| Titel: | Th. Nordenfelt's Kartätschgeschütz. | 
| Fundstelle: | Band 254, Jahrgang 1884, S. 429 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Th. Nordenfelt's Kartätschgeschütz.
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									30.
                        Th. Nordenfelt's Kartätschgeschütz.
                        
                     
                        
                           Unter den neueren Kartätschgeschützen, welche zum Schütze der groſsen Panzerschiffe
                              									gegen angreifende Torpedoboote jetzt allgemein bei den Kriegsmarinen eingeführt
                              									werden, fängt das Nordenfelt'sche Geschütz an, eine
                              									immer gröſsere Rolle zu spielen. In den Patentschriften * D. R. P. Kl. 72 Nr. 18836
                              									vom 10. Juni 1881 und * Nr. 25956 vom 20. April 1883 ist die Einrichtung derselben
                              									ausführlich mitgetheilt.
                           3, 5 oder 7 Läufe A und die Schlösser liegen in einem
                              									Rahmen F (Fig. 5 und 6 Taf. 30), welcher sich
                              									ungefähr in der Mitte um seine Schildzapfen F1 drehen kann, die in einer Gabel liegen, deren
                              									unterer senkrechter Zapfen in einem Lager nach allen Richtungen hin drehbar ist, so
                              									daſs das Geschütz nach allen Seiten hin gerichtet werden kann. Dicht hinter den
                              									Schildzapfen sind beide Seitenwangen des Rahmens F
                              									durch einen Quersteg C verbunden, in welchen die Läufe
                              										A auf verschiedene Weise befestigt werden- entweder
                              									sind dieselben in bekannter Weise in C hineingeschraubt
                              									und dann werden ihre vorderen Enden, welche oben und unten abgeplattet sind, von dem
                              									mit entsprechenden Oeffnungen versehenen Stege B,
                              									welcher durch Keile f1
                              									an F befestigt ist, gehalten, oder die Läufe werden
                              									lose in C eingesetzt und von dem Gelenke d des Schloſsdeckels D, welches beim Schlüsse
                              									des letzteren in eine Aussparung der Läufe eintritt, festgehalten. In letzterem
                              									Falle ist eine weitere Befestigung der Läufe in dem Stege B nicht mehr nothwendig.
                           In einiger Entfernung hinter dem Mittelstege C führt
                              									sich an den beiden Seitenwangen des Rahmens F der Block
                              										E; er trägt an seinem vorderen Ende die
                              									Verschluſscylinder G, welche die vor denselben
                              									liegenden Patronen in die Läufe A schieben und den
                              									unmittelbaren Rückstoſs beim Abfeuern der Patronen aufnehmen. An der Auſsenseite der
                              									Verschluſscylinder G sind die bekannten Auszieher
                              									angeordnet, während in denselben die Schlagfedern J
                              									nebst den Schlagbolzen H untergebracht werden, welche
                              									letzteren an ihren durch die Rückwand von E
                              									hindurchtretenden Hinterenden mit Rasten h versehen
                              									sind. Die Patronen gelangen vor die Verschluſscylinder, wenn dieselben sich in
                              									zurückgezogener Stellung befinden, durch Längsöffnungen in Deckel D, über welchem sich ein Magazin befindet, worin die
                              									Patronen in der Laufzahl des Geschützes entsprechenden Reihen über einander
                              									geschichtet sind. Damit beim Laden keine Unregelmäſsigkeiten vorkommen können, trägt
                              									der Block E an seiner Vorderfläche schräge Ansätze l, welche beim Vor- und Zurückbewegen des Blockes einen
                              									Schieber M, der mit ähnlichen Ansätzen m und den Verschluſscylindern entsprechenden Rinnen
                              									versehen ist, quer zur Laufrichtung verschieben, so daſs die Rinnen im Schieber M bei der Rückwärtsbewegung der Verschluſscylinder G sich unter die Schlitze im Deckel D stellen und Patronen aus dem Magazine aufnehmen, bei
                              									der Vorwärtsbewegung der Verschluſscylinder aber diese Patronen hinter die Läufe
                              									befördern, so daſs erstere die Patronen dann in die Läufe einführen können. In L sind Oeffnungen angebracht, durch welche die
                              									abgeschossenen Patronenhülsen zu Boden fallen können. Am hintersten Ende des Rahmens
                              									liegt der Abzugschieber N, welcher sich quer zur
                              									Laufrichtung hin und her verschieben kann, von einer Feder n1 nach links gedrückt wird und hinten
                              									Abzugstollen n trägt, die sich vor die Rasten h der Schlagbolzen legen, wenn letztere vermöge
                              									schräger Flächen die Stollen n zuerst nach rechts
                              									gedrückt haben und dann w, von der Feder n1 getrieben, wieder
                              									nach links schnellt. Block E und Abzugschieber N werden nun durch einen doppelarmigen Hebel K mit einander verbunden, welcher in dem an dem
                              									Gestelle befestigten Lager f seinen Drehpunkt hat.
                              									Dieser Hebel K greift mit einer an seinem vorderen Ende
                              									angebrachten Rolle k in eine Führungsnuth e auf der unteren Seite des Blockes E, während das hintere Ende von K zwischen zwei Knaggen n2 und n3, welche auf der unteren Seite des Abzugschiebers
                              										N angebracht sind, spielt. Die Kopfflächen k1 und k2 des hinteren und
                              									vorderen Hebelarmes von K sind nach seinem Drehpunkte
                              									abgerundet und bewegen sich in entsprechend gestalteten Führungen f2 und e1 des Gestelles
                              									bezieh. des Blockes E, so daſs der beim Abfeuern der
                              									Schüsse auf die Verschluſscylinder ausgeübte Rückstoſs durch den Block E und den Hebel K unmittelbar auf das Gestell
                              									übertragen wird. Der Hebel K ist mit dem rechts
                              									seitwärts am Geschütze vorstehenden Handhebel T, dessen
                              									Drehbolzen von dem hohlen Drehzapfen des Hebels K
                              									umfaſst wird, verbunden.
                           Um nun eine Streuung der Geschosse bewirken zu können, ist der Handhebel T an seinem hinteren Ende mit einem Daumen versehen,
                              									welcher in eine an der Laffete O des Geschützes
                              									stellbar befestigte Gabel Q eingreift. Bei der
                              									Handhabung des Hebels T durch Vor- und Zurückbewegung
                              									desselben wird also das Gestell F, welches in
                              									Trapezführungen mit O verbunden ist, in bestimmten
                              									Winkeln um seine lothrechten Drehzapfen herumgeführt.
                           Die Handhabung des Geschützes ist demnach folgende: Beim Zurückbewegen des Hebels T werden der Block E und
                              									die Verschluſscylinder G mittels des Hebels K zurückgezogen. Im letzten Augenblicke springen die
                              									Abzugstollen n vor die Rasten h der Schlagbolzen und halten diese fest. Gleichzeitig ist aber der
                              									Schieber M zur Seite geschoben worden und hat aus dem
                              									Magazine durch die Oeffnungen im Deckel D frische
                              									Patronen aufgenommen. Dreht man nun T nach vorn, so
                              									wird zuerst der Schieber M wieder nach der anderen
                              									Seite geschoben, wodurch die eben aufgenommenen frischen Patronen hinter die Läufe
                              									zu liegen kommen. Nun führt die Rolle k des Hebels K den Block E nach vorn,
                              									wodurch die Verschluſscylinder die Patronen in die Läufe schieben, die Schlagbolzen
                              									unter Anspannung der Schlagfedern dagegen von n
                              									zurückgehalten werden. Im letzten Augenblicke der Hebelbewegung stöſst der Hebel K den Abzughebel N zur
                              									Seite und löst dadurch nach einander, in Folge der verschiedenen Längen der
                              									Abzugstollen n, die Schlagbolzen aus, welche dann
                              									vorschnellen und die Patronen entzünden. Gleichzeitig findet aber eine geringe
                              									wagerechte Verdrehung des Gestelles F statt, so daſs
                              									die einzelnen Schüsse in verschiedenen Seitenrichtungen abgefeuert werden. Das
                              									Kugelgelenk P ist mit der Richtschraube verbunden.
                           Fig. 7 Taf. 30
                              									zeigt nach Engineering, 1883 Bd. 35 S. 51 die
                              									Laffettirung eines solchen Geschützes. Der Rahmen F, in
                              									welchem die Läufe A gelagert sind, dreht sich mit den
                              									Schildzapfen F1 in der
                              									Gabel R, welche mittels einer Haube das an irgend einer
                              									Stelle des Schiffes angebrachte Tragstück S umfaſst und
                              									von einem Mittelbolzen geführt wird. An dem Tragstücke S ist ein Schneckenradkranz befestigt, in welchen die in einem Arme der
                              									Haube gelagerte Schraube mit Handrad eingreift; durch Drehen des letzteren kann dem
                              									Geschütze jede Seitenrichtung gegeben werden. In dem Arme, welcher die
                              									Schneckenwelle trägt, ist auch die doppelte Richtsehraube mit Handrad gelagert, so
                              									daſs hierdurch den Läufen in jeder Lage die Höhenrichtung gegeben werden kann. In
                              									der Skizze bedeuten ferner: V das Visir, W das Korn und U den
                              									Magazinkasten, aus welchem die Patronen hinter die Läufe fallen.
                           
                           Im J. 1880 entschied sich die englische Admiralität zur Annahme
                              									der Nordenfelt'schen Kartätschgeschütze für ihre Flotte
                              									auf Grund von Versuchen, welche dargethan hatten, daſs gehärtete Stahlgeschosse des
                              									Geschützes unter dem Auftreffwinkel von 45° auf eine Entfernung von ungefähr 270m die Wände eines Torpedobootes sammt dessen
                              									Kessel durchschlugen. Ein Durchschlagen der Bootswände und Einbeulen der Kesselwand
                              									fand selbst bei einem Auftreffwinkel von 100 statt. In Bezug auf die Treffsicherheit
                              									wurde gefunden, daſs bei langsamem Feuern auf eine Entfernung von etwa 270m eine mittlere Abweichung von 14cm bei 40 Schüssen stattfand, während für 96
                              									Schüsse bei Schnellfeuer die mittlere Abweichung 46cm betrug. Die Feuerschnelligkeit stellte sich auf 108 Schüsse in 30
                              									Secunden. Bei einem Probeschieſsen auf eine ein Torpedoboot darstellende Scheibe,
                              									welche sich während 105 Secunden von 450m auf
                              										90m dem Geschütze näherte, erzielte man 115
                              									Treffer unter 135 Schüssen, was 65 Treffer in der Minute ausmacht. Bei einem anderen
                              									Versuche bewegte sich das Schiff mit dem Geschütze gegen die Scheibe hin und
                              									durchlief 640m in 139 Secunden; dabei trafen von
                              									852 Schüssen 110, was selbst bei dieser groſsen Geschwindigkeit 48 Treffer in der
                              									Minute ausmacht. Während das Schiff mit einer minutlichen Geschwindigkeit von 525m (entspr. 17 Knoten in der Stunde) 180m an der Scheibe vorbeifuhr, wurden nochmals 232
                              									Schüsse in 22 Secunden abgefeuert, wovon 38 die Scheibe trafen.
                           Ebenso günstige Erfolge ergaben die Nordenfelt'schen Geschütze beim Gebrauche im Ernstfalle. Vor Alexandrien
                              									vertrieben z.B. diese Geschütze die Arabi'schen
                              									Kanoniere, welche ihre Geschütze mit unglaublicher Fertigkeit bedienten, in kurzer
                              									Zeit aus den Kasematten.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
