| Titel: | Ueber Erdöl und seine Producte; von B. Redwood. | 
| Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 462 | 
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                        Ueber Erdöl und seine Producte; von B.
                              									Redwood.Nach einer vom Verfasser gef. eingesendeten Druckschrift: Cantor Lectures on Petroleum and its Products. (W. Trounce. London 1886.)
                           							
                        B. Redwood, über Erdöl und seine Producte.
                        
                     
                        
                           Im März 1886 wurden von Boverton Redwood vor der Society of Arts in London eine Anzahl Vorlesungen,
                              									welche jetzt im Drucke erschienen sind, über Erdöl und die daraus zu gewinnenden
                              									Producte gehalten. Nachstehend folgt ein gedrängter Auszug aus diesen umfassenden
                              									und vieles Neue enthaltenden Vorträgen des englischen Chemikers.
                           
                        
                           1) Geschichtliches. Geographische und
                                 										geologische Vertheilung. Chemische Zusammensetzung. Quellenbohrung. Beförderung
                                 										durch Röhrenleitungen und in Behältern.
                           Redwood gebraucht das Wort Erdöl in seiner weitesten
                              									Bedeutung, indem er nicht nur das flüssige Oel darunter versteht, sondern einerseits
                              									auch die festen und gasförmigen Kohlenwasserstoffe, welche uns die Erde unmittelbar
                              									liefert, andererseits die Producte der trockenen Destillation von Bogheadkohle,
                              									bituminösen Schiefern, Braunkohle und Torf in den Kreis seiner Betrachtungen
                              									zieht.
                           Sehen wir von den Ueberlieferungen ab, welche uns die alte Geschichte und das
                              									Mittelalter über das Vorkommen von Erdöl bieten, so ist zu erwähnen, daſs die erste
                              									sichere Nachricht über die Auffindung von Erdöl in Nordamerika aus dem J. 1629
                              									stammt, wo der Franziskaner-Missionär Jos. de la Roche
                                 										d'Allion bei seinem Aufenthalte in dem jetzigen Staate von New-York in
                              									einem Briefe der Oelquellen erwähnt. Im J. 1750 beschreibt der Befehlshaber vom Fort
                              									Duquesne in einem Berichte an General Montcalm die bei
                              									den Seneca-Indianern gebräuchlichen Ceremonien, welche damit endigten, daſs der
                              									Schaum, welcher die Oberfläche eines kleinen, in den Alleghany flieſsenden Flusses
                              									bedeckte, angezündet wurde. Im J. 1765 berichtet Major Symes, welcher Mitglied einer Gesandtschaft an dem Hof von Ava in Birma
                              									war, über die birmanischen Oelquellen in der Nähe des
                              										Yenangyoung oder Erdölflusses. In Galizien soll im
                              									J. 1771 in dem jetzigen Oelfelde von Sloboda-Rungurska nahe bei Kolomea zuerst Erdöl
                              									entdeckt worden sein und aus dem J. 1791 stammt eine Mittheilung von Martinovich über eine dunkelbraune Sorte galizischen Erdöles. Dieses Oel
                              									wurde zuerst nur als Wagenschmiere benutzt, bis nach Gintl 1817 eine Destillation eingerichtet und Prag mit dem erhaltenen Oele
                              									beleuchtet wurde. Der Preis des Oeles scheint 55 Gulden für 1 Centner gewesen zu
                              									sein. Die Fabrik stellte ihre Arbeiten jedoch schon im folgenden Jahre wieder ein.
                              									Von ungarischem Erdöle wurde 1788 eine dicke schwarze Probe von Winterl untersucht.
                           Nach John Fairman erhielt Genua zuerst 1802 Beleuchtung
                              									mit Rohpetroleum von Miano und dieses Oel wurde 1817
                              									von Saussure untersucht.
                           Wie Ch. A. Ashburner angibt, hat man wahrscheinlich das
                              									erste Gas, welches technisch verwerthet wurde, zu Fredonia, in der Grafschaft
                              									Chatauqua, New-York, erhalten, wo man am Ufer des Canadaway-Flusses 1821 eine Quelle
                              									er bohrte, welche genügend Gas für 30 Brenner lieferte.
                           Paraffin wurde 1831 von Gregory und Christison aus Rangoon-Petroleum, 1830 von Reichenbach aus Holztheer und von Laurent bei der Destillation von bituminösen Schiefern
                              									erhalten.
                           In England hat zuerst Young im J. 1850 durch
                              									Destillation der Bogheadkohle Paraffinöle gewonnen. Nachdem Laurent 1833 die Aufmerksamkeit auf die zu Autun gefundenen bituminösen Schiefer, als zur Gewinnung von Mineralöl
                              									brauchbar, gelenkt hatte, wurden 1839 Brennöl und andere aus diesen Schiefern
                              									dargestellte Producte von Selligue ausgestellt. Der
                              									erste von Erfolg begleitete Versuch, Brennöl aus Kohle in Amerika zu erzeugen, wurde
                              									von Geßner gemacht, welcher das so erhaltene Oel in
                              									Lampen bei öffentlichen Vorlesungen auf Prince Edward's
                                 										Island im August 1846 brannte. Geßner
                              									verkaufte seine Patente an die North American Kerosene
                                 										Gas-Light Company, welche das Oel 1854 unter dem Namen Kerosin in den Handel brachte; doch wurde die
                              									allgemeine Verwendung des Oeles wegen seines üblen Geruches anfangs erschwert, wenn
                              									auch die groſse Leuchtkraft desselben überall Anerkennung fand.
                           Im J. 1849 stellte man in Irland Versuche an, Mineralöle aus Torf zu gewinnen. Im
                              									darauf folgenden Jahre begann man am Rhein mit der Destillation von Braunkohle auf
                              									Paraffinol, während von Young 1852 ein amerikanisches
                              									Patent auf die Gewinnung von Brennöl und Paraffin aus bituminösen Schiefern genommen
                              									wurde.
                           Im J. 1853 stellte die United States Chemical Manufacturing
                                 										Company Brennöl aus Kohlentheer zu Waltham in
                              									Massachusetts dar und 1857 bereitete die Downer Kerosene Oil
                                 										Company Leuchtöl aus der Kohle von Neu-Braunschweig. Zu derselben Zeit
                              									wurde in New-Bedford, Mass., die Destillation von aus Schottland stammender Bogheadkohle begonnen; doch ersetzte man dieses
                              									Rohmaterial bald durch Cannelkohle aus West-Virginia
                              									und Kentucky. Diese Industrie nahm einen so groſsen Aufschwung, daſs schon 1859 eine
                              									einzige Raffinerie am Alleghanyfluſs 27200l Rohöl
                              									im Tag destilliren konnte. Die Entwicklung dieser Industrie war indessen nur dadurch
                              									ermöglicht, daſs man bis dahin sehr wenig Roherdöl in
                              									Amerika gefunden hatte. Im August des J. 1859 wurde jedoch von Oberst Drake die erste gröſsere Erdölquelle erbohrt und von
                              									dieser Zeit datirt das rasche Wachsen der Erdölindustrie in Amerika.
                           Nach diesem günstigen Ergebnisse wurden an unzähligen anderen Punkten Bohrversuche
                              									mit gleich gutem Erfolge unternommen. In Folge dessen hörten die bestehenden
                              									Raffinerien sehr bald auf, Kohle zu verarbeiten und benutzten das Erdöl als
                              									Rohmaterial. Augenblicklich gibt es ungefähr 20000 mehr oder weniger ergiebige
                              									Quellen in den Oelfeldern der Vereinigten Staaten. Ashburner zählt 6 Hauptbezirke in den Staaten von Pennsylvanien und
                              									New-York auf, nämlich den Alleghany-, Bradford-, Warren-, Venango-, Butler- und
                              									Beaver- bezirk. Welch berichtete im Januar dieses
                              									Jahres über zwei neue Oelfelder, die von Kane und Washington, von denen besonders
                              									das letztere reiche Ausbeute zu liefern verspricht. Die folgende Tabelle gibt ein
                              									Bild über die Gewinnung von Roherdöl (1 Barrel = 154l) den Vereinigten Staaten in den J. von 1859 bis 1885:
                           
                              
                                 Jahr
                                 Barrels
                                 Jahr
                                 Barrels
                                 Jahr
                                 Barrels
                                 
                              
                                 1859
                                 5000
                                 1862
                                 3050000
                                 1865
                                 2497000
                                 
                              
                                 1860
                                 500000
                                 1863
                                 2611000
                                 1866
                                 3597000
                                 
                              
                                 1861
                                 2113000
                                 1864
                                 2116000
                                 1867
                                 3347000
                                 
                              
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 Jahr
                                 Barrels
                                 Jahr
                                 Barrels
                                 Jahr
                                 Barrels
                                 
                              
                                 1868
                                 3583176
                                 1874
                                 10950730
                                 1880
                                 26562000
                                 
                              
                                 1869
                                 4210720
                                 1875
                                 8787506
                                 1881
                                 28447115
                                 
                              
                                 1870
                                 5673195
                                 1876
                                 9175906
                                 1882
                                 31051165
                                 
                              
                                 1871
                                 5715900
                                 1877
                                 13490171
                                 1883
                                 24090000
                                 
                              
                                 1872
                                 6531675
                                 1878
                                 15165462
                                 1884
                                 23520817
                                 
                              
                                 1873
                                 7878629
                                 1879
                                 19741661
                                 1885
                                 21600651
                                 
                              
                           Neben diesen Oel ergebenden Gegenden kennt man 3 Hauptbezirke, welche natürliches Gas liefern, das unmittelbar zur
                              									Beleuchtung und zum Heizen verwendet wird. Der bedeutendste von diesen befindet sich
                              										24km südlich von Pittsburg, der Mittelpunkt
                              									des zweiten ist die Stadt Tarentum am Alleghanyflusse, während das dritte Feld 40km südlich von Pittsburg liegt und Washington zum
                              									Mittelpunkte hat.
                           Nach der amerikanischen nimmt den ersten Rang an Gröſse und Bedeutung die russische Erdölindustrie mit Baku als Hauptort ein,
                              									über welche kürzlich von C. Engler (vgl. 1886 260 337 ff.) ausführlich berichtet wurde.
                           In dritter Reihe sind die Oelfelder von Galizien zu
                              									nennen, über deren Vertheilung und Leistung Gintl
                              									folgende Tabelle aufstellt:
                           
                              
                                 West-Galizien:
                                 Jährlich MC. (100k)
                                 
                              
                                 1) Sandez und Gorlice
                                   91500
                                 
                              
                                 2) Jaslo und Sanok
                                   44900
                                 
                              
                                 Ost-Galizien:
                                 
                                 
                              
                                 3) Sambor und Drohobycz
                                   73600
                                 
                              
                                 4) Rolomea
                                 300000
                                 
                              
                           Der dritte Bezirk lieferte auſserdem 53400 MC. Ozokerit.
                           Von den deutschen Erdölvorkommen ist nach der Ansicht
                              									von Redwood das von Oelheim das wichtigste.
                           Die von Young begründete Verarbeitung der bituminösen Schiefer ist besonders in Schottland zu
                              									einer groſsen Bedeutung gelangt (vgl. S. 286 d. Bd.). Die augenblicklich in
                              									Schottland verwendeten Schiefer finden sich unter den Kohlenschichten und kommen
                              									gewöhnlich mit Mergel, Kalkstein und Sandstein gemengt vor; sie besitzen eine graue
                              									oder braune Farbe und liefern 100 bis 172l Rohöl
                              									auf die Tonne. Im J. 1871 wurden etwa 8 Mill. MC. (zu je 100k) Schiefer destillirt, welche 113,5 Mill. Liter
                              									Rohöl ergaben, während augenblicklich der Jahresverbrauch auf 20,9 Mill. MC. mit
                              									einem Ertrage von rund 290 Mill. Liter veranschlagt wird.
                           Auſser in Schottland werden auch in Neu-Südwales in Australien bituminöse Schiefer
                              									auf Mineralöle verarbeitet. Es bestehen dort 2 Gesellschaften, von denen die eine
                              									wöchentlich 4000 MC. die andere 2000 MC. Schiefer destillirt.
                           Das Erdöl findet sich in allen Formationen vom Silur bis zum Tertiär und zwar auf der
                              									westlichen Halbkugel hauptsächlich in den silurischen und devonischen Schichten, auf
                              									der östlichen dagegen sind das Eocän und Miocän die Träger des Erdöles. In Amerika
                              									bestehen die Oel führenden Schichten vorzugsweise aus Sandstein und im
                              									Oil-Creek-Distrikt kann man drei unter einander liegende Sandsteinschichten
                              									unterscheiden, welche sich durch groſse Regelmäſsigkeit bezüglich ihrer eigenen
                              									Mächtigkeit sowie der der Zwischenlagen auszeichnen. Der oberste Sandstein hat eine
                              									Dicke von 12m, darauf folgt ein Zwischenraum von
                              										32m bis zur zweiten Schicht, welche eine
                              									Mächtigkeit von 7m,6 besitzt. Die dritte 10m,7 dicke Lage beginnt 33m unterhalb der zweiten. In manchen Gegenden ist
                              									die mittlere Lage in zwei Theile gespalten, welche durch eine Schieferschicht von
                              									4,6 bis 9m Dicke getrennt sind.
                           Aehnliche Verhältnisse beobachtet man bei dem Vorkommen von natürlichem Gas. Nach dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse ist das mehr
                              									oder minder reichliche Vorkommen desselben abhängig: a) von der Porosität und
                              									gleichmäſsigen Ausbildung der Gas führenden Schichten, b) von der Ausdehnung, in
                              									welcher das Hangende und Liegende geborsten ist, c) von der Neigung der Schicht und
                              									der Stellung der Antiklinalen und Synklinalen, d) von den relativen
                              									Mengenverhältnissen von Wasser, Oel und Gas und e) von dem Drucke, unter welchem
                              									sich das letztere befindet.
                           Ueber die Bildungsweise des Erdöles sind sehr
                              									verschiedene Theorien aufgestellt worden. Der Ansicht von Berthelot, wonach das Erdöl durch Einwirkung von Kohlensäure und
                              									Wasserdampf auf die Alkalimetalle entstanden sei, und der von Mendelejeff, welcher die Einwirkung von Wasser auf
                              									Eisen oder andere Metalle und auf Kohle bei hoher Temperatur und unter groſsem
                              									Drucke als Ursache ansieht, stehen die Theorien gegenüber, welche die Mitwirkung von
                              									pflanzlichen und thierischen Resten bei der Bildung betonen.
                           Redwood bespricht alsdann die chemische Zusammensetzung
                              									des Erdöles, macht auf die diesbezüglichen Unterschiede zwischen dem amerikanischen
                              									und russischen Oele aufmerksam, erinnert an die Isolirung eines festen
                              									Kohlenwasserstoffes, Thallen, der im J. 1873 von Morton in den leicht siedenden Theilen des
                              									pennsylvanischen Erdöles aufgefunden sein soll und aus welchem dann Divers und Nakamura einen
                              									Körper von der Zusammensetzung (C4H3)n mit einem
                              									Siedepunkte von 280 bis 285° dargestellt haben wollen. Des Weiteren werden die von
                              										Hell und Medinger
                              									sowie von Markownikoff u.a. aufgefundenen Säuren
                              									bezieh. Phenole besprochen.
                           Ueber die Procentzusammensetzung des Gases der Oelgasquellen geben die von Carnegie auf seinen Werken bei Pittsburg ausgeführten,
                              									in der nachstehenden Tabelle zusammengefaſsten Analysen Aufschluſs (vgl. Engler 1886 260 346):
                           
                              
                                 Bestandtheile
                                 1
                                 2
                                 3
                                 4
                                 5
                                 6
                                 
                              
                                 Sumpfgas
                                 72,18
                                 65,25
                                 60,70
                                 49,58
                                 57,85
                                 75,16
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                 20,12
                                 26,16
                                 29,03
                                 35,92
                                   9,64
                                 14,45
                                 
                              
                                 Aethan
                                   3,6
                                   5,5
                                   7,92
                                 12,30
                                   5,20
                                   4,8
                                 
                              
                                 Oelbildendes Gas
                                   0,7
                                   0,8
                                   0,98
                                   0,6
                                   0,8
                                   0,6
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                   1,1
                                   0,8
                                   0,78
                                   0,8
                                   2,1
                                   1,2
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 23,41
                                   2,89
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                   0,8
                                   0,6
                                 –
                                   0,4
                                 –
                                   0,3
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd
                                   1,0
                                   0,8
                                   0,58
                                   0,4
                                   1,0
                                   0,6
                                 
                              
                           Auf den Beginn der Erdölbohrungen in Amerika ist schon weiter oben hingewiesen; auch
                              									ist die Geschichte dieser Technik durch anderweitige Veröffentlichungen zur Genüge
                              									bekannt. Dagegen ist es von Interesse, aus den Vorträgen Redwood's die in den verschiedenen Ländern gebräuchlichen Bohrmethoden
                              									kennen zu lernen.
                           Von ursprünglichster Art ist die Herstellung der Brunnen in Japan, welche durch
                              									einfache Handarbeit gegraben werden. Hierbei sind
                              									gewöhnlich 2 Arbeiter beschäftigt, von denen der eine gräbt, während der andere eine
                              									am Eingange des Brunnens aufgestellte Pumpe durch Treten in Bewegung setzt und so
                              									dem ersteren frische Luft zuführt. Die ausgegrabene Erde wird in an Tauen hängenden
                              									Behältern durch Aufziehen mit Hilfe einer Winde zu Tage gefördert. Die Brunnen haben
                              									einen Durchmesser von ungefähr 1m und werden oft
                              									bis zu einer Tiefe von 180 bis 275m gegraben.
                              									Wegen der in dieser Tiefe herrschenden Dunkelheit muſs die Arbeit oft schon um 3 Uhr
                              									Mittags abgebrochen werden. Die Beleuchtung des Brunnens wird auf sehr einfache,
                              									dabei aber sehr eigenartige Weise mittels eines ungefähr 1m,5 langen und 1m breiten Spiegels von gelblichem, geöltem Papiere bewerkstelligt, welcher
                              									unter entsprechendem Neigungswinkel aufgestellt ist, so daſs das Licht in den
                              									Schacht fällt. Das Oel wird auf dem Boden des Brunnens in Fässer geschöpft und in
                              									diesen mittels des Taues gehoben.
                           Die Herstellungskosten eines solchen 275m tiefen
                              									Brunnens belaufen sich nach Syman auf nicht mehr als
                              									4000 M., also ungefähr ⅓ der Kosten eines gleich tiefen Bohrloches in England oder
                              									Nordamerika. Die Ersetzung dieser Arbeitsweise durch Einführung des Bohrens mittels
                              									Dampfkraft ist ausgeschlossen wegen der hohen Kosten der nothwendigen Maschinen, des
                              									Mangels an Feuerungsmaterial, sowie der Schwierigkeit der Maschinenverfrachtung in
                              									einem Lande, welches fast keine Fuhrwege besitzt; auch verbietet die geringe
                              									Oelausbeute die Anwendung von irgendwie kostspieligen Einrichtungen. Die letztere
                              									beträgt im Ganzen in den Oelfeldern von Echigo und Shinano zwischen 11000 und 12000
                              									Barrels (zu 154l) im Jahr.
                           In ganz ähnlicher Weise werden die Brunnen in Birma hergestellt. Hierbei entwickeln sich oft so
                              									reichliche Mengen Gase, daſs der Arbeiter mir wenige Minuten im Brunnen verweilen
                              									kann.
                           Auch in der Moldau und in der Wallachei, in Galizien sowie in Italien hat man noch
                              									jetzt theilweise solche gegrabene Brunnen, während
                              									auffallender Weise in China schon seit lange die artesische Brunnenbohrung in
                              									Anwendung ist.
                           Die in Nordamerika gebräuchliche Bohrmethode ist in dem Berichte über die
                              									Weltausstellung in Philadelphia 1876 von Höfer
                              									ausführlich beschrieben und daher den deutschen Fachkreisen zur Genüge bekannt.
                              									Ebenso wurde über die von der amerikanischen abweichende Herstellungsweise der
                              									Bohrlöcher in Ruſsland erst kürzlich von Engler (vgl.
                              									1886 260 349) berichtet.
                           Bei jeder Bohrung sind in Amerika 3 verschiedene Abtheilungen zu durchteufen: 1) Die
                              									zu oberst liegenden Thon- und Sandschichten, 2) die Wasser führenden Felsschichten,
                              									3) die mehr oder weniger von Wasser freien Felsschichten mit dem Oelvorkommen. Das
                              									Durchsetzen der ersten Schicht geschieht nicht durch Bohrarbeit, wenn die Dicke nur
                              									3 bis 4m,6 beträgt; man gräbt alsdann einen
                              									gewöhnlichen, 2,4 bis 3m breiten Schacht bis auf
                              									den Fels. Ist die Mächtigkeit der Thon- und Sandschichten zu groſs, so rammt man, um
                              									das Einstürzen zu verhüten, eiserne Röhren bis auf die Felsschichten und dann
                              									beginnt man mit dem eigentlichen Bohren. Ist man bis zur letzten Wasser führenden
                              									Schicht gelangt, so werden Röhren eingelassen, deren unteres Ende mit einer Dichtung
                              									versehen ist, welche einen Abschluſs des zwischen der Felswand und den Röhren
                              									befindlichen Raumes gestattet, wodurch man sowohl den Wasserzufluſs zu dem
                              									Bohrloche, als auch ein Ausströmen der in der Oelschicht vorhandenen Gase
                              									verhindert. Die Tiefe der Bohrlöcher ist von 133m im J. 1861 auf 490m im J. 1878 gestiegen und nimmt auch seither noch immer zu. Die kürzlich
                              									erbohrte Gordonquelle besitzt beispielsweise eine Tiefe von 732m.
                           Bei vielen Erdölquellen in Amerika wendet man nach Fertigstellung des Bohrloches noch
                              									Sprengungen mittels Nitroglyzerin an, um ein reichlicheres Flieſsen des Oeles zu
                              									erzielen. Die Nitroglycerinladung befindet sich in einer Büchse, welche auf den
                              									Grund des Brunnens gesenkt wird. Die aus Zinnplatten hergestellten Büchsen sind von
                              									zweierlei Gröſse und die Sprengung wird nach 2 Verfahren vorgenommen. Bei dem einen
                              									wird die Büchse mittels eines Taues niedergelassen und darauf das letztere wieder
                              									herausgezogen. Die Büchse trägt an ihrem oberen Ende eine Zündscheibe, welche aus
                              									einer kreisrunden Eisenplatte besteht und nur wenig kleiner ist als der Durchmesser
                              									des Bohrloches. Von der unteren Fläche der Scheibe führt ein Stiel senkrecht
                              									abwärts, der an seinem Ende mit einem Zündhütchen versehen ist und auf einem Ambosse
                              									ruht. Die Entladung wird durch das Hinunterwerfen eines eisernen Gewichtes bewirkt,
                              									welches durch sein Aufschlagen das Zündhütchen und damit die Sprengladung zur
                              									Explosion bringt. Die hierbei verwendeten Büchsen haben gewöhnlich einen Durchmesser
                              									von 90mm und eine Länge von 3m und enthalten etwa 22l Nitroglycerin. Häufig wird jedoch zur Sprengung
                              									eine Ladung von 90l verwendet, indem mehrere
                              									Büchsen, welche mit einander verbunden sind und von denen nur die obere die
                              									Zündvorrichtung trägt, versenkt werden. Bei dem zweiten Verfahren läſst man die
                              									Büchsen ebenfalls mittels eines Seiles in die Tiefe, das letztere wird jedoch nicht
                              									wieder entfernt, sondern dient als Führung für ein durchbohrtes Gewicht. Die Büchsen
                              									sind hierbei bedeutend kleiner; sie enthalten nur ungefähr 1l des Sprengstoffes und werden jetzt in der Regel
                              									als Schlagladung benutzt, um die groſsen Büchsen zur Explosion zu bringen. Die
                              									Sprengung wird gewöhnlich 15m unter Wasser
                              									vorgenommen. Man hört kein oder nur geringes Geräusch, dagegen wird häufig eine
                              									Erschütterung des Bodens wahrgenommen. Kurz nach der Explosion wird die im Bohrloche
                              									befindliche Flüssigkeit mit groſser Gewalt herausgeschleudert und wenige Minuten
                              									später beginnt die Quelle zu flieſsen; doch ist gewöhnlich hinreichend Zeit, um die
                              									Mündung des Bohrloches mit dem Sammelbehälter zu verbinden. Von manchen Seiten wird
                              									diesen Sprengungen wenig Werth beigemessen und die Ansicht aufgestellt, daſs die
                              									Wirkung einfach in einer Reinigung der Poren des Gesteines von Verstopfungen bestehe und daſs der
                              									reichlichere Ausfluſs von Oel nur scheinbar sei und seine Erklärung in dem durch die
                              									Explosion erzeugten groſsen Gasdrucke finde. Dem steht jedoch die Erfahrung
                              									entgegen, daſs viele Bohrlöcher, welche nach ihrer völligen Fertigstellung kein Oel lieferten, nach der Vornahme von Sprengungen
                              									zu einem reichlichen Flieſsen gebracht wurden.
                           Die durchschnittlichen Erträgnisse der Quellen weichen
                              									sehr von einander ab. Von den 20000 oder mehr in Amerika in Thätigkeit befindlichen
                              									Bohrlöchern geben die meisten nur wenige Faſs Oel im Tag, während allerdings manche
                              									eine kurze Zeit bis 11800001 in 24 Stunden geliefert haben. Diese Leistung wird
                              									jedoch von manchen kaukasischen Quellen bedeutend übertroffen, so daſs man genöthigt
                              									ist (vgl. Engler 1886 260 351. 262 379), die Quellen
                              									mittels einer Kappe zu verschlieſsen und das Oel nur nach Bedarf flieſsen zu lassen.
                              									Diese Methode ist in Amerika wegen der geologischen Verhältnisse nicht anwendbar,
                              									weil das Oel, an einem Bohrloche am Ausflieſsen gehindert, sich seitwärts durch die
                              									Sandschichten fortbewegt und in Folge dessen an fremden Quellen wieder zum
                              									Vorscheine kommt. Der Druck des Oeles in den durch eine Kappe verschlossenen
                              									Bohrlöchern beträgt häufig 14, in manchen Fällen sogar bis zu 22at. Von den in Baku bei der Anwesenheit Medwood's (1884) vorhandenen 400 Quellen waren nur
                              									ungefähr 100 in Thätigkeit und von diesen letzteren nicht mehr als 20 flieſsend. Die
                              									Ausbeutung der nicht flieſsenden Bohrlöcher kann wegen der groſsen Menge des
                              									vorhandenen Sandes (oft 30 bis 40 Proc.) in Ruſsland nicht durch gewöhnliches Pumpen
                              									geschehen, sondern das Oel wird in Cylindern gehoben, welche den zur Entfernung des
                              									Bohrpulvers gebrauchten ähnlich construirt sind und gewöhnlich 2001 halten.
                           In Amerika ist es üblich, nach Erschöpfung der Bohrlöcher die Verrohrung
                              									herauszunehmen, um sie bei neuen Bohrungen zu benutzen. In Folge dessen erlangt das
                              									Tagewasser Zutritt zu den Oel führenden Schichten und übt einen nachtheiligen
                              									Einfluſs auf den Ertrag der benachbarten Bohrlöcher aus. Es ist deshalb durch die
                              									pennsylvanische Gesetzgebung bestimmt worden, daſs solche verlassene Bohrlöcher mit
                              									Sand aufgefüllt werden müssen. Auf ähnliche Ursachen ist vielleicht die in letzter
                              									Zeit nach Vasilieff im Kaukasus beobachtete Erscheinung
                              									zurückzuführen, daſs der Wassergehalt des geförderten Oeles stetig zunimmt.
                           Die Beförderung des Erdöles in Amerika geschah in der
                              									ersten Zeit in Fässern (sogen. Barrels), welche auf Wasserwegen, und seit 1862, wo
                              									von der Atlantic Great Western Railway eine Seitenbahn
                              									in die Oelbezirke gebaut wurde, auf der Eisenbahn befördert wurden. Diese Fässer
                              									hatten unter anderen den groſsen Nachtheil, daſs der Kitt, mit welchem sie immer
                              									gedichtet waren, durch das Wasser, welches das Rohöl enthielt, aufgelöst wurde, so
                              									daſs die Fässer bald leck wurden. Im J. 1865 oder 1866 hat man die ersten
                              									Cysternwagen angewendet, welche zunächst aus gewöhnlichen Wagen bestanden, auf denen
                              									sich zwei runde, hölzerne Wannen befanden mit einem Inhalte von 9000 bis 18000l Im J. 1871 wurde der jetzt unseren
                              									Eisenbahnwagen für Theer, Gaswasser u.s.w. ähnliche sogen. Tankwagen eingeführt;
                              									ebenso dienen jetzt Cystern- oder Tankschiffe von 2200 Barrels Inhalt zur
                              									Verfrachtung des Rohöles auf dem Wasserwege (vgl. * S. 317).
                           Der erste Versuch zur Legung einer Röhrenleitung zur
                              									Beförderung des Hohöles wurde im J. 1862 gemacht, begegnete jedoch einem solchen
                              									Widerstande seitens der bisher mit der Verfrachtung beschäftigten Fuhrleute, daſs
                              									man denselben fallen lieſs. Die erste mit Erfolg arbeitende Leitung wurde 1865 von
                              										van Syckle aus Titusville gelegt, nachdem schon
                              									vorher Hutchinson eine Leitung eingerichtet hatte,
                              									welche jedoch so undicht war, daſs an dem einen Ende eingeführtes Oel nur in
                              									geringer Menge das andere Ende erreichte. In der ersten Zeit muſsten diese Leitungen
                              									durch bewaffnete Streifwachen gegen die erbitterten Fuhrleute geschützt werden,
                              									welche wiederholte Zerstörungsversuche machten. Gegenwärtig sind fast alle
                              									Röhrenleitungen mit einer Länge von ungefähr 2130km im Besitze der National Transit Company.
                              									Die Röhren werden auf einen Druck von 110 k/qc geprüft, während der gewöhnliche Arbeitsdruck 66
                              									bis 88, zuweilen allerdings selbst 110 k/qc beträgt. In entsprechenden Entfernungen befinden
                              									sich Stationen, welche mit Pumpen nach dem Worthington-System (vgl. 1886 259 480), welches einen gleich bleibenden
                              									Druck auszuüben gestattet, versehen sind. Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung
                              									des Rohöles von den einzelnen Bohrlöchern zu bestimmten Taxen und stellt dem
                              									Eigenthümer über den Empfang des Oeles eine Bescheinigung aus, welche wieder nach
                              									Belieben übertragen werden kann. Es ist einleuchtend, daſs bei dieser
                              									Beförderungsweise ein Eigenthümer nie sein ursprüngliches Oel wiedererhält, sondern
                              									das Durchschnittsöl, wie es aus den gesammten, an die Leitung angeschlossenen
                              									Bohrlöchern hervorgeht. Die schwereren Oele aus den Franklin- und anderen Gegenden,
                              									sowie manche leichteren Rohöle werden deshalb für sich in Fässern befördert.
                           Von Interesse ist das Verfahren, welches beim Reinigen der Röhrenleitungen befolgt
                              									wird. Der Reiniger, „go devil“ genannt, besteht in vielen Fällen aus einer Bürste aus
                              									Stahldraht von kegelförmiger Gestalt, welche an dem Boden des Kegels mit einem
                              									4theiligen Lederventile und langen Stahldrahtführungen versehen ist. Diese
                              									Vorrichtung wird durch den Oelstrom vorwärts getrieben und legt ungefähr 5km in der Stunde zurück. Da es zuweilen vorkommt,
                              									daſs der Reiniger bei gröſseren Verstopfungen liegen bleibt, so laſst man diesen von
                              									einer Station zur anderen von Arbeitern begleiten, welche an dem kratzenden
                              									Geräusch, das der Reiniger durch sein Vordringen verursacht, jederzeit den Punkt
                              									bestimmen können, an dem er sich befindet.
                           Die Beförderung des russischen Erdöles erfolgt jetzt in ähnlicher Art (vgl. Engler 1886 260 352).
                           Die Gewinnung des Ozokerits in Galizien geschieht durch Bergbau. Es werden 40 bis
                              										80m tiefe Schachte gegraben, bis man auf die
                              									Ozokerit führenden Schichten stöſst, worauf mit dem Baue von Stollen begonnen wird.
                              									Der Schacht führt gewöhnlich ungefähr 7,5 bis 9m
                              									durch Kies oder Geschiebe und darauf durch blauen Lehm und plastischen Thon. In
                              									letzterem befindet sich der Ozokerit in Nestern von 0,3 bis 1m Mächtigkeit.
                           
                              
                                 (Schluſs folgt.)