| Titel: | Ueber die Herstellung und Verwendung von Maltosesyrup. | 
| Autor: | F. | 
| Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, S. 511 | 
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                        Ueber die Herstellung und Verwendung von
                           								Maltosesyrup.
                        Ueber die Herstellung und Verwendung von Maltosesyrup.
                        
                     
                        
                           Die Société anonyme générale de Maltose in Brüssel (D.
                              									R. P. Kl. 89 Nr. 34085 vom 22. August 1883) hat gefunden, daſs die Verflüssigung der
                              									Stärke mit möglichst wenig Malz nur dann möglich ist, wenn man die Bicarbonate im
                              									Wasser zersetzt, wozu namentlich rohe Salzsäure verwendet werden soll. Die
                              									Erweichung des Stärke haltigen Getreides soll in der Luftleere geschehen. Um bei der
                              									Verzuckerung die Milchsäure- und Buttersäurebildung zu verhüten, soll die Maische
                              									möglichst bald filtrirt und mit 7 bis 29g
                              									Salzsäure auf 1hl Flüssigkeit versetzt werden.
                           Zur Herstellung der sogen. Malzinfusion wird das Malz
                              									mit 2 bis 5 Th. vorher neutralisirten Wassers zu einem Breie gekocht (? Ref.) und
                              									während einiger Stunden bei einer Temperatur von etwa 30° in Maceration gebracht. Da
                              									der wirksame Theil des Kornes auſserordentlich löslich ist, so kann man den in Säcke
                              									gepackten Brei unter einer Presse auspressen und so den flüssigen Theil des Breies
                              									gewinnen. Der Rückstand wird dann ausgelaugt und die durch Druck ausgezogenen
                              									Flüssigkeiten filtrirt.
                           Zur Herstellung von Maltose aus reiner Stärke mischt man
                              									dieselbe mit 2 bis 12 Th. neutralisirtem Wasser und dem Auszuge von 5 bis 10 Proc.
                              									Malz. Das Gemenge wird in einem Behälter mit Rührwerk und doppeltem Boden gebracht,
                              									um die Lösung mit Dampf erwärmen zu können. Die Temperatur wird nur sehr langsam
                              									erhöht, damit sich die Lösung gleichmäſsig erwärmt. Auf diese Weise kann man die
                              									Temperatur bis auf 80° erhöhen, ohne daſs der Brei irgend welche Veränderung
                              									erleidet. Die Erwärmung dauert ungefähr 1 Stunde. Der flüssige Stärkebrei wird
                              									hierauf in einen mit Rührwerk versehenen Druckkessel gebracht und in diesem etwa 30
                              									Minuten lang unter ungefähr 1at,5 gehalten. Man
                              									kühlt alsdann bis auf 48° ab. Der Kühlapparat ist ein einfacher Osmoseapparat,
                              									dessen Pergamentblätter durch dünne Kupferbleche ersetzt sind und bei welchem das
                              									Kühlwasser von unten nach oben und die Lösung von oben nach unten flieſst. Nachdem
                              									die Lösung bis auf 48° abgekühlt ist, setzt man, je nachdem eine schnellere oder
                              									langsamere Bildung von Zucker, Syrup oder Melasse erwünscht ist, 5 bis 20 Proc.
                              									Malzauszug hinzu.
                           Um eine schnelle und vortheilhafte Zuckerbildung zu erreichen, ist der früheren
                              									Ansäuerung des Wassers wegen ein starker Zusatz von Malzinfusion nöthig. Um Syrup zu
                              									gewinnen, genügt eine kleine Menge desselben und für die Gewinnung von Zuckermasse
                              									genügen 10 bis 20 Proc. Malzinfusion mit viel Wasser (das 10- bis 12fache Gewicht
                              									des Stärkemehles). Nachdem die Zuckerbildung 1 Stunde gedauert hat, kann man zur
                              									Filtration des Saftes übergehen. Diese Filtration erfolgt durch Filz oder besser
                              									mittels einer Filterpresse mit seitlicher Beschickung, bei welcher die Preſstücher
                              									durch auf Leinwand geklebtes Papier ersetzt sind. Dieses letztere Filtrirmittel ist unentbehrlich,
                              									wenn man vollständig klare Maltosesäfte erhalten will. Die filtrirten Säfte werden,
                              									wenn sie einer verlängerten Zuckerbildung unterworfen werden sollen, in tiefe
                              									Gefäſse gebracht, um so wenig wie möglich von ihrer Oberfläche mit der
                              									atmosphärischen Luft in Berührung zu bringen, und können ohne merkliche Veränderung
                              									60 Stunden und länger aufbewahrt werden, wenn die Temperatur auf ungefähr 48°
                              									erhalten wird.
                           Nach beendigter Verzuckerung genügt es, den Saft auf 28° B. an freier Luft oder unter
                              									Luftleere einzukochen. Alsdann filtrirt man über Papier, oder man mischt dem Syrup
                              									ein wenig Papierstoff bei und filtrirt durch einen Filzbeutel, worauf das Einkochen
                              									bis auf 38° B. beendet wird; schlieſslich wird über Knochenkohle filtrirt. Der
                              									filtrirte Syrup wird nunmehr in Fässer oder Formen gebracht und abgekühlt, um weiter
                              									zu Zuckermasse verarbeitet zu werden.
                           Bei Verarbeitung von Kartoffeln werden dieselben wie
                              									gewöhnlich gewaschen, auf dem Rübenschneider in dünne Schnitzel geschnitten und
                              									sodann in einen Diffusionsapparat gebracht, wie man sie für Rüben verwendet; dann
                              									werden die Schnitzel bei einer Temperatur von 40 bis 50° oder auch mehr ausgelaugt,
                              									um die löslichen Bestandtheile der Kartoffeln zu lösen. Ist der letzte Diffuseur
                              									ausgelaugt, so läſst man den Inhalt sämmtlicher Diffuseure in ein gemeinschaftliches
                              									Sammelbecken laufen und von hier mittels eines Becherwerkes in eine Quetschmaschine,
                              									ähnlich den bekannten Breiquetschen, bringen, woselbst die ausgelaugten Schnitzel in
                              									ganz dünnen Brei verwandelt werden. Hierauf fügt man nicht ausgelaugte
                              									Preſsrückstände von Malz und auſserdem neutralisirtes Wasser hinzu und schreitet
                              									nunmehr zur Verflüssigung, wie dies für das reine Stärkemehl beschrieben wurde. Nach
                              									der ersten Verflüssigung behandelt man die Lösung noch bei 1 bis 2at Druck ungefähr ½ Stunde lang im Druckkessel, um
                              									die Rückstände vollständig auszulaugen; dann kühlt man auf 48° ab und setzt
                              									Malzauszug zu, um unter Ansäuerung, wie oben beschrieben, die Zuckerbildung
                              									herbeizuführen. Nachdem der erste Theil der Verzuckerung beendet ist, filtrirt man
                              									durch Filz oder besser durch Papier auf Filterpressen, um den Saft einer längeren
                              									Verzuckerung zu unterziehen. Der Rest der Arbeit vollzieht sich wie beim Verarbeiten
                              									reinen Stärkemehles. Dieses Verfahren ist hauptsächlich für die Herstellung sogen.
                              										Krystallsyrups bestimmt.
                           Der folgende Arbeitsgang läſst sich auf alle Sorten Körnerfrüchte (Reis, Buchweizen, Roggen, Weizen, Gerste u. dgl.) anwenden,
                              									namentlich aber auf Mais, welcher allgemein für
                              									Maltosebereitung verwendet wird. Je nach Umständen kann man den Mais ganz
                              									verarbeiten, oder einer Sichtung unterwerfen, um die Keime von dem Stärkemehl
                              									haltigen Theile zu trennen. Hierbei verwendet man den letzteren für die Herstellung
                              									von Zuckermasse und die Keime zur Erzeugung von Syrup für Brauerei- und andere
                              									Zwecke. Das Mahlen zu Gries geschieht in dem Falle, wo es sich darum handelt, Zuckermasse zu gewinnen,
                              									wobei man durch Waschen die 7 bis 10 Proc. lösliche Salze und gummiartige
                              									Bestandtheile, welche sich in dem Korn vorfinden und die Krystallisation der Maltose
                              									verhindern, auszieht. Das Waschen erfolgt kalt oder besser bei 30 bis 40° mit der
                              									gleichen oder doppelten Menge Wasser- die erhaltene Flüssigkeit hat im Mittel 4° B.,
                              									ist sehr reich an Salzen und gummiartigen Bestandtheilen und geeignet für das
                              									Flüssigmachen der Stärke. Deshalb verwendet man sie vorzugsweise bei der Fabrikation
                              									von Syrup für Brauereizwecke.
                           Bei der Verarbeitung ganzer Körner oder wenn dieselben nur grob geschrotet sind,
                              									werden die Körner zunächst unter Luftleere eingeweicht. Zu diesem Zwecke leitet man
                              									Dampf in einen Kessel; sobald letzterer geschlossen ist, läſst man den Dampf
                              									condensiren, um eine Luftleere zu erzeugen, und weicht nunmehr in Wasser ein. Wenn
                              									es sich um die Darstellung im Groſsen handelt, kann man die Körner bei 40 bis 50° in
                              									ähnlichen Gefäſsen wie die Diffusionsapparate in der Rübenzuckerfabrikation
                              									auslaugen. Der Mais dehnt sich hierbei immer mehr und mehr aus, bis die Hülsen
                              									platzen und der Inhalt frei wird. Das Einweichen dauert 24 Stunden oder länger. Die
                              									gequollenen Körner werden hierauf in bekannter Weise zu dünnem Brei zerquetscht.
                           Dem so vorbereiteten Breie setzt man 2 bis 10 Proc. Wasser hinzu, welches den
                              									gröſsten Theil der in der Stärke befindlichen fremden Stoffe löst. Dieses Wasser
                              									wird später bei der Herstellung von Syrup für Brauereizwecke wieder benutzt. Man
                              									setzt alsdann von neuem 2 bis 10 Proc. neutralisirtes Wasser und Malzinfusion im
                              									Verhältnisse von 5 bis 10 Proc. zu. Das Gemisch wird in einem geschlossenen oder
                              									offenen Kochapparate verflüssigt und langsam unter Umrühren erwärmt, bis man in 30
                              									bis 40 Minuten eine Temperatur von 80° erreicht hat, ohne daſs eine Verdickung der
                              									Stärke eingetreten ist.
                           Nach beendigter Verflüssigung kühlt man bis auf 48° ab und setzt 10 bis 20 Proc.
                              									Infusion hinzu; ist nach Ablauf einer Stunde die Zuckerbildung beendet, so trennt
                              									man die Treber entweder durch Pressen, oder durch Durchseihen durch ein Sieb und
                              									nachheriges Pressen der Rückstände in Filterpressen, worauf man dieselben noch in
                              									der Syrupfabrikation für Brauereizwecke verwendet, da ihnen noch nicht alle Stärke
                              									und Stickstoff haltigen Stoffe entzogen sind. Der abgeschiedene Saft ist durch den
                              									aufgelösten Kleber trübe, welcher durch Papierfilter abgeschieden wird. Der klare
                              									Saft wird hierauf mit Salzsäure angesäuert und einer längeren Zuckerbildung
                              									unterzogen.
                           Nach der Verflüssigung wird die Maische im Druckkessel während einer Stunde auf 110°
                              									erwärmt, um alle noch nicht aufgelösten Bestandtheile in Lösung zu bringen; hierauf
                              									kühlt man auf 48° ab, fügt 5 bis 20 Proc. Malzinfusion hinzu und trennt, nachdem die
                              									Zuckerbildung 1 Stunde gedauert hat, die Treber in Filterpressen, wäscht sie aus und preſst sie von
                              									neuem. Die Säfte werden durch Papier filtrirt und hierauf kürzere oder längere Zeit
                              									der Zuckerbildung unterworfen; nach beendigter Zuckerbildung concentrirt man den
                              									Saft auf 33 bis 40° B., mengt den Syrup mit Papierstoff, filtrirt durch Filzbeutel
                              									und wenn man farblosen Syrup erhalten will, noch durch Knochenkohle.
                           Die Maltosesyrupe von Mais können unmittelbar zur Herstellung
                                 										von Bier Verwendung finden. Der für die Brauerei bestimmte Syrup kann mit
                              									Hopfenessenz concentrirt werden, welche durch Maceration oder Kochen erhalten wird;
                              									in diesem Falle wird der so behandelte Syrup vom Brauer einfach mit Wasser verdünnt,
                              									aufgekocht, auf 15° abgekühlt und mit der Hefe dem Biere zugesetzt. Hierbei kann
                              									jedoch der Fall eintreten, daſs durch das vorhergehende Versetzen mit Hopfenessenz
                              									das Aroma der letzteren verloren geht, weshalb es vorzuziehen ist, daſs der Hopfen
                              									dem Syrup erst dann zugefügt wird, wenn derselbe schon entsprechend verdünnt ist.
                              										1k Syrup von 33° gibt ungefähr 5 bis 6l Bier von 4 Proc. Alkohol und bei Zusatz von 4
                              									Proc. trockenem Extract hat dasselbe angeblich alle erforderlichen Eigenschaften.
                              									Andererseits kann man die verschiedenen Arten der Zuckerbildung, wie sie oben
                              									beschrieben sind, auch unmittelbar in der Brauerei anwenden, indem man die Säfte
                              									sofort auf den für die Bierbereitung nöthigen Grad concentrirt und somit das
                              									umständliche Concentriren des Syrups vermeidet.
                           Zum Versüſsen von Wein bezieh. Traubensaft soll ein
                              									möglichst verzuckerter Syrup aus Kartoffeln, Mais oder Reis dienen. Zur Herstellung
                              									von Schaumwein sollen die mit Syrup versetzten Säfte
                              									mit Hefe in Gährung gebracht werden. Sobald die Gährung weit genug vorgeschritten
                              									ist, filtrirt man unter Druck und Gegendruck den Wein durch Papierfilterpressen, um
                              									den Gasgehalt zu erhalten, und füllt vom Filter sofort auf Flaschen, welche verkorkt
                              									werden und einige Monate bis zu ihrer Verwendung im Keller aufbewahrt werden
                              									müssen.
                           Zur Spiritusfabrikation sollen die klaren Säfte nach
                              									Beginn der Verzuckerung in Gährung versetzt werden. Die Verzuckerung vollzieht sich
                              									während des Gährungsprozesses, wobei sich beide Erscheinungen beinahe gleichzeitig
                              									beendigen, und es genügt nunmehr, durch Papier zu filtriren, um die Hefe
                              									abzuscheiden, damit man den Destillationscolonnen nur ganz klaren Saft zuführt. Man
                              									kann auf diese Weise 58l Alkohol aus 100k Stärkemehl erhalten.
                           Durch starkes Körnen des unkrystallisirbaren Maissyrups soll ein Ersatz für Honig (vgl. Hager S. 55 d.
                              									Bd.) erhalten werden. Soweit sachlich die Patentschrift.Die Patentansprüche lauten: 1) Bei der Verzuckerung der Stärke mit Malzauszug
                                    											und Anwendung einer Verzuckerungstemperatur von 48° und einer
                                    											Verzuckerungsdauer von 12 bis 15 Stunden der Zusatz von Säuren – 7 bis 29g 25 procentiger Salzsäure auf 1hl Maische – oder einer entsprechenden
                                    											Menge anderer Säuren. 2) Bei der Gewinnung von Maltose aus Stärke oder
                                    												Stärkehaltigen Rohmaterialien die Aufeinanderfolge nachstehender Behandlungen:
                                    											Verflüssigung der Stärke unter Zusatz von 5 bis 10 Proc. Malzinfusion und
                                    											Erwärmung auf 80°, Kochen bei 1at,5
                                    											Ueberdruck 30 Minuten lang, Abkühlung auf 48°, Zusatz von 5 bis 20 Proc.
                                    											Malzinfusion, Zusatz von Säure gemäſs Anspruch 1, Filtriren und Ueberlassung
                                    											der Verzuckerung bei 48° während 12 bis 15 Stunden.
                           
                           In Köln hat sich bereits eine Deutsche
                                 										Maltose-Gesellschaft mit 800000 M. (die Brüsseler Gesellschaft erhält für
                              									das Patent 200000 M,) zur Ausbeutung dieses Dubrunfaut-Cuisinier'schen Verfahrens (vgl. 1883 247 267) gebildet. In Köln wird bereits eine Fabrik gebaut, in Wien soll
                              									ebenfalls eine errichtet und die erzeugte Maltose den Brauereien geliefert werden.
                           Damit droht der deutschen (mit Ausnahme Bayerns) und der
                              									österreichischen Brauerei eine erhebliche Gefahr. In richtiger Erkenntniſs derselben
                              									haben bereits die rheinisch-westfälischen und die sächsischen Brauer geeignete
                              									Schritte gethan (vgl. Wochenschrift für Brauerei, 1885
                              									S. 721 und 733. 1886 S. 17 und 69) und am 20. Januar d. J. hat der Deutsche Brauerbund in einer Eingabe an den Deutschen Reichstag um Verbot
                                 										aller Malzsurrogate gebeten. Begründet wird dieses Gesuch damit, daſs zwar
                              									die Biererzeugung der Steuergemeinschaft sich gehoben hat, aber auch die Einfuhr aus
                              									Bayern, Württemberg, Baden und Elsaſs-Lothringen nach den zur
                              									Brausteuer-Gemeinschaft gehörenden Ländern:
                           
                              
                                 1872
                                 349216hl
                                 1879/80
                                 502397hl
                                 
                              
                                 1873
                                 431598
                                 1880/81
                                 554804
                                 
                              
                                 1874
                                 438868
                                 1881/82
                                 639841
                                 
                              
                                 1875
                                 449776
                                 1882/83
                                 713918
                                 
                              
                                 1876
                                 456980
                                 1883/84
                                 796366
                                 
                              
                                 1877/78
                                 471496
                                 1884/85
                                 910608
                                 
                              
                                 1878/79
                                 478118
                                 
                                 
                                 
                              
                           An dieser Biereinfuhr in die Steuergemeinschaft ist nun Bayern
                              									fast ausschlieſslich betheiligt: seine gesammte Bierausfuhr betrug:
                           
                              
                                 1880
                                   745333hl
                                 
                              
                                 1881
                                   887946
                                 
                              
                                 1882
                                   985831
                                 
                              
                                 1883
                                 1106282
                                 
                              
                                 1884
                                 1245230
                                 
                              
                           Davon gingen nach den Ländern der Steuergemeinschaft im
                              									J. 1884 900000hl.
                           
                              „Bei unpartheiischer Prüfung der Frage, woher diese rapide
                                 										Steigerung komme, ist in erster Linie anzuerkennen, daſs es die vorzügliche
                                 										Qualität vieler bayerischer, namentlich Münchener Biere ist, welche sich
                                 										fortschreitend die Gunst des Publikums erobert hat. In zweiter Linie aber ist es
                                 										das Vertrauen, welches, Dank der besonderen Gesetzgebung, Jedermann dem
                                 										bayerischen Biere entgegenbringt. Bei dessen Genuſs hat der Konsument die volle
                                 										Ueberzeugung, daſs es lediglich aus Malz, Hopfen, Hefe und Wasser bereitet
                                 										wurde. Dieses so nothwendige Vertrauen bringt jedoch der Konsument dem in der
                                 										Steuergemeinschaft erzeugten Biere nicht entgegen, weil das Brausteuergesetz vom
                                 										31. Mai 1872 eine Menge von Surrogaten gesetzlich sanktionirt hat und in seiner
                                 										Liberalität soweit ging, Zusätze zu erlauben, welche unter Umständen nach dem
                                 										heutigen Nahrungsmittelgesetz strafbar sind. Der Nachtheil aber, welcher durch
                                 										dieses durch das Gesetz selbst hervorgerufene Miſstrauen der gesammten
                                 										Brau-Industrie der Steuergemeinschaft verursacht wird, steht in keinem
                                 										Verhältnisse zu dem anscheinenden Vortheile, den einzelne wenige Brauer durch
                                 										die wirklich von ihnen verwendeten Surrogate haben; denn die Menge der letzteren
                                 										ist seit Jahren eine sehr geringe, wie die Zusammenstellung beweist.
                              
                           
                              Im verflossenen Etatsjahr 1884/85 wurden im Ganzen in der
                                 										Steuergemeinschaft 4961237 Meter-Centner Malz und Malzsurrogate versteuert.
                                 										Davon waren 4794675 Meter-Ctr. Gerstenmalz, 138133 Meter-Ctr. Weizenmalz und nur
                                 										28429 Meter-Ctr. Malz fanden durch Surrogate Ersatz. Es sind dies 0,57 Proc.,
                                 										oder auf 100 Meter-Ctr. verbrautes Malz kommen nur 57k Surrogate. Letztere wurden von 2197
                                 										Brauereien versteuert, während die übrigen 8323 Brauereien ohne jedes Surrogat
                                 										ihr Bier erzeugten.
                              
                           
                           
                              Die im letzten Etatsjahre verwendeten Surrogate setzen sich aus
                                 										folgenden Stoffen zusammen:
                              
                           
                              
                                 
                                    Reis
                                    6224
                                    Meter-Ctr.
                                    
                                 
                                    Dextrin
                                    1
                                    
                                    
                                 
                                    Zucker aller Art
                                    15554
                                    
                                    
                                 
                                    Syrup
                                    1951
                                    
                                    
                                 
                                    Sonstige Malzsurrogate
                                    4699
                                    
                                    
                                 
                                    
                                    –––––––––––
                                    
                                 
                                    
                                    28429
                                    Meter-Ctr.
                                    
                                 
                              
                           
                              Die Mitverwendung von Reis geschieht von einzelnen Brauereien
                                 										einmal deshalb, weil sie glauben, dadurch lichtere weinigere Biere wie nur aus
                                 										Gerstenmalz zu erzielen, das anderemal, weil bei entsprechenden Reispreisen die
                                 										Verwendung desselben gegenüber Gerstenmalz eine Ersparniſs bedeutet.“
                              
                           Zucker und Syrup werden vorwiegend für obergährige Biere
                              									verwendet, ein kleiner Theil als Caramel zum Färben des Bieres. Alle diese Stoffe
                              									sind entbehrlich, wie die bayerischen Brauereien zeigen. Auch die Salicylsäure wird
                              									als entbehrlich bezeichnet, da das Pasteurisiren völlig ausreiche.
                           
                              „In Bayern wurden in den letzten 5 Monaten mehrfach Prozesse
                                 										angestrengt gegen Brauer, welche gegen die Bestimmungen des
                                 										Malzaufschlaggesetzes und Nahrungsmittelgesetzes gefehlt hatten. Es sind dort
                                 										strenge Strafen erkannt worden gegen solche Brauer, welche Biercouleur,
                                 										Salicylsäure, Tannin und sonstige so genannte Bierverbesserungsmittel
                                 										anwendeten. Nach unserer Meinung werden jene Strafen den heilsamen Einfluſs
                                 										haben, daſs jenen Schmierereien überhaupt ein Ende gemacht wird; sie werden aber
                                 										in hohem Maſse dazu beitragen, daſs das Vertrauen zu der Reinheit der
                                 										bayerischen Biere wesentlich erhöht und befestigt wird. Dabei hat die bayerische
                                 										Regierung ihrer Brau-Industrie auſserordentlich genutzt; sie macht gerade durch
                                 										diese Prozesse die denkbar größte Propaganda für das
                                    											bayerische Bier im In- wie im Auslande.“
                              
                           Auch die österreichischen Brauer
                              									wehren sich (vgl. Allgemeine Zeitschrift für Brauerei,
                              									1885 S. 921, 949, 970, 1028. 1886 S. 49 und 81) und der österreichische Brauerbund
                              									hat einen Protest erlassen, in welchem es zum Schlusse heiſst: „Bier soll nur aus
                                 										Malz und Hopfen gebraut werden; so will es das Publikum, so war es bisher in
                                 										Oesterreich und so soll es bleiben. Jedes Ersatzmittel für Malz ruft das
                                 										Miſstrauen des Publikums wach. Sobald ein Surrogat angewendet wird, wird man
                                 										alle Brauer, sowie in anderen Ländern, mit Recht oder Unrecht, der Verfälschung
                                 										des Bieres beschuldigen. Bisher wagte Niemand, die Brauer Oesterreichs zu
                                 										verdächtigen; diese werden daher eifersüchtig über ihren guten Ruf zu wachen
                                 										haben. Deshalb bitten wir Euch, weist das Malzsurrogat „Maltose“ zurück,
                                 										wenn man es Euch anbietet; das Malz wird es Euch niemals ersetzen, wohl aber
                                 										wird es Euch und Euere Industrie in Verruf bringen und die Qualität Eueres
                                 										Bieres verschlechtern. Geht schonungslos gegen Diejenigen vor, welche sich nicht
                                 										entblöden, zu diesem Malzersatzmittel zu greifen. Der Ausschuſs des
                                 										österreichischen Brauerbundes protestirt hiermit auf das Entschiedenste gegen
                                 										die Einschmuggelung des Fremdlings Maltose in die österreichischen Brauereien
                                 										und gegen die Zudringlichkeit, mit welcher die Speculation das Malzsurrogat
                                 										einer bisher gesunden Industrie aufdrängt, um diese zu ruiniren. Der Ausschuſs
                                 										wird kein Mittel unversucht lassen, um von der österreichischen Brau-Industrie
                                 										die drohende Gefahr abzuwenden, und wird, wenn nöthig, selbst die Hilfe der
                                 										Gesetzgebung anrufen.“
                           Referent fügt hierzu noch die Bemerkung, daſs es sich bei Bier nicht um eine bestimmte chemische Verbindung handelt, wie bei Zucker,
                              									dessen Herkunft daher gleichgültig ist, sondern um ein Gemenge, dessen Einzelbestandtheile noch nicht völlig bekannt sind.
                              									Welcher Unterschied besteht schon zwischen einem Branntwein aus Rüben- und aus
                              									Rohrzuckermelasse, obgleich es sich hier um äuſserst geringe Mengen verschiedener
                              									Stoffe handelt, welche neben dem Aethylalkohol vorhanden sind. Beim Biere kommen
                              									aber noch die Extractbestandtheile dazu und, daſs diese
                              									aus Kartoffeln und Mais,
                              									welche bekanntlich schon recht schlechten Branntwein
                              									liefern, anders sind als aus Gerste, bedarf keines Beweises.
                           
                              
                                 F.