| Titel: | Ueber die Zusammensetzung der Pyritofengase und über den Gloverthurm. | 
| Fundstelle: | Band 257, Jahrgang 1885, S. 28 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Ueber die Zusammensetzung der Pyritofengase und
                           								über den Gloverthurm.
                        Scheurer-Kestner, über den Gloverthurm.
                        
                     
                        
                           Scheurer-Kestner hat neue Untersuchungen über die Bildung
                              									von Schwefelsäureanhydrid bei der Verbrennung von Pyriten angestellt und theilt im
                              										Bulletin de la Société de Chimie,
                                 										1885 Bd. 43 S. 9 folgende Analysen von Pyritofengasen mit:
                           
                              
                                 Zeitdauer des Entnehmensder
                                    											Gasproben
                                 Vol.-Proc. SO2
                                    											imPyritofengase
                                 Gehalt an Schwefel-säureanhydrid auf100
                                    											Schwefligsäure
                                 
                              
                                 5 Stdn.
                                 30 Min
                                   7,3
                                 2,8
                                 
                              
                                 7
                                 –
                                   7,5
                                 5,8
                                 
                              
                                 9
                                 –
                                   6,5
                                 1,2
                                 
                              
                                 8
                                 –
                                   6,6
                                 1,0
                                 
                              
                                 5
                                 10
                                   8,3
                                 0,0
                                 
                              
                                 5
                                 55
                                   9,9
                                 2,8
                                 
                              
                                 7
                                 20
                                   6,2
                                 8,4
                                 
                              
                                 4
                                 45
                                   8,2
                                 3,0
                                 
                              
                                 5
                                 05
                                   9,0
                                 6,8
                                 
                              
                                 5
                                 30
                                   7,6
                                 0,4
                                 
                              
                                 5
                                 –
                                 11,3
                                 0,8
                                 
                              
                                 5
                                 10
                                   7,7
                                 1,0
                                 
                              
                                 3
                                 –
                                   8,7
                                 2,5
                                 
                              
                                 6
                                 15
                                   8,7
                                 9,3
                                 
                              
                                 5
                                 45
                                   7,6
                                 4,1
                                 
                              
                           Sämmtliche Gasproben wurden von Malétra'schen Etagenöfen
                              									entnommen. Die Zahlen zeigen groſse Verschiedenheit und lassen nicht, wie der
                              									Verfasser früher vermuthete, einen Zusammenhang der Schwefelsäureanhydridbildung mit
                              									dem Schwefligsäuregehalte des Gases entdecken. Dies läſst sich gröſstentheils daraus
                              									erklären, daſs die Gasproben nicht von einem einzigen Ofen, sondern aus einer Leitung
                              									entnommen wurden, in welcher die Gase mehrerer Oefen gemischt waren. Die meisten
                              									Ziffern zeigen aber deutlich, daſs ein nicht zu vernachlässigender Theil der
                              									Schwefligsäure schon beim Verbrennen der Kiese in den Pyritöfen in
                              									Schwefelsäureanhydrid umgewandelt wird; letzteres findet sich aber im Gase nicht als
                              									solches, sondern als Schwefelsäurehydrat vor. Die in den Gasleitungen von den
                              									Pyritöfen verflüssigte Säure enthält ebenfalls kein Anhydrid, sondern sie hat nur
                              									eine Stärke von 58 bis 62° B. Verfasser hatte Gelegenheit, dies zu beobachten, als
                              									er seine Kammern noch ohne Gloverthurm arbeitete und an Stelle dessen die
                              									Brennergase zur Abkühlung durch sehr lange Röhren leitete, bevor die Gase in die
                              									Kammer eintraten. Die Stärke der in diesen Röhren niedergeschlagenen Säure überstieg
                              									nie 66° B. Scheurer-Kestner erklärt sich dies daraus,
                              									daſs der Feuchtigkeitsgehalt der zur Verbrennung dienenden Luft zusammen mit der
                              									Feuchtigkeit in den Pyriten mehr wie genügend ist, das gebildete
                              									Schwefelsäureanhydrid in Hydrat umzuwandeln und auf diesen Grad zu verdünnen.
                           Wenn die Luft mit Wasser gesättigt bei einer Temperatur von 10° in die Oefen
                              									eintritt, so enthält 1cbm derselben 4g,5 Wasser. Für jedes Kilogramm Pyrit (= 470g Schwefel) treten etwa 4cbm,5 Luft in die Pyritöfen ein, was einem
                              									Wassergehalte von 20g entspricht; letzterer
                              									genügt, um eine 35g,5 Schwefel oder 7,5 Procent
                              									des verbrannten Schwefels entsprechende Menge Schwefelsäureanhydrid in
                              									Schwefelsäuremonohydrat umzuwandeln. Wenn die Luft bei einer Temperatur von 25°
                              									eintritt, enthält sie genug Feuchtigkeit, um 19 Procent der Schwefligsäure zu
                              									hydratiren. Schon die Luft liefert also mehr wie genügend Wasser, um das im Ofen
                              									gebildete Anhydrid in Hydrat umzuwandeln. Aber auch der Pyrit enthält gewöhnlich 2
                              									Proc. Feuchtigkeit, so daſs zusammen bei 10° Lufttemperatur 40g, bei 25° 71g,3
                              									Wasser im Gase von 1k Pyrit enthalten sein
                              									muſs.
                           Der gröſste Theil des so gebildeten Schwefelsäurehydrates wird im Gloverthurme
                              									verflüssigt, so daſs sehr viele Fabriken eine Zunahme der durch den Gloverthurm
                              									flieſsenden Säure beobachten. Vorster (1874 213 411)
                              									glaubte, daſs alle diese Säure auf Kosten von Salpetrigsäure gebildet werde, welch
                              									letztere zu Stickoxydul reducirt werde und finden Prozeſs verloren gehe. Die Menge
                              									Säure, welche im Gloverthurme gebildet wird, ist nach seinen Versuchen überhaupt
                              									sehr gering. Diese Beobachtung stimmt aber nicht mit den in der Praxis gemachten
                              									Erfahrungen überein. Es ist wohl eine Beobachtung aller Schwefelsäurefabrikanten,
                              									welche früher ohne Gloverthurm arbeiteten, daſs mit Einführung des letzteren die
                              									Productionsfähigkeit der Kammern bedeutend gesteigert wurde.
                           Verfasser hat zur weiteren Aufklärung der Frage mehrere Versuche in seiner Fabrik in
                              									Thann angestellt; im Versuchskammersysteme wurde Staubkies von St. Bell in Malétra'schen Etagenöfen verarbeitet. Beim ersten Versuche wurde während
                              									16 Tagen immer dieselbe Säure zum Speisen des Glover- und Gay-Lussac-Thurmes
                              									verwendet und der Zuwachs an Säure täglich gemessen. Am Schlusse des 16. Tages wurde
                              									der Versuch beendigt, indem man genau die im Anfange eingehaltenen Bedingungen
                              									beobachtete. Die Zunahme an Schwefelsäure während des Versuches betrug 15152k Säure (66°) bei einem Ausbringen von 96000k. 15,7 Procent der Gesammterzeugung wurden also
                              									im Gloverthurme verflüssigt.
                           Bei einem zweiten Versuche wurde die Schwefelsäurebildung im Gloverthurme auf
                              									indirekte Weise bestimmt. Die in den Kammern gebildete Säure wurde genau gemessen:
                              									letztere, von der aus den Pyriten zu erwartenden Schwefelsäure abgezogen, muſs
                              									annähernd die im Gloverthurme condensirte Schwefelsäure geben:
                           
                              
                                 Gesammterzeugung an Säure (66°)
                                 48300k
                                 
                              
                                 In den Kammern verflüssigte Säure
                                 40378
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 Im Gloverthurme verflüssigte Säure
                                   7922k
                                 
                              
                           Nach diesem Versuche wurde 16,3 Proc. im Gloverthurme
                              									verdichtet. Neben dieser im Gloverthurme wirklich abgesetzten Säure entweicht
                              									jedenfalls ein bedeutender Theil in Nebelform in die Kammern. Scheurer-Kestner war in der Lage, auch diese Menge zu
                              									bestimmen. Die Verbindungsröhren zwischen Gloverthurm und Kammer sind in seiner
                              									Fabrik sehr lang, so daſs der gröſste Theil der vom Gloverthurme in Nebelform
                              									entweichenden Schwefelsäure in denselben verflüssigt wird. Bei Versuchen fand man 2
                              									bis 2,5 Procent der Gesammterzeugung in diesen Röhren abgesetzt. Die
                              									Schwefelsäurebildung im Gloverthurme beläuft sich also auf 17 bis 19 Procent der
                              									Gesammtschwefelsäurebildung eines Systemes. Dieses Ergebniſs stimmt sehr nahe
                              									überein mit der in der Praxis beobachteten höheren Leistungsfähigkeit eines
                              									Systemes, wenn es mit Gloverthurm arbeitet. Als dasselbe Kammersystem ohne
                              									Gloverthurm arbeitete, lieferte es täglich 6000k
                              									Schwefelsäure (66°). Mit Einführung des Gloverthurmes stieg das Ausbringen auf
                              										7280k Säure. Es wurden also 17,5 Proc. mehr
                              									Säure gebildet.
                           Es bleibt noch die Frage, wie die Schwefelsäure im Gloverthurme gebildet werde, näher
                              									zu besprechen. Nach der Scheurer-Kestner'schen Ansicht
                              									muſs sie mindestens von zwei Quellen stammen. Die Hauptquelle ist wahrscheinlich die
                              									Bildung von Schwefelsäureanhydrid bei der Verbrennung der Pyrite. Die oben erwähnten
                              									Analysen zeigen bis auf 9 Proc. als auf diese Weise gebildet. Daneben findet
                              									namentlich im oberen Theile des Thurmes der sich sonst in den Kammern abspielende
                              									Oxydationsprozeſs der Schwefligsäure durch Salpetrigsäure statt. Man kann annehmen,
                              									daſs durchschnittlich die Hälfte der im Gloverthurme verflüssigten Säure aus dem im
                              									Pyritofen gebildeten Anhydride stamme und der übrige Theil durch Oxydation von
                              									Schwefligsäure durch Salpetrigsäure entstehe.