im Durchschnitte für den Betrieb einer
                              									Bleikammer 330 Tage im Jahre zu rechnen; nimmt man als Leistung für 1cbm und 24 Stunden 2k Schwefelsäure von 60° B. an, so würden jährlich in den erwähnten
                              										99620cbm Kammerraum 65749t Schwefelsäure erzeugt werden. Hiervon werden von
                              									verschiedenen Fabriken zur Darstellung von Soda, Salpeter, Superphosphat u. dgl.
                              										28314t selbst verbraucht und nur 37435t in den Handel gebracht. Die für den Verkauf von
                              									Schwefelsäure im J. 1880 nöthigen Bleikammern entsprechen im Ganzen 56720cbm. Im J. 1881 wurden in beiden Provinzen 8000cbm Bleikammern errichtet, im J. 1882 12000cbm und im J. 1883 15570cbm und diente die in diesen neu errichteten
                              									Fabriken erzeugte Schwefelsäure fast nur für den Verkauf. Soll in den verbesserten
                              									Oefen der jetzt noch bei den Zinkhütten entweichende Schwefel condensirt werden, so
                              									sind hierzu weitere 20000cbm Bleikammern neu
                              									herzustellen. Die neuen Anlagen sind zum Theile dazu bestimmt, die durch die
                              									verbesserten Röstöfen verfügbare Schwefligsäure zu condensiren; zum Theile sollen
                              									dieselben für Zinkhütten dienen, deren Röstgase bisher unbenutzt in die Atmosphäre
                              									gelangten. Jedenfalls wird durch das rasche Hinzutreten von im Ganzen 55570cbm Kammerraum zu den schon vor 1880 betriebenen
                              									Bleikammern von 56720cbm Gesammtinhalt zeitweise
                              									ein bedeutendes Uebermaſs erzeugt.
                           Die Vorgänge in der Bleikammer sind namentlich durch die Arbeiten von F. Hurter (Jahresbericht der
                                 										chemischen Technologie, 1882 * S. 240), sowie von Lunge und Naef (1884 252 169) näher erklärt worden. Bleikammern ohne Dach sind nicht
                              									vortheilhaft. Statt der aufrechten kantigen Ständer, wählt man mit Vortheil das
                              									billigere Rundholz und sorgt dafür, daſs Holz und Blei sich möglichst wenig
                              									berühren. Zur Ersparniſs von Blei ist man dazu übergegangen, den Querschnitt der
                              									Kammern zu erweitern, und wurden in den letzten Jahren viele Kammern von 10m Höhe und 10m
                              									Breite gebaut. Statt des rechteckigen Querschnittes hat Hasenclever mit Erfolg die oberen Ecken gebrochen, weil sich diese Form
                              									einestheils der Dachconstruction anpaſst, andererseits für die Ausnutzung des
                              									Kammerraumes beim Durchgange der Gase vortheilhaft zu sein scheint.
                           In den Apparaten zur Herstellung von Sulfat sind keine
                              									Neuerungen zu
                              									verzeichnen. Das Hargreaves'sche Verfahren hat sich in
                              									Deutschland keinen Eingang verschafft und ist einstweilen die Anwendung der Jones'schen und Mactear'schen Oefen auf Potaschefabriken beschränkt geblieben.
                           Legt man die vorjährigen Chlorkalkpreise zu Grunde, so verwerthet sich die Salzsäure in der Schlackenverarbeitung besser als bei
                              									der Chlorentwickelung, wie auch der Auszug der Phosphorsäure in den meisten Fällen
                              									vortheilhafter sein wird als die bisherige Wiedergewinnung des Schwefels aus den
                              									Sodarückständen. Zur Entwickelung von Kohlensäure stellt sich die Benutzung von
                              									Salzsäure und Kalkstein in vielen Fällen zu theuer und wird neuerdings die in der
                              									vulkanischen Eifel natürlich vorkommende Kohlensäure verflüssigt. In der
                              									Kupfergewinnung aus malachitischen Schiefern versucht man statt der Salzsäure
                              									Schwefelsäure anzuwenden und ist überhaupt in letzter Zeit vielfach bemüht, bei
                              									steigendem Preise die Salzsäure thunlichst zu ersetzen. Die deutsche
                              									Salzsäure-Erzeugung beläuft sich jährlich annähernd auf 126450t (von 18 Sodafabriken), dazu kommen aus den
                              									bestehenden 8 Potaschefabriken noch etwa 22000t,
                              									zusammen also 148450t Salzsäure von 20° B.
                           Die deutsche Sodafabrikation hat in den letzten Jahren
                              									einen lebhaften Aufschwung genommen.
                           Die Gesammterzeugung an calcinirter, kaustischer und
                              									krystallisirter Soda, welche, auf 100 Proc. Natriumcarbonat berechnet, im J. 1877
                              									etwa 42500t betrug, ist im J. 1883 auf 115500t gestiegen. Hiervon werden heute etwa 56200t nach dem alten Leblanc'schen Verfahren hergestellt und etwa 59100t nach dem Ammoniakverfahren, während im J. 1877
                              									letzteres kaum 20 Procent der Gesammterzeugung ausmachte (vgl. 1881 239 55).
                           Der Preis für calcinirte Soda, welcher vor 1877 durchschnittlich
                              									23 M. für 100k betrug, stellt sich heute in
                              									gewöhnlicher Waare auf etwa 12 bis 14 M., während allerdings sogen. Specialitäten
                              									höher bezahlt werden. Die Verkaufspreise sind also um 45 Proc. gesunken und die
                              									Erzeugung ist auf mehr als die doppelte Menge gestiegen. Mit Berücksichtigung der
                              									geringen Ausfuhr ist der deutsche Bedarf jetzt doppelt so groſs wie vor einigen
                              									Jahren, so daſs die so verbreitete, Soda verbrauchende Industrie seit Regelung der
                              									Zölle einen überaus lebhaften Aufschwung genommen haben muſs.
                           Die Fabrikation von Ammoniaksoda
                              									entwickelt sich nicht allein in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern mehr
                              									und mehr. In Amerika und Ruſsland werden Fabriken nach Solvay's Verfahren gebaut. In Oesterreich betreibt man die
                              									Ammoniaksodafabrikation in Szczakowa (Galizien) und wird der Oesterreichische Verein für chemische und metallurgische Production in
                              									Aussig das Solvay'sche Verfahren einführen und gegen
                              									Ende 1884 in Ebensee bei Gmunden die Fabrikation eröffnen. L. Mond erzeugt seit 1875 nach Solvay's
                              									Verfahren Ammoniaksoda in England und zwar in Northwich und in Sandbach jährlich
                              										52000t. In Folge dieses Wettbewerbes und
                              									namentlich auch in Folge der festländischen Zollpolitik haben die alten englischen
                              									Fabriken ihre Lieferung eingeschränkt. Die bekannten groſsen Firmen haben zwar ihren
                              									Betrieb aufrecht erhalten, wogegen zahlreiche kleinere Fabriken eingegangen sind.
                              									Der geringeren Zahl der englischen Leblanc'schen
                              									Sodafabriken ist es jetzt nach Verlust bringenden Jahresabschlüssen gelungen,
                              									einstweilen durch bessere Verwerthung der Chlorpräparate günstigere Betriebserfolge
                              									zu erzielen. In Frankreich errichtete Solvay auf Grund
                              									seiner langjährigen Erfahrungen zu Couillet in Belgien im J. 1875 die Fabrik in
                              									Dombasle bei Nancy und vergröſserte dieselbe allmählich bis zur jetzigen
                              									Jahreslieferung von 50000t. Beide Verfahren
                              									bestehen in Frankreich neben einander und wetteifern die alten Fabriken durch
                              									günstige Salzsäureverwerthung mit den neuen Anlagen.
                           
                           In Deutschland wurden, nachdem die Erfolge von Solvay bekannt geworden, zuerst von Honigmann, dann von manchen anderen Chemikern ebenfalls
                              									Versuche zur Ammoniaksodafabrikation gemacht und entstanden zahlreiche Anlagen an
                              									mehr oder weniger günstig gelegenen Orten, bevor Solvay
                              									selbst seine erste Fabrik in Wyhlen in Betrieb setzte, Es bestehen jetzt an 10
                              									Plätzen Ammoniaksodafabriken in Deutschland, was wohl zum Theile verhindert worden
                              									wäre, wenn Solvay sein Verfahren früher bei uns
                              									eingeführt hatte. Jetzt sind seine Anlagen in Deutschland erst in der Entwicklung
                              									begriffen. Wyhlen hat die geplante Ausdehnung erreicht, Bernburg wird noch
                              									vergröſsert und in Saaralben ist eine neue Anlage im Baue. Es wird daher dem
                              									erfreulichen Aufschwünge, den die Sodaerzeugung in Deutschland genommen hat, eine
                              									schwere Krisis folgen. Der Kampf zwischen der Ammoniaksodafabrikation und dem Leblanc'schen Verfahren, welcher in anderen Ländern
                              									wenigstens zu einem Waffenstillstände gekommen ist, steht in Deutschland noch erst
                              									bevor. Zunächst wird die Sodaeinfuhr bei den vergröſserten und neuen Fabrikanlagen,
                              									wenn nicht in diesem Jahre, doch 1885 ihr Ende erreichen und dann eine übermäſsige
                              									Lieferung beginnen, welche ungünstige Geschäftsabschlüsse zur Folge haben wird.
                           Zur Gewinnung von Salzsäure als Nebenproduct der
                                 										Ammoniaksoda werden nach Mond die von dem
                              									Bicarbonate getrennten Laugen in einem Destillationsapparate erhitzt, bis alle
                              									flüchtigen Ammoniaksalze abgetrieben sind. Anstatt die festen Ammoniaksalze nun mit
                              									Kalk zu zersetzen, werden die Laugen eingedampft, das sich ausscheidende Kochsalz
                              									wird ausgekrückt und in der Sodafabrikation wieder verwerthet. Wenn genügende
                              									Concentration erreicht ist, wird die Lauge zum Krystallisiren gestellt und nach
                              									Auskrystallisirung des Chlorammoniums die Mutterlauge in derselben Weise weiter
                              									behandelt (vgl. 1884 253 350).
                           Das gewonnene Chlorammonium wird mit 2 Aeq. Schwefelsäure in eisernen oder bleiernen
                              									Pfannen erhitzt und die entweichenden Salzsäuredämpfe auf bekannte Weise condensirt
                              									oder direkt zur Chlorerzeugung verwandt. Sämmtliche Salzsäure entweicht unter 250°
                              									unvermischt mit Luft. Der in der Pfanne bleibende flüssige Rückstand besteht aus
                              									doppelt schwefelsaurem Ammoniak. Zur Ueberführung desselben in einfach
                              									schwefelsaures Ammoniak werden in die heiſse Flüssigkeit ammoniakalische Dämpfe
                              									eingeleitet, wie dieselben durch Destillation von Gaswasser erhalten werden, und das
                              									sich bildende einfach schwefelsaure Ammoniak wird ausgefischt. Oder man läſst den
                              									flüssigen Rückstand auf Platten erkalten und setzt die so gewonnene feste Masse in
                              									Kammern ammoniakalischen Dämpfen aus; hierzu können die bei der Leuchtgas- und
                              									Kokesbereitung gewonnenen Gase direkt verwendet werden. Man kann auch das doppelt
                              									schwefelsaure Ammoniak mit der geeigneten Menge von Kalkphosphaten mischen, so daſs
                              									die freie Schwefelsäure für die Bildung von Superphosphaten hinreicht (vgl. 1884 252 343). Das Verfahren verspricht vortheilhaft zu
                              									werden.
                           In den Ammoniaksodafabriken ist ferner die Leistung eines zusammenhängenden Systemes
                              									von Apparaten, eines sogen. Elementes, von 10 auf 30t täglich gesteigert, so daſs bei den niedrigen Ammoniakpreisen
                              									verschiedene Fabriken recht günstige Betriebserfolge aufzuweisen haben. In den
                              									Sodafabriken nach dem Leblanc'schen Verfahren sind
                              									durch geringeren Kohlenverbrauch, durch Einführung der Thelen'schen
                              									Apparate zum Eindampfen und Calciniren, durch billigere Preise der Schwefelsäure und
                              									bessere Verwerthung der Salzsäure auch Ersparnisse gemacht und erhebliche
                              									Abminderungen in den Selbstkosten erzielt worden, so daſs, wenn in Deutschland ein
                              									Kampf ums Dasein durch übermäſsige Lieferung entstehen sollte, wahrscheinlich nur
                              									einige wenige ganz ungünstig gelegene Fabriken nach beiden Verfahren werden den
                              									Betrieb einstellen müssen, wenn auch die Rentabilität der Sodafabrikation
                              									voraussichtlich auf Jahre hinaus eine schlechte sein wird.
                           Ueber den Umfang der Schwefelsäure- und Sodafabrikation in
                                 										England gibt G. Lunge in der Chemischen Industrie, 1884 S. 213 bemerkenswerthe
                              									Mittheilungen, welche namentlich auf Angaben von F.
                                 										Hurter beruhen. Danach betrug die Einfuhr von Schwefelkies und Schwefel in
                              									englischen Tonnen (zu 1016k):
                           
                              
                                 Tabelle IJahr
                                 Schwefelkieseingeführt
                                 Auf Kufperverhüttete Ab-brände
                                 KupferigerSchwefelkiesverbrannt
                                    											be-rechnet
                                 Rohschwefeleingeführt
                                 
                              
                                 1872
                                 516299
                                 253529
                                 362184
                                 –
                                 
                              
                                 1873
                                 520939
                                 323910
                                 462729
                                 –
                                 
                              
                                 1874
                                 500831
                                 329004
                                 470006
                                 51821
                                 
                              
                                 1875
                                 539256
                                 365368
                                 521954
                                 55876
                                 
                              
                                 1876
                                 505301
                                 379269
                                 541813
                                 43735
                                 
                              
                                 1877
                                 680033
                                 427954
                                 611363
                                 54167
                                 
                              
                                 1878
                                 577719
                                 402716
                                 575308
                                 43604
                                 
                              
                                 1879
                                 481622
                                 385874
                                 551250
                                 41012
                                 
                              
                                 1880
                                 657867
                                 415367
                                 593670
                                 46896
                                 
                              
                                 1881
                                 542046
                                 396737
                                 566767
                                 40561
                                 
                              
                                 1882
                                 626902
                                 434427
                                 620610
                                 47278
                                 
                              
                                 1883
                                 600673
                                 439156
                                 627365
                                 43882
                                 
                              
                           Die nach dem Verhältnisse 70 : 100 aus der 2. Spalte
                              									berechneten und in der 3. Spalte eingetragenen Mengen Kies, verglichen mit den
                              									Mengen der 1. Spalte, zeigen, daſs seit etwa 10 Jahren in England fast
                              									ausschlieſslich Kupfer haltiger Schwefelkies verbrannt wird.
                           Der Verbrauch an Schwefelsäure in England betrug,
                              									umgerechnet auf Monohydrat H2SO4:
                           
                              
                                 Tabelle IIJahr
                                 Erzeugt ausPyriten
                                 Pyritsäureverbrauchtfür Sulfat
                                 Pyritsäureanderweitigverbraucht
                                 Aus Roh-schwefel
                                 Insgesamt
                                 
                              
                                 1878
                                 747900
                                 417406
                                 330494
                                 124271
                                 872171
                                 
                              
                                 1879
                                 716625
                                 445265
                                 271360
                                 116884
                                 833509
                                 
                              
                                 1880
                                 771771
                                 501612
                                 270159
                                 133653
                                 905424
                                 
                              
                                 1881
                                 736797
                                 475724
                                 261073
                                 115599
                                 852396
                                 
                              
                                 1882
                                 806793
                                 472151
                                 334642
                                 134742
                                 941535
                                 
                              
                                 1883
                                 815574
                                 484252
                                 331322
                                 125064
                                 940638
                                 
                              
                           
                           Die erste Spalte zeigt, wieviel Schwefelsäure jährlich in England
                              									aus Pyriten gewonnen wurde, berechnet aus der 3. Spalte der Tabelle I. Da der so gut
                              									wie ausschlieſslich angewendete kupferige Kies im Durchschnitte 48 Proc. Schwefel
                              									enthält, wovon 45 Proc. verbrannt werden, so kann das Ausbringen aus 100 Th. Pyrit =
                              									130 Th. Monohydrat gleich gesetzt werden. Die 2. Spalte zeigt, wieviel Pyritsäure
                              									zur Darstellung von Sulfat aus Kochsalz verwendet wurde. Dies ist aus der 3. Spalte
                              									der Tabelle IV berechnet, welche die Menge des zur Sulfatgewinnung verbrauchten
                              									Kochsalzes angibt. Man setzt in England allgemein 7 Kochsalz = 4 Pyrit, wobei zu
                              									berücksichtigen ist, daſs das dortige Salz sehr feucht ist und meist nur 92 bis 93
                              									Proc. NaCl enthält. Setzt man wiederum 100 Pyrit = 130 Monohydrat, so ergibt sich
                              									das Verhältniſs 100 Kochsalz = 74,3 oder rund 75 Schwefelsäure, wonach die 2, Spalte
                              									Tabelle II berechnet ist. Die 3. Spalte gibt die für andere Zwecke, d.h. fast
                              									ausschlieſslich für die Düngerfabrikation verbrauchte
                              									Pyritsäure; diese erfordert auſserdem noch sehr groſse Mengen Rohschwefelsäure in
                              									Form von schwefelsaurem Ammoniak, dessen Gesammtdarstellung im J. 1883 sich auf
                              										75000t belief. Der erhebliche Mehrverbrauch
                              									von Säure zur Düngerfabrikation stammt also von einer direkten Vermehrung der
                              									Schwefelsäuregewinnung. Die 4. Spalte zeigt die Menge der Säure aus dem Rohschwefel,
                              									dessen Ausbringen an Monohydrat man gleich 285 Proc. setzen kann. Von dem
                              									eingeführten Schwefel kommen etwa 90 Proc. zur Säurefabrikation, also nur etwa
                              										4000t jährlich auf alle anderen Zwecke, da in
                              									England die Ultramarinfabrikation sehr unbedeutend ist, die Bleicherei nur wenig,
                              									die Schieſspulverfabrikation (vgl. 1883 249 458) etwa
                              										633t Schwefel verbraucht.
                           Nun wird aber auf der anderen Seite eine nicht unbedeutende Menge
                              									von Schwefel im Lande selbst erzeugt, theils durch Ausbeutung der Sodarückstände,
                              									theils als Gasschwefel, welcher fast ganz zur Darstellung von Schwefelsäure
                              									verwendet wird. Diese Menge kommt den obigen 4000t
                              									mindestens gleich, beträgt aber vermuthlich sogar erheblich mehr. Man wird sich also
                              									gewiſs von der Wahrheit nicht weit entfernen, wenn man den gesammten eingeführten
                              									Rohschwefel auf Schwefelsäure berechnet, wie dies in der 2. Spalte der Tabelle II
                              									der Fall ist.
                           In der Nähe von London, in Lancashire u.a., gibt es eine ganze
                              									Reihe von Fabriken, welche Rohschwefel verwenden und ebenso gibt es eine ganze Reihe
                              									von Abnehmern, welche durchaus nur auf diesem Wege dargestellte Säure (brimstone acid) anwenden wollen. Nicht nur sind dies
                              									sämmtliche Bleicher, Weiſsblech- und andere Fabrikanten, bei denen man begreift,
                              									daſs sie von Eisen und Arsen freie Säure selbst zu höherem Preise vorziehen, sondern
                              									auch das schwefelsaure Ammoniak z.B. wird gröſstentheils mit Rohschwefelsäure
                              									bereitet und auch in anderen Fällen (z.B. zur Zersetzung von carbolsaurem Natron)
                              									besteht in England ein Vorurtheil zu Gunsten der Rohschwefelsäure, von welchem man
                              									in Deutschland nichts weiſs. Der Preisunterschied ist sehr bedeutend. Man bezahlt in
                              									Lancashire auf der Fabrik 27 bis 30 Schilling für Pyritsäure von 60° B., dagegen 50
                              									Schilling für Rohschwefel-Kammersäure von 50,5 bis 51° B. Bei diesem Preise werden
                              									die Säurefabriken gern Rohschwefel verwenden und muſs man sich nur über die groſse
                              									Zahl der Abnehmer verwundern, welche sich dazu verstehen, einen so viel höheren
                              									Preis für ihre Säure anzulegen, sicher in sehr vielen Fällen ohne Nöthigung, aus
                              									bloſsem Vorurtheile. Lunge hat bereits (1884 252 294) gezeigt, daſs in Amerika der Werthunterschied
                              									zwischen der Säure aus Rohschwefel und derjenigen aus Pyrit ein viel geringerer zu
                              									sein braucht, da man daselbst genügende Mengen Pyrit frei von Arsen zur Verfügung
                              									hat.
                           Es folgen nun in Tabelle III die Ziffern (in Tonnen zu 1016k) für die englische
                                 										Sodafabrikation:
                           
                           
                              
                                 TabelleIIIJahr
                                 (1)
                                 (2)
                                 (3)
                                 (4)
                                 (5)
                                 (6)
                                 (7)
                                 (8)
                                 
                              
                                 Ammo-niaksoda48°
                                 CalcinirteLeblanc-Soda 48°
                                 Kaus-tischeSoda 60°
                                 Krystall-soda 21°
                                 Bicarbo-nat 38°
                                 GesammteLeblanc-Soda 48°
                                 Gesammt-soda 48°
                                 Gesammt-soda aus-gedrücktals
                                    												100Na2CO3
                                 
                              
                                 1878
                                 10000
                                 197992
                                   84612
                                 170872
                                 11756
                                 387808
                                 397808
                                 326203
                                 
                              
                                 1879
                                 18000
                                 228209
                                   86511
                                 185319
                                 13083
                                 427837
                                 445837
                                 365586
                                 
                              
                                 1880
                                 26000
                                 258893
                                 106384
                                 192926
                                 13539
                                 486882
                                 512882
                                 420563
                                 
                              
                                 1881
                                 34000
                                 225087
                                 108310
                                 203773
                                 12853
                                 459856
                                 493856
                                 404962
                                 
                              
                                 1882
                                 42000
                                 230213
                                 116864
                                 180846
                                 14115
                                 466562
                                 508562
                                 417021
                                 
                              
                                 1883
                                 52000
                                 228034
                                 119929
                                 188678
                                 13609
                                 471220
                                 523220
                                 429040
                                 
                              
                           Die calcinirte Soda, sowie die Gesammtmengen in der 6. und 7.
                              									Spalte sind sämmtlich auf 480 englisch = 82° deutsch (Procent von Natriumcarbonat)
                              									umgerechnet. Ganz genau fällt dies keinesfalls aus, da bekanntlich viele englische
                              									Fabriken und sämmtliche englische Handelsanalytiker ihre Sodagrade nicht als
                              									wirkliche Procent von Na2O, sondern etwas höher
                              									bezeichnen (vgl. 1876 220 384). Somit ist die Erzeugung
                              									von Leblanc-Soda aller Art so hoch, wie je vorher und in den letzten 4 Jahren fast
                              									gleich gewesen ist. Die Darstellung der Ammoniaksoda ist hinzugetreten und hat den
                              									nach den allgemeinen Kulturfortschritten zu erwartenden Zuwachs in der
                              									Gesammt-Sodagewinnung bestritten; aber sie macht auch jetzt nur 10 Proc. der
                              									gesammten Sodaerzeugung Englands aus und von einem Zurückdrängen der Leblanc-Soda
                              									ist dort der Menge nach nichts zu bemerken. Um so fühlbarer hat sich aber das
                              									Zurückdrängen der Preise gemacht. Wenn einmal der Bedarf gedeckt ist, so verursacht
                              									bekanntlich schon eine geringe Uebererzeugung ein starkes Weichen der Preise,
                              									welches stetig werden muſs, wenn die neu hinzu tretenden Fabriken billiger als die
                              									früheren Fabriken zu arbeiten vermögen. Dieses Verhältniſs ist in England sehr
                              									entschieden vorhanden, wo bis vor kurzem die Salzsäure in den
                              									Rentabilitätsberechnungen vieler Fabriken gar nicht als Faktor auftrat und z.B. in
                              									den Geschäftsrechnungen des Chlorkalkes ausgelassen zu werden pflegte. Daher muſsten
                              									freilich die weniger günstig gelegenen und weniger kapitalskräftigen Fabriken
                              									eingehen- man zählt solcher 4 in Widnes, 2 in St. Helens, 1 bei Manchester, 12 am
                              									Tyne, im Ganzen in England und Irland wohl über 20. Aber dies waren natürlich gerade
                              									die kleinsten Fabriken; die groſsen Leblanc-Sodafabriken in England müssen nach
                              									Ausweis obiger Tabellen ihre Erzeugung um so viel ausgedehnt haben, daſs sie den
                              									durch das Eingehen jener 20 kleinen Fabriken entstehenden Ausfall reichlich
                              									ersetzen. Die nach Deutschland eingeführte Menge Superphosphat und zwar:
                           
                              
                                 im J. 1880
                                 15600t
                                 
                              
                                 1881
                                 20404t
                                 
                              
                                 1882
                                 24878t
                                 
                              
                                 1883
                                 31563t
                                 
                              
                           ist nur unbedeutend im Verhältnisse der englischen
                              									Gesammterzeugung. Nachdem die Preise für Schwefelkies in England sehr herabgesetzt
                              									worden sind, dürfte dieser Wettbetrieb in Deutschland noch weit mehr fühlbar
                              									werden.
                           Diese Verbilligerung des Schwefelkieses macht natürlich die
                              									Leblanc-Soda wiederum widerstandsfähiger gegenüber der Ammoniaksoda und noch mehr,
                              									wenn auch vielleicht zunächst nur zeitweilig, wirkt in dieser Richtung die durch
                              									eine Verabredung herbeigeführte Preiserhöhung des Chlorkalkes. Hierdurch muſs auch
                              									in England die Leblanc-Sodafabrikation wiederum nutzbringend werden. Auch muſs man
                              									sagen, daſs in diesem Ausnahmefalle die Vereinigung der Chlorkalkfabrikanten wohl
                              									längeren Bestand als sonst gewöhnlich haben wird, da dieselbe nicht, wie in so
                              									vielen anderen Fällen, eine willkürliche Berechnung, sondern der Ausdruck eines
                              									schweren Nothstandes und der unleugbar zu nennenden Thatsache ist, daſs die
                              									Salzsäure der Sulfatfabrikation einen selbstständigen Werth besitzt, während
                              									dieselbe früher in England als werthloses Nebenproduct angesehen und verrechnet
                              									wurde. Für diesen Umstand scheint es unwesentlich, ob es auch den
                              									Ammoniaksodafabriken gelingen wird, ihr Chlorammonium auf Salzsäure zu verwerthen; denn dies
                              									wird ihnen wohl stets viel mehr kosten als den Leblanc-Sodafabriken die ohnehin
                              									unvermeidliche Condensation der Salzsäure.
                           Beim Leblanc'schen Prozesse muſs sich
                              									die Soda jetzt nach den Preisen des viel billiger
                              									arbeitenden Ammoniakverfahrens richten; bei letzterem wird aller Wahrscheinlichkeit
                              									nach die Salzsäure, wenn diese überhaupt mit irgend
                              									welchem Vortheile zu gewinnen ist, sich im Preise nach dem in dieser Beziehung viel
                              									billiger arbeitenden Leblanc-Verfahren richten müssen und daher wohl kaum je einen
                              									solchen Werth gewinnen, daſs viel dabei herauskommt. Das oben erwähnte Verfahren von
                              										Mond bedingt theoretisch die Gewinnung von 2 Mol.
                              									Ammoniumsulfat (264) auf 1 Mol. Natriumcarbonat (106), also mindestens des 2½ fachen
                              									Gewichtes des ersteren auf ein Gewicht des letzteren, in der Praxis wohl noch mehr.
                              									Die im J. 1883 in England erzeugten 75000t
                              									Ammoniumsulfat würden, wenn dieselben sämmtlich von der Mond'schen Fabrik geliefert werden könnten (was doch schon wegen des
                              									Bezuges eines solchen Rohmaterials, wie es Gaswasser ist, rein undenkbar ist),
                              									theoretisch nur 30000t Soda, praktisch wohl kaum
                              									der Hälfte der heutigen Leistung jener Firma (52000t) entsprechen. Die sonstigen Ammoniakquellen stellen sich nicht
                              									besser.
                           Schlieſslich folgt eine Zusammenstellung des Verbrauches von
                                 										Kochsalz und die Erzeugung von Chlorkalk in
                              									England, ebenfalls in. Tonnen zu 1016k:
                           
                              
                                 TabelleIVJahr
                                 Kochsalz-verbrauchin der
                                    											Soda-industrie
                                 Kochsalz-entspr.
                                    											derAmmoniak-soda
                                 Kochsalz-in Sulfatverwandelt
                                 Kochsalz-verbrauchfür
                                    											Leblanc-Soda
                                 Kochsalz-verbrauchfür Sulfatzum
                                    											Verkaufe
                                 Chlor-kalker-zeugt
                                 
                              
                                 1878
                                 568542
                                 12000
                                 556542
                                 465370
                                 91172
                                 105044
                                 
                              
                                 1879
                                 615287
                                 21600
                                 593687
                                 513404
                                 80283
                                 115290
                                 
                              
                                 1880
                                 700016
                                 31200
                                 668816
                                 584258
                                 84558
                                 131606
                                 
                              
                                 1881
                                 675099
                                 40800
                                 634299
                                 551827
                                 82472
                                 135826
                                 
                              
                                 1882
                                 679935
                                 50400
                                 629535
                                 559874
                                 69661
                                 135170
                                 
                              
                                 1883
                                 708070
                                 62400
                                 645670
                                 565464
                                 80206
                                 141868
                                 
                              
                           Für Ammoniaksoda ist nicht die wirkliche
                              									Verbrauchsmenge von Salz, meist in Form von Soole, angesetzt, welche sich ungefähr
                              									auf das doppelte der erzeugten Soda belaufen wird; sondern ihre Ziffer für Salz ist
                              									aus der dargestellten Soda nach demselben Verhältnisse wie beim Leblanc'schen Verfahren, also 120 Salz auf 100 Soda von
                              									48° engl. abgeleitet. Dieser Betrag findet sich in der 2. Spalte aufgeführt, welche
                              									also nicht das wirklich für Ammoniaksoda verbrauchte, sondern nur die dafür in
                              									Rechnung gestellte Menge Salz angibt und bloſs dazu dient, um die Zahlen der 3.
                              									Spalte abzuleiten, also die Menge des in Sulfat, für Sodafabrikation und alle
                              									anderen Zwecke verwendeten Kochsalzes. Die 4. Spalte zeigt, wieviel Salz für
                              									Leblanc-Soda aller Art (einschlieſslich kaustische, Krystalle und Bicarbonat)
                              									verwendet wurde, und ist eben aus der 6. Spalte der Tabelle III nach dem
                              									Verhältnisse 100 : 120 berechnet. Durch Abziehen der Ziffern der 3. und 4. Spalte in
                              									Tabelle IV ergibt sich die 5. Spalte, also das für Sulfat zum Verkaufe verwendete
                              									Kochsalz.