| Titel: | Verfahren zur Verarbeitung von Strontianrückständen. | 
| Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, S. 90 | 
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                        Verfahren zur Verarbeitung von
                           								Strontianrückständen.
                        Verfahren zur Verarbeitung von Strontianrückständen.
                        
                     
                        
                           Nach E. O. v. Lippmann und G.
                                 										Lunge (Oesterreichisch-Ungarisches Patent Kl. 89 vom 29. August 1885) geben
                              									die beim Strontianverfahren erhaltenen Rückstände nach dem gewöhnlichen Glühen und
                              									Auslaugen bei abermaligem Glühen und Auslaugen keine verwerthbaren Mengen von
                              									Aetzstrontian ab, augenscheinlich, weil der Strontian in denselben wesentlich nicht
                              									mehr als kohlensaures Salz, sondern als Silicat, Aluminat, Sulfat u. dgl. enthalten und
                              									zugleich durch erhebliche Mengen Kalk, Eisenoxyd, Thonerde u.a. verunreinigt ist
                              									(vgl. Sidersky 1883 249 *
                              									126).
                           Wenn man den trocknen Rückstand mit concentrirter Salzsäure zusammenrührt, so braust
                              									die Masse auf und wird zum groſsen Theile aufgelöst, verwandelt sich aber beim
                              									Erkalten in eine Gallerte aus unlöslicher Kieselsäure und einer Lösung der Chloride
                              									des Strontiums, Calciums, Eisens, Aluminiums u. dgl., welche man durch Pressen,
                              									Auswaschen u. dgl. Mittel von der Kieselsäure trennen kann. Bei Verarbeitung nasser,
                              									breiförmiger Rückstände unmittelbar aus der Fabrikation tritt ein solches
                              									Gelatiniren nicht sofort, sondern erst nach längerer Zeit und unvollständig ein,
                              									kann aber ebenso gut hervorgebracht werden, wenn man den Rückstand erst von einem
                              									Theile des Wassers befreit und dadurch die Verdünnung der Salzsäure vermeidet. Auf
                              									diesem Wege wird die Kieselsäure genügend vollständig abgeschieden; es ist jedoch
                              									wichtig, daſs die angewendete Salzsäure möglichst wenig Schwefelsäure enthält, da
                              									sonst beim Aufschlieſsen des Rückstandes Strontiumsulfat gebildet wird, welches bei
                              									dem unlöslichen Theile der Masse bleibt und mithin verloren geht.
                           Die abgeschiedene Kieselsäure kann zur Darstellung von
                              									Wasserglas, als Beimischung in hydraulischen Kalken, zum Reinigen gewisser
                              									Flüssigkeiten von Farbstoffen und für viele andere technische Zwecke nützlich
                              									verwendet werden. Zu diesem Behufe verfährt man am besten so, daſs man, nach der
                              									Aufschlieſsung der Rückstände mit Salzsäure, das Gemenge noch heiſs durch Filtriren,
                              									Pressen u. dgl. in einen unlöslichen Rest und in eine warme Lösung trennt, aus
                              									welcher bei einigem Erkalten die Kieselsäuregallerte sich in ganz reinem Zustande
                              									ausscheidet.
                           Aus der von dieser Gallerte getrennten Lösung krystallisirt bei völligem Erkalten
                              									oder bei Verdunstung eine bedeutende Menge von Chlorstrontium im Zustande gröſster
                              									Reinheit aus und kann auf diesem Wege getrennt und für sich verwendet oder nach
                              									beliebigem Verfahren in Strontiumcarbonat umgesetzt werden. Man kann auch die mit
                              									Salzsäure aufgeschlossene Masse zur Trockne verdampfen und einige Zeit lang etwas
                              									über 100° erhitzen, wodurch die Kieselsäure ganz unlöslich wird; wenn man auf etwas
                              									höhere Temperatur erhitzt, so verwandeln sich die Chloride des Eisens und Aluminiums
                              									in die betreffenden Oxyde und die dann durch Auslaugen erhaltene Flüssigkeit ist
                              									eine von Silicium, Aluminium und Eisen freie Lösung von Chlorstrontium und
                              									Chlorcalcium. Man kann aber auch so verfahren, daſs man zur Umgehung des Glühens und
                              									der Verdichtung der salzsauren Dämpfe die rohe, mit Salzsäure aufgeschlossene Masse
                              									oder die durch Auslaugen derselben erhaltene klare Lösung, mit fein vertheiltem
                              									Calciumcarbonat (z.B. Schlemmkreide) kocht; hierbei wird alle Kieselsäure, Thonerde
                              									und Eisenoxyd niedergeschlagen, während eine farblose Lösung von Chlorcalcium und
                              									Chlorstrontium verbleibt.
                           
                           Die weitere Behandlung der Lösungen der Chloride kann in verschiedener Weise
                              									geschehen. Wenn man schon eine von Kieselsäure, Eisen und Thonerde freie Lösung von
                              									Chlorstrontium und Chlorcalcium gewonnen hat, so kann man diese mit kohlensaurem
                              									Natron oder Kalium behandeln, am besten in der Hitze, die niederfallenden Carbonate
                              									des Calciums und Strontiums abfiltriren, auswaschen, trocknen und glühen; beim
                              									Auslaugen des hiernach verbleibenden Gemenges von Aetzstrontian und Aetzkalk mit
                              									heiſsem Wasser geht ersterer in Lösung, während der Kalk so gut wie ganz
                              									zurückbleibt. Wenn man die Lösung der Chloride mit der Lösung eines Sulfates
                              									versetzt, wozu man am besten Glaubersalz verwendet, so fällt fast aller Strontian
                              									als Sulfat nieder, während Eisen, Thonerde, Kieselsäure und Kalk in Lösung
                              									verbleiben. Den ausgewaschenen, völlig reinen Niederschlag von Strontiumsulfat kocht
                              									man mit einer Lösung von Alkalicarbonat, wodurch die Umwandlung in unlösliches
                              									Strontiumcarbonat und lösliches Alkalisulfat, am besten Natriumsulfat, leicht und
                              									vollständig erfolgt. Das Strontiumcarbonat, welches fast ganz rein ist, wird
                              									gebrannt und als Aetzstrontian verwerthet; die Lösung von Natriumsulfat wird in der
                              									oben beschriebenen Weise zur Ausfällung des Strontians aus der gemischten Lösung der
                              									Chloride benutzt.