| Titel: | Ueber die Werthbestimmung von weinsaurem Kalk. | 
| Fundstelle: | Band 254, Jahrgang 1884, S. 491 | 
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                        Ueber die Werthbestimmung von weinsaurem
                           								Kalk.
                        Weigert, über die Werthbestimmung von weinsaurem Kalk.
                        
                     
                        
                           Nach L. Weigert (Zeitschrift für
                                       										analytische Chemie, 1884 S. 357) dient auſser Rohweinstein neuerdings auch
                              									der weinsaure Kalk als Rohmaterial für die Darstellung von Weinsteinsäurepräparaten.
                              									Beide pflegt man nach Weinstein-Graden zu handeln, d.h.
                              									man drückt den Gehalt an Calciumtartrat in Procent der äquivalenten Weinsteinmenge
                              									aus. Es geben also 260 Th. krystallisirtes Calciumtartrat 188,11 Th. saures
                              									Kaliumtartrat oder ein Weinstein-Grad ist 260 : 188,11 = 1k,3821 Calciumtartrat in 100k der rohen Waare, während 1 Kilogramm-Proc.
                              									(reines) Calciumtartrat = 0,7235 Weinstein-Grad zu setzen ist.
                           Zur Bestimmung des technischen Werthes des weinsauren Kalkes wird derselbe durch
                              									Kochen mit kohlensaurem Kalium in neutrales weinsaures Kalium und Calciumcarbonat
                              									zersetzt. Man filtrirt ab und versetzt das eingedampfte Filtrat mit soviel
                              									Essigsäure, daſs sich Weinstein bildet, wäscht diesen mit Alkohol aus und titrit.
                              									Dabei soll der Ueberschuſs an zugefügtem kohlensaurem Kalium möglichst gering sein,
                              									die Essigsäure nur in entsprechendem Ueberschusse zugesetzt, das Auswaschen genügend
                              									lang fortgesetzt werden und das mit Essigsäure versetzte Gemisch von kohlensaurem
                              									und neutralem weinsaurem Kalium muſs bei dem Versetzen mit Alkohol noch Wasser
                              									enthalten, um genaue Endzahlen zu erzielten.
                           5g fein zerriebener weinsaurer
                              									Kalk werden in ein Kölbchen gegeben, mit 30cc
                              									einer 10procentigen Lösung von kohlensaurem Kalium, versetzt und 1 bis 2 Stunden im
                              									Wasserbade erhitzt. Die Kolben werden hierdurch stark angegriffen; doch ist dies
                              									ohne Einfluſs auf das Ergebniſs. Sodann wird in eine Porzellanschale filtrirt, mit
                              									heiſsem Wasser so lange ausgewaschen, bis ein Tropfen des abflieſsenden Filtrates
                              									auf roth gefärbtem Lackmuspapier keine Bläuung hervorruft. Das Filtrat wird im
                              									Wasserbade in der Porzellanschale bis auf etwa 5cc
                              									eingedampft (nicht bis zur Trockne). Hierauf fügt man 5cc concentrirte Essigsäure zu, neigt die Schale, so daſs diese überall mit
                              									den ausgeschiedenen Theilen in Berührung kommt, und stellt 1 bis 2 Minuten auf das
                              									Wasserbad, da die Essigsäure in der Kälte nicht rasch genug einwirkt. Hierauf fügt
                              									man 100cc 90volumprocentigen Alkohol zu und läſst
                              									einige Stunden stehen. Man filtrirt dann ab, wäscht mit etwa 100cc 80 bis 90procentigen Alkoholes nach, so lange
                              									bis 10cc des ablaufenden Filtrates nach Verdünnung
                              									mit der doppelten Menge Wasser nur 1 oder 2 Tropfen der zum Titriren verwendeten Kalilange bedürfen, um
                              									alkalische Reaction zu zeigen. Zur Titrirung wird jene Kalilauge verwendet, die zur
                              									Säurebestimmung im Weine dient und von welcher 1cc
                              										0g,01 Weinsäure entspricht, oder 0g,02508 Weinstein zu neutralisiren im Stande ist.
                              									Zu der gefundenen Weinsteinmenge zählt man bei Anwendung obiger Flüssigkeitsmengen
                              										0g,0165 Weinstein oder, wenn man 5g weinsauren Kalk angewendet hatte, 0,33 Proc.
                              									Weinstein hinzu. Es entspricht diese Berichtigung der in Lösung verbliebenen Menge
                              									von Weinstein und ist das Mittel vieler Bestimmungen.
                           Bei der Prüfung des weinsauren Kalkes auf kohlensauren Kalk sind Titrirmethoden
                              									ausgeschlossen, da mit denselben kein brauchbares Ergebniſs zu erzielen ist.
                              									Versuche, welche mit den verschiedensten anorganischen und organischen Säuren
                              									angestellt wurden, lieſsen Unterschiede bis zu 10 Proc. kohlensauren Kalk finden.
                              									Die Ursache ist nicht etwa in der schwierigen Zersetzung zu suchen, oder in der
                              									unbestimmten Anzeige des Indicators, sondern in einer ganz merkwürdigen Verschiebung
                              									der Neutralitätsgrenze, bewirkt durch die Verunreinigungen des rohen weinsauren
                              									Kalkes. Die Kohlensäure muſs daher ausgetrieben werden, um dieselbe zu wiegen oder
                              									zu messen.
                           Mitunter kommen weinsaure Kalke im Handel vor, welche auch noch Weinstein als solchen
                              									enthalten; dies ist namentlich dann der Fall, wenn die Verarbeitung der Hefe unter
                              									zu geringem Salzsäurezusatze erfolgte. Man findet zwar angegeben, daſs 1 Th.
                              									Salzsäure (HCl) 5,15 Th. Weinstein zu lösen im Stande ist, entsprechend dem
                              									Verhältnisse: HCl + C4H5K.O6 = KCl + C4H6O6;
                              									allein diese Reaction gilt nur für die Siedhitze. In der Kälte ist stets die
                              									doppelte Menge nöthig, um den Weinstein gelöst zu erhalten, da dann eine Rückbildung
                              									von Weinstein stattfindet. Es muſs also folgendes Verhältniſs eingehalten werden:
                              									2HCl + C4H5KO6 == HCl + KCl + C4H6O6. Es
                              									löst demnach 1 Th. Salzsäure (HCl) in der Kälte bloſs 2,575 Th. Weinstein, oder
                              									umgekehrt bedarf 1 Th. Weinstein, um in der Hitze gelöst zu werden, 0,194 Th.
                              									Salzsäure, um auch in der Kälte gelöst zu bleiben, aber 0,388 Th. HCl. Hatte man nun
                              									bei Verarbeitung der Hefe auf weinsauren Kalk bloſs so viel Salzsäure zugesetzt, um
                              									den Weinstein warm gelöst zu erhalten, so fallt beim Abkühlen Weinstein heraus,
                              									bleibt als solcher in der Hefe während des Pressens der Säcke und scheidet sich auch
                              									in dem mit gepulvertem Calciumcarbonat versetzten Filtrat theilweise neben
                              									niederfallendem weinsaurem Kalk aus.