| Titel: | Anwendung des elektrischen Lichtes in der Photographie. | 
| Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, S. 267 | 
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                        Anwendung des elektrischen Lichtes in der
                           								Photographie.
                        Mit Abbildungen.
                        Anwendung des elektrischen Lichtes in der Photographie.
                        
                     
                        
                           So zweckmäſsig die Anwendung des elektrischen Lichtes bei photographischen Aufnahmen
                              									erscheinen mag, war dieselbe – obschon bereits seit dem J. 1878 versucht (vgl. 1885
                              										258 264) – bisher doch nur eine beschränkte,
                              									hauptsächlich wohl weil die Elektrotechniker sich noch nicht eingehender mit der
                              									Herstellung zweckmäſsiger Einrichtungen befaſst hatten und auſserdem die nöthige
                              									Anlage kostspielig ist und eine sorgsame Behandlung fordert.
                           Van Ronzelen in Berlin, welcher schon seit 5 Jahren
                              									elektrisches Licht benutzt und sich in der Elektrotechnischen Zeitschrift, 1884 S. 98 und 101 eingehend über dessen
                              									Anwendung in verschiedenen Ländern verbreitet hat, führte bei der am 3. September
                              									1885 veranstalteten Ausstellung des Elektrotechnischen Vereins seine Einrichtungen
                              									vor. Die Lichtquelle, eine Siemens'sche Bogenlampe mit
                              									Selbstregulirung, befindet sich in der Mitte eines sehr groſsen Reflectors und kann
                              									mit diesem, da er von einem Wagen herunterhängt, welcher auf unter der Decke des
                              									Aufnahmesaales angebrachten Schienen läuft, nach jeder Stelle dieses Raumes hin
                              									befördert werden. Ein Flaschenzug ermöglicht noch, die Lampe mit dem Reflector
                              									beliebig hoch oder niedrig zu stellen. Fig. 1 gibt
                              									einen Grundriſs der ganzen Einrichtung.
                           Fig. 1., Bd. 259, S. 267 Der zu photographirende Gegenstand e befindet
                              									sich nicht im unmittelbaren Lichte B der Lampe, sondern
                              									im reflectirten Lichte C, indem das Licht durch einen
                              									Schirm d abgehalten wird. Um die Reflexion zu
                              									verstärken, läuft der Schirm d in seinem oberen Theile
                              									in einen dem Lichtpunkte zugewendeten Parabolspiegel c
                              									aus. Ein gewöhnlicher Planspiegel f soll dazu dienen,
                              									die Schatten zu mildern, wird aber selten angewendet. Der photographische Apparat h steht hinter dem Reflector a, befindet sich also immer im dunkeln Raume A. Die Lampe ist auf 3000 Normalkerzen berechnet und wird von einer
                              									Dynamomaschine gespeist, zu deren Betrieb ein 4pferdiger Deutzer Gasmotor benutzt
                              									wird. Die ganze Einrichtung hat 9000 M. gekostet; die Beleuchtungsstunde soll auf
                              									etwa 1,60 M. zu stehen kommen. Die erzielten Erfolge sind zufriedenstellend; das
                              									Licht hat die halbe Stärke eines mittleren Tageslichtes, erfordert also eine doppelt
                              									so groſse Expositionsdauer. Die Photographien, deren eine groſse Sammlung
                              									ausgestellt war, unterscheiden sich von den bei gewöhnlichem Tageslichte
                              									hergestellten fast gar nicht.
                           Eine andere Anlage ist von L. Scharnweber und Comp. in
                              									Kiel bei dem Hofphotographen Höffert in Hamburg
                              									ausgeführt worden und hat sich zufriedenstellend erwiesen. Das im ersten Stocke
                              									eines Hintergebäudes gelegene photographische Aufnahmezimmer wird bei den starken
                              									Nebeln, welche im Herbste in diesen Küstengegenden vorherrschen, oft schon um 3 Uhr
                              									Nachmittags so dunkel, daſs eine Aufnahme nur noch bei elektrischem Lichte möglich
                              									ist. Im Vorderhause ist für einen Juwelierladen und die Geschäftszimmer der HH. Brahmfeld und Gutruf eine Glühlichtanlage mit Lampen
                              									von 50 Volt Spannung in Benutzung. Die vorhandene Dynamomaschine wird durch einen
                              									Gasmotor angetrieben; es sind etwa 2 Pferd übrig und diese wurden für das
                              									photographische Zimmer hergegeben. Der Strom zum Betriebe der Bogenlampe, welche für
                              									die Porträtaufnahme verwendet wird, ist einer Compound-Dynamomaschine entnommen und
                              									die Bogenlampe, von einer Stromstärke von etwa 15 Ampère, parallel mit den
                              									Glühlampen geschaltet. Fig. 2 zeigt die Einrichtung
                              									der Lampe, welche so aufgestellt wird, daſs die Kohlenhalter h, h1 etwa unter 60° gegen die Wagerechte
                              									geneigt sind.
                           Fig. 2., Bd. 259, S. 268 Der innen mattweiſs angestrichene Schirm S
                              									ist auf einem Dreifuſse derartig befestigt, daſs er mittels Zahnstange und Kurbel
                              									gehoben oder gesenkt werden kann. Auſserdem ist er um seine senkrechte wie wagrechte
                              									Achse drehbar und der ganze Dreifuſs auf Rollen fahrbar. Auf der oberen Seite des
                              									Schirmes ist das Solenoid l, isolirt von ersterem,
                              									angebracht; in demselben befindet sich der Halter h1 der positiven Kohle mit Eisenrohr e an einer Spiralfeder hängend, welche letztere auch
                              									zur Regulirung der Lichtbogenlänge dient (vgl. Scharnweber's Bogenlampe * S. 168 d. Bd.). Auf der anderen Seite des
                              									Schirmes ist, ebenfalls isolirt, der Halter h der negativen Kohle
                              									verschraubt. Die Einrichtung ist von selbst verständlich. Das Licht ist
                              									selbstregulirend bei denkbar einfachster Einrichtung; die Regulirung geht aber nur
                              									etwa 20 bis 30 Minuten lang selbstthätig vor sich, da der Eisenkern nach Ablauf
                              									dieser Zeit zu weit aus dem Solenoide herausgetreten ist, um von letzterem noch mit
                              									gleicher Kraft angezogen zu werden. Es werden dann die Kohlenhalterhülsen h und h1 auf den Stäben i nach
                              									oben geschoben und dadurch der Abbrand der Kohlen ausgeglichen. Dies ist weiter kein
                              									Nachtheil der Lampe, da das Licht ja immer nur in kürzeren oder längeren Zeiträumen
                              									gebraucht wird. Die negative Kohle steht etwas weiter in den Schirm hinein wie die
                              									positive, damit der Krater der letzteren sich nach dem Schirme zu aushöhlt. Es ist
                              									auch vortheilhaft, den Lichtbogen in ⅔ der Höhe des Schirmes anzubringen.
                           Vor dem Lichtbogen ist ein verschiebbarer kleiner Reflectorschirm s angebracht, welcher verhindert, daſs Licht das Object
                              									unmittelbar trifft. Das aus dem Schirme diffus vertheilte Licht trifft das Object
                              									und wird zum Theile noch von anderen weiſsen Schirmen zurückgeworfen, um die
                              									Schattenseiten aufzulichten. Sobald die Reflectorlampe ausgebraucht ist, wird eine
                              									mit einer Glasglocke versehene Bogenlampe zur allgemeinen Beleuchtung des
                              									Aufnahmezimmers eingeschaltet. Trotzdem nun diese Umschaltungen öfters vorkommen,
                              									werden beim Glühlichte keine Zuckungen wahrgenommen.