| Titel: | Vorkommen von Mannit im Cambialsafte der Fichte. | 
| Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 233 | 
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                        Vorkommen von Mannit im Cambialsafte der
                           								Fichte.
                        Kachler, über Vorkommen von Mannit im Cambialsafte der
                           								Fichte.
                        
                     
                        
                           In den Monatsheften für Chemie, 1886 Bd. 7 S. 410 macht
                              										J. Kachler auf das Vorkommen von Mannit im
                              									Cambialsafte der gewöhnlichen Fichte (Pinus Abies L.)
                              									aufmerksam. Von Zuckerarten aus Nadelhölzern sind bis jetzt nur zwei bekannt: Der
                              									sogen. Pinit, C6H12O5, welchen Berthelot (Annales de Chimie et Physique, 1856 S. 76)
                              									aus den Ausschwitzungen einer californischen Fichte (Pinus
                                 										Lambertica) dargestellt hat und den auch Johnson
                                 										(Journal für praktische Chemie, 1857 Bd. 70 S. 245) in den Ausschwitzungen einer
                              									Pinusspecies, welche auf den Abhängen der Sierra Nevada wächst, fand, und der Abiëtit, C6H8O3, welcher von Rochfeder (Zeitschrift für Chemie, 1868 S. 728) aus den
                              									Nadeln der gewöhnlichen Tanne (Abies pectinata)
                              									gewonnen worden ist.
                           Zur Darstellung von Mannit aus dem Cambialsafte der Fichte wurde den gefällten und
                              									von den Aesten befreiten Stämmen die Rinde, welche für Zwecke der Gerberei diente,
                              									abgezogen und so rasch als möglich der Cambialsaft mittels kleiner lockerer
                              									Leinentücher aufgewischt und letztere öfters in Gefäſse ausgepreſst. 2 Arbeiter
                              									sammelten auf diese Weise im Monate Juni 1882 von beiläufig 1200 Fichtenstämmen (25
                              									bis 30cm Durchmesser) 72l Saft. Der trübe Saft wurde nach den Angaben von
                              										Tiemann und Haarmann
                                 										(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1874 S. 609) aufgekocht
                              									und filtrirt; er bildete nun eine vollkommen klare, schwach weingelb gefärbte
                              									Flüssigkeit von angenehmem harzartigem Gerüche und süſslichem, etwas
                              									zusammenziehendem Geschmacke. Der Saft blieb etwa 5 Wochen in verschlossenen
                              									Flaschen im Keller stehen und wurde erst nach dieser Zeit abgedampft. Beim Oeffnen
                              									der Flaschen zeigte sich, daſs Kohlensäure gebildet war, der etwas dunkler gefärbte
                              									Saft eine schleimige Beschaffenheit angenommen und eine geringe Menge eines
                              									weiſslichen pulverigen Körpers abgesetzt hatte. Während des Eindampfens auf dem
                              									Wasserbade wurde die Flüssigkeit immer dunkler und schied fortwährend braune harzige
                              									Häute aus, welche einen nicht unangenehmen, an Vanille erinnernden Geruch
                              									zeigten.
                           Nachdem ⅘ des Volumens verdunstet waren, blieb eine trübe, dicke, dunkelbraune
                              									Flüssigkeit zurück, welche einer gewöhnlichen Rübenmelasse an Geruch und Geschmack
                              									sehr ähnlich war. Erst nach beinahe einjährigem Stehen hatten sich nadelförmige
                              									Krystalle ausgeschieden, die jedoch nur mit groſsen Schwierigkeiten und Verlusten
                              									durch Abseihen, Absaugen, Pressen u. dgl. von der dicken Mutterlauge getrennt werden
                              									konnten. Schon bei dem ersten Reinigungsversuche, Umkrystallisiren aus Wasser, worin
                              									diese krystallinische Substanz leicht löslich war, ergab sich, daſs dieselbe kein
                              									Coniferin, sondern ein zuckerartiger Körper sei, und schlieſslich gelang es, durch
                              									fortgesetzte Reinigung und Umkrystallisiren aus verdünntem Alkohol 155g einer Substanz zu gewinnen, welche in feinen
                              									glänzenden Nadeln krystallisirte und sich nach ihren chemischen und physikalischen
                              									Eigenschaften, sowie nach ihrer Zusammensetzung als Mannit, C6H14O6, erwies.