| Titel: | Ueber die Fabrikation des Methylenblau; von Dr. Otto Mühlhäuser. | 
| Autor: | Otto Mühlhäuser | 
| Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 371 | 
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                        Ueber die Fabrikation des Methylenblau; von Dr.
                           								Otto Mühlhäuser.
                        Mühlhäuser, über die Fabrikation des Methylenblau.
                        
                     
                        
                           Zur industriellen Herstellung von Methylenblau dienen 2 Reactionen: Mittels der
                              									einen, welche Caro im J. 1876Vgl. 1879 231 174. 232
                                    											486. 1880 236 74. entdeckte, entsteht
                              									es durch Oxydation von Dimethylparaphenylendiamin bei Gegenwart der nöthigen Menge
                              									Schwefelwasserstoff in saurer Lösung; nach der anderen von Oehler im J. 1882Vgl. 1881 241 310. 311. 242 377. 1884 251 240. 252 78. 80. 1885 258
                                    											48. beschriebenen Reaction entsteht es durch Oxydation einer Schwefel haltigen
                              									Base, die sich durch Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf Nitrosodimethylanilin in
                              									stark schwefelsaurer Lösung erzeugt. Beide Verfahren sind technisch gleich werthvoll
                              									und beide im Betriebe eingeführt.
                           
                        
                           
                              Sodaschlamm-Verfahren.
                              
                           An Apparaten zur Herstellung der Rohfarbe sind zunächst
                              									3 Holzbütten erforderlich, welche Rührwerke, Deckel mit Mannloch zur Eingabe der
                              									Materialien und Abzüge zum Schornsteine zur Ableitung der beim Betriebe entstehenden
                              									Gase besitzen. Unter diesen Rohfarbbütten stehen 3 andere Bütten, die sogen.
                              									Zinkfarbbütten; jede der letzteren trägt ein groſses, zur Aufnahme der Rohfarbe
                              									dienendes Kastenfilter, während die abfiltrirende Brühe in die Bütten selbst läuft
                              									und dort auf weitere Farbstoffmengen verarbeitet wird, welche wieder in einem
                              									Kastenfilter gesammelt werden. Die hiervon getrennte Brühe läuft weg.
                           Dieses dreitheilige Büttensystem, bestehend aus: 3 Rohfarbbütten und 3 Zinkfarbbütten
                              									nebst 6 Filterkästen benöthigt ein zweitheiliges Büttensystem zum Reinigen der rohen
                              									Farbe, bestehend aus: 2 Bütten zum kalten oder warmen Anwässern der Rohfarbe und 2
                              									anderen Bütten zur Aufnahme der Filtrate, aus denen der niedergeschlagene Farbstoff
                              									im vorgelegten Filter gesammelt und von der nunmehr werthlosen Brühe getrennt wird.
                              									Sämmtliche Bütten haben je einen Inhalt von 3000l.
                           
                        
                           Die Herstellung der Rohfarbe umfaſst:
                           I) Die Darstellung der Nitrosodimethylanilinlösung, II) die Schwefelung, III) die
                              									Oxydation, IV) die Fällung und V) die Filtration.
                           I) Zur Herstellung der Nitrosodimethylanilinlösung
                              									bereitet man: a) die salzsaure Dimethylanilinlösung und
                              									b) die Nitritlösung.
                           a) In jede der 3 Rohfarbbütten gibt man 1200l
                              									Wasser. Dazu gieſst man eine vorher bereitete Lösung von 10k
                              									Dimethylanilin und 1 Ballon Salzsäure, deren Mischung am besten im emaillirten Gefäſse geschieht,
                              									indem man in die vorher mit etwa 50l Wasser
                              									verdünnte Salzsäure das Dimethylanilin einrührt. Man nimmt sich diese Mühe des
                              									Einrührens, um eine vollkommene Lösung des Oeles zu erzielen, welche nicht so rasch
                              									stattfände, wenn man Amin und Säure im groſsen Rührbottiche mischen wollte, was
                              									schlieſslich auch durchführbar wäre, aber mehr Zeit beanspruchte.
                           b) Zur Herstellung der Nitritlösung kommen in jedes den
                              									3 Farbbottichen entsprechende Nitritgefäſs, welche mit Auslaufhähnen versehen sind:
                              										6k,6 Natriumnitrit und etwa 150k
                              									Wasser.
                           c) Nitrosirung. Nach etwa 12 Stunden öffnet man den Hahn
                              									der Nitritgefäſse und läſst die Lösung durch eine bleierne Trichterröhre, welche am
                              									Boden der Rohfarbbütte mündet, während 2 Stunden einlaufen. Die Temperatur der
                              									Lösung soll vor der Nitrosirung ungefähr 8 bis 9° haben; nach derselben ist sie 10 bis 12°. Im
                              									Sommer oder Winter regelt man die Temperatur mit Eis oder Dampf. Das Nitrosiren
                              									geschieht unter fortwährendem Umrühren; nach demselben werden noch 2 Ballons
                              									Salzsäure auf jede Bütte zugegeben.
                           II) Die Schwefelung hat den Zweck, die überschüssige
                              									salpetrige Säure auszutreiben, die Nitrosoverbindung zu Amin zu reduciren und die
                              									Flüssigkeit mit Schwefelwasserstoff zu sättigen. – Die Entwickelung des
                              									Schwefelwasserstoffes geschieht mit ganz frischem, feuchtem Sodaschlamme.
                           1) Abtrieb der salpetrigen Säure. Zum Messen des Sulfids
                              									dient zweckmäſsig ein Holzeimer von etwa 25l
                              									Inhalt. Der stark mit Sodaschlamm angefüllte Eimer hat dann ein Nettogewicht von
                              									ungefähr 35k. Die Füllung zweier solcher Eimer ist
                              									zum Abtreiben der salpetrigen Säure aller 3 Bütten nöthig. Man gibt in jede Bütte ⅓
                              									Eimer Sodaschlamm mit einer Handschaufel zu. Es entwickelt sich nun ein gelbgrüner
                              									Schaum und bei Zugabe eines weiteren Drittels entweichen die rothgelben Dämpfe der
                              									salpetrigen Säure, verdrängt durch den sich im Wasser lösenden Schwefelwasserstoff.
                              									Die genannten Arbeiten werden bei fortwährendem Umrühren ausgeführt und dauern etwa
                              									5 Minuten. Die Flüssigkeit riecht dann nach Schwefelwasserstoff.
                           2) Reduction und Sättigung mit Schwefelwasserstoff. Vor
                              									der Reduction gibt man noch in jede Bütte 2 weitere Ballons Salzsäure und beginnt
                              									hierauf mit dem Eintragen des Sodaschlammes. Jede Bütte erhält in Pausen von etwa 1½
                              									bis 2 Stunden 4 bis 5 Eimer Sulfid. Bei Zugabe jedes Eimers Schlamm – was ungefähr 2
                              									Minuten dauert – wird stets das Rührwerk im Gange erhalten, um den Schlamm
                              									gleichmäſsig auf der Bodenfläche zu vertheilen. Vorsicht ist hierbei geboten, da die
                              									Masse leicht überschäumt, was bei zeitigem Abstellen des Rührwerkes indessen zu
                              									verhindern ist. Nach dem Eintragen läſst man das Rührwerk still stehen, so daſs die
                              									Entwickelung des Schwefelwasserstoffes ruhig und langsam vor sich gehen kann und
                              									viel Gelegenheit zum Lösen, wenig zum Entweichen geboten ist. Die Reduction ist
                              									gewöhnlich nach dem Eintragen des 4. Eimers fertig. Ein in die Flüssigkeit
                              									getauchter Filtrirpapierstreifen darf dann den charakteristischen gelben
                              									Nitroso-Rand nicht mehr erscheinen lassen. Da die Brühe über Nacht stehen bleibt, so
                              									gibt man noch, je nachdem die Reduction und Sättigung durch Schwefelwasserstoff
                              									vorgeschritten ist, ½ oder 1 Eimer Schlamm zur Nachentwickelung zu.
                           Nach Zugabe des Sodaschlammes ist die Lösung milchig weiſs; sie enthält im
                              									Wesentlichen: salzsaures Amidodimethylanilin und geringe Mengen einer geschwefelten
                              									Base, welche beide den blauen Farbstoff ergeben, ferner Schwefelmilch und den
                              									Rückstand vom Sodaschlamme, nebst etwas unangegriffenem Sulfid, wodurch später unten
                              									zu besprechende Störungen bei der Gewinnung des Farbstoffes verursacht werden. Das
                              										gebildete
                              									Chlorcalcium kommt hier nicht in Betracht; es wirkt später höchstens mit
                              									aussalzend.
                           Während des Abschwefelns macht die Brühe eine Reihe von Farbwandlungen durch, welche
                              									schlieſsen lassen, daſs bei der Schwefelung nicht nur Diamin, sondern auch Farbstoff
                              									entsteht, der theils zu Methylenweiſs reducirt, theils durch höhere Schwefelung in
                              									Methylenroth übergeführt wird.
                           In folgender Tabelle sind die bei einer Schlammreduction gemachten Beobachtungen
                              									zusammengestellt:
                           
                              
                                 Nummer desElmers
                                 Temperaturnach derSchlammzugabe
                                 Zeit
                                 Reaction auf Filtrirpapier
                                 Aussehen derBrühe
                                 
                              
                                    1 †
                                  16°
                                   9 Uhr 20
                                 rein gelb
                                 braungelb
                                 
                              
                                 
                                 
                                 10       15
                                 gelb, orange
                                 schwarzgrün
                                 
                              
                                 
                                 
                                 10       30
                                 gelb, orange, roth
                                 schwarz
                                 
                              
                                 2
                                    17½
                                 11       05
                                 
                                 schwarzbraun
                                 
                              
                                 
                                 
                                 11       20
                                 gelb, roth, blau
                                 schwarz
                                 
                              
                                 
                                 
                                 11       45
                                 gelb, roth sehr stark
                                 tiefschwarz
                                 
                              
                                 3
                                 19
                                 12       00
                                 
                                 chocoladebraun
                                 
                              
                                 
                                 
                                 12       30
                                 gelb, blau und roth
                                 blau
                                 
                              
                                 4
                                 20
                                   1       50
                                 
                                 sehr blau
                                 
                              
                                 
                                 
                                   2       50
                                 
                                 roth
                                 
                              
                                     5 ††
                                 21
                                   4       00
                                 
                                 farblos
                                 
                              
                           † Anfangstemperatur 14°. †† Der 5. Eimer wurde nicht
                              									vollständig zugegeben.
                           III) Die Oxydation geschieht durch Zusatz einer Lösung
                              									von Eisenchlorid von 1,16 bis 1,17 sp. G., was einem Gehalte von 20 bis 21 Proc.
                              										Fe2Cl6
                              									entspricht, zur geschwefelten Flüssigkeit. Man fügt soviel Eisenchloridlösung zu,
                              									bis der Geruch nach Schwefelwasserstoff ganz verschwunden und ein geringer
                              									Ueberschuſs von Eisenchlorid vorhanden ist. Zur Oxydation genügen fast immer 4
                              									Ballons zu 70k Eisenchlorid von genanntem
                              									specifischem Gewichte.
                           Ob man genug Eisenchlorid zugesetzt hat, sieht man meist mit bloſsem Auge. Die
                              									oxydirte Brühe muſs nämlich tiefblau erscheinen; ist sie blauroth, so muſs noch
                              									nachoxydirt werden. Manchmal ereignet es sich, daſs die mit Eisenchlorid versetzte
                              									Flüssigkeit nach einiger Zeit wieder Schwefelwasserstoff entwickelt; auch in diesem
                              									Falle setzt man noch etwas Eisenchlorid zu. Diese Zufälligkeiten, welche dann und
                              									wann vorkommen können, rühren theils von ungleichmäſsigem Eintragen des Schlammes,
                              									theils von ungenügendem Umrühren her.
                           Die Proben zur Feststellung, ob eine Bütte genug Eisenchlorid erhalten hat, sind
                              									folgende: Eine mit Kochsalz und etwas Chlorzinklösung gefällte Probe wird auf einen
                              									Streifen Filtrirpapier gebracht und der entstehende Rand mit einer Lösung von
                              									Ferrocyankalium betupft; entsteht an der Berührungszone ein schwach blauer Flecken,
                              									so ist genügend Eisenchlorid zugesetzt worden. Wird dagegen ein in die Farbbrühe
                              									getauchter Filtrirpapierstreifen beim Betupfen mit Eisenchloridlösung dunkler, so
                              									muſs zur Farbbrühe noch Eisenchlorid zugesetzt werden.
                           
                           Sind die Lösungen vollkommen oxydirt, so wird der Farbstoff ausgesalzen.
                           IV) In jede Bütte werden 180k Steinsalz unter
                              									Umrühren eingetragen. Der Farbstoff fällt dann nur theilweise aus; zum vollständigen
                              									Niederschlagen gibt man noch in jede Bütte etwa 25k Chlorzinklösung von 1,5 sp. G. zu.
                           Um sich nun zu überzeugen, ob der Farbstoff vollkommen ausgefällt ist, macht man
                              									folgende Probe: Man bringt auf einen Filtrirpapierstreifen einen Tropfen der Fällung
                              									bezieh. man taucht denselben in die Flüssigkeit ein und betrachtet das Papier bei
                              									auffallendem Lichte; man sieht dann – wenn der Farbstoff ganz gefällt ist – auf
                              									rothem Grunde blaue Flocken. Ist dagegen der Grund blau oder blauroth gefärbt – dies
                              									sieht man am besten am Rande – so ist noch nicht genügend ausgefällt und muſs noch
                              									etwas Steinsalz oder Chlorzinklösung zugesetzt werden. Zeigt die Papierprobe
                              									vollkommene Fällung an, so filtrirt man sofort durch ein doppeltes, im Filterkasten
                              									liegendes Wollfilter.
                           V) Die Filtration geschieht unter fortwährendem Umrühren
                              									und dauert etwa 2 bis 3 Stunden. Die Rohfarbe befindet sich dann auf dem Filter und
                              									die rothe Brühe wird in der unten stehenden Bütte aufgefangen. In der oberen
                              									Farbbütte bleibt noch ein Rückstand. Man schöpft denselben zweckmäſsig in eine
                              									Holzwanne und schlämmt denselben dort so lange mit Wasser auf, bis er keine Farbe
                              									mehr abgibt. Den wässerigen Auszug bringt man später mit der Rohfarbe in die
                              									Auszugsbütte, den Rückstand wirft man weg.
                           Die Rohfarbe wird zur Beförderung des Abtropfens mit einem Holzspatel umgestochen und
                              									ist dann zur Extraction fertig.
                           Die Rohfarbe besteht aus Methylenblau, Schlammrückstand,
                              									mit Methylenblau angefärbtem Schwefel und Steinsalzrückstand.
                           Das rothe Filtrat wird auf Zinkfarbe verarbeitet. Zur
                              									Aufarbeitung der rothen Brühe werden 36k Zinkstaub
                              									mit wenig Wasser zum Brei angerührt; auf eine Bütte kommen also 12k Zink. Das Eintragen des Metallteiges geschieht
                              									mit einem eisernen Löffel und zwar gibt man von 10 zu 10 Minuten in jede Bütte einen
                              									Löffel voll unter heftigem Umrühren zu. Die Flüssigkeit arbeitet und schäumt, Ströme
                              									von Schwefelwasserstoff entweichen. Man trägt so lange Zink ein, bis die Brühe
                              									farblos geworden ist. Unter tüchtigem Umrühren wird nun noch in jede Bütte ein
                              									Ballon = 70k Eisenchlorid zugesetzt, wobei eine
                              									tiefblaue Lösung entsteht, aus welcher sich das Blau in Folge des Gehaltes an Salz
                              									und Chlorzink unmittelbar und ohne weiteres Zuthun ausscheidet. Der gut
                              									durchgerührte Inhalt der Bütten wird filtrirt. Die Brühe läuft weg, auf dem Filter
                              									bleibt die Zinkfarbe.
                           Es folgt nun die Farbaufarbeitung. Bei der Fabrikation
                              									des Methylenblau erhält man, wie erwähnt, die Rohfarbe und die Zinkfarbe; daraus
                              									muſs nun der reine Farbstoff ausgezogen werden.
                           
                              
                              A) Aufarbeitung der
                                    										Rohfarbe.
                              1. Auszug: Die Lösebütte wird mit Wasser angefüllt und mit Dampf auf 24°
                                 										gebracht. In das mit etwa 18k Eisenchlorid
                                 										versetzte Wasser bringt man die Rohfarbe von 6 Bütten, rührt durch bis zur
                                 										vollständigen Sättigung des Wassers mit Farbstoff und anhängenden Salzen, läſst
                                 										absitzen und streut zur besseren Klärung der Flüssigkeit noch einige Hände voll
                                 										Kochsalz über die Oberfläche der Farblösung. Nach etwa 12 stündiger Ruhe
                                 										decantirt man die Farbbrühe mittels eines Hebers auf ein Filter. Nach weiteren 2
                                 										Stunden befindet sich das ganze Filtrat in der unten stehenden Bütte. Beim
                                 										Anfiltriren der Lösung läſst man zweckmäſsig die ersten trüben Antheile auf ein
                                 										zweites, ebenfalls über der Bütte liegendes Filter laufen; sobald die Lösung
                                 										klar ist, filtrirt man durch ein anderes Filter. Die Filtration geht auf die
                                 										angegebene Weise sehr rasch von statten.
                              Das Filtrat wird nun mit 200k reinem Kochsalz
                                 										und 30k Chlorzink vollständig ausgesalzen. Hat
                                 										man sich davon durch die Papierprobe überzeugt, so filtrirt man durch ein
                                 										untergestelltes Filter sogleich ab. Ehe die Farbe aufs Filter läuft, läſst man
                                 										sie durch ein feines Sieb gehen, um die gröberen Bestandtheile des Kochsalzes
                                 										zurückzuhalten. Der Farbstoff' wird schlieſslich vollkommen abtropfen
                                 										gelassen.
                              2. Auszug: Die Auszugsbütte wird zu weiterer Extraction von Farbstoff wieder mit
                                 										Wasser aufgefüllt, auf 24° angewärmt und mit 18k Eisenchlorid versetzt. Der auf dem Filter verbliebene Rückstand wird
                                 										ebenfalls eingerührt und der Inhalt genau wie beim 1. Auszug weiter
                                 										behandelt.
                              3. Auszug: Bei der dritten Extraction gibt man nur ungefähr 9k Eisenchlorid zu, im Uebrigen wird wie zuerst
                                 										verfahren. Dieser Auszug liefert nun, da alle Salze ausgezogen sind, die
                                 										schönste, stärkste und reinste Farbe. Vor Allem findet sich in diesem Auszuge
                                 										kein Methylenroth mehr vor. War die Farbe sehr ergiebig, so muſs man unter
                                 										Umständen noch einen 4. Auszug machen; gewöhnlich genügen jedoch drei.
                              Der beim letzten Auszuge auf dem Filter und in der Bütte verbleibende Rückstand
                                 										kommt in die Kochbütte, wo er mit Salzsaure aufgeschlossen wird.
                              
                           
                              B) Kochfarbe.
                              1. Auszug: Die Kochbütte wird zur Hälfte mit Wasser angefüllt, der gut
                                 										durchgerührte Inhalt mit 15k Salzsäure
                                 										versetzt und zum Kochen erhitzt. Die anfangs stark blaue Flüssigkeit wird
                                 										blaſsblau und unter Umständen auch farblos; salpetrige Säure entweicht. Sobald
                                 										die Masse kocht, gibt man 30k Eisenchlorid zu
                                 										und filtrirt sofort in eine unten stehende Bütte ab. Der Zweck des Aufkochens
                                 										ist die Reduction des auf fein vertheiltem Schwefel niedergeschlagenen bezieh.
                                 										anhaftenden Methylenblau. Das Filtrat wird in der unteren Bütte noch mit 8k Eisenchlorid nachoxydirt und dann mit
                                 										ungefähr 150k Steinsalz und 30k Chlorzinklösung ausgesalzen.
                              Sollte der in der Kochbütte verbleibende Rückstand noch nicht ganz aufgeschlossen
                                 										sein, was selten der Fall ist, so macht man noch einen zweiten Auszug, füllt hierbei die Bütte aber nur zu ¼ mit Wasser und
                                 										behandelt weiter, wie oben beschrieben.
                              
                           
                              C) Zinkfarbe.
                              1. Auszug: Die Zinkfarbe von 6 Ansatzbütten kommt in die Kochbütte und wird dort
                                 										mit kaltem Wasser aufgerührt. Die Flüssigkeit wird dann – zur besseren Klärung
                                 										nach Zusatz von etwas Kochsalz – 12 Stunden absitzen gelassen und in die unten
                                 										stehende Bütte filtrirt. Das Filtrat wird mit 10k Eisenchlorid, 150k Steinsalz und
                                 											30k Chlorzinklösung ausgesalzen und
                                 										filtrirt. Der Filterrückstand kommt wieder in die Bütte zurück.
                              2. Auszug: Die Bütte wird zu ¼ mit Wasser gefüllt und wie oben weiter verfahren,
                                 										aber nur mit 40k Salz und 6k Chlorzinklösung ausgefällt. – Den zweiten
                                 										Zinkfarbenauszug läſst man jedoch in der Regel weg und arbeitet so, daſs man,
                                 										wenn die Kochfarbe aus der Rohfarbenbütte in die Kochbütte kommt, eben mit dem
                                 										ersten Auszuge der Zinkfarbe fertig ist. Es wird auf diese Weise zweckmäſsig der
                                 										Rückstand der Zinkfarbe mit der Kochfarbe aufgearbeitet.
                              
                           
                              
                                 Aufarbeitung der reinen Farben.
                                 
                              Der Aufarbeitung der Rohfarbstoffe gemäſs haben wir 3 Sorten von Reincarmin:
                                 										Reinfarbe, Zinkfarbe und Kochfarbe auf den Filtern liegen. Nach jeder Filtration
                                 										wird der Farbstoff auf dem Filter zusammengekratzt und in einem wollenen
                                 										Spitzfilter abtropfen gelassen; dort läuft die letzte Salzbrühe ab. Die gut
                                 										abgetropften Farbstoffe werden dann in einem Fasse gemischt und zur Mischung
                                 										soviel Wasser zugesetzt, bis sich eben anfängt, auch Farbstoff und nicht bloſs
                                 										Salz zu lösen, d.h. bis ein Streifen Filtrirpapier, mit der Lösung befeuchtet,
                                 										sich schwach blau färbt. Der einige Stunden sich selbst überlassene Teig wird
                                 										hierauf durch Filterbeutel filtrirt, in starke Baumwolltücher eingeschlagen und
                                 										unter der Spindelpresse ausgepreſst.
                              Die Preſsfarbe, d.h. die so erhaltenen Preſskuchen
                                 										werden auf Zinkblechen vertheilt mittels Holzspatel zerschnitten und in der mit
                                 										Dampfröhren geheizten Trockenstube bei etwa 60° getrocknet.
                              Statt die 3 Farbsorten in der angegebenen Weise zu mischen, kann man auch jede
                                 										für sich aufarbeiten. Dann ist die Reinfarbe die farbkräftigste und reinste, die
                                 										Kochfarbe die schwächste.
                              Werden diese Farbstoffe, deren Identität noch nachzuweisen ist, für sich
                                 										angewässert, so ist die Reinfarbe blau, die
                                 										Zinkfarbe und die Kochfarbe grau. Ebenso verhalten
                                 										sich die gepreſsten und getrockneten Farbstoffe.
                              
                              Die Ausbeute beträgt für jede Bütte 5 bis 6k
                                 										Farbstoff.
                              Der in der Kugelmühle gemahlene Farbstoff stellt ein bronzefarbenes Pulver dar.
                                 										In folgender Tabelle sind die in Obigem gegebenen Zahlen übersichtlich
                                 										zusammengestellt:
                              
                                 
                                    Farbsorte
                                    Oel
                                    HCl
                                    NaNO2
                                    Schlamm
                                    Fe2Cl6
                                    Steinsalz
                                    ZnCl2
                                    Zinkstaub
                                    Kochsalz
                                    Ausbeute
                                    
                                 
                                    RohfarbeReinfarbe A I       „        A
                                       												II       „        A IIIKochfarbe A IZinkfarbe   A
                                       												IFertige Waare
                                    3030––––––
                                    10501050–––15––
                                    19,819,8––––––
                                    500500––––––
                                    10501050   18   18    
                                       												9   38   10–
                                    540540––––––
                                    75753030303030–
                                    3636––––––
                                    ––200200200150150–
                                    –––––––36
                                    
                                 
                                    
                                    60
                                    2115
                                    39,6
                                    1000
                                    2193
                                    1080
                                    300
                                    72
                                    900
                                    36
                                    
                                 
                              Die Rohmaterialien müssen folgende Beschaffenheit besitzen:
                              
                                 
                                    Dimethylanilin beste Güte (darf sich mit Acetylchlorid kaum
                                       												erwärmen)
                                    
                                 
                                    Salzsäure
                                    Sp. G. = 20° B.
                                    
                                 
                                    Natriumnitrit
                                    Enthält 98 % NaNO2
                                    
                                 
                                    Sodaschlamm
                                    Frisch
                                    
                                 
                                    Eisenchlorid
                                    Sp. G.
                                    1,16 bis 1,17 = 20 bis 21 % Fe2Cl6
                                    
                                 
                                    Chlorzink
                                      „   „
                                    1,50 bis 1,55 = 44 bis 49 % ZnCl2
                                    
                                 
                                    Steinsalz
                                    Roh
                                    
                                 
                                    Kochsalz
                                    Sehr rein.
                                    
                                 
                              
                           
                              
                                 Schwefelzink-Verfahren.
                                 
                              Wird Schwefelwasserstoff in Schwefelsäure von 40 bis 50° B. eingeleitet, so
                                 										scheidet sich Schwefel ab und die Schwefelsäure wird zu Schwefligsäure reducirt:
                                 											SO4H2 +
                                 											SH2 = SO2 +
                                 										S + 2H2O. Letztere zerfällt aber sofort bei
                                 										Berührung mit H2S unter weiterer Abscheidung von
                                 										Schwefel: SO2 + 2H2S = 2H2O + 3S.
                              Läſst man diese Schwefelabscheidung bei Gegenwart von schwefelsaurem
                                 										Nitrosodimethylanilin vor sich gehen, so wird dasselbe in eine farblose
                                 										Schwefelbase verwandelt, die oxydirt einen blauen Farbstoff gibt.
                              Zur Nitrosirung sind folgende Apparate nöthig: 3
                                 										emaillirte, mit Rührwerk und Kühlmantel versehene eiserne Kessel von je 400l Inhalt, 3 Schwefelungskessel, jeder zu
                                 											1500l Inhalt, mit Kühlmantel, Abzug für
                                 										Schwefelwasserstoffgas, Manometer und Deckel, mit Mannloch versehen (Rührwerk
                                 										und Kessel sind verbleit); ferner eine Klärbütte nebst Kastenfilter und ein
                                 										untergestellter Oxydationsbottich, schlieſslich 1 Reinigungssystem, bestehend
                                 										aus einem Umlösebottich und Fällbottich mit Filterkasten.
                              An Materialien sind nöthig: Methylanilin, Kochsalz,
                                 										Eisenchlorid, Chlorzink von der oben genannten Beschaffenheit, ferner
                                 										Schwefelsäure von 25° B. und solche von 60° B.; erstere erhält man durch
                                 										Mischung von 23k englische Säure und 50k Wasser, letztere aus 150k Schwefelsäure und 22k,5 Wasser. Das Schwefelzink muſs rein,
                                 										trocken und fein gesiebt sein.
                              Die Herstellung der Rohfarbe umfaſst: 1) Die
                                 										Nitrosirung, 2) die Schwefelung, 3) die Klärung und 4) die Oxydation.
                              1) Nitrosirung. In jeden Nitrosokessel rührt man
                                 											10k Methylanilin und 75k Schwefelsäure von 25° B. ein, kühlt die
                                 										Mischung mit Eis auf 6 bis 8° ab und läſst dann eine Lösung von 6k,25 NaNO2 in
                                 											30k Wasser aus einer Hahnflasche und unter
                                 										andauerndem Umrühren zulaufen, wobei die Temperatur 12° nicht übersteigen soll.
                                 										Nach Beendigung der Nitrosirung mischt man die Masse mit 175k Schwefelsäure von 60° B. unter Einhaltung
                                 										der Temperatur von 12°. Der Inhalt der in solcher Weise beschickten Kessel wird
                                 										nun mittels Luft in je den zugehörigen Schwefelungskessel abgedrückt.
                              2) Die Schwefelung der Masse geschieht durch
                                 										postenweises Eintragen von 100k staubfeinem,
                                 										trockenem Schwefelzink unter fortwährendem Umrühren bei Innehaltung einer
                                 										Temperatur von 20 bis 25°. Nach dem Eintragen des Schwefelzinkes schlieſst man
                                 										den Kessel und digerirt den Inhalt bei 35 bis 40° bis zur Vollendung der
                                 										Reaction, welche durch die Entfärbung der nach einander hellgrünen, dann blauen,
                                 										tiefblauen und zuletzt rothen Lösung angezeigt wird.
                              3) Klärung. Sämmtliche Kesselinhalte werden in die
                                 										etwa 3000l Wasser haltende Klärbütte gedrückt
                                 										und, nach tüchtigem Mischen, 12 stündiger Ruhe überlassen. Darauf filtrirt man
                                 										vom Schwefel ab, kocht denselben noch mit ungefähr 5k Schwefelsäure und 1000l Wasser
                                 										auf, läſst absitzen und filtrirt.
                              4) Oxydation. Die vereinigten Filtrate werden mit 5
                                 										Ballons Eisenchlorid, wie oben beschrieben, oxydirt, der Farbstoff mit Kochsalz
                                 										ausgefällt und filtrirt.
                              Behufs schlieſslicher Reinigung des Farbstoffes wird
                                 										derselbe, einmal umgelöst und wie oben beschrieben fertig gestellt.
                              Das nach diesem Verfahren erzeugte Blau ist sehr farbkräftig und bedeutend
                                 										stärker als das nach der ersten Darstellungsweise erhaltene Mischproduct.Vgl. Bernthsen 1883 249 320.
                              Alexandria, Va., Nordamerika, Mai 1886.