| Titel: | Das Erdöl von Baku; von C. Engler. | 
| Autor: | C. Engler | 
| Fundstelle: | Band 260, Jahrgang 1886, S. 481 | 
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                        Das Erdöl von Baku; von C. Engler.
                        (Fortsetzung der Abhandlung S. 433 d.
                           								Bd.)
                        Engler, über das Erdöl von Baku.
                        
                     
                        
                           c) Der Destillationsbetrieb.
                              								
                           In den kaukasischen Raffinerien sind zwei Arten der Destillation in Anwendung: die
                              									absatzweise und die stetige. Die erstere ist naturgemäſs in allen kleinen Fabriken,
                              									aber auch in sehr bedeutenden Werken, die letztere in den gröſsten Raffinerieanlagen
                              									durchgeführt.
                           Bei der absatzweisen Destillation werden in kleinen
                              									Anlagen die oben beschriebenen stehenden, in den gröſseren Raffinerien sowohl diese,
                              									als auch die sogen. Waggonkessel, neuerdings jedoch meist die Walzenkessel
                              									verwendet.
                           Die Rohnaphta wird in allen kleineren Anlagen aus dem eisernen Behälter unmittelbar
                              									in die Destillirkessel geleitet, die Forsunka (Brenner) wird angezündet, dadurch der
                              									Destillationsprozeſs eingeleitet und so lange fortgesetzt, als noch Leuchtöl
                              									übergeht. Es kann nicht Zweck dieses Berichtes sein, über die Einzelheiten
                              									derartiger einfacher Destillationsbetriebe, deren es bei Baku noch eine groſse
                              									Anzahl gibt, Mittheilung zu machen; von Interesse sind nur die in ihren
                              									Einrichtungen auf der Höhe der Zeit stehenden gröſseren Anlagen.
                           Jede gröſsere Raffinierie besitzt einen oder mehrere frei stehende eiserne Behälter,
                              									worin die Naphta vor der Destillation zum vollständigen Absetzen von Sand, Wasser u.
                              									dgl. vor ihrer Weiterverarbeitung immer einige Tage ruhig stehen soll. Diese
                              									Behälter stehen entweder so hoch, daſs die Naphta durch die unten abzweigende
                              									Eisenrohrleitung von selbst in die Destillirkessel abläuft, oder aber es sind Pumpen
                              									bezieh. Druckkessel in die Leitung eingeschaltet, durch welche die Naphta gehoben
                              									werden kann. Auſserdem flieſst die letztere in den besser eingerichteten Anlagen
                              									nicht unmittelbar in die Destillirkessel, sondern wird vorher mittels der von
                              									vorausgehenden Destillationen stammenden, sehr heiſsen Rückstände auf 80 bis 130°
                              									vorgewärmt. Es geschieht dies entweder in der Weise, daſs man die Rohnaphta in
                              									Röhren durch die in groſsen Behältern befindlichen Rückstände hindurchflieſsen
                              									läſst, oder aber, indem man umgekehrt die heiſsen Rückstände auf dem Wege ihrer
                              									Ableitung aus Destillirkessel in die Aufbewahrungsbehälter in eisernen Röhren durch
                              									groſse Kasten aus Eisenblech hindurchleitet, in welchen sich die nachher zu
                              									destillirende Rohnaphta befindet. Durch dieses Vorwärmen erzielt man den doppelten
                              									Vortheil einer Ersparung an Heizmaterial, sowie einer Schonung des Destillirkessels,
                              									welcher, selbst noch heiſs, auf diese Art vor zu plötzlicher Abkühlung geschützt
                              									wird.
                           Auch jetzt flieſst die Rohnaphta nicht immer unmittelbar in den Kerosinkessel; ich
                              									habe vielmehr in einer groſsen Raffinerie die Einrichtung gesehen, daſs über den
                              									Kerosinkesseln ebenso viele „Benzinkessel“ in treppenartiger Anordnung
                              									aufgestellt waren, aus denen zunächst die leichtesten, unter dem Kerosin übergehenden Theile durch
                              									Erhitzung mittels Dampfschlangen abgetrieben wurden, worauf man dann die Rückstände
                              									erst in die unten stehenden Kerosinkessel ablieſs. Es empfiehlt sich dieses
                              									Verfahren besonders für Naphta, welche reich an leichtsiedenden Theilen ist.
                           Die kalte oder vorgewärmte Rohnaphta wird in den Destillirkessel bis zu ¾ oder ⅘
                              									Füllung desselben eingeleitet. Noch während des Füllens wird die Forsunka angezündet
                              									und erst wieder gelöscht, wenn die letzten Theile Kerosin übergegangen sind. Der bei
                              									der Kerosindestillation allgemein verwendete gespannte Dampf wird entweder bald nach
                              									Anheizen des Kessels, oder erst in späteren Stadien angestellt und tritt meistens
                              									durch ein der ganzen Länge des Kessels nach liegendes, siebförmig durchlochtes
                              									Dampfrohr in die Naphta ein. Die aus dem Kessel entweichenden Dämpfe gehen entweder
                              									unmittelbar in den Kühler, oder, wie bereits erwähnt, erst in die Separatoren, wo
                              									die schwereren Theile zurückgehalten werden. Beim Auslaufe des Oeles wird dessen
                              									specifisches Gewicht unter ununterbrochener Prüfung gehalten und je nach diesem
                              									Befunde leitet man das Product in Rinnen, welche nach den Behältern für Benzine und
                              									Kerosine führen. Seltener für die Benzine, meist dagegen für die Kerosine theilt man
                              									den Ablauf noch in verschiedene Unterfractionen, durch deren Vermischung in
                              									bestimmten Verhältnissen man dann die Handelsmarken verschiedenster Art herstellt:
                              									die feinsten nur aus den Mittelfractionen, den sogen. Herzbestandtheilen, die
                              									geringsten aus den Anfangs- und Endfractionen unter Ausschluſs der
                              									Herzbestandtheile, mittlere Sorten durch Untereinandermengen der verschiedensten
                              									Theile. Es kommt auch vor, daſs nach dem Kerosin noch ein Product übergetrieben und
                              									mit Benzin zu einem, dann allerdings sehr geringwerthigen, Leuchtöle vermischt wird.
                              									Die Ausbeuten sind demgemäſs auch sehr verschieden (siehe weiter unten).
                           Die meist über 300° heiſsen Rückstände läſst man durch Oeffnen des Ablaſsventiles
                              									unmittelbar oder unter Benutzung ihrer Hitze zum Vorwärmen der Naphta in gemauerte
                              									und gut cementirte Behälter ablaufen. Letztere besitzen bei den groſsen Massen der
                              									Rückstände einen sehr bedeutenden Inhalt. Gebrüder
                                 										Nobel z.B. haben einen solchen Behälter, der über 40000t faſst, die Kaspische
                                 										Gesellschaft einen Behälter von 8000t und
                              									zwei zu 4000t Inhalt.
                           Wo man die Rückstände nicht zum Vorwärmen der Rohnaphta benutzt, werden sie, um
                              									Selbstentzündung an der Luft zu verhüten, vor ihrer Einleitung in die Behälter zur
                              									Abkühlung in Röhren durch kaltes Wasser geleitet. Früher vermischte man sie auch in
                              									Gruben mit einem Wasserdampfstrahle. Der leere Kessel bleibt zur Abkühlung einige
                              									Zeit offen stehen;- alsdann wird er wieder frisch gefüllt. In 24 Stunden können
                              									durchschnittlich 2½, höchstens 3 Destillationen ausgeführt werden. Die jedesmalige
                              									Füllung Rohöl beträgt in den stehenden Kesseln (in groſsen Fabriken) 80 bis 100, in
                              									den Waggonkesseln 300 bis 400, in den Walzenkesseln 170 bis 270 MC., woraus sich die
                              									tägliche Leistung unter Annahme von 27 bis 33 Proc. Kerosinausbeute leicht berechnen
                              									läſst. Nach je 90 bis 100 Füllungen muſs eine Kesselrevision stattfinden.
                           Die in den Separatoren (Dephlegmatoren) sich verdichtenden schwer siedenden
                              									Dampftheile laufen entweder unmittelbar in den Kerosinkessel zurück (siehe oben Fig. 5), oder sie werden besonders aufgefangen und
                              									durch Rectification auf ein geringwerthiges Leuchtöl, das sogen. „Solaröl“ verarbeitet. Falls die gleiche
                              									Raffinerie auch Schmieröle gewinnt, werden die bei der Destillation der Rückstände
                              									erhaltenen leichtest siedenden Theile mit jenen zusammen auf „Solaröl“
                              									destillirt.
                           Die stetige Destillation kommt in Walzenkesseln, welche
                              									170 bis 200 MC. Naphta fassen, zur Ausführung; 18 solcher Kessel, welche in einer
                              									Reihe neben einander liegen, bilden immer ein System, in dessen ersten Kessel die
                              									Naphta einflieſst, von da in den zweiten übertritt u.s.w., um aus dem letzten, dem
                              									18., von den leichten Oelen und den Leuchtölen befreit, als Rückstand abzulaufen.
                              									Jeder folgende Kessel liegt um einige Centimeter tiefer als der vorhergehende. Die 4
                              									ersten Kessel, etwas gröſser als die 14 folgenden, haben eine Feuerung nach Art der
                              									Cornwallkessel (vgl. Fig. 16 und 17) und dienen zum Abtreiben des Benzins, überhaupt
                              									der leichten Oele, weshalb sie kurzweg „Benzinkessel“ genannt werden, während
                              									aus den folgenden, den „Kerosinkesseln,“ das Leuchtöl abdestillirt wird. Ihre
                              									allgemeine Form entspricht der weiter oben in Fig. 3
                              									und 4 zur Darstellung gebrachten. Vor sämmtlichen mit
                              									Rückstandsfeuerung versehenen Kesseln läuft ein weites Eisehrohr hinweg, aus welchem
                              									gegen jeden Kessel zwei Verbindungsröhren abzweigen. Durch die eine dieser Röhren
                              									tritt die Naphta ein und zwar unter die destillirende
                              									Flüssigkeit, durch die zweite wieder aus, um in gleicher Weise durch den folgenden
                              									Kessel u.s.f. zu flieſsen. Jeder Kessel ist mit Abschluſsventil versehen, welches
                              									bei Bruch der Leitung von oben sofort abgeschlossen werden kann; auch lassen sich
                              									Zuleitungs- und Ueberleitungsröhren für jeden Kessel derart absperren, daſs dieser
                              									jederzeit leicht für sich allein auſser Betrieb gesetzt bezieh. also übersprungen
                              									werden kann. Allmonatlich wird jeder Kessel einmal gereinigt und beim
                              									Wiedereinstellen immer mit frischer Rohnaphta gefüllt.
                           In sämmtlichen Kesseln erfolgt die Destillation mit Unterstützung von gespanntem
                              									Dampf, welcher theils in dreifach verzweigten Röhren unter das Oel, theils über dasselbe, also bloſs in den Dampfraum tritt.
                              									Die Ueberhitzung des Dampfes für ein vollständiges System erfolgt in einem einzigen
                              									Ueberhitzer, in welchem die Dampfröhren vor der Stichflamme der Forsunka durch
                              									Ummauerung geschützt sind. Jeder Kessel steht mittels Helm mit einem besonderen
                              									Kühler in Verbindung, aus dem die verflüssigten Oele durch Leitungen einem
                              									gemeinschaftlichen Hause zugeführt werden, in welchem die Herstellung der
                              									verschiedenartigen 
                              									Mischöle auf Grund des specifischen Gewichtes der einzelnen Fractionen vorgenommen
                              									wird. Auch hier können also bloſs die Herzbestandtheile für sich aufgefangen, oder
                              									mit anderen Theilen der Destillate zu etwas geringwerthigeren Sorten vermischt, oder
                              									endlich aus den beiderseitigen Endfractionen noch geringwerthigere Marken
                              									hergestellt werden. Es ist einleuchtend, daſs diese Art der Destillation in dieser
                              									Beziehung den weitest gehenden Spielraum gewährt. Die Temperatur steigt in dem
                              									vierten Benzinkessel bis auf 150°, in den 14 folgenden Kerosinkesseln allmählich auf
                              									etwa 300°, so daſs also die Rückstände auch hierbei 300° heiſs, meistens sogar noch
                              									etwas heiſser, austreten. Letztere flieſsen in Schlangenröhren durch groſse
                              									Vorwärmebehälter, welche mit der später zur Destillation kommenden Rohnaphta gefüllt
                              									sind und worin diese auf 110 bis 130° erwärmt wird. Die dabei sich verflüchtigenden
                              									leichtesten Oele (höchstens ⅓ Proc.) werden in besonderen mit den Deckeln der
                              									Behälter in Verbindung gesetzten Wasserkühlern verdichtet, während die vorgewärmte
                              									Naphta in den Füllbehälter gehoben wird, von dem aus, nachdem wieder Abkühlung auf
                              									etwa 90° eingetreten ist, die ununterbrochene Speisung des ersten Benzinkessels
                              									unter Anwendung eines Regulators erfolgt. Die aus den Röhren des Vorwärmebehälters
                              									abflieſsenden Rückstände laufen in die groſsen gemauerten Behälter zur Aufbewahrung.
                              									Ein Vorzug der Vorwärmung, besonders dann, wenn die betreffenden Behälter recht
                              									groſs angelegt sind, besteht in dem Absetzen der letzten Reste von fein vertheiltem
                              									Sand und Schlamm aus der dabei dünnflüssig werdenden Naphta.
                           Um bei dieser Destillation die aus den letzten Kesseln mitgerissenen schweren Oele
                              									von dem Kerosin zu trennen, läſst man die Dämpfe der fünf letzten Kessel durch
                              									Separatoren (vgl. Fig. 6) gehen, deren auf den
                              									letzten drei Kesseln (also Nr. 16, 17, 18) je zwei hinter einander, auf den zwei
                              									vorhergehenden (also Nr. 14 und 15) nur je einer angebracht sind. Etwa 25 Procent
                              									der durch die Separatoren durchziehenden Dämpfe werden verdichtet und später durch
                              									Rectification auf Solaröl verarbeitet; das specifische Gewicht des Destillates
                              									vermindert sich dabei um 0,02. Manchmal wird auch noch das gesammte, aus den letzten
                              									5 Kesseln erhaltene Destillat durch Rectification in Kerosin und Solaröl
                              									geschieden.
                           Die aus den Benzinkesseln erhaltenen leichten Oele haben bei dem fast gänzlichen
                              									Mangel chemischer Groſsindustrie in dortiger Gegend einen nur sehr geringen Werth.
                              									Durch Rectification, wobei aus groſsen Blasen ohne direkte Feuerung nur mit Dampf
                              									abgeblasen wird, kann daraus noch etwas Kerosin als Rückstand erhalten werden,
                              									welches mit dem übrigen zur chemischen Reinigung kommt. Die andererseits durch
                              									Wasserkühlung verdichteten leichtesten Oele läſst man groſsentheils fortlaufen, denn
                              									nur ein kleiner Theil davon kann verkauft werden.
                           
                        
                           
                           B) Die chemische Reinigung des
                                 										Kerosins.
                              								
                           Die in den Raffinerien von Baku übliche chemische Reinigung des durch die vorher
                              									beschriebene Destillation gewonnenen Kerosins bietet gegenüber dem allgemein
                              									üblichen Verfahren keine Besonderheiten; sie wird durch eine Behandlung des Oeles
                              									mit Schwefelsäure, Aetznatron und Wasser bewerkstelligt.
                           Die Apparate bestehen durchweg aus zwei treppenartig über einander aufgestellten
                              									eisernen Behältern von cylindrischer Gestalt mit trichterförmigem Boden und
                              									Ablaſsventil an der tiefsten Stelle desselben, so daſs der Inhalt des höher
                              									stehenden Behälters bequem nach dem tieferen und von diesem in die Sammelbehälter
                              									zur Aufbewahrung abgelassen werden kann. Je nach Umfang des Betriebes faſst ein
                              									solcher Behälter in den gröſseren Raffinerien 1000 bis 2000 MC. Kerosin. Der höher
                              									stehende Behälter, welcher zur Behandlung des Oeles mit Schwefelsäure dient, ist mit
                              									Blei ausgeschlagen; auſserdem liegt über demselben ein bleierner Röhrenkranz, aus
                              									welchem die Schwefelsäure durch feine Löcher zugeleitet werden kann, ferner ein
                              									Drehkreuz zum Ausspritzen von Wasser nach Art eines Segner'schen Wasserrades und endlich ist jeder Behälter, da das Ganze im
                              									Freien steht, mit Blechdach versehen, welches entweder unmittelbar auf dem Behälter
                              									aufsitzt, oder aber zur besseren Beobachtung des Inhaltes in 0,5 bis 1m Höhe darüber. Zum Schütze vor den bei der
                              									chemischen Reinigung entweichenden Dämpfen ist dann der Zwischenraum zwischen
                              									Behälter und Deckel wohl auch mit Glasfenstern verschlossen und befinden sich im
                              									Deckel Klappen, welche während des Prozesses geöffnet sind. Die Mischung des Oeles
                              									mit den Chemikalien erfolgt mittels Luft, welche aus einer Druckpumpe kommt und
                              									durch ein senkrecht bis zur tiefsten Stelle des Kesselbodens eingesetztes Blei-
                              									bezieh. Eisenrohr, welches unten entweder in Gestalt einer sogen. Spinne verzweigt
                              									oder auch nur, der häufigere Fall, gerade abgeschnitten ist, eintritt. Zur
                              									Beobachtung und Bedienung der Apparate laufen um den Rand der Behälter eiserne,
                              									durch Treppen zu ersteigende Galerien herum.
                           Zuerst erfolgt die Säuerung des Oeles durch innige
                              									Mischung desselben mit concentrirter Schwefelsäure von mindestens 92 Proc.
                              									Hydratgehalt. Die Menge der Schwefelsäure wechselt und muſs um so gröſser genommen
                              									werden, je rascher das Oel destillirt worden ist. Die geringste Menge war 0,6
                              									Procent vom Gewichte des Kerosins; in gut geleiteten Betrieben stieg dieselbe nicht
                              									über 0,9 Proc., nur ausnahmsweise über 1 Proc. Die Säure strömt unter Lufteindrücken
                              									und Rühren des Oeles langsam durch den Röhrenkranz zu und wird etwa 1½ bis 2 Stunden
                              									weiter gemischt, wobei Erwärmung des Oeles unter Entwickelung von Schwefligsäure
                              									eintritt. Man läſst absitzen, gieſst die unten abgesetzte Schwefelsäure durch ein
                              									besonderes Zweigrohr ab, um sie bei einer folgenden Behandlung wiederholt zu
                              									verwerthen, und versetzt
                              									das Kerosin ein zweites Mal mit frischer Säure. Es kommt sonach jeder Posten Säure
                              									2mal zur Verwendung und wird das Kerosin 2 mal mit Säure behandelt. Nach der zweiten
                              									Säuerung folgt ein Waschprozeſs mit kaltem Wasser,
                              									wobei jedoch letzteres mittels des Drehkreuzes nur aufgespritzt und nicht mehr
                              									besonders mit dem Oele gemischt wird, weil die Wiederscheidung eine zu langwierige
                              									würde.
                           Nach etwa einstündiger Klärung folgt das Ablassen und Ueberleiten in den tiefer
                              									stehenden Behälter und die Behandlung mit Natronlauge.
                              									Dabei empfiehlt es sich, zuerst eine stärkere (1,28 bis 1,35 sp. G.), dann, für
                              									leichtere Klärung, eine dünnere Lauge zu nehmen, also 2 mal hinter einander zu
                              									laugen. Die Menge des Aetznatrons richtet sich nach dem Säuregehalte des Oeles; bei
                              									richtiger Vorarbeit sollen nicht über 0,3 Proc. gebraucht werden. Manche arbeiten
                              									dabei mit Lackmuspapier genau auf neutrale Reaction. Nach Behandlung mit Natronlauge
                              									darf nicht mehr mit Wasser gewaschen werden, weil die geringe Menge gelöster
                              									Natronseife dabei sich zersetzt und nur schwer zu beseitigende Trübung bewirkt.
                           In einer Raffinerie sah ich den Waschprozeſs mit Wasser bezieh. verdünnter Lauge
                              									durch eine Behandlung des Oeles mit Wasserdampf ersetzt. Das fertige Brennöl flieſst
                              									entweder noch durch einen oder mehrere Klärbehälter, oder gleich in die
                              									Kerosinbehälter, wo dann häufig noch eine Nachklärung eintritt. Auch ohne
                              									schlieſsliches Waschen mit Wasser beträgt der Aschengehalt des Kerosins bei
                              									richtiger Arbeit nur 3mg in 1l und ein Kohlen am Dochte beim Brennen desselben
                              									tritt nicht ein.
                           
                        
                           C) Die Prüfung des Kerosins.
                              								
                           In den meisten gröſseren Raffinerien Bakus finden sich sehr gut eingerichtete
                              									chemische Laboratorien, welche in Bezug auf Ausstattung vielen Laboratorien unserer
                              									chemischen Industrie zum Vorbilde dienen könnten. Auch habe ich darin eine ganze
                              									Reihe sehr tüchtiger junger Chemiker, meist aus der Schule Beilstein's oder Markownikoff's, kennen
                              									gelernt. In diesen Laboratorien werden die End- und Zwischenproducte einer
                              									fortwährenden genauen Prüfung unterworfen.
                           Zur Prüfung des Kerosins auf organische Säuren, welche
                              									noch aus der Naphta stammen, schüttelt man dasselbe mit etwa 2 Procent einer
                              									Natronlauge von 1,2 sp. Gr., läſst absitzen und säuert die getrennte
                              									Natronflüssigkeit an. Die entstehende Trübung bildet den Maſsstab für die Menge der
                              									noch vorhandenen Säure.
                           Zur Prüfung auf genügende Behandlung mit Schwefelsäure
                              									schüttelt man eine Probe des Oeles gleichfalls mit einigen Tropfen Natronlauge bis
                              									zur Emulsion, welch letztere im auffallenden Lichte rein weiſs und nicht im
                              									geringsten gelblich erscheinen muſs.
                           Die colorimetrische Probe erfolgt mittels Stammer's Colorimeter, worüber in dem oben erwähnten
                              									Berichte Redwood's ausführliche Angaben sich finden.
                              									Das gute Brennöl ist farblos und wasserklar.
                           
                           Bei der photometrischen Messung benutzt man Bunsens Photometer mit Spiegelvergleich und
                              									Normalkerze. (Letztere ist die Normalkerze deutscher Gasfachmänner. Flammenhöhe
                              										52mm.)
                           Die Destillationsprobe wird mit Hilfe des Glinsky'schen Dephlegmators durchgeführt bei
                              									jedesmaliger Füllung des Siedekölbchens mit 250cc
                              									Oel und einer Destillationszeit von etwa 2 Stunden. Immer wird gegen den Schluſs
                              									langsamer destillirt.
                           Zur Bestimmung des Entflammungspunktes sah ich meist den
                              										Abel'schen Apparat in Anwendung. Für Rufsland wurde
                              									bisher Kerosin von 28 bis 30° Entflammungspunkt hergestellt; nach einem Beschlusse
                              									der Naphtaerzeuger will man fernerhin auf 25° heruntergehen.
                           
                        
                           D) Ausbeute und Kosten der Raffination
                                 										der Naphta.
                              								
                           Die Ausbeute an den einzelnen Producten der Kerosindestillation ist je nach Art der
                              									Arbeit sehr verschieden. Je mehr Benzin und Schweröle zu dem eigentlichen, von 150
                              									bis 290° siedenden Brennöle genommen werden, desto mehr von letzterem, aber auch von
                              									um so geringerer Beschaffenheit wird erhalten und umgekehrt. Deshalb herrscht auch
                              									in den Ausbeuteangaben der verschiedenen Raffinerien keine Uebereinstimmung. Aus
                              									zahlreichen mir gewordenen Mittheilungen komme ich zu folgenden Ausbeutewerthen:
                           
                              
                                 Benzin (mit Gasolin)
                                 5
                                 bis
                                 7
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Kerosin I (Brennöl)
                                 27
                                 „
                                 33
                                 
                                 
                              
                                 Kerosin II (Solaröl)
                                 5
                                 „
                                 8
                                 
                                 
                              
                                 Rückstände
                                 50
                                 „
                                 60
                                 
                                 
                              
                           Im Allgemeinen werden zur Gewinnung von 1 Th. Kerosin 3,5 Th. Rohnaphta verbraucht.
                              									Je rascher man destillirt, desto mehr, aber auch um so schlechteres Kerosin wird
                              									erhalten.
                           Die Siedepunkte sind etwa folgende: für Benzin bis 150°, Kerosin I. Sorte 150 bis
                              									270°, II. Sorte 270 bis 300°. Als „Gasolin“ bezeichnet man in Baku den über
                              									100°, also schwerer siedenden Theil des „Benzins,“ welcher etwa ⅔ der ganzen
                              									unter 150° siedenden Fraction ausmacht.
                           Die specifischen Gewichte der Einzelfractionen gehen mit steigender Temperatur rasch
                              									in die Höhe. Bei einer im Groſsen durchgeführten Destillation, wobei in
                              									Einzelfractionen von 5 zu 5° aufgefangen wurde, zeigte der niedrigst siedende, von
                              									50 bis 55° übergehende Antheil ein specifisches Gewicht von 0,658, die Fraction 150
                              									bis 155° von 0,764, die Fraction 265 bis 270° von 0,8537 (bei 15° bestimmt). Das
                              									zwischen 150 und 270° überdestillirende Oel hatte den Entflammungspunkt 30°. Nach
                              										Redwood's Angabe beträgt bei der Kaspischen Gesellschaft je nach Entflammungspunkt die
                              									Ausbeute:
                           
                              
                                 
                                 Spec. Gew.
                                 Entflammung
                                 Ausbeute
                                 
                              
                                 Kerosin, Extra-Sorte
                                 0,815
                                   30°
                                    20%
                                 
                              
                                 Kerosin I. Sorte
                                 0,820
                                 25
                                 33
                                 
                              
                                 Kerosin II. Sorte
                                 0,821/822
                                 22
                                 38
                                 
                              
                           
                           Aus Kerosin II wird durch Mischen mit Gasolin ein geringwerthiges Leuchtöl
                              									dargestellt.
                           In der Nobel'schen Raffinerie hält sich die Ausbeute an
                              									Kerosin von 32° Entflammungspunkt auf 27 Proc., von 50° Entflammungspunkt auf 23
                              									Proc. und die specifischen Gewichte betragen für Benzin 0,754, für Gasolin 0,787,
                              									für Kerosin 0,820/822. Bei Pallaschkowsky erhält
                              									man:
                           
                              
                                 Kerosin
                                 A
                                 von
                                 30°
                                 Entfl.
                                 mit
                                 0,817
                                 sp. G.
                                 
                              
                                 „
                                 B
                                 „
                                 28
                                 „
                                 „
                                 0,822
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 C
                                 „
                                 25
                                 „
                                 „
                                 0,825
                                 „
                                 
                              
                           Tagieff und Sarkisoff, welche das leichtere Oel von
                              									Bibieybat verarbeiten, erhalten:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Spec. Gew.
                                 Grenzen der spec. Gew.
                                 
                              
                                 Benzin
                                            3 Proc.
                                 0,695
                                 (0,660 bis 0,720)
                                 
                              
                                 Gasolin
                                 7 bis 8
                                 0,740
                                 (0,720 bis 0,775)
                                 
                              
                                 Kerosin
                                 40
                                 0,818/820
                                 (0,775 bis 0,880)
                                 
                              
                                 Solaröl
                                    13,5
                                 0,860/868
                                 –
                                 
                              
                           Die Kosten für 1 MC. oder 100k
                              									Brennöl (Kerosin) berechnen sich folgender maſsen:
                           
                              
                                 3,5 MC. Rohnaphta
                                 1,78 M.
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                 0,15
                                 
                              
                                 Aetznatron
                                 0,11
                                 
                              
                                 Arbeitslöhne
                                 0,06
                                 
                              
                                 Verwaltung
                                 0,07
                                 
                              
                                 Kesselrevisionen
                                 0,18
                                 
                              
                                 Tilgung (Amortisation) 15 Proc.
                                 0,24
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 Zusammen
                                 2,59 M.
                                 
                              
                           Zu dem Brennöle kommen noch als Ausbeute 50 Proc., also rund 1,7 MC. Rückstände,
                              									welche zur Zeit einen Werth von etwa 40 bis 50 Pf. für 1 MC. besitzen; auſserdem
                              									gehen 6 Proc. Rückstände in der Fabrikheizung (Destillation, Dampfkessel u. dgl.)
                              									auf.
                           Die Arbeitslöhne betragen für einen Arbeiter 40 M. monatlich, sind also nicht hoch
                              									und dabei bilden die für die gewöhnlichen Arbeiten meist angestellten Tataren
                              									dortiger Gegend ein sehr zuverlässiges und anstelliges Arbeiterpersonal. Weniger
                              									werden die Perser gerühmt. Als Aufseher u. dgl. findet man meist Russen, auch
                              									Armenier und Deutsche, bei Gebrüder Nobel Schweden.
                           Bezüglich der Kosten für Neuanlage einer Raffinerie gilt
                              									nach Ragosine als Norm, daſs man bei groſsen
                              									Raffinerien, mit mehr als 80000 MC. Jahreserzeugung, die Productionsziffer in MC.
                              									mit 1,2 multiplicirt, um die erforderliche Summe in Mark zu erhalten. Eine
                              									Fabrikeinrichtung zu 100000 MC. Jahreserzeugung kommt hiernach auf 120000 M. zu
                              									stehen. Die Kosten sind, abgesehen von den Apparaten, dadurch verhältniſsmäſsig
                              									gering, daſs wegen des nur ausnahmsweise eintretenden Regenwetters Kessel, Blasen,
                              									Behälter u. dgl. unmittelbar im Freien, also ohne Ueberdachung aufgestellt werden.
                              									Für kleine Fabriken hat man anstatt mit 1,2 mit einer höheren Zahl, bis zu 1,8, zu
                              									multipliciren.
                           
                              (Schluſs folgt.)