| Titel: | Ueber die physiologische Wirkung des sog. Saccharins. | 
| Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 83 | 
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                        Ueber die physiologische Wirkung des sog.
                           								Saccharins.
                        Ueber die physiologische Wirkung des sog. Saccharins.
                        
                     
                        
                           Nach einer von Ivan Levinstein im Journal of
                                       												the Society of Chemical Industry, 1886 S. 421
                              									gemachten Mittheilung sind bis jetzt folgende Versuche über die Einwirkung des sog.
                              									Saccharins auf den thierischen Körper angestellt worden, welche sämmtlich für die
                              									Unschädlichkeit dieses Süſsmittels sprechen. Zwei italienische Physiologen, Arducco und Mosso, fanden,
                              									daſs Frösche tagelang in einer neutralen wässerigen Lösung von Saccharin gehalten
                              									werden konnten, ohne daſs sie die geringsten Zeichen von Unbehagen zeigten. Ebenso
                              									wurde Hunden das Saccharin in allmählich steigenden Mengen bis zu 5g täglich während mehreren Tagen zugeführt, ohne
                              									daſs eine üble Einwirkung beobachtet werden konnte: Das Körpergewicht blieb sich
                              									völlig gleich und das Saccharin fand sich unverändert im Harne wieder. In der Menge
                              									und dem specifischen Gewichte des abgesonderten Urins lieſsen sich keine
                              									Abweichungen beobachten; ebenso blieben die Absonderungen von Harnstoff und
                              									Schwefelsäure völlig normal. Die Zersetzung des Urins wurde durch die Anwesenheit
                              									von Saccharin verzögert.
                           Aehnliche Beobachtungen wurden von Arducco und Mosso sowie von Dr. Stutzer in Bonn bei der Einführung des Saccharins in den menschlichen
                              									Körper gemacht. 5g konnten täglich, ohne daſs
                              									irgendwie üble
                              									Erscheinungen auftraten, oder sich der Appetit verringerte, ertragen werden; die
                              									Absonderung aus dem Körper wurde durch die Nieren bewirkt, während im Speichel, in
                              									der Milch und in den Fäces kein Saccharin nachzuweisen war. Die versüſsende Kraft
                              									von 5g Saccharin soll ungefähr der von 1k Zucker gleich sein. Die Beobachtungen Stutzer's wurden kürzlich von E. Salkowski (Virchow's Archiv, 1886 Bd. 105 S. 46) bestätigt. Bezüglich
                              									der Wirkung des Saccharins bei Diabetes theilt Prof. Dreschfeld vom Owens College in Manchester mit, daſs keine Veränderungen
                              									in den Mengen des ausgeschiedenen Harnes und des abgesonderten Zuckers eintreten.
                              									Auf die Verdauung der Proteinstoffe sowie der Kohlehydrate übt das Saccharin kaum
                              									einen verzögernden Einfluſs aus. Nach Stutzer vermehrt
                              									das Saccharin, in kleinen Mengen zugesetzt, die diastatische Wirkung des Malzes bei
                              									Gegenwart von Zucker. (Vgl. 1886 259 382. 261 95. 481.)