| Titel: | Ueber Verwendung von Kabeln für Telephonanlagen. | 
| Fundstelle: | Band 256, Jahrgang 1885, S. 399 | 
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                        Ueber Verwendung von Kabeln für
                           								Telephonanlagen.
                        Mit Abbildung.
                        Elsasser, über Verwendung von Kabeln für
                           								Telephonanlagen.
                        
                     
                        
                           Die Verwendung isolirter Drähte zu Fernsprechzwecken ist
                              									anfänglich deshalb nicht ernstlich in Betracht gezogen worden, weil die Anlage eines
                              									Netzes aus derartigen Drähten nicht nur gröſsere Kosten verursacht haben würde,
                              									sondern weil auch der Anschluſs neuer Theilnehmer und damit die weitere Ausbreitung
                              									des Netzes mit Schwierigkeiten verbunden ist, deren Ueberwindung namentlich bei unterirdischer Führung der isolirten Drähte viel Zeit
                              									und Geld erfordern würde. Für jeden neuen Anschluſs ist nämlich entweder die Legung
                              									eines besonderen einaderigen Kabels auf der ganzen Strecke zwischen Vermittelungsamt
                              									und Theilnehmerstelle nothwendig, oder es muſs, behufs Benutzung eines in dem
                              									bereits verlegten Kabel vorhandenen Vorrathsdrahtes, das Kabel an der
                              									Anschluſsstelle aufgegraben, der Vorrathsdraht ermittelt, bloſsgelegt,
                              									durchschnitten und durch Ansetzen eines einaderigen Kabels bis zu den Apparaten der
                              									anzuschlieſsenden Fernsprechstelle geführt werden. Das häufige Aufgraben der
                              									Straſsen verursacht viel Kosten und stört den Straſsenverkehr; bei Benutzung von
                              									Vorrathsleitungen in mehraderigen Kabeln zum Anschlusse neuer Theilnehmer bleiben,
                              									ebenso wie überhaupt bei allen Abzweigungen aus solchen Kabeln, die Theile der
                              									benutzten Leitungen hinter den Anschlüssen todt liegen. Der allgemeinen Verwendung
                              									isolirter Leitungsdrähte stellte sich ferner die den Betrieb störende Induction
                              									entgegen, welche die in einem Leitungsdrahte übermittelten Gespräche in den in eine
                              									benachbarte Leitung eingeschalteten Fernsprechapparaten deutlich hörbar machte. Nur
                              									bei Anwendung zweier Drähte – Hin- und Rückleitung – für jeden Anschluſs wurde das
                              									Mitsprechen so weit abgeschwächt, daſs der Verkehr in zufriedenstellender Weise
                              									abgewickelt werden konnte. Die Verwendung von je zwei Drähten für jeden Anschluſs
                              									vertheuerte die Anlagen in so hohem Maſse, daſs von der unterirdischen Führung der
                              									Leitungen allgemein Abstand genommen wurde.
                           Die Schwierigkeiten, welche der weiteren Vermehrung der
                              									oberirdisch geführten Anschluſsleitungen sich entgegenstellen, mehren sich jedoch
                              									von Tag zu Tag und deshalb ist in neuerer Zeit vielfach versucht worden, Kabel
                              									herzustellen, bei denen die den Verkehr beeinträchtigenden Inductionserscheinungen
                              									auch bei Benutzung von Einzelleitungen gar nicht oder nur in sehr geringem Maſse
                              									auftreten. Diese Versuche versprechen Erfolg und machen die Verwendung isolirter
                              									Leitungen für Fernsprechzwecke wahrscheinlicher.
                           Zur Vermeidung der mit der unterirdischen Führung der
                              									Fernsprechleitungen verbundenen Uebelstände und zur Verminderung der Anlagekosten
                              									ist auch die Verwendung sogen. Luftkabel ins Auge
                              									gefaſst worden. Da bei den verhältniſsmäſsig kurzen Fernsprechleitungen die Gröſse
                              									des Leitungswiderstandes auf die Verständigung wenig Einfluſs ausübt, so kann den
                              									einzelnen Leitungsdrähten ohne Nachtheil ein geringerer Querschnitt gegeben werden,
                              									als dies bei Kabelleitungen sonst üblich ist. Unter gleichzeitiger Benutzung der in
                              									letzterer Zeit vielfach mit Vortheil verwendeten neuen Isolirungsmaterialien lassen
                              									sich Kabel herstellen, welche bei verhältniſsmäſsig geringem Querschnitte und
                              									geringem Gewichte eine groſse Anzahl isolirter Drähte enthalten. Schwierig nur kann
                              									man dergleichen Kabeln eine den unvermeidlichen groſsen Spannweiten entsprechende
                              									absolute Festigkeit geben und sie dabei so handlich zu erhalten, daſs sie ohne
                              									auſserordentliche Hilfsmittel über Häuser, Straſsen u. dgl. hinweggezogen werden
                              									können. Die Herstellung der erforderlichen Löthstellen sowie die Abzweigung- der
                              									einzelnen Drähte zu den Sprechstellen der Theilnehmer wird auch hier schwierig
                              									sein.
                           Für Fernsprechzwecke bestimmte Kabel werden, wie C.
                                 										Elsasser in der Elektrotechnischen
                                 										Zeitschrift, 1885 * S. 62 mittheilt, von Siemens
                                 										und Halske in Berlin und von Felten und
                                 										Guilleaume in Mülheim a. Rh. hergestellt. Die der erstgenannten Firma
                              									patentirte Construction eines „inductionsfreien, leicht construirten Kabels“
                              									(vgl. * D. R. P. Kl. 21 Nr. 27122 vom 23. September 1883) besteht in Folgendem: Die
                              									Kupferdrahtleitungen werden mit Baumwolle, Jute, Flachs, Hanf o. dgl. in Fäden
                              									gesponnenen Faserstoffen umhüllt und dann einem sorgfältigen Austrocknungs- und
                              									Tränkprozesse (in Kautschuköl oder anderen geeigneten Flüssigkeiten) in der
                              									Luftleere unterworfen. Die einzelnen Kabeladern – und dies ist das Wesentliche –
                              									werden dann mit einer Bespinnung von Kupfer- oder anderen geeigneten Metalldrähten
                              									umgeben; diese Umspinnung dient als Rückleitung für den Strom. Die Kupferbespinnung
                              									jeder Kabelader kann von den Bespinnungen der anderen Adern isolirt gehalten werden,
                              									oder mit denselben leitend verbunden sein. Im letzteren Falle können die
                              									Kupferumspinnungen sämmtlicher zu einem Kabel vereinigten Adern mit der
                              									Schutzmetallhülle und mit Erde leitend verbunden sein. Ein solches Kabel kann dann
                              									mit einfach geführten oberirdischen Leitungen verbunden werden, ohne daſs die
                              									Induction der Adern auf einander störend einwirkt. Die mit einander verseilten
                              									Kabeladern werden mit einem Bleimantel umgeben. Sollen die so gefertigten Kabel als
                              									Luftkabel Verwendung finden, dann erhalten dieselben eine Umspinnung von dünnen
                              									Eisendrähten, deren Stärke so bemessen ist, daſs die Kabel sich auf die gröſsten der
                              									vorkommenden Spannweiten frei tragen, ohne zu zerreiſsen.
                           Textabbildung Bd. 256, S. 400 Die Firma Felten und Guilleaume stellt ihre
                              									Fernsprechkabel folgendermaſsen her: Die einzelnen Leitungsdrähte bestehen aus einem
                              									Kupferdrahte von 0mm,8 Durchmesser; dieselben
                              									werden isolirt durch eine zweifache Bewickelung mit getränktem Hanfgarn und dann mit
                              									Stanniol umhüllt. 27 derart isolirte Leitungen werden zusammen mit 3 blanken
                              									Kupferdrähten, welche sich in dem durch nebenstehend dargestellte Querschnitte
                              									dieses Kabels als 3 gröſsere weiſse Kreisflächen markiren, verseilt, demnächst mit
                              									getränktem Band umwickelt und zweimal mit Blei in Stärke von je 0mm,9 umpreſst. Nach der Verlegung werden die
                              									blanken Kupferdrähte an Erde gelegt und dadurch die Stanniolumhüllungen sämmtlicher
                              									Leitungen mit der Erde leitend verbunden. Temperaturveränderungen sollen auf das bei
                              									diesen Kabeln verwendete Isolationsmaterial einen nachtheiligen Einfluſs nicht
                              									ausüben; die Kabel können deshalb, ohne nachtheilige Folgen für die elektrischen
                              									Eigenschaften derselben befürchten zu müssen, sowohl in der Erde verlegt, als auch
                              										frei durch die Luft
                              									geführt werden. Die Unempfindlichkeit der Kabel gegen den Einfluſs der
                              									Temperaturschwankungen bietet ferner den Vortheil, daſs die Kabel in geringer Tiefe
                              									unter der Erdoberfläche verlegt und daſs deshalb ohne groſsen Kostenaufwand
                              									Einrichtungen getroffen werden können, welche später nothwendig werdende
                              									Vermehrungen der Kabel jederzeit und ohne besondere Schwierigkeit gestatten. Die
                              									unterirdisch zu verlegenden Kabel erhalten über dem Bleimantel eine asphaltirte Hanf
                              									hülle und unter Umständen noch einen Schutz durch eine Umspinnung von verzinkten
                              									Eisendrähten. Bei oberirdischer Führung werden die Kabel dagegen mit einer Bandlage
                              									umgeben, welche mit Zinkweiſs behandelt ist. Mit Rücksicht auf die geringe absolute
                              									Festigkeit dieser Bleikabel müssen dieselben bei freier Aufhängung in der Luft an
                              									besonders herzustellenden Tragedrähten in kurzen Abständen angehängt werden. Nach
                              									einer Mittheilung der Firma Felten und Guilleaume sind
                              									solche Kabel u.a. bereits in Betrieb zwischen Deutz und Mülheim a. Rh., in
                              									Stuttgart, München, Kopenhagen, St. Petersburg, Warschau, Buenos Ayres u.s.w.
                           In Betracht der eben erörterten Schwierigkeiten erscheint die
                              									ausschlieſsliche Verwendung isolirter Drähte bei Herstellung von
                              									Stadt-Fernsprechnetzen, sei es in Form von Erd- oder Luftkabeln, nicht zweckmäſsig
                              									zu sein. Dagegen dürften durch ein gemischtes System, bei welchem sowohl isolirte Drähte, als frei durch die Luft geführte blanke Drähte Verwendung finden, die der weiteren
                              									Vermehrung der Anschluſsleitungen sich entgegenstellenden Schwierigkeiten mit Erfolg
                              									zu bekämpfen sein.
                           Bei Herstellung eines Fernsprechnetzes, bei welchem isolirte und
                              									blanke Leitungsdrähte vereinigt zur Anwendung kommen, dürfte zunächst als Grundsatz
                              									anzunehmen sein, daſs der oberirdische Theil jeder Anschluſsleitung in der Regel
                              									nicht länger als 250m sein darf. Zur Erreichung
                              									dieses Zieles sind auſser dem Vermittelungsamte, dessen Lage durch verschiedene
                              									Umstände – Vorhandensein geeigneter Räume, bequeme Verbindung mit vorhandenen
                              									Telegraphenämtern u. dgl. – bedingt ist, geeignet gelegene Gebäude als
                              									gemeinschaftliche Ausgangspunkte für den oberirdisch, aus blankem Drahte
                              									herzustellenden Theil mehrerer Anschluſsleitungen auszuwählen. Von diesen die
                              									Knotenpunkte des Netzes bildenden Stellen bis zum Vermittelungsamte sind die
                              									Anschlüsse aus isolirten Drähten auszuführen. Als Knotenpunkte sind Gebäude zu
                              									wählen, welche Eigenthum der die Fernsprechanlage betreibenden Verwaltung sind oder
                              									in denen die erforderlichen Räume u.s.w. auf eine längere Reihe von Jahren
                              									miethsweise erworben werden können. Wird auſserdem von Hause aus auf den Strecken
                              									zwischen Vermittelungsamt und den einzelnen Knotenpunkten eine dem voraussichtlichen
                              									Bedürfnisse der nächsten Jahre entsprechende Zahl von Vorrathsleitungen gelegt, so
                              									unterliegt es keinem Bedenken, die die isolirten Drähte enthaltenden Kabel
                              									unterirdisch zu führen; ein Aufgraben der Straſsen bezieh. ein Oeffnen der
                              									Kabelkanäle behufs Vermehrung der Anschluſsleitungen wird dann nur in seltenen
                              									Fällen nothwendig werden.
                           Die Verbindung der isolirten Drähte mit den oberirdischen
                              									Leitungen bezieh. mit den hieran angeschlossenen Einführungsdrähten muſs innerhalb
                              									geschlossener Räume erfolgen, damit auch ohne Anwendung besonderer und schwieriger
                              									Constructionen die Isolation der Verbindungsstellen unter allen Umständen gesichert
                              									ist. Die Einführung der oberirdischen Leitungen in die Gebäude hat in derselben
                              									Weise zu erfolgen, wie dies gegenwärtig bei den Vermittelungsämtern geschieht.
                           Der mit der angegebenen Anordnung des Leitungsnetzes verbundene
                              									Uebelstand, daſs einzelne Anschluſsleitungen von den Knotenpunkten aus rückläufig
                              										zu führen sind,
                              									kommt den übrigen Vortheilen dieses Systemes gegenüber wenig in Betracht; namentlich
                              									fällt der Vortheil schwer ins Gewicht, daſs bei dieser Art der Leitungsführung die
                              									Anzahl der erforderlichen Anschluſsleitungen weder bei Herstellung derselben, noch
                              									bei deren Einführung in die Vermittelungsämter von besondere Schwierigkeiten
                              									verursachendem Einflusse ist, mithin das Haupthinderniſs der Vermehrung der
                              									Anschluſsleitungen nach einer Centralstelle hin als beseitigt betrachtet werden
                              									kann.