| Titel: | Ueber neuere Gasfeuerungen. | 
| Fundstelle: | Band 257, Jahrgang 1885, S. 154 | 
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                        Ueber neuere Gasfeuerungen.
                        (Patentklasse 24. Schluſs des Berichtes S. 70 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Ueber neuere Gasfeuerungen.
                        
                     
                        
                           Friedr. Siemens in Dresden (* D. R. P. Nr. 31113 vom 22.
                                 									Januar 1884) ist bemüht, seiner Ansicht Verbreitung zu verschaffenVgl. F. Siemens: Heizverfahren mit freier
                                       												Flammenentfaltung (Berlin 1885). Vortrag im Verein zur Beförderung
                                    											des Gewerbfleiſses am 1. December 1884 (vgl. Sitzungsberichte, 1884 *S. 259) bez. auf der Generalversammlung
                                    											für Gesundheitstechnik zu Frankfurt a. M. (vgl. Gesundheitsingenieur, 1884 S. 602 u. 1885 S. 268), in der III.
                                    											Hauptversammlung des Sächsischen Ingenieur- und Architektenvereins (vgl. Civilingenieur, 1884 S. 537), endlich in der
                                    											gemeinschaftlichen Versammlung des Niederrheinischen, Kölner, Bergischen und
                                    											Ruhr-Bezirksvereins deutscher Ingenieure in Düsseldorf, 7. Februar 1885
                                    											(vgl. Zeitschrift des Vereins deutscher
                                       												Ingenieure, 1885 * S. 405)., daſs in den von ihm construirten Gasflammöfen die Wärme nicht durch Berührung mit der
                              									Flamme selbst, sondern nur durch Strahlung übertragen
                              									werde, während die aus der Kammer entweichenden Verbrennungsproducte nur durch
                              									unmittelbare Berührung mit den zu erhitzenden Flächen wirken sollen. Siemens meint ferner, jede Heizflamme besitze bis zu
                              									einem gewissen Grade der Entwickelung eine viel gröſsere Wärmeausstrahlung als
                              									später, trotzdem noch viel Wärme in der Flamme vorhanden sei, und bezeichnet diesen
                              									Anfangszustand als „actives Stadium“, den zweiten Theil der Flamme aber als
                              										„passives Stadium“.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 257, S. 155
                              
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 257, S. 155
                              
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 257, S. 155
                              
                           Die Textfiguren 1 bis 3
                              									veranschaulichen die Einrichtung der neuen Feuerung bei Glashafenöfen,
                              									Fig. 4 bei einem Tiegelstahlschmelzofen,
                              									Fig. 5 und 6 bei einem
                              										hufeisenförmig gestalteten Glasschmelz-Wannenofen für ununterbrochenen Betrieb, Fig. 7 bei einem hufeisenförmig gestalteten Glasschmelz-Hafenofen,
                              									Fig. 8 und 9 bei einem
                              										Stahlschmelzofen und Fig.
                                 										10 bei einem Dampfkessel.
                           Bei sämmtlichen Oefen in Fig. 1 bis 9 umschlieſst ein Gewölbe den Ofenraum O. Von den 4 Regeneratoren dienen zwei für Gas und zwei
                              									für Luft 5 4 Kanäle Z führen Gas und Luft von den
                              									Wechselklappen nach den Regeneratoren oder die Verbrennungsgase in umgekehrter
                              									Richtung, während die Kanäle G, g und L, l die Regeneratoren mit dem Ofenraume verbinden.
                              									Darunter befinden sich bei den Glasöfen die zur Aufnahme von Herdglas und
                              									Gemengestaub bestimmten Taschen T (vgl. Fig. 1 und 3). Die
                              									Arbeitsplätze sind in bekannter Weise mit Deckeln versehen.
                           Um den beabsichtigten Zweck bei Glasschmelzhafen zu erreichen, muſste man von der
                              									Anlage der Gas- und Luftfüchse zwischen den Hafen absehen, dieselben an die
                              									Stirnwände verlegen und Gas und Luft entsprechend hoch in bestimmter Richtung in den
                              									Ofenraum eintreten lassen, jedoch so, daſs sie von dem Gewölbe, als auch von den
                              									Seitenwänden des Ofenraumes abstehen, wie in Fig. 1
                              									bis 3 bezieh. Fig. 5
                              									zu ersehen ist; dadurch wird der Flamme genügend Raum zur freien Entwickelung
                              									gegeben und möglichst fern von den Wandungen gehalten. Es ist ferner vortheilhaft,
                              									die 4 Regeneratoren mit ihren Verbindungskanälen Z
                              									rechtwinkelig zur Längsachse des Oberofens zu legen, wodurch die Lage der
                              									Wechselventile auf der Breitseite des Oberofens bedingt wird.
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 257, S. 156
                              
                           In Fig. 1 und 4 liegen
                              									die Gaskanäle G und g
                              									bezieh. die Luftkanäle L und l hinter einander, während in Fig. 5 bis
                              										9 diese Kanäle neben einander angeordnet sind.
                              									Die Glastaschen befinden sich bei dem Ofen Fig. 1
                              									zwischen einem Paar Regeneratoren; Fig. 3 zeigt
                              									dagegen eine Anordnung, wo nur eine Glastasche vorhanden und dieselbe mitten im Ofen
                              									gelegen ist. Besondere Kanäle t zweigen sich hier an
                              									mehreren Stellen seitlich in dem Mauerwerke der Tasche ab und vereinigen sich unter
                              									derselben in einem gemeinschaftlichen Kanäle u, welcher
                              									mit dem Schornsteine in Verbindung steht. Diese Anordnung bezweckt, da man durch
                              									Stellung eines Schiebers durch die Oeffnung y (vgl.
                              									auch Fig. 7) mehr oder weniger Hitze in die Tasche
                              									gelangen lassen kann, diese selbst sowie das in sie geflossene Herdglas genügend heiſs zu erhalten oder
                              									beliebig hoch zu erhitzen, um dasselbe nach Wegnahme der Vorsetzer leicht entfernen
                              									zu können. Durch kleine Kanäle c wird mittels eines
                              									Schornsteines Luft angesaugt, um dadurch die Herdbank vor rascher Abnutzung zu
                              									schützen.
                           
                              
                              Fig. 5., Bd. 257, S. 157
                              
                           
                              
                              Fig. 6., Bd. 257, S. 157
                              
                           
                              
                              Fig. 7., Bd. 257, S. 157
                              
                           Bei dem Glasofen in Fig. 5 und 6 liegen die Regeneratoren neben einander und führen
                              									am Ende eines jeden Regenerators die bezüglichen Kanäle G,
                                 										g und L, l nach oben, unter denen sich wieder
                              									Flugstaubkammern befinden. Diese Kanäle, welche – wie in der Fig. 5 und 6 gezeichnet
                              									– getrennt in dem Ofenraume O münden, können auch,
                              									etwas vor diesem sich vereinigend, hoch über dem Glasspiegel in den eigentlichen
                              									Ofenraum O eintreten, so daſs die Flamme, sich weit
                              									ausbreitend, diesen
                              									halbkreisförmig durchziehen kann, ohne irgend auf das eingetragene Gemenge, noch auf
                              									den Glasspiegel selbst und die Zwischenwände aufzuschlagen.
                           
                              
                              Fig. 8., Bd. 257, S. 158
                              
                           
                              
                              Fig. 9., Bd. 257, S. 158
                              
                           In der Richtung der Regeneratoren-Längsachse schlieſsen sich an den Oberbau auf der
                              									einen Seite die zwei Vorbauten für die vier von den Regeneratoren aufwärts
                              									steigenden Kanäle an, während auf der anderen Seite, auf dem Halbkreise vertheilt,
                              									sich die Arbeitsplätze mit der davor liegenden Arbeitsbühne befinden. Diese
                              									Vorbauten sind mit mehreren Oeffnungen versehen, um von rückwärts das Innere der
                              									Füchse vollständig beobachten, bei Bedarf ausbessern zu können. Die Vorbauten sind
                              									nicht in oder parallel der Längsachse der Regeneratoren erbaut, sondern erheben sich
                              									über je zwei derselben, so daſs ihre Mittelachsen der Mitte des Ofens zugewendet
                              									sind. Dieselben stehen vollkommen frei, daher gut gekühlt und ohne inneren
                              									organischen Zusammenhang mit dem übrigen Oberofen; als besondere Ofentheile erbaut,
                              									dienen sie weder als Widerlager des Ofengewölbes, noch sind sie von dessen
                              									Bewegungen abhängig. Zwischen diesen Vorbauten befinden sich die Einlegestellen e, durch welche das zu schmelzende Gemenge eingetragen
                              									wird.
                           Das Innere des Ofens ist durch die mit starken Kühlkanälen versehenen Wände W in drei Theile getheilt, um gleichzeitig drei
                              									verschiedene Farben Glas erzeugen zu können. Die Kühlung der Bank des Ofens wird
                              									wieder durch Kanäle c bewirkt, welche mit einem
                              									gröſseren Schornsteine verbunden sind. (Vgl. Fr. Siemens 1872 203 *11. 1879
                              									233 * 220. 1881 239 * 366.)
                           
                              
                              Fig. 10., Bd. 257, S. 159
                              
                           Bei Dampfkesselanlagen soll die Flamme in ihrem activen
                              									Stadium das Flammrohr durchziehen, ohne die Wandungen in irgend einem Punkte zu
                              									berühren, während der passive Theil der Flamme unter und neben den äuſseren
                              									Kesselwänden so geführt wird, daſs eine recht innige Berührung mit den Kesselwänden
                              									und der Einmauerung stattfinden muſs. Das von dem Generator durch den mit einem
                              									Absperrschieber versehenen Kanal g (Fig. 10) ankommende Gas tritt an dem Kopfende des
                              									Kessels in einen weiten Vorfeuerraum v ein, der sich
                              									vor dem Feuerrohre befindet und zu welchem Thüren führen, die zum Anstecken des
                              									Gases, zur Reinigung der Füchse bezieh. zum Beobachten des Verbrennungsprozesses
                              									dienen. Gleichzeitig mündet in den Vorfeuerraum der Luftzuführungskanal l, welcher hinten am Kessel mit einem Regulirschieber
                              									versehen ist. Vor jedem Feuerrohre liegt je ein Paar Gas- und Luftfüchse, welche in
                              									den weiten gemeinsamen Vorfeuerraum münden, in welchem sich die Flammenbildung
                              									vollzieht. Wie aus der Zeichnung ersichtlich, sind die Köpfe der Feuerrohre mit
                              									einem Chamottemantel ausgekleidet, welcher an seinem dem Inneren des Kessels
                              									zugewendeten Ende noch einen besonderen Chamotteringeinsatz trägt. Derartige
                              									Einsätze wiederholen sich in gewissen Abständen in den Feuerrohren sowie am hinteren
                              									Ende eines jeden. Die Gröſse des Vorfeuerraumes ist so gewählt, daſs eine freie
                              									Entwicklung der Flamme gesichert erscheint; diese durchflieſst die Feuerrohre in
                              									ihrem ersten Stadium, durch den vorderen Chamotteeinsatz und die angebrachten
                              									Chamotteringe von einer Berührung der Kesselwände thunlichst abgehalten. In den
                              									weiteren Zügen des Kessels wirken dann die Verbrennungsproducte durch unmittelbare
                              									Berührung. (Vgl. F. Fischer 1881 242 * 43. 1883 250 75.)
                           Die rasche Zerstörung fast aller festen Körper durch unmittelbare Berührung mit der
                              									Flamme erklärt Siemens in folgender Weise: „Soweit
                                 										allgemein angenommen, stellt die Flamme einen sehr erregten Zustand der Gasmoleküle dar.
                                 										Die Atome der verschiedenen Gasarten sind, physikalisch (vielleicht elektrisch)
                                 										heftig angeregt, in sehr lebhafter Bewegung begriffen, wahrscheinlich um
                                 										einander rotirend. Bringt man einen festen Körper in unmittelbare Berührung mit
                                 										einer derart aufgeregten Gasmasse, so übt die Fläche des Körpers unbedingt eine
                                 										beruhigende Wirkung auf die Gasmoleküle aus; letztere stoſsen auf die Flächen
                                 										und werden in Folge von Adhäsion und Attraction an dieselben gebannt und daher
                                 										in ihrer Bewegung gehindert. Durch Verhinderung der nöthigen Bewegung wird
                                 										natürlich auch die Verbrennung selbst gestört, denn ohne Bewegung gibt es ja
                                 										keine Verbrennung. An den Flächen bildet sich eine Rauchatmosphäre, welche von
                                 										der strahlenden Wärme der übrigen Flamme nicht durchdrungen werden kann; die
                                 										gestörte Verbrennung, Raucherzeugung und unvollkommene Wärmeentwickelung und
                                 										Uebertragung ist demnach vollständig erklärt. Es ist nicht ganz so leicht, die
                                 										Ursache der thatsächlichen Zerstörung der Flächen fester Körper durch ihre
                                 										Berührung mit der Flamme wissenschaftlich zu beweisen, kann aber leicht durch
                                 										die elektrische Flammentheorie erklärt werden, wonach die Flamme aus einer
                                 										Anzahl kleiner elektrischer Entladungen, sehr klein, aber sehr zahlreich,
                                 										besteht. Demnach würde der unmittelbar mit der Flamme in Berührung gebrachte
                                 										Körper durch dieses Bombardement von elektrischen Entladungen rasch zerstört
                                 										werden müssen.“
                           
                              „Eine andere Erklärung könnte dadurch gegeben werden, daſs die den in heftiger
                                 										Bewegung befindlichen Molekülen der Flamme innewohnende lebendige Kraft nur
                                 										theilweise zur Erzeugung von Wärme Verwendung finden kann, weil der die Bewegung
                                 										hindernde Körper eine ungestörte Entwickelung der Flamme nicht gestattet. Der
                                 										Rest der vorhandenen lebendigen Kraft der Flammenmoleküle wird in mechanische
                                 										Arbeit umgesetzt, die durch Zerstörung des ihre freie Bewegung hindernden
                                 										Körpers ihren Ausdruck findet.“
                              
                           
                              „Die groſse Licht- und Wärmeausstrahlungsfähigkeit
                                 										der lebendigen Flamme hat ihren Grund in der Durchlässigkeit derselben für
                                 										Licht- und Wärmestrahlen. Nicht allein die Oberfläche der Flamme ist es, welche
                                 										ausstrahlt, sondern auch von innen heraus vollzieht sich die Ausstrahlung. Aus
                                 										diesem Grunde wächst die Licht- und Wärmeausstrahlung in auſserordentlichem
                                 										Maſse mit der Gröſse der Flamme. Während ein fester Körper bei der doppelten
                                 										Oberfläche nur doppelt so viel Licht und Wärme ausstrahlt, steigt diese
                                 										Ausstrahlungsfähigkeit bei einer Flamme nach dem Inhalte, also um das Vierfache.
                                 										Daher kommt es auch, daſs, wenn man mit strahlender Wärme arbeitet, bei
                                 										gröſseren Ofenkammern, in welchen sich die Flamme ausbreiten kann, die Leistung
                                 										und die Oekonomie von Brennmaterial so sehr gefördert wird. Die Ursache, warum
                                 										die Heizflamme in ihrem zweiten neutralen Stadium so wenig Wärme ausstrahlt,
                                 										liegt hauptsächlich in der Abwesenheit von freien Kohlenstoffpartikelchen, aus welchem Grunde
                                 										es auch erklärlich ist, daſs bei Anwendung gewisser Sorten Brennmaterial – wie
                                 										Koke, Anthracit oder mittels der Kohlenoxydgasflamme oder des Bunsenbrenners –
                                 										durch Wärmeausstrahlung verhältniſsmäſsig wenig Erfolg erzielt wird. Es fehlt
                                 										bei diesen Verbrennungen an freiem Kohlenstoff, d.h. an festen Körpertheilchen,
                                 										ohne deren Anwesenheit Licht und Wärme ausstrahlende Flammen nicht erzeugt
                                 										werden können. Zur besseren Ausnutzung der strahlenden Wärme muſs man sich
                                 										unbedingt das geeignete Brennmaterial wählen; denn dasjenige Heizmaterial,
                                 										welches die gröſste Masse freier Kohle in der Flamme entwickelt, bietet in
                                 										diesem Falle unbedingt die gröſste Bürgschaft in Bezug auf Heizkraft und
                                 										Oekonomie. Trotzdem wird man nicht umhin können, auch bei einer nicht Wärme
                                 										ausstrahlenden Flamme für eine freie Brennkammer sorgen zu müssen, denn ohne
                                 										diese ist eine vollkommene Verbrennung aus gleichen Gründen unmöglich und auch
                                 										die anderen oben aufgestellten Uebelstände treten zweifelsohne ein.“