| Titel: | Ueber Neuerungen an Kälteerzeugungsmaschinen. | 
| Fundstelle: | Band 260, Jahrgang 1886, S. 503 | 
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                        Ueber Neuerungen an
                           								Kälteerzeugungsmaschinen.
                        (Patentklasse 17. Fortsetzung des Berichtes Bd.
                           								259 S. 262.)
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									32.
                        Ueber Neuerungen an Kälteerzeugungsmaschinen.
                        
                     
                        
                           Die Ammoniak-Compressionsmaschine, System Linde, hat auſser der Einschaltung des bereits früher
                              									(1885 256 * 69) erwähnten selbstthätigen Rectificirapparates zum Zwecke eines stetigen
                              									Ausscheidens des in die Apparate mitgerissenen Schmieröles constructiv keine
                              									Abänderung mehr erfahren; dagegen sind hinsichtlich des Betriebes derselben zwei
                              									wichtige Neuerungen zu verzeichnen, nämlich die Anwendung von sogen. Compressoröl, einem aus Erdölrückständen gewonnenen
                              									Mineralöle, als Schmiermittel an Stelle des früher benutzten Glycerins, sowie die
                              									Einführung von geflochtener Baumwolle als
                              									Packungsmaterial für die Stopfbüchskammer anstatt der früher verwendeten Gummiringe.
                              									Das neue Schmieröl mit seinem geringen Absorptionsvermögen für Ammoniak und die
                              									durch groſse Elasticität sich auszeichnende Baumwolle sind vorzügliche Mittel, um
                              									die Stopfbüchse vollkommen dicht zu erhalten. Der Ammoniakverbrauch ist seit
                              									Anwendung dieser Mittel bei allen gut gehaltenen Maschinen dieses Systemes ein
                              									verschwindend kleiner geworden und beträgt selbst bei den gröſsten Maschinen
                              									monatlich nur wenige Kilogramm. Es muſs dies besonders hervorgehoben werden, da bis
                              									in die neueste Zeit die
                              									Ansicht verbreitet war, daſs es bei den Ammoniakcompressoren wegen der in denselben
                              									vorkommenden hohen Drücke nicht möglich sei, die Stopfbüchse für eine hin und her
                              									gehende Kolbenstange dicht zu erhalten.
                           Unter dieser falschen Voraussetzung ist seinerzeit die erste Osenbrück'sche Ammoniakcompressionspumpe (vgl. 1882 246 * 452) entstanden, bei welcher der Kurbelmechanismus in einem
                              									geschlossenen Gehäuse lag, so daſs nur die Kurbelwelle gegen die Atmosphäre
                              									abzudichten war. Das Dichthalten ist nun zwar bei der Stopfbüchse einer rotirenden
                              									Welle leichter zu bewirken als bei einer geradlinig hin und her bewegten
                              									Kolbenstange; dagegen muſste man den Uebelstand mit in Kauf nehmen, daſs gerade die
                              									wichtigsten Theile der Maschine unzugänglich wurden. Dies mag wohl der Hauptgrund
                              									gewesen sein, warum diese erste Einrichtung bald wieder verlassen worden ist und Osenbrück zu Lindes System
                              									überging. Die gegenwärtig von der Maschinenfabrik
                                 										Germania in Chemnitz und anderwärts gebauten Maschinen, sogen. System Osenbrück, sind nur als eine Nachahmung der Linde'schen Maschinen zu betrachten.
                           Einen noch weniger gelungenen Versuch, die Stopfbüchse bei
                                 										Ammoniakcompressoren zu verbessern bezieh. ganz zu
                                 										umgehen, macht Rich. Asche in Paris (* D. R. P. Nr.
                                 										32061 vom 30. August 1884). Derselbe läſst die Kolbenstange ebenfalls
                              									nicht ins Freie, sondern in einen abgeschlossenen, mit einer Flüssigkeit erfüllten
                              									Raum treten, benutzt aber diese Flüssigkeit zugleich, um die bewegende Kraft auf den
                              									Kolben zu übertragen. Wie Fig. 5 Taf. 32 zeigt,
                              									besteht der Compressor aus zwei hinter einander liegenden Cylindern a und b mit auf
                              									gemeinsamer Kolbenstange sitzenden Kolben und jeder dieser Cylinder ist einfach
                              									wirkend. Der zwischen beiden Deckeln liegende, ebenfalls als Cylinder ausgebildete
                              									Raum c steht durch Kanäle in Verbindung mit einem
                              									daneben liegenden vierten Cylinder d und die beiden
                              									letzteren Cylinder sind mit einer unter Druck stehenden Flüssigkeit, etwa einem
                              									gegen das zu verdichtende Gas neutralen Oele, erfüllt. Der Antrieb erfolgt mittels
                              									Kurbel und Lenkstange zunächst auf den im Cylinder d
                              									sich bewegenden Kolben, welcher die Kraft auf den Kolben c und damit zugleich auf die eigentlichen Compressorkolben in den
                              									Cylindern a und b
                              									überträgt. Die Räume zwischen den Kolben a und b und den Stopfbüchsen stehen in Verbindung mit der
                              									Saugleitung, so daſs alle bei der Compression zwischen Kolben und Cylinderwand
                              									durchgehenden Gase abgesaugt werden, wobei auf der einen Seite der Stopfbüchsen
                              									stets Verdampferdruck herrscht. Da die andere Seite unter dem Drucke der Flüssigkeit
                              									steht, welcher Druck bei passend gewählten Verhältnissen stets höher sein wird als
                              									der im Verdampfer, so kann kein Gas durch die Stopfbüchsen nach auſsen entweichen,
                              									höchstens Flüssigkeit in das Innere der Cylinder dringen, von wo dieselbe durch
                              									geeignete Vorrichtungen leicht wieder entfernt werden kann. Im Grunde genommen,
                              									spielt die zur Kraftübertragung benutzte Flüssigkeit hier dieselbe Rolle wie die
                              									Sperrflüssigkeit in der Linde'schen Stopfbüchse, nur
                              									mit dem Unterschiede, daſs die gleiche Wirkung durch Anwendung von 4 Cylindern, 4
                              									Kolben und ebenso viel Stopfbüchsen erzielt werden soll.
                           Eduard
                                    											Fixary in Paris (* D. R. P. Nr. 33111 vom 24. Februar
                                 										1885) will bei Ammoniakcompressoren eine
                              									bessere Abdichtung der Stopfbüchse dadurch erreichen,
                              									daſs das zur Schmierung dienende Oel in der Stopfbüchskammer zum Gefrieren gebracht
                              									wird. Fig. 2
                              									Taf. 32 veranschaulicht die getroffene Einrichtung der Stopfbüchse. Der Hohlraum a der Stopfbüchsbrille ist einerseits durch das Rohr
                              										b mit einem unter Condensatordruck stehenden
                              									Oelsammeltopfe m (vgl. Fig. 9 Taf. 32),
                              									andererseits durch das Rohr d mit der Saugleitung der
                              									Pumpe verbunden. Ein leichtes Oeffnen des Hahnes e
                              									bewirkt, daſs das Oel tropfenweise der Kammer a
                              									zuflieſst, von wo es durch feine Bohrungen f nach der
                              									Schmierkammer g gelangt; letztere ist mittels lederner
                              									Dichtungsringe l gegen die Kolbenstange abgedichtet und
                              									von einem cylindrischen Hohlraume h umgeben, in welchem
                              									durch Verdampfen von flüssigem Ammoniak die zum Gefrieren des Oeles nöthige Kälte
                              									erzeugt wird; das flüssige Ammoniak strömt in dem Rohre t zu, während die sich bildenden Ammoniakdämpfe durch Rohr k nach der Saugleitung entweichen.
                           Wenn das Schmieröl in der Stopfbüchskammer zum Gefrieren gebracht werden soll, dann
                              									muſs ein Schmiermittel benutzt werden, welches bei den in der Maschine vorkommenden
                              									niedrigen Temperaturen bereits vollständig erstarrt; es ist aber klar, daſs dann
                              									auch das in die Spiralen des Verdampfers mitgerissene Oel erstarren und Störungen
                              									veranlassen wird. Das Oel muſs jederzeit von den Dämpfen aus den Spiralen leicht
                              									wieder mitgerissen und den Abscheidungsapparaten zugeführt werden können; gerade mit
                              									Rücksicht darauf wird man also stets Schmiermittel verwenden müssen, welche auch bei
                              									sehr niedrigen Temperaturen flüssig bleiben. Ueberdies ist es fraglich, ob
                              									gefrorenes Oel wirklich besser abdichtet als flüssiges. Die wirksamsten Theile an
                              									der vorliegenden Stopfbüchse sind ohne Zweifel die Lederringe l, welche durch den Druck des Oeles fest an die
                              									Kolbenstange gepreſst werden und dadurch einen dichten Abschluſs sichern.
                           Zur Abscheidung des von den Ammoniakdämpfen mitgerissenen
                                 										Schmieröles verwendet Fixary den Condensator,
                              									wie er in Fig.
                                 										9 Taf. 32 dargestellt ist. In demselben liegen drei Spiralen, welche mit
                              									zwei von einander getrennten Behältern derart verbunden sind, daſs die in der
                              									äuſsersten Spirale von oben nach unten strömende Mischung von Oel und Dampf zunächst
                              									in den Behälter m gelangt, wo sich das Oel absetzt,
                              									während das Ammoniak in der innersten Spirale wieder nach oben steigt, um sich erst
                              									beim abermaligen Niedergange in der mittleren Spirale zu verdichten und im Behälter
                              										n als Flüssigkeit zu sammeln.
                           In der Patentschrift Nr. 33111 findet sich noch die Beschreibung eines Verfahrens, um gleichzeitig kalte Luft und kaltes Süſswasser zu
                              									erzeugen, letzteres durch Ausscheiden des in der Luft enthaltenen Wasserdampfes, ein
                              									Verfahren, das mit Vortheil auf SchiffenVgl. Pearce's Wasserdestillirapparat 1886 259 * 314. angewendet werden kann,
                              									welche in den Tropen verkehren. Die zu kühlende Luft wird einfach über Röhren
                              									geleitet, in denen Ammoniak verdunstet. Von Zeit zu Zeit wird die Verdunstung
                              									unterbrochen, um den an den Röhren niedergeschlagenen Reif abthauen zu lassen. Damit
                              									die Maschine hierbei ununterbrochen fortarbeiten kann, ist der Vorgang auf zwei
                              									gleiche Apparate vertheilt, welche durch Mehrwegehähne so mit einander verbunden
                              									sind, daſs abwechselnd in dem einen Luft gekühlt wird, während in dem anderen Reif
                              									abthaut. Die der Revue industrielle, 1886 * S. 2
                              									entnommene Figur
                                 										3 Taf. 32 gibt ein Bild von der Wirkungsweise des Apparates. Bei der
                              									gezeichneten Stellung der Klappen a und b und der Hähne c und d ist die Verdampfung des Ammoniaks in der Spirale der
                              									Kammer e unterbrochen; es findet also dort Vorkühlung
                              									der Luft unter Abschmelzen des Reifes, in der Kammer f
                              									dagegen Kühlung der Luft unter Bildung von Reif statt. Werden die Klappen a und b um 90° gedreht,
                              									was von der Maschine aus unter gleichzeitiger Verstellung der Hähne c und d selbstthätig
                              									besorgt wird, so tritt das verdampfende Ammoniak in die Spirale der Kammer e und die umgekehrt von f
                              									nach e strömende Luft schmilzt den Reif der Spirale der
                              									Kammer f und kühlt sich an der Spirale e.
                           In neuerer Zeit mehren sich die Versuche, die Kohlensäure zur
                                 										Eiserzeugung heranzuziehen. Was die Verwendung dieses Gases vortheilhaft
                              									erscheinen läſst, ist der tief liegende Condensationspunkt desselben. Die
                              									Kohlensäure weist bei 0° bereits eine Spannung von 35at,5 auf, während beispielsweise Ammoniak bei der gleichen Temperatur eine
                              									Spannung von nur 4at,33 besitzt; dem entsprechend
                              									fallen auch bei Anwendung von Kohlensäure die Abmessungen des Compressionscylinders
                              									kleiner aus als bei Ammoniak. Selbstredend beschränkt sich diese Verminderung der
                              									Abmessungen nur auf den Cylinder; die übrigen Apparate, wie Condensator, Verdampfer
                              									und Generator, bleiben in allen Fällen gleich groſs, wohl aber müssen sie bei
                              									Verwendung von Kohlensäure wegen der hohen Drücke stärker gebaut werden.
                           Eine Maschine dieser Art ist die Kohlensäure-Dampfmaschine von W. Raydt in
                              										Hannover (* D. R. P. Nr. 33168 vom 25. November 1884). Der Compressor ist, wie aus
                              										Fig. 7
                              									Taf. 32 ersichtlich, als einfach wirkende Pumpe mit Taucherkolben ausgeführt. Wegen
                              									der beim Verdichten auftretenden hohen Temperaturen muſs der Cylindermantel von
                              									auſsen und der hohle Taucherkolben von innen durch Wasser gekühlt werden. Das
                              									Abdichten der Stopfbüchskammer a bewirkt Raydt dadurch, daſs er den Druck in derselben stets
                              									nahezu auf dem der Atmosphäre erhält, indem er die Stopfbüchse mit einem unter diesem
                              									Drucke stehenden Gasometer E (vgl. Fig. 1 Taf. 32) verbindet,
                              									in welchem die entweichende Kohlensäure sich ansammeln kann und woraus diese
                              									entweder mit Hilfe einer Pumpe, oder mittels eines Kohlensäure-Dampfstrahlgebläses wieder in den Saugraum der Maschine
                              									zurückgeschafft wird. Als Sperrflüssigkeit für den Gasometer wird Oel oder Glycerin
                              									benutzt.
                           Fig. 1 Taf. 32
                              									gibt die Gesammtanordnung der einzelnen Apparate. Das Gas wird von der
                              									Compressionspumpe A nach dem Condensator B gedrückt, dort durch Abkühlen verflüssigt und nach
                              									dem Kühlapparate C und dem Refrigerator D geleitet, in welch letzterem das verflüssigte Gas in
                              									der bekannten Weise zur Erzeugung von Kälte benutzt wird. Was die Anordnung von
                              									anderen Anlagen unterscheidet, ist auſser dem oben erwähnten Gasometer E der Kühlapparat C. Um
                              									den Druck in der Maschine, welcher bei den gewöhnlichen Kühlwassertemperaturen
                              									zwischen 50 und 60at betragen würde, zu
                              									vermindern, ist eine noch weiter getriebene Abkühlung der flüssigen Kohlensäure
                              									geboten und dies geschieht unter Benutzung des Umstandes, daſs die aus dem
                              									Refrigerator kommende Kohlensäure noch einen bedeutenden Ueberschuſs an Kälte mit
                              									sich führt. Der Kühlapparat besteht aus einem mit Salzlösung gefüllten Behälter A (Fig. 8 Taf. 32), in
                              									welchem auſser dem zur Ansammlung einer gröſseren Menge flüssiger Kohlensäure
                              									dienenden Gefäſse B zwei Rohrspiralen sich befinden.
                              									Die aus dem Refrigerator kommende, noch sehr kalte Kohlensäure gibt einen Theil
                              									ihrer Kälte an die Salzlösung ab, indem sie die innere Spirale durchströmt, und wird
                              									von da nach dem Saugraume der Pumpe geführt, während die vorn Condensator kommende
                              									flüssige Kohlensäure durch die äuſsere Spirale geleitet, dabei abgekühlt und in dem
                              									Gefäſse B gesammelt wird, um von hier aus dem
                              									Refrigerator zuzuflieſsen. Es wird also auf diese Weise ein Theil der von der Pumpe
                              									aufgewendeten und in Kälte umgesetzten Arbeit dazu verwendet, den Druck in der
                              									Maschine zu vermindern.
                           Neben den Ammoniak-Eismaschinen haben die mit Schwefligsäure
                                 										arbeitenden Compressoren von Raoul Pictet in
                              									Genf (vgl. * D. R. P. Nr. 3499 vom 27. September 1877) besonders in Frankreich
                              									Verbreitung gefunden. Als Vorzug wurde diesen Maschinen seinerzeit nachgerühmt, daſs
                              									der Betriebsdruck in denselben geringer sei als in den mit Ammoniak arbeitenden,
                              									daſs also die Stopfbüchse leichter dicht zu halten wäre. Schweflige Säure zeigt bei
                              									20° einen Druck von 3at,24, wogegen Ammoniak bei
                              									dieser Temperatur bereits eine Spannung von 8at,8
                              									besitzt. Dieser Unterschied spielt nun bei dem heutigen Stande der Technik durchaus
                              									keine Rolle mehr, soweit es sich um die Dichtungen handelt, wohl aber der Umstand,
                              									daſs Pictet'sche Maschinen wegen der geringen Dichte
                              									der Dämpfe von schwefliger Säure gröſsere Cylinder erfordern und deshalb eine
                              									geringere Kälteleistung aufweisen als Ammoniakcompressoren; auch spricht es nicht zu
                              									Gunsten dieser Maschinen, daſs die Dämpfe der schwefligen Säure sich bei der Compression
                              									stark überhitzen, der Cylinder heiſs läuft und gekühlt werden muſs.
                           Ein neuerer Vorschlag von Raoul Pictet (* D. R. P. Nr.
                              									33239 vom 31. December 1884) betrifft Verbesserungen des
                                 										Condensators und des Verdampfers, indem an Stelle der früheren, nach Art
                              									der Röhrendampfkessel aus parallelen Röhrenbündeln bestehenden Apparate aus einem
                              									Stücke geschweiſste Schlangenrohre (Fig. 6 Taf. 32) gesetzt
                              									worden sind, welche eine bessere Ausnutzung des Kühlwassers bezieh. der Salzlösung
                              									gestatten und es ermöglichen, die Maschine mit einer weit geringeren Menge
                              									flüchtiger Flüssigkeit arbeiten zu lassen, als bei den Maschinen älteren
                              									Systemes.
                           In neuester Zeit ist Pictet mit einem Mittel vor die
                              									Oeffentlichkeit getreten, welches bezweckt, die bisherige mangelhafte
                              									Leistungsfähigkeit der Schwefligsäure-Maschinen zu
                              									erhöhen; dasselbe besteht darin, daſs er an Stelle der reinen schwefligen Säure zur
                              									Füllung der Maschine ein Gemisch zweier Flüssigkeiten setzt, wie es in ähnlicher
                              									Weise schon seit Jahren in Amerika in den Binary'schen
                              									Maschinen versucht worden ist. Während man aber dort Mischungen von Schwefligsäure
                              									mit Schwefeläther oder von Ammoniak mit Glycerin benutzt, empfiehlt Pictet ein Gemisch von Schwefligsäure mit Kohlensäure. Diese Mischung, von ihrem Erfinder „Liquide Pictet“ genannt, ist Gegenstand des
                              									Patentes * Nr. 33733 vom 3. Januar 1885 und wurde auſserdem in einer besonderen
                              										SchriftNeue Kälteerzeugungsmaschinen auf Grundlage der
                                    											Anwendung physikalisch-chemischer Erscheinungen. Von Raoul Pictet, Professor an der Universität Genf, deutsch von Konrad Schollmayer. (Verlag von Quandt und Händel in Leipzig.) zur
                              									allgemeinen Kenntniſs gebracht. Die Flüssigkeit entspricht der chemischen Formel
                              										CO4S, siedet unter atmosphärischem Drucke bei
                              									einer Temperatur von – 19° und hält als Kälteerzeugungsmittel etwa die Mitte
                              									zwischen der Schwefligsäure und dem Ammoniak; sie entsteht durch einfache
                              									mechanische Mischung der entsprechenden Mengen von Kohlensäure und Schwefligsäure,
                              									gleichgültig, ob in flüssigem oder gasförmigem Zustande zusammengebracht, und wird
                              									im Groſsen gewonnen durch Einwirkung von Kohlenstoff auf Schwefelsäure bei hoher
                              									Temperatur. Hierbei bildet sich zunächst ein Gemisch von 1 Mol. CO2 und 2 Mol. SO2,
                              									welches sich durch weiteren Zusatz von 1 Mol. CO2
                              									schlieſslich in eine Mischung von der Zusammensetzung CO4S verwandelt.
                           Der von Pictet vorgeschlagene Apparat zur Herstellung
                              									dieser Flüssigkeit ist in Fig. 4 Taf. 32
                              									dargestellt. In einem guſseisernen Kessel a wird eine
                              									bestimmte Menge Kohlen durch eine unter dem Kessel a
                              									befindliche Feuerung unter gleichzeitigem Einträufeln von Schwefelsäure erhitzt,
                              									wodurch die Mischung von CO2 mit SO2 sich bildet; daneben wird in einem Gefäſse b durch Zusammenbringen von Marmor mit Schwefelsäure
                              									Kohlensäure erzeugt und diese bei c mit dem ersteren
                              									Gemische zusammengeführt. Das hierbei sich bildende neue Gemenge streicht nun zunächst durch
                              									einen mit Blei ausgefütterten guſseisernen Reinigungskasten d und tritt von da aus in den Kühlapparat e,
                              									welcher aus einer doppelwandigen, von auſsen durch die verdampfende Kälteflüssigkeit
                              									gekühlten Trommel besteht. Nachdem die Dämpfe hier abgekühlt sind, gelangen
                              									dieselben in den Gasometer g, aus welchem sie durch
                              									eine Pumpe abgesaugt und in die Kühlschlange f gedrückt
                              									werden, um sich dort zur Flüssigkeit zu verdichten.
                           Pictet bespricht in seiner oben erwähnten Schrift einen
                              									Versuch, den er mit der neuen Flüssigkeit in einer Brauerei in Lutterbach im Elsaſs
                              									gemacht hat, indem er eine ältere Maschine seines Systemes mit der neuen Flüssigkeit
                              									füllte und dabei fand, daſs die Kälteerzeugung der Maschine um 50 Proc. zugenommen
                              									hatte. Leider ist der Versuch so oberflächlich ausgeführt, daſs die daraus gezogenen
                              									Schluſsfolgerungen unmöglich als richtig angesehen werden können. Es fehlen in
                              									erster Linie Angaben über den Kraftverbrauch der Maschine und gerade diese wären
                              									sehr werthvoll, da ohne sie der Schein erweckt wird, als ob die 50 Proc.
                              									Mehrleistung an Kälte ohne jeden Mehraufwand an Arbeit erzielt worden wären. Pictet behauptet übrigens geradezu, daſs durch die
                              									innere chemisch-physikalische Arbeit der Flüssigkeit sich die beim Zusammenpressen
                              									aufzuwendende Arbeit vermindere, welche Behauptung mit den Lehren der mechanischen
                              									Wärmetheorie in schroffem Widerspruche steht, wonach die Betriebsarbeit einer
                              									vollkommenen, d.h. einer ohne constructive Unvollkommenheiten und schädliche
                              									Widerstände gedachten, Kältemaschine stets die gleiche ist, gleichgültig, mit
                              									welcher Kälteflüssigkeit gearbeitet wird. Daſs bei Anwendung der neuen
                              									Kälteflüssigkeit in einer für schweflige Säure eingerichteten Maschine entsprechend
                              									der höheren Spannung und der gröſseren Dichtigkeit des arbeitenden Mittels eine
                              									Erhöhung der Kälteerzeugung eintreten muſste, ist ganz natürlich; ebenso klar ist es
                              									aber auch, daſs in gleichem Maſse der Kraftverbrauch der Maschine zugenommen haben
                              									muſs, was durch einen genauen Versuch unzweifelhaft hätte festgestellt werden
                              									können.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
