| Titel: | Zur Bildung von Rostknollen in gusseisernen Wasserleitungsröhren. | 
| Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, S. 565 | 
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                        Zur Bildung von Rostknollen in guſseisernen
                           								Wasserleitungsröhren.
                        Zur Bildung von Rostknollen in guſseisernen Röhren.
                        
                     
                        
                           Bei Gelegenheit der Prüfung eines für die Stadt Grenoble ausgearbeiteten
                              									Wasserversorgungsplanes überreichte der Decan der Hochschule in Grenoble Lory seine Studien über die Knollenbildung am
                              									Guſseisen, ein Vorkommniſs, welches in Grenoble zuerst von Gueymard beobachtet wurde und seither auch an einer groſsen Zahl
                              									städtischer Vertheilungsleitungen seine Bestätigung gefunden hat.Vgl. D. p. J. 1834 53
                                    											207. 1837 63 378. Uebersicht 1876 219 525. Zum Zwecke der Lory'schen Versuche wurden guſseiserne Röhren in
                              									verschiedene Quellwasser der Umgebung von Grenoble eingetaucht; durch diesen Versuch
                              									stellte man fest, daſs ein Guſsrohr, welches 6 Monate in dem Wasser von Rochefort
                              									gelegen war, ganz unversehrt blieb, während in derselben Zeit Röhren gleicher Art in
                              									dem Grundwasser der Umgebung bezieh. in einigen benachbarten Quellwassern sich
                              									bereits mit Rostknollen bedeckt hatten. Bei der groſsen Wichtigkeit der Versuche Lory's über die Ursachen dieser Knollenbildung geben
                              									wir nach dem Génie civil, 1885/6 Bd. 8 S. 50 einen
                              									Auszug aus der Abhandlung, welche von Lory dem „Congrès de l'Association française“ in
                              									Grenoble überreicht wurde und seine diesbezüglichen Arbeiten darlegt.
                           Die vor etwa 60 Jahren für Zwecke der Wasserversorgung von Grenoble verlegten
                              									guſseisernen Röhren lieferten ein Beispiel für die Bildung von Rostknollen, welche
                              									schon nach wenigen Jahren die Ergiebigkeit der Rohrleitungen so beeinträchtigt
                              									hatten, daſs man gezwungen war, einen groſsen Theil der Guſsröhren durch
                              									Cementröhren zu ersetzen. Der gleiche Uebelstand war auch an verschiedenen anderen
                              									Orten entdeckt worden. Da man bei Zuführung gröſserer Wassermengen unter hoher
                              									Pressung die Anwendung von guſseisernen Röhren nicht umgehen kann, erschien es sehr
                              									nothwendig, den bisher unerkannt gebliebenen Grund der Bildung von Rostknollen
                              									bezieh. die Umstände, welche diese Bildung begünstigen und die Maſsregeln, welche
                              									sie verhindern können, zu erforschen.
                           Die Rostknollen der alten Grenobler Leitung, obschon unter der Einwirkung eines
                              									Wassers entstanden, dessen Gehalt an Kalk und Magnesiasalzen sich auf mehr als 0g,17 in 1l
                              									erhebt, enthalten weder Kalk, noch Magnesia und bestehen in der Hauptsache nur aus
                              									Eisenoxydhydrat. Dagegen zeigte der Rückstand einer Auflösung dieser Knollen in
                              									verdünnter Salzsäure stets eine bemerkenswerthe Menge (5 bis 15 Proc.) von
                              									Pflanzenresten, welche sich unter dem Mikroskope deutlich erkennen lassen und unter
                              									welchen man besonders häufig solche von Algen entdeckt. Es scheint mithin nach Lory die Zersetzung des Guſseisens und die Bildung von
                              									Rostknollen in engem Zusammenhange mit der Anwesenheit dieser Pflanzenreste zu
                              									stehen, welche von dem Wasser gelöst oder schwimmend mitgeführt werden. Ein
                              									Quellwasser, die Darène-Quelle, welches den alten Wasserbehälter von Grenoble, die
                              									sogen. „Citerne Lésage“ speist, hat die guſseiserne Rohrleitung nicht
                              									angegriffen. In Bezug auf seine chemischen Bestandtheile zeigt dieses Quellwasser
                              									keinerlei Verschiedenheit den anderen gegenüber; dagegen weisen die angestellten
                              									vergleichenden Versuche nach, daſs dasselbe nur halb so viel organische Substanz
                              									enthält als die anderen dem gleichen Wasserbehälter zugeleiteten Quellen.
                              									Guſseiserne Röhren, die vom Vorstande der Wasserwerke in Grenoble vom 5. December
                              									1882 bis 28. März 1883 in das Wasser der „Citerne Lésage“ und die Quellen von
                              									Dalban gelegt wurden, welche zur gegenwärtigen Wasserversorgung dienen, waren in
                              									dieser verhältniſsmäſsig kurzen Zeit vom Wasser sehr angegriffen worden und die
                              									Eisen haltigen Krusten, welche sich hierbei gebildet hatten, waren wie die früheren
                              									Rostknollen alle mit kleinen Pflanzenresten erfüllt. Dagegen zeigte sich während
                              									derselben Beobachtungsdauer nichts, dergleichen an den Quellen von Rochefort, welche
                              									bestimmt sind, die neue Wasserversorgung von Grenoble zu speisen. Es ist deshalb
                              									anzunehmen, daſs die letztgenannten Quellen sich gleich verhalten wie die
                              									Darène-Quelle, vorausgesetzt, daſs man die richtigen Maſsregeln trifft, um die
                              									Vermischung ihrer Wasser mit Tagwassern, welche die Träger der Pflanzenreste sind,
                              									zu verhindern.
                           Wie schon Ingenieur Thiervoz bemerkte, hat die Erfahrung
                              									bewiesen, daſs die Zersetzung der Röhren unabhängig ist von elektrischen Vorgängen,
                              									welche ursächlich des Contactes von Guſseisen mit den an den Muffenverbindungen
                              									eingeschlossenen Bleiringen gedacht werden könnten.
                           Die Stadt St. Etienne (Loire) hat vor einigen Jahren eine Wasserversorgung
                              									eingerichtet, welche von Quellen gespeist wird, deren Wasser sich von den Grenobler
                              									durch vollkommene Abwesenheit der Kalk- und Magnesiasalze, der schwefelsauren Salze
                              									u. dgl. unterscheiden; sie scheinen nur ganz geringe Mengen von kohlensauren und
                              									kieselsauren alkalischen Salzen zu enthalten. Zur Vergröſserung der
                              									Leistungsfähigkeit dieser Wasserversorgung hat man dieselbe mit einer Speisung aus
                              									dem Sammelteiche des Furens in Verbindung gebracht, dessen Wasser hinsichtlich des
                              									Gehaltes an mineralischen Beimengungen nicht wesentlich von jenem der Quellen
                              									verschieden ist. Kurze Zeit nachher zeigten sich die guſseisernen Röhren angegriffen
                              									und waren sehr rasch mit Hostknollen bedeckt. Die Untersuchung dieser Rostknollen an
                              									zwei Rohrstücken zeigte das Vorhandensein einer sehr bemerkenswerthen Menge von
                              									Pflanzenresten, welche mit dem Eisenoxydhydrate vermischt waren. Eine vergleichende
                              										gleichende
                              									Untersuchung zwischen dem Quellwasser und jenem des Sammelteiches zeigte, daſs der
                              									Gehalt an organischer Substanz im Verhältnisse von 1 : 2,3 stand, indem dieses
                              									Quellwasser nahezu die gleiche Menge organischer Substanz enthielt, als die Quellen
                              									von Dalban und Lésage der gegenwärtigen Wasserversorgung in Grenoble, von welcher
                              										1l Wasser 1cc übermangansaures Kali 10facher Verdünnung entfärbt. In Uebereinstimmung
                              									mit diesem stärkeren Gehalte an organischer Substanz zeigte das Wasser aus dem
                              									Sammelteiche von St. Etienne auch weniger Sauerstoffgehalt als das Quellwasser.
                           Alle diese Thatsachen führten Lory zu dem Schlusse, daſs
                              									die Zerstörung der guſseifernen Röhren in engem Zusammenhange steht mit der
                              									Anwesenheit von organischer Substanz im Wasser, gleichviel ob dieselbe gelöst oder
                              									schwimmend vorhanden ist. Die von Thiervoz gemachten
                              									Mittheilungen haben es ermöglicht, dieses Ergebniſs an guſseisernen Röhren der Stadt
                              									Utrecht zu prüfen, welche erst 1 Jahr in Benutzung sind und aus Vorsicht auſsen und
                              									innen mit einem Ueberzuge von Steinkohlentheer versehen worden waren. Das in Utrecht
                              									verwendete Wasser ist, wie jenes von St. Etienne, hinsichtlich mineralischer
                              									Beimengungen ein sehr reines; die Analyse ergab in 1l 0g,03 Silicium, Spuren von
                              									Hydrochloraten und 5 bis 6mg gelöste organische
                              									Substanz. Nichtsdestoweniger erhielt Lory aus den
                              									abgelösten Rostknollen einer Wandung der Röhre nach Auflösung des Eisenoxydhydrates
                              									in verdünnter Salzsäure einen ziemlich groſsen, aus kleinen Resten pflanzlicher
                              									Abstammung bestehenden Rückstand, unter welchem mittels des Mikroskopes viele Algen
                              									erkannt werden konnten.
                           So findet man denn, ganz einerlei, wie sich die Wasser in Bezug auf die in denselben
                              									gelösten mineralischen Bestandtheile verhalten mögen – ob sie, wie die Wasser von
                              									St. Etienne und Utrecht, frei von kohlensaurem Kalke sind, oder, wie die Wasser der
                              									alten Wasserversorgung von Grenoble, hierin 0g,17
                              									in 1l enthalten –, in den Rostknollen der
                              									guſseisernen Rohrleitungen keinen kohlensauren Kalk, wohl aber in allen Fällen viele
                              									Pflanzenreste. Lory glaubt, daſs die im Wasser gelöste oder schwimmende organische Substanz
                                 										die wirkliche, auf die Zerstörung des Gußeisens hinarbeitende Ursache ist.
                              									Deshalb muſs man, um die Zerstörung der Rohrleitungen zu verhindern, nur solche
                              									Quellen aufsuchen, welche so viel als möglich frei von
                                 										organischer Substanz sind; sodann sind dieselben gegen das Eintreten der
                              									oberflächlichen Infiltrationen wie der Tagwasser durch wasserdichte und gut bedeckte
                              									Fassungen zu schützen.
                           Die Fassung der Quellen von Rochefort für die neue Wasserversorgung von Grenoble
                              									erfolgte nach diesem Prinzipe; auf Grund dieses Vorganges und nach den früher
                              									erwähnten vergleichenden Versuchen durch Eintauchen der Röhren in die alten und die
                              									neuen Quellwasser darf man annehmen, daſs die neue Wasserversorgung ein anderes
                              									Verhalten zeigen wird, als die alte, und daſs sie als Muster für die Versuche dienen
                              									kann, welche vorzunehmen sind, um Wasser in guſseisernen Röhren beizuführen und zu
                              									vertheilen.
                           W. Thörner (Stahl und
                                 										Eisen, 1885 S. 285) beobachtete ähnliche Bildungen
                                 										in gußeisernen getheerten Wasserleitungsrohren. Ein ausgehobenes Rohr aus
                              									der stark verunreinigten Leitungstrecke war mit zahllosen, etwa linsengroſsen,
                              									warzenartigen Gebilden von ockergelber Farbe oben und unten übersäet. Bei genauer
                              									Untersuchung mit der Lupe zeigte es sich, daſs diese Warzen aus mehr oder weniger
                              									groſsen Theerbläschen gebildet wurden, welche mit einer bald stärkeren, bald
                              									schwächeren Eisenoxydhydratschicht überzogen waren. Innen waren diese Bläschen zum
                              									Theile ganz, zum Theile auch nur unvollständig mit Eisenoxydhydrat, nicht selten in
                              									Gestalt schön gelber, glänzender Blättchen.) angefüllt. Viele dieser Theerbläschen
                              									waren sichtbar zerrissen und zeigten dann auch einen starken äuſseren Ockerüberzug,
                              									andere, welche anscheinend noch unverletzt waren, besaſsen nicht selten nur einen
                              									schwachen ausseren gelben Anflug, waren dagegen innen schon mehr oder weniger
                              									vollständig, mit Eisenoxyd hydratblättchen ausgefüllt. Ein Rohr aus dem noch nicht
                              									sichtbar verunreinigten Zweige der Leitung enthielt viel weniger und nur sehr kleine
                              									Ockerwärzchen. Bei genauerer Untersuchung mit bewaffnetem Auge zeigte es sich jedoch
                              									auch hier, daſs dieselben aus winzigen Theerbläschen gebildet wurden, die innen
                              									ebenfalls mehr oder weniger vollständig mit Eisenoxydhydratblättchen ausgefüllt
                              									waren. Viele dieser Bläschen waren ganz, andere nur an der Seite, an welcher sie
                              									gesprungen waren, mit Ocker überzogen. Das in die Leitung eintretende Quellwasser
                              									(I) und das abflieſsende verunreinigte Leitungswasser (II) hatte folgende
                              									Zusammensetzung in 1l:
                           
                              
                                 
                                 I
                                 II
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                 Spur
                                 Spur
                                 
                              
                                 Chlor
                                   21,3mg
                                   21,3mg
                                 
                              
                                 Gesammtrückstand
                                 280
                                 1090
                                 
                              
                                 Desgl. nach dem Filtriren
                                 280
                                   280
                                 
                              
                                 Somit ungelöste Stoffe
                                     0
                                   810
                                 
                              
                                 Darin Theer
                                     0
                                   311
                                 
                              
                                 Degl. Eisenoxyd
                                     0
                                   499
                                 
                              
                                 Zur Oxydation erforderlich Permanganat
                                     0,5
                                   260
                                 
                              
                                 Desgl. nach dem Filtriren
                                     0,5
                                     18
                                 
                              
                                 Eisenoxyd nach dem Filtriren
                                     0
                                       0
                                 
                              
                           Diese Untersuchungen beweisen auf das unzweideutigste, daſs die das Leitungswasser
                              									verunreinigenden Stoffe einzig und allein aus Eisenverbindungen und Theer bestehen.
                              									Diese aufgenommenen Substanzen besitzen eine graugelbe Farbe und verbrennen
                              									getrocknet mit leuchtender, nach Theer riechender Flamme. Durch Behandlung mittels
                              									Aether konnte der Theer leicht diesem Rückstände entzogen werden.
                           Diese verhängniſsvollen Theerbläschen sind jedenfalls schon beim Theeren der Röhren,
                              									welches wohl durch einfaches Eintauchen in heiſsen Gastheer bewerkstelligt wurde,
                              									durch die in den Unebenheiten und auch sonst an den Wandungen der Röhren haftenden
                              									kleinen Luftbläschen entstanden. Vielleicht auch waren schon beim Theeren kleine
                              									Eisenoxydbildungen, hervorgerufen durch örtliche Oxydation des Eisens, in den Röhren
                              									vorhanden, welche dann mit der anhängenden Luft von einem dünnen Theerhäutchen
                              									überzogen wurden. Diese so gebildeten Bläschen sind nun, besonders nach dem Erkalten
                              									des Theerüberzuges, so klein, daſs sie bislang wohl der Beobachtung entgangen sind.
                              									Vielleicht auch kommen dieselben bei anderen Theerungsverfahren und Verwendung der
                              									frisch gegossenen Röhren zum Theeren gar nicht oder doch nicht in solcher Gröſse und
                              									Menge vor; sie können ferner in solchen Leitungen, Welche stets mit Wasser gefüllt
                              									sind und unter gleichmäſsigem Drucke stehen, Unschädlich bleiben. Wenn aber, wie in
                              									der fraglichen Leitung, das Wasser seitweise zurücktritt, so werden durch die
                              									starken Druckänderungen die Bläschen allmählich verletzt, so daſs nun das Sauerstoff
                              									und Kohlensäure haltige Wasser auf das Eisen einwirken kann. Nachdem dem
                              									entsprechend die fraglichen Leitungsröhren gereinigt und sorgfältig getheert sind,
                              									hat sich keine Rostbildung wieder gezeigt.
                           Zur Herstellung tadelloser getheerter Guſseisenrohre für Wasserleitungen sollen somit
                              									die Röhren unmittelbar nach dem Gieſsen und nothwendigen Erkalten, bevor dieselben
                              									den Anstrich erhalten, oder besser, in heiſsen Theer oder Asphalt eingetaucht
                              									werden, mit einer leicht netzenden Flüssigkeit überzogen werden. Als letztere
                              									dürften hier Alkohol, Erdöl, Petrolessenzen (die minderwerthigen, leicht siedenden
                              									Destillate des Roherdöles), wie auch die ersten Destillationsproducte des
                              									Steinkohlentheeres, Rohbenzol sowie Toluol, und andere verwendet werden können. Der
                              									Theer wird in entsprechend hohen und weiten eisernen oder gemauerten Behältern durch
                              									eine Dampfschlange erhitzt, das Netzmittel, wenn der Siedepunkt desselben nicht zu
                              									niedrig liegt, auf die Theeroberfläche aufgegossen, so daſs dasselbe hier eine etwa
                              									2 bis 4cm hohe Schicht bildet, und dann die Röhre
                              									durch einmaliges Eintauchen gleichzeitig benetzt und getheert. Oder man taucht die
                              									Röhren zunächst in die Netzflüssigkeit, läſst etwas abtropfen und taucht dieselben
                              									darauf in den erhitzten Gastheer.