| Titel: | Neue Aufsatzvorrichtung für Fördergestelle. | 
| Fundstelle: | Band 256, Jahrgang 1885, S. 343 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Neue Aufsatzvorrichtung für
                           								Fördergestelle.
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									22.
                        Stauſs' neue Aufsatzvorrichtung für Fördergestelle.
                        
                     
                        
                           Die von Adolf Stauſs in Donnersmarckhütte bei Zabrze in Oberschlesien (* D. R. P. Kl. 5 Nr. 24583 vom
                                 										20. Februar 1883 mit Zusatz * Nr. 28904 vom 21. März 1884) construirte
                              									Aufsatzvorrichtung kann an Stelle jeder anderen verwendet werden und hat den
                              									besonderen Zweck, das
                              									unbequeme und zeitraubende Anheben der Förderschalen durch die Maschine vor dem
                              									Hinabgehen in den Schacht in Wegfall zu bringen.
                           Fig. 5 und
                              										6 Taf. 22
                              									zeigen die Anordnung einer vollständigen Aufsatzvorrichtung und zwar auf Holzfedern
                              									– nach C. Hoppe in Berlin – zusammengestellt, Fig. 1 bis 4 die
                              									zugehörigen Einzeltheile in gröſserem Maſsstabe.
                           Der Lagerbock A (Fig. 1 bis 4) trägt die Ausrückachse
                              										L mit dem fest verbundenen Handhebel H und Arm K, die Achse D mit den beiden Hängeeisen E und dem in denselben befestigten Zapfen B.
                              									Auf dem Zapfen B sitzt drehbar die einarmige
                              									Aufsatzknagge C, welche auſserdem auf den schrägen
                              									Flächen x des Lagerbockes A beweglich ruht; ferner sitzt auf B das
                              									Gelenkstück F und dieses bildet mittels des Bolzens J mit dem Arme K ein
                              									Kniegelenk.
                           Die Aufsatzvorrichtung wirkt in folgender Weise: Soll die Schale festgehalten und am
                              									Hinabgehen in den Schacht gehindert werden, so sitzt sie auf die Knaggen C auf; letztere stützen sich auf die Flächen x der Lagerböcke A und
                              									gegen die Zapfen B, die wieder in lothrechter und
                              									wagerechter Richtung festgehalten werden. Das Festhalten in lothrechter Richtung
                              									geschieht durch die Hängeeisen E, welche auf die in A gelagerten Achsen D
                              									drücken; in wagerechter Richtung durch die Gelenkstücke F, welche sich auf die Bolzen / der Arme K
                              									und mittels dieser auf die in A gelagerten Achsen L stützen. Auf diese Weise ist der Zustand der Ruhe
                              									gesichert und eine Drehung oder Verschiebung ausgeschlossen, da das Gewicht des
                              									Handhebels H den Arm K in
                              									dieser Lage nach unten auf den mit A verbundenen Block
                              										M drückt, so daſs ein Durchschlagen nach keiner
                              									Seite hin erfolgen kann. Wird der Hebel H in die
                              									punktirte Lage Fig.
                                 										1 gebracht, d.h. um 60° gedreht, so gelangt J
                              									nach i und B nach b, wodurch die Aufsatzknaggen C unter der Schale weggezogen und dabei gleichzeitig gesenkt werden, so
                              									daſs die Schale frei in die Tiefe gehen kann. Fig. 2 veranschaulicht die
                              									Stellung der einzelnen Theile zu einander in der ausgerückten Lage. Nachdem die
                              									Schale wieder zur Hängebank gelangt ist, wird der Hebel H in seine erste Stellung zurückgelegt, die Knaggen C treten dadurch hervor und die Schale kann wieder
                              									aufsetzen.
                           Durch die Beweglichkeit der Knaggen C um die Zapfen B ist ferner erreicht, daſs die Schale beim Aufgange
                              									nicht hängen bleiben kann, falls die Aufsatz Vorrichtung vorzeitig eingerückt sein
                              									sollte; es werden dann die Knaggen vorn in die Höhe klappen und, nachdem die Schale
                              									vorbei ist, durch ihr eigenes Gewicht in die richtige Lage zurückfallen.
                           Die Reibung, welche beim Ausrücken zwischen den Flächen x und y und in den Gelenken auftritt, wird am
                              									Handhebel H leicht überwunden, da die Last der Schale
                              									selbst die Hauptarbeit verrichtet; die Schale sucht nämlich die Knaggen C auf den gegen die Wagerechte um 9° geneigten Flächen
                              										x zurückzuschieben. Nimmt man das Gewicht der Schale nebst Kasten z.B.
                              									auf 5000k und der Einfachheit halber bei
                              									nachstehender Rechnung nur eine Knagge an, so ist am Anfange der Bewegung der Druck
                              									von C auf x gleich (5000 ×
                              									60) : 155 + 5000 =  6967k, auf B gleich (5000 × 60) : 155 = 1967k und auf D ebenfalls
                              										1967k. Bei einem Reibungswinkel (Stahl auf
                              									Stahl) von 6° ist somit die Kraft, welche C in
                              									wagerechtem Sinne fortzuschieben sucht, gleich 6967 tg
                              									(9 –  6)° = 362k. Dieser Kraft wirken entgegen die
                              									Reibungen bei y, B und D.
                              									Die Gröſse dieser Reibungen ist, bei 0,1 Reibungscoefficienten, gleich (2  × 1967 ×
                              										30/85 + 5000)
                              									0,1 = 639k, d.h. es müssen noch 639 – 362 = 277k durch die Hebelübersetzung überwunden werden,
                              									wenn ein Ausrücken erfolgen soll. Das Verhältniſs des Hebels H zu K ist 1 : 14. Zieht man also an H mit 20k, so übt man
                              									bei J einen Zug von 20 × 14 = 280k aus, oder man ist schon mittels der einfachen
                              									Hebelübersetzung ohne das Kniegelenk KF in der Lage,
                              									die Aufsatzvorrichtung ausrücken zu können. Das Kniegelenk übersetzt nun aber diese
                              									Kraft noch ganz bedeutend und zwar kann man nach dem Kräfteplan mit 20k am Handhebel H bei
                              									5° Ausschlag des Armes K einen Zug auf B von 1560k, bei 10°
                              									einen solchen von 815k, bei 15° von 660k u.s.w. ausüben, d.h. die Kraft, mit welcher man
                              									am Hebel H wirken muſs, um ein Ausrücken der
                              									Aufsatzvorrichtung bei 5000k Belastung zu
                              									erzielen, ist weit unter 20k.
                           Die Reibungen in den Lagerstellen der Achse L und im
                              									Kniegelenke wurden in obiger Rechnung, da sie äuſserst gering sind,
                              									vernachlässigt.
                           Zu erwähnen ist hierbei noch, daſs, sobald die Hängeeisen E beim Drehen von B um D aus der Lothrechten treten, die in B durch die Schalenlast hervorgebrachte Kraft die
                              									Knagge C nach oben und zurückzuziehen, um D zu drehen, also die Reibungen zu überwinden sucht und
                              									somit der in J wirkenden Kraft zu Hilfe kommt. Je
                              									weiter das Ausrücken fortschreitet, desto gröſser äuſsert sich auch diese Kraft und
                              									sie gibt schlieſslich zum plötzlichen Ausrücken, von einer gewissen Lage ab, Anlaſs.
                              									Dies schadet nun zwar nicht, da der Hebel H nicht sehr
                              									weit umschlagen kann; doch ist es vortheilhafter, dies zu vermeiden, was sehr leicht
                              									dadurch zu erreichen ist, daſs man der Fläche x einen
                              									nicht zu groſsen Neigungswinkel gibt; die Erfahrung schreibt 9° vor.
                           Bei Anwendung dieser Aufsatzvorrichtung erzielt man gegenüber den älteren
                              									Constructionen eine wesentliche Zeit- wie Dampfersparniſs und einen geringeren
                              									Verschleiſs der Seile und Maschinen, lediglich durch das Wegfallen des Anhebens der
                              									Schalen. Die Zeitersparniſs beträgt bei einbodigen Schalen, je nach der
                              									Geschicklichkeit des Maschinenführers, Anschlägers und der Construction der
                              									Maschine, 3 bis 6 Secunden für jeden Zug, bei mehreren Aufschiebboden entsprechend
                              									mehr; die Dampfersparniſs ergibt mindestens 2 Cylinderfüllungen.
                           Bei den bisher verwendeten Aufsatzvorrichtungen – auſser den hydraulischen Caps,
                              									welche jedoch nicht vollkommen zuverlässig sind – muſs die Maschine eine Schale
                              									mit den leeren Gefäſsen anheben können, also bei einer Nutzlast von 2500k ungefähr 5000k, d.h. etwa doppelt so viel als die eigentliche Förderlast. Bei Anwendung der
                              									beschriebenen Aufsatzvorrichtung jedoch kann man bei Neuanlagen die Maschinen so
                              									klein wählen, daſs sie eben im Stande sind, die Nutzlast mit einer bestimmten
                              									Geschwindigkeit zu heben, sobald die Seilgewichte ausgeglichen sind; dies ist ein
                              									nicht zu unterschätzender Vortheil, da die Anlagen ganz wesentlich kleiner, also
                              									billiger bei der Anschaffung sowohl, wie auch im Betriebe und zugleich
                              									betriebssicherer werden, letzteres dadurch, daſs die Maschine bei Unachtsamkeit des
                              									Wärters nicht sehr hoch über die Hängebank heben kann, weil die Maschine in diesem
                              									Augenblicke auſser der Nutzlast noch die Schalen- und Kastenlast zu heben hat.
                           Eine nach diesem Prinzipe ausgeführte Anlage ist z.B. auf der Concordiagrube bei
                              									Zabrze seit Anfang April 1884 im Betriebe und fördert hier die Maschine bei 740mm Cylinderdurchmesser, 1000mm Hub, 3800mm
                              									Seilkorbdurchmesser, ⅜ Füllung und 4at,3
                              									Kesselspannung eine Nutzlast von 2500k mit einer
                              									Geschwindigkeit von 6m in der Secunde aus einer
                              									Teufe von 200m; das Seilgewicht ist dabei nicht
                              									ausgewogen.
                           Die Seile sowohl, als die Maschinen werden ganz wesentlich geschont, weil durch das
                              									Wegfallen des Anhebens der Schalen auch das Anrücken wegfällt, und dies ist gerade
                              									der gröſste Verderb der Seile und Maschinen. Bei Anwendung dieser Aufsatzvorrichtung
                              									müssen selbstredend die Seile stets so weit gespannt sein, daſs die Schalen nach dem
                              									Ausrücken nicht fallen; sie dürfen sich höchstens dabei um die Seillängung bei
                              									voller Belastung senken. Das Seilkürzen läſst sich sehr schnell und leicht durch
                              									geeignete Spannvorrichtungen bewirken und kommt fast nur in den ersten Tagen bei neu
                              									aufgelegten guten Seilen vor.
                           Die Aufsatzvorrichtung hat sich im Oberschlesischen Industriebezirke für die kurze
                              									Zeit ihres Bestehens eine bedeutende Verbreitung verschafft; 6 Schachtanlagen waren
                              									damit im Januar 1885 im Betriebe und 5 weitere sollen in nächster Zeit in Betrieb
                              									kommen, was wohl der beste Beweis für ihre Zweckmäſsigkeit ist. Auch für
                              									Tagesaufzüge jeglicher Art ist dieselbe vortheilhaft, da durch sie stets Zeit und
                              									Kraft gespart wird.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
