| Titel: | 300m hoher Thurm oder Mast für Paris zu Beleuchtungs-, Beobachtungs- u. dgl. Zwecken. | 
| Fundstelle: | Band 257, Jahrgang 1885, S. 381 | 
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                        300m hoher
                           								Thurm oder Mast für Paris zu Beleuchtungs-, Beobachtungs- u. dgl. Zwecken.
                        300m hoher Thurm oder Mast zu
                           								Beleuchtungs- u. dgl. Zwecken.
                        
                     
                        
                           In Amerika sind mehrere Versuche gemacht worden, gröſsere Flächenräume von einer
                              									Stelle aus mittels eines in entsprechender Höhe angebrachten kräftigen elektrischen
                              									Lichtes zu erleuchten (vgl. 1883 248 470). So sind weiter
                              									in New-York zwei einander ähnliche Anlagen für Madison-Square und für Union-Square
                              									ausgeführt worden. Madison-Square, ein mit Bäumen bepflanzter Platz von 300m Länge und 200m
                              									Breite, wurde früher durch 300 Gasflammen erleuchtet. Dieselben sind durch 6 Brush-Lampen von je 860 Carcel, im Ganzen also rund
                              									5000 Carcel ersetzt, welche an der Spitze eines Mastes von 35m Höhe angebracht sind; zu ihrem Betriebe ist in
                              									etwa 200m Entfernung in einem Hause am Broadway
                              									eine Dampfmaschine von 25 bis 30e aufgestellt. Der
                              									französische Ingenieur Sébillot fand die Beleuchtung
                              									sehr befriedigend; selbst hinter den diesen Platz schmückenden Denkmälern und bei
                              									den Eckhäusern war dieselbe noch gut; auch reicht das elektrische Licht bis zu der
                              										300m von der Säule entfernten 4. Avenue.
                           
                           Die Stadt Denver in Colorado mit 70000 Einwohnern wird von vier ähnlich construirten
                              									Centralpunkten aus beleuchtet. Es sind zu diesem Zwecke 4 eiserne Säulen von je
                              										90m Höhe aufgestellt, deren gegenseitige
                              									Entfernung etwa 1500m beträgt; die Betriebskraft
                              									ist etwa 250e. Diese Beleuchtung liefert nach Sébillot's Ansicht wenig günstige Ergebnisse, theils
                              									wegen der für die groſse Höhe ungenügenden Stärke der Lichtquellen, theils wegen der
                              									Abwesenheit wirksamer Reflectoren; auch entstehen groſse Verluste in den
                              										Leitungen.Ergänzend werde hinzugefügt, daſs nach der Elektrotechnischen Zeitschrift, 1883 S. 35 auch in San Jose in
                                    											Californien für die Straſsenbeleuchtung ein hoher Lampenträger ausgeführt
                                    											worden ist und zwar als ein Gerüst aus Eisenröhren. Derselbe bildet eine
                                    											stark verjüngte, abgestumpfte Pyramide von 60m Höhe; die vier Grundseiten sind je 20m lang, die der oberen Fläche nur 1m,25. An den vier Kanten hat man auf eine
                                    											Höhe von 30m Röhren von 100mm Durchmesser, dann für die folgenden
                                    												15m Röhren von 70mm und für den Rest solche von 50mm Durchmesser. Die anderen Röhren sind
                                    											schwächer. Von einem Träger auf der oberen Platte hängen 6 Lampen zu je 400
                                    											Normalkerzen herab, alle 6 in derselben Ebene befindlich; über denselben ist
                                    											ein Schirm angebracht, welcher zugleich als Reflector dient. Der Strom wird
                                    											von einer Brush-Maschine geliefert, welche 9e verbraucht.
                           Durch Sébillot veranlaſst, hat nach Schluſs der
                              									elektrischen Ausstellung in Paris 1881 der Erbauer des Trocadero, Ingenieur J. Bourdais, einen Plan für die Beleuchtung der Stadt
                              									Paris mittels einer einzigen Lichtquelle ausgearbeitet, welchen er bei Gelegenheit
                              									der Ausstellung 1889 auszuführen wünscht. Durch parabolische Spiegel sollen die
                              									Lichtstrahlen nahezu parallel gemacht werden, durch eine Anordnung, worauf Bourdais und Sébillot am
                              									6. Mai 1882 in Frankreich ein Patent genommen haben.
                           Bourdais hat zunächst untersucht, welche Höhe der zu
                              									erbauende Lichtthurm erhalten darf, damit die verwendeten Materialien nicht schon
                              									durch ihr eigenes Gewicht zerstört werden. Diese Höhe findet er für eine Pyramide
                              									mit quadratischer Grundfläche bei Porphyr zu 2550m, bei Eisen zu 2280m, bei Granit zu 900m, bei Kalkstein von Bagneux zu 540m, bei Stein von Saint-Nom zu 300m. Für ein Prisma mit quadratischer Basis sinken
                              									diese Werthe auf ⅓ herab. Zu berücksichtigen ist ferner der Winddruck. Soll die
                              									Resultante aus diesem und dem Eigengewichte bei einem Prisma mit quadratischer
                              									Grundfläche die letztere in einem ¼ der Seite D
                              									gleichen Abstande von der Mitte treffen, so findet sich für einen gröſsten Winddruck
                              									von 300k auf 1qm
                              									bei Steinmaterial (von der mittleren Dichte δ = 2400k) die nöthige Seite D = 8m,7, wenn die Höhe 300m werden soll. Mit zunehmender Höhe wird das
                              									Verhältniſs h : D
                              									günstiger. Für Pyramiden mit quadratischer Grundfläche wäre D nach der nämlichen Formel D=\sqrt{600\,h\,:\,\delta}
                              									zu berechnen. Für die abgestumpfte Pyramide mit den Seitenlängen d und D der quadratischen
                              									Abstumpfungsfläche und Grundfläche ergibt sich das gröſste
                              										D=\sqrt{692,50\,h\,:\,\delta} für d = 0,35 D. Interessant ist eine Vergleichung
                              									der hiernach nöthigen Seitenlänge D mit den Maſsen h, d und D1 verschiedener Obelisken:
                           
                              
                                 
                                 
                                    h
                                    m
                                    
                                 
                                    d
                                    m
                                    
                                 
                                    D
                                    1
                                    m
                                    
                                 
                                    D
                                    m
                                    
                                 
                              
                                 2 von Diodorus Siculus
                                    											beschriebene Obelisken
                                 48,24
                                 2,41
                                 3,61
                                 3,51
                                 
                              
                                 2 Obelisken von Numcoreus, Sohn
                                    											des Sesostris
                                 40,20
                                 2,01
                                 3,21
                                 3,18
                                 
                              
                                 2 Obelisken von Smerrès
                                 35,37
                                 1,80
                                 3,00
                                 2,98
                                 
                              
                                 1 Obelisk von Nectanébis
                                 32,16
                                 1,63
                                 2,81
                                 2,88
                                 
                              
                                 Der von Constance nach
                                    											Saint-Jean-de-Latran      gebrachte Obelisk
                                 32,15
                                 1,89
                                 2,92
                                 2,86
                                 
                              
                                 Obelisk von Luxor
                                 22,00
                                 1,50
                                 2,43
                                 2,38
                                 
                              
                           Für den Hohlcylinder vom Durchmesser D findet Bourdais die Wandstärke e
                              									= 127 h : Dδ; hiernach bliebe für alle Hohlcylinder aus
                              									gleichem Materiale, bei denen das Verhältniſs h : D gleich ist, die Wandstärke dieselbe, wie auch die
                              									übrigen Abmessungen gewählt sein mögen.
                           Für den abgestutzten Hohlkegel, bei welchem n = d : D
                              									das Verhältniſs der Endflächendurchmesser ist, wäre e =
                                 										Kh : Dδ, worin K=
                              									85 [1 + n : (n + 1)].
                           
                           Auf Grund seiner Berechnungen, namentlich auch unter Berücksichtigung der Kosten,
                              									plant nun Bourdais einen aus einem quadratischen
                              									Unterbaue von 66m Höhe bestehenden Leuchtthurm,
                              									welcher als Museum für Elektricität eingerichtet werden soll und in seinen 6
                              									Stockwerken 10000qm nutzbaren Raum bieten würde;
                              									sein terrassenförmiges Dach kann 2000 Personen aufnehmen. Die Balustrade desselben
                              									soll mit den Bildsäulen der bedeutendsten französischen und fremden Gelehrten,
                              									welche sich auf dem elektrischen Gebiete ausgezeichnet haben, verziert werden. Im
                              									Untergeschosse sind die Motoren für das elektrische Licht auf der Säule
                              									untergebracht. Auf diesem Unterbaue erhebt sich die in mehrere Stockwerke
                              									gegliederte Säule, deren Kapital 35m Durchmesser
                              									hat und einen Raum für ungefähr 1000 Besucher bietet, welche von hier aus ganz Paris
                              									in der Vogelschau überblicken würden. Das Innere dieser kolossalen Säule ist ein
                              									senkrechter Schacht von 8m Durchmesser, der für
                              									die verschiedensten wissenschaftlichen Versuche, z.B. über den freien Fall der
                              									Körper, Verdichtung von Gasen oder Dämpfen, den Foucault'schen Versuch u.s.w. bestimmt ist. Um diesen Schacht sind in
                              									jedem der 5 Stockwerke 16 Zimmer von 5m Höhe und
                              										15qm Fläche angeordnet, welche für
                              									aërotherapeutische Versuche dienen sollen. Die angeblich reine, unter geringerem
                              									Drucke stehende Luft in dieser beträchtlichen Höhe soll für viele Leidende einen
                              									Ersatz der Gebirgsluft bieten können.
                           Ueber der letzten Bühne erhebt sich dann der eigentliche elektrische Leuchtthurm,
                              									dessen Kuppel durch eine Bildsäule, den Genius der Wissenschaft darstellend, gekrönt
                              									wird; der Kopf derselben wird sich 360m über dem
                              									Erdboden befinden. Im Inneren der Säule ist eine Anzahl Aufzüge für die
                              									verschiedensten Zwecke vorgesehen. Der eigentliche Kern der Säule hat 18m Durchmesser, ist in Granit ausgeführt und so
                              									berechnet, daſs er nicht allein dem Winddrucke auf seine eigene Fläche, sondern auch
                              									dem auf die äuſsere ausstattende Umhüllung widerstehen kann. Diese äuſsere
                              									Ausstattung besteht aus eisernen, mit Kupfer bekleideten Säulen, Gesimsbändern
                              									u.s.w.
                           Ein zweiter, von den Ingenieuren G. Eiffel, E. Nouguier
                              									und M. Koechlin und dem Architekten S. Saurestre entworfener Plan zu gleichem Zwecke
                              									besteht aus einem auf einer Ueberbrückung pyramidenförmig aufsteigenden Thurme von
                              										300m Höhe, welcher ganz aus Schmiedeisen in
                              									Gitterwerk ausgeführt werden soll. Von vier in einem Quadrate von 100m liegenden Sockeln aus erheben sich Rundbogen,
                              									welche in 70m Höhe vom Erdboden Gallerien und eine
                              									Glashalle von 4200qm Bodenfläche tragen. Von der
                              									Glashalle aus steigt der sich mit sanften Bogenlinien verjüngende Thurm in die Höhe,
                              									welcher dann weiter noch zwei Glashallen von 30m
                              									bezieh. 16m Seitenlänge bildet und wovon die obere
                              									Glashalle als Aussichtspunkt dienen soll. Ueber der zweiten Halle steigt der Thurm
                              									noch 80m mit nahezu geraden Seiten in die Höhe, um
                              									dann den Raum zur Aufnahme der Lichtquelle zu tragen. Die Kosten eines solchen
                              									Bauwerkes, in Gitterwerk ausgeführt, mit den Aufzügen und den Maschinen zum Betriebe
                              									derselben werden in der unten angegebenen Quelle bloſs zu 2524000 M. angegeben.
                           Der Aufstellungsort für diese Säule müſste der geometrische Mittelpunkt von Paris,
                              									also etwa Pont-Neuf oder die Place Saint Germain-l'Auxerrois oder möglichst in der
                              									Nähe dieser Stellen sein; so würde sich z.B. der Platz des früheren Mittelpavillon
                              									der Tuilerien oder der Platz der Ruinen des „Cour des Comptes“ dazu
                              									eignen.
                           Der von Sébillot geplante Apparat der elektrischen
                              									Beleuchtung soll drei Theile umfassen: 1) Ein auf dem Gipfel der Säule angebrachtes
                              									System von 100 Lampen sehr groſser Leuchtkraft, welche in einem wagerechten Kreise
                              									von 12m Durchmesser aufgestellt werden sollen;
                              									jede Lampe soll 20000 Carcel Leuchtkraft erhalten. 2) Einem Reflector, welcher alle
                              									Lichtstrahlen concentrirt, um sie auf die zu beleuchtende Fläche zu vertheilen und
                              									ihre Zerstreuung im Raume zu verhindern. 3) Ein System von Projectoren mit örtlichen
                              									Reflectoren, um auch diejenigen Gegenstände zu beleuchten, welche in Folge
                              									ungenügender Vertheilung des Lichtes im Schatten bleiben würden. Diese Projectoren
                              									können nicht regelmäſsig vertheilt sein, sondern müssen nach vorhergehenden
                              									Versuchen über die Wirkung der allgemeinen Beleuchtung zweckentsprechend angebracht
                              									werden; die von denselben ausgehenden Lichtstrahlen sollen durch ebene oder gekrümmte Reflectoren
                              									derart geleitet werden, daſs sie senkrecht in die Straſsen fallen.
                           Die Beleuchtung der Stadt Paris von einem einzigen Punkt aus würde etwa eine
                              									Kreisfläche von 11km Durchmesser umfassen müssen,
                              									indem man von Ost nach West die Entfernung der Portes de la Muette und Bagnolet, von
                              									Süd nach Nord die der Portes Montmartre und d'Orleans in Betracht zieht und die
                              									Tuilerien als Mittelpunkt wählt; die gröſste Entfernung der zu beleuchtenden Orte
                              									von der Lichtquelle beträgt 5500m. (Nach den Mémoires et Compte rendu des travaux de la Société des
                                 										Ingénieurs civils, Paris 1885 * S. 53. 355. La
                                 										Lumière électrique, 1885 Bd. 15 * S. 337.)
                           An diese beiden Pläne knüpft Contre-Admiral P. Serre im
                              										Génie civil, 1885 Bd. 7 S. 182 eine Besprechung, in
                              									welcher er auf die Bedeutung eines so hohen Thurmes als militärischer Beobachtungsposten im Mittelpunkte der starken Festung Paris
                              									und zur Ausführung wissenschaftlicher Versuche hinweist. Ein so hoch gelegener
                              									Beobachtungsposten würde die Bewegungen eines feindlichen Belagerungsheeres im
                              									ganzen Umkreise erkennen lassen und durch optische Telegraphen einen schnellen und
                              									sicheren Verkehr mit den einzelnen Forts ermöglichen, besser als dies mittels eines
                              									angebundenen Luftschiffes der Fall sein könnte. In der zweiten Hinsicht soll der
                              									hohe Thurm zum Studium der Atmosphäre, zu meteorologischen Beobachtungen u. dgl.
                              									dienen. Wenn nun von den oben angeführten Zwecken abgesehen wird, wonach der Thurm
                              									als monumentales Bauwerk aufgeführt werden soll, und wenn die beiden eben genannten
                              									Rücksichten allein in Geltung kämen, so brauchte der Thurm keine so groſse
                              									Kopfflache zu erhalten, die Ausführung könnte einfach und in Folge dessen der
                              									Kostenbetrag wesentlich niedriger gehalten werden. Verfasser kommt danach zu dem
                              									Schlusse, einen einfachen hohen Mastbaum zu errichten, der wie die neueren groſsen
                              									Schiffsmasten, welche mit ihren Körben zur Beobachtung u. dgl. dienen, aus Blech
                              									herzustellen und ebenso wie diese durch gespannte Drahtseile festzuhalten wäre; der
                              									vorgeschlagene Hohlmast solle 300m Höhe, am Fuſse
                              										5m und an der Spitze 1m,25 Durchmesser erhalten, wobei die dem letzteren
                              									Durchmesser entsprechende, etwa mit einer Gallerie zu umgebende Fläche – welche wohl
                              									etwas klein angenommen ist – zur Unterbringung der wissenschaftlichen Instrumente
                              									und für den Beobachter genügen soll. Der Hohlmastbaum würde aus Blech hergestellt
                              									werden und in 60 Röhrenstücke von je 5m Länge
                              									zerlegt. Jedes Röhrenstück ist zusammengesetzt aus einer Anzahl senkrechter
                              									Blechstreifen von Im Breite, welche durch Winkeleisen zu verbinden sind. Auf der
                              									Innenseite erhält jedes Röhrenstück am oberen und unteren Ende Flanschen, mit denen
                              									die Röhrenstücke sich auf einander setzen und so von innen aus verbunden werden
                              									können. Diese Verbindung, wie auch die der einzelnen Blechstreifen und Winkeleisen,
                              									soll mittels Mutterschrauben erfolgen.
                           Würde das Blech des untersten Röhrenstückes 30mm,
                              									das Blech des obersten Röhrenstückes 10mm stark,
                              									so wären die Gewichte dieser beiden Stücke bei entsprechenden Winkeleisen und
                              									Flanschenstärken 56t bezieh. 4t und das Gewicht des Mastes, wenn für die übrigen
                              									Röhrenstücke die Stärken stetig von unten nach oben abnehmen, ungefähr 1800t. Mit den übrigen Einrichtungen wird sich das
                              									Gesammtgewicht, das von dem Grundbaue zu tragen wäre, auf 2300t belaufen. Als Grundbau wird ein verankerter Rost
                              									vorgeschlagen und sollen damit die Gesammtkosten des Bauwerkes 1600000 M. nicht
                              									überschreiten.