| Titel: | Ueber Neuerungen an auslösenden Dampfmaschinen-Steuerungen mit schwingenden Cylinderschiebern. | 
| Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 489 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        Ueber Neuerungen an auslösenden
                           								Dampfmaschinen-Steuerungen mit schwingenden Cylinderschiebern.
                        (Patentklasse 14. Schluſs des Berichtes S. 147 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 31.
                        Neuere Steuerungen mit schwingenden Cylinderhähnen.
                        
                     
                        
                           Auf der Weltausstellung in Antwerpen befanden sich unter den 17 gröſseren
                              									Dampfmotoren vier liegende Maschinen mit Steuerung durch schwingende
                              									Cylinderschieber. Die an Leistung bedeutendste war nach dem Compoundsysteme von P. van den Kerchove in Gent gebaut und besaſs zwei
                              									Cylinder von 381mm und 762mm Durchmesser bei 1524mm Hub; dieselbe machte in der Minute 66
                              									Umdrehungen und leistete bei 9at Dampfspannung 400
                              									Pferd. Beide Cylinder besaſsen schwingende Cylinderschieber zur Dampfvertheilung.
                              									Diese Maschine lieferte durch einen 800mm breiten,
                              									auf dem Schwungrade liegenden Riemen die Betriebskraft für die Dynamomaschinen zur
                              									elektrischen Beleuchtung der Ausstellungshalle. Die Société
                                 										anonyme des anciens Établissements Cail in Paris hatte eine Dampfmaschine
                              									von 150 Pferd und 500mm Cylinderdurchmesser
                              									ausgestellt mit einer Steuerung, welche gegen die frühere Anordnung (vgl. 1879 233 * 6) nur in unwesentlichen Punkten abweicht; diese
                              									Maschine betrieb einen Theil der französischen Abtheilung. Zum Betriebe der
                              									deutschen und englischen Abtheilung diente eine von H.
                                 										Bollinckx in Brüssel erbaute Maschine von gleicher Leistung; dieselbe
                              									besaſs 600mm Cylinderdurchmesser, 1200mm Hub und machte in der Minute 55 Umdrehungen.
                              										E. Boyer in Lille führte eine Compoundmaschine mit
                              									Condensation von derselben Leistung (150 Pferd) vor; die Cylinderdurchmesser waren
                              										356mm und 560mm, der Hub 857mm und machte die
                              									Maschine, welche einen Theil der französischen Ausstellung mittels Hanfseile
                              									betrieb, in der Minute 60 Umdrehungen.
                           An der Dampfmaschine von H. Bollinckx ist zunächst die
                              									Construction des Cylinders bemerkenswerth. Derselbe besteht, abgesehen von den
                              									Deckeln, aus zwei Theilen und zwar in der Art, daſs den einen Theil der
                              									Innencylinder mit den vorderen Hahngehäusen, den anderen der Dampfmantel mit den
                              									hinteren Hahngehäusen bildet. Die Verbindung ist, wie aus Fig. 1 Taf. 31 zu
                              									entnehmen, an der Vorderseite durch eine Flanschenverschraubung hergestellt; an der
                              									Hinterseite aber ist der Innencylinder bloſs mit seinem cylindrisch abgedrehten Ende
                              									in die genau schlieſsende Bohrung des Mantels eingesteckt. Durch diese Verbindung
                              									soll den etwa vorkommenden verschiedenen Ausdehnungen des Cylinders und seines
                              									Mantels Rechnung getragen und jede hieraus hervorgehende schädliche Spannung
                              									vermieden werden. In wie weit jedoch diese Verbindung sowie die ohne Kitt
                              									hergestellte Flanschenverschraubung den Ansprüchen auf Dampfdichtheit genügt, wird
                              									freilich abzuwarten sein. Jedenfalls ist eine ganz ausnehmend sorgfältige Arbeit dabei erste Bedingung.
                              									Die Auſsenseite des Dampfcylinders ist mit umlaufenden Riffelungen von dreieckigem
                              									Querschnitt versehen, so daſs die Oberfläche dadurch etwa zweimal so groſs wird als
                              									bei glatter Cylinderfläche; hierdurch soll eine erhöhte Wärmeaufnahme aus dem
                              									Dampfmantel zur Vermeidung aller etwa möglicher Condensation im Cylinder erzielt
                              									werden. Um den Dampf schon vor seinem Eintritte in den Cylinder möglichst zu
                              									entwässern, stöſst derselbe bei der Einströmung durch das Dampfrohr rechtwinkelig
                              									gegen den Cylinder, an welchem er scharf nach rechts oder links abgelenkt wird, um
                              									nach den Einlaſshähnen zu gelangen; dabei wird das mitgerissene Wasser in seiner
                              									Hauptsache nach unten in den Mantelraum geschleudert, von wo es durch ein Rohr a nebst dem im Mantel entstandenen Dampfwasser
                              									abflieſst. Als Stützen für den Cylinder dienen die Ausblasestutzen, welche sich zu
                              									einem wagerechten, nach dem Condensator führenden Rohre vereinigen und, wie Fig. 2 Taf. 31
                              									ersehen läſst, mit breiten Fuſsplatten mit dem Grundmauerwerke verschraubt sind.
                           Der Dampfkolben ist von ungewöhnlicher Länge; derselbe ist hohl gegossen und durch
                              									Rippen verstärkt. Nur ein einziger, durch Federn angedrückter Dichtungsring aus
                              									Phosphorbronze ist angebracht. Die groſse Länge des Kolbens bezweckt jedenfalls, das
                              									Gewicht desselben vornehmlich auf dem Cylinder und nicht in den Stopfbüchsen
                              									aufruhen zu lassen, damit letztere nicht so bald den für Condensationsmaschinen,
                              									wegen der Lufteinsaugung, so unangenehmen Fehler der Undichtheit erhalten.
                           Die Construction der Einlaſsschieber zeigt nichts besonders Bemerkenswerthes; in die
                              									Nuth der im Inneren des Gehäuses rechteckig gestalteten Spindel greift die
                              									eigentliche Schieberplatte von ⊥-förmigem Querschnitte mit ihrem Stege ein. Fünf
                              									kräftige Spiralfedern, welche in Bohrungen der Spindel liegen, bewirken ein sicheres
                              									Anschlieſsen des Schiebers an das Gehäuse. Die Form der Auslaſshähne – ein etwas
                              									mehr als den Halbkreis umfassender Kreisausschnitt – ist mit Rücksicht darauf
                              									gewählt, möglichst dichten Anschluſs derselben an den Kolben bei dessen
                              									Endstellungen zur Vermeidung schädlichen Raumes zu erhalten; zu diesem Zwecke ist
                              									der Kolben nach unten beiderseits abgeschrägt. An beiden Enden der Auslaſsschieber
                              									sind radial nach oben drückende Federn eingesetzt, welche ein stetes Anpressen der
                              									Schieber an ihren Sitz bewirken.
                           Die äuſsere Steuerung dieser Maschine ist von bemerkenswerther Einfachheit. Von dem
                              									auf der Schwungradwelle sitzenden Excenter werden die beiden Auslaſsschieber durch
                              									die Stange K unmittelbar bewegt; die Hebel A auf deren Spindeln aber sind nach oben verlängert
                              									(der Winkel ist ein stumpfer, was durch die Krümmung verborgen erscheint) und
                              									mittels einer Stange C an die Hebel B angeschlossen, welche lose auf den Spindeln der
                              									Einlaſsschieber, oder vielmehr auf cylindrischen Ansätzen der Gehäusedeckel
                              									derselben drehbar sind. Auch diese Hebel sind nach der anderen Seite verlängert und
                              									tragen hier die Zugklinken D, welche, durch eine Feder
                              									zum Einfallen in die auf den Schieberspindeln festsitzenden Hebel E veranlaſst, diese und damit den Einlaſsschieber
                              									drehen und so den Dampfzutritt in den Cylinder bewirken. Bei dieser Drehung der
                              									Schieber gelangt aber der in excentrischer Form gebogene Schweif der Klinke unter
                              									einen Riegel F, welcher in dem Zapfen eines nach oben
                              									stehenden Armes des Schiebergehäuses verschiebbar angebracht ist; je nach seiner
                              									Stellung wird dieser Riegel die Klinke D früher oder
                              									später auslösen, so daſs nun der vorher angehobene Kolben in dem Cylinder J unter dem Einflüsse des äuſseren Luftdruckes
                              									niederschnellen und den Einlaſsschieber schlieſsen kann. Um den Riegel F zu verstellen, ist neben demselben noch ein drehbarer
                              									Arm G angebracht, welcher mit einem excentrischen
                              									Anschlage gegen das obere Ende des Riegels F drückt.
                              									Dieser Arm G wird vom Regulator mittels der Stange H entsprechend verstellt. Da der Riegel F, sobald die Klinke D
                              									gegen denselben trifft, in seiner Führung beträchtliche Reibung erfährt, nicht
                              									minder auch an der Berührungsstelle desselben mit dem Anschlage des Hebels G Reibung auftritt, so hat der Druck der Klinke D wenig oder gar keine Rückwirkung auf den Regulator
                              									zur Folge.
                           Was die Wirkung der Steuerung anbelangt, so ergibt sich nach den in der Revue industrielle, 1886 * S. 63 bezieh. Engineer, 1885 Bd. 60 * S. 468 mitgetheilten
                              									graphischen Untersuchungen, daſs sowohl die Einlaſs-, wie die Auslaſskanäle bereits
                              									nach 7 Procent des Kolbenhubes völlig geöffnet sind; die Auslaſskanäle schlieſsen
                              									sich erst, wenn der Kolben noch 30mm Weg zurück zu
                              									legen hat, so daſs also eine merkbare Compression nicht stattfindet. Die schädlichen
                              									Räume sind dank der hierauf verwendeten besonderen Sorgfalt auf 2 Procent des
                              									Cylinderinhaltes bezieh. des vom Kolben beschriebenen Raumes herabgezogen
                              									worden.
                           Die Ausführung der Maschine zeigte noch mehrere bedeutsame Eigenthümlichkeiten. So
                              									waren sämmtliche bewegte Theile der Steuermechanismen, um die möglichste Sicherheit
                              									gegen Abnutzung zu erhalten, aus Stahl hergestellt, gehärtet und schlieſslich auf
                              									genaue Form geschliffen; ebenso waren sämmtliche Hebel, Zapfen, die Kurbel und sogar
                              									das Schwungrad auf ihren Wellen bezieh. in den Augen nur mittels Aufpressen, unter
                              									Vermeidung aller Keile, befestigt; dieses Verfahren soll befriedigen (vgl. auch Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1886 * S.
                              									63).
                           Auch die Maschine von P. van den Kerchove in Gent, über
                              									welche im Génie civil, 1886 Bd. 9 * S. 241 berichtet
                              									wird, zeigt eine eigentümliche Construction des mit Dampfmantel versehenen
                              									Cylinders, welche, obschon von der Bollinckx'schen
                              									Anordnung ganz verschieden, doch den gleichen Zweck verfolgt, nämlich eine
                              									verschiedene Ausdehnung von Cylinder und Dampfmantel ohne Gefahr von Brüchen zu
                              									gestatten. Zu diesem Zwecke verbindet P. van den
                                 										Kerchove den als besonderes Stück gegossenen Mantel, wie in Fig. 3 Taf. 31 rechts
                              									unten verdeutlicht ist, mit dem Cylinder. Der letztere wird an beiden Enden mit
                              									Z-förmigen Flanschenringen versehen (wie dies übrigens schon bei Schneider-Creuzot's Maschine ausgeführt ist, vgl. 1884
                              										253 * 182), von welchen der eine, z.B. der linke, ein
                              									klein wenig mehr Durchmesser hat als der rechte. Auf den äuſseren Umfangflächen
                              									beider Flanschenringe wird Gewinde von gleicher Steigung geschnitten und der an
                              									beiden Enden mit entsprechendem Muttergewinde versehene Mantel darüber geschraubt.
                              									Der etwas verschiedene Durchmesser der Gewinde erleichtert diese Arbeit. Nachdem
                              									diese ausgeführt, zieht man über die Enden des Mantels noch zwei Schwindringe von
                              									Schmiedeisen auf wodurch die Verbindung völlig fest und dicht wird. Die
                              									Nachgiebigkeit der Z-förmigen Flanschen genügt, um innerhalb der hier gezogenen
                              									Grenzen eine verschiedene Ausdehnung von Cylinder und Mantel zu gestatten. Im
                              									Uebrigen gleicht die äuſsere Anordnung des Cylinders ganz der vorher beschriebenen.
                              									Als Füſse desselben dienen wieder die Auslaſsrohre für den Abdampf, welche von den
                              									auf der Unterseite der Cylinder liegenden Auslaſsschiebern ausgehen; die Gehäuse für
                              									letztere, wie für die Einlaſsschieber, sind in den Cylinderdeckeln angebracht.
                           Die äuſsere Steuerung erfolgt von dem Excenter aus mit Hilfe des von Corliſs schon bei seinen ersten Constructionen
                              									angewendeten fünfarmigen Hebels, welcher aber hier aus der Gestalt einer Scheibe in
                              									einen eigentümlich geformten schwingenden Rahmen umgewandelt ist. Am unteren Zapfen
                              										A desselben greift in üblicher Weise die
                              									Excenterstange B an; die Auslaſsschieber sind mit ihren
                              									Armen an dem Rahmen durch Gelenkstücke verbunden, während die Einlaſsschieber in
                              									folgender Weise bewegt werden: Auf den Schieberspindeln sitzt ein lose aufgesteckter
                              									Winkelhebel am, welcher bei m den durch einen Zapfen mit ihm verbundenen kurzen Arm l trägt, an dem eine vorspringende harte Stahl platte
                              									angebracht ist. Diese Stahlplatte greift unter das ebenfalls mit einer harten
                              									Stahlplatte versehene Ende des Hebels s, welcher auf
                              									der Schieberspindel festsitzt, und hebt denselben und damit auch den mit Hebel s verbundenen Luftbufferkolben an. Das obere Ende des
                              									Armes l ist durch eine Zugstange mit dem um w drehbaren Hebel p
                              									verbunden, welcher vom Regulator mehr nach links oder nach rechts gedreht werden
                              									kann. Bei der Hebung des Gelenkpunktes m wird natürlich
                              									die Mitnahme von s durch l
                              									desto früher aufgehoben, je mehr der Hebel p nach links
                              									(am anderen Cylinderende natürlich nach rechts) geneigt ist. Da die Stahlplatte des
                              									Armes l beweglich angeordnet und nur durch eine Feder
                              										f in ihrer Arbeitsstellung gehalten ist, so kann
                              									dieselbe beim Niedergange des Gelenkzapfens m vom Hebel
                              										am von Neuem unter den Arm s fassen. Durch die Stellung, welche die Hebelarme und Verbindungsstangen gegen die
                              									Bewegungsrichtung der Zapfen am Gelenkrahmen einnehmen, wird bewirkt, daſs sich die
                              									Schieber sehr rasch öffnen und der volle Dampfeinlaſs beispielsweise schon nach 7
                              									Procent Kolben weg erreicht ist. Merkwürdigerweise wird trotz der sehr hohen
                              									Kolbengeschwindigkeit von 3m,5 jede Voreinströmung
                              									des Dampfes grundsätzlich vermieden und auch gleicherweise von Compression gänzlich
                              									abgesehen. In einem von P. van den Kerchove
                              									herausgegebenen Schriftchen wird, wie Prof. Brauer in
                              									der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1886
                              									* S. 65 mittheilt, hierfür der Grund angegeben, „die Voreröffnung sei unnöthig,
                                 										da der Einlaſs bereits auf den angegebenen kurzen Theil des Hubes ganz geöffnet
                                 										sei, die Compression aber gefährlich, da Cylinderbrüche in Folge
                                 										eingeschlossenen Wassers dadurch hervorgebracht werden könnten. Zudem hätten
                                 										beide Anordnungen den Erfolg, den Gang der Maschine ruhig zu erhalten, auch wenn
                                 										wesentliche Spielräume in den Gestängelagern vorhanden seien, wodurch der
                                 										Maschinenwärter gewöhnt werde, diese wichtigen Theile zu vernachlässigen.“
                              									Trotzdem diese Maschine bei 3m,5
                              									Kolbengeschwindigkeit ganz ruhig ging, dürften doch die vorhin erwähnten
                              									Gesichtspunkte über Voreinströmung und Compression kaum den allgemeinen Beifall der
                              									Techniker finden.
                           Der Regulator beeinfluſst die Steuerungen beider Cylinder in ganz gleicher Weise, so
                              									daſs also in denselben stets gleiche Füllungsgrade stattfinden. Zwischen den beiden
                              									Cylindern liegt der Zwischenbehälter (Receiver): mit diesem steht ein besonderer
                              									Ueberhitzer in Verbindung, wodurch es möglich gemacht wird, daſs der Dampf mit
                              									höherer Temperatur in den groſsen Cylinder gelangt, als er aus dem kleinen
                              									entweicht. Das Condensationswasser wird durch eine besondere kleine Pumpe aus dem
                              									Zwischenbehälter abgezogen und in einen Ueberhitzer gedrückt; letzterer liegt im
                              									Fuchs der Dampfkesselanlage und das Wasser wird in demselben wieder in Dampf
                              									übergeführt, dessen Temperatur höher ist als diejenige in den Dampfkesseln selbst.
                              									Dieser überhitzte Dampf wird in den Zwischenbehälter zurückgeleitet, wo sich
                              									derselbe mit dem aus dem kleinen Cylinder abströmenden Dampfe mischt und dann zur
                              									Arbeit dem groſsen Cylinder zugeführt wird. Der Condensator steht senkrecht unter
                              									der Pleuelstange des groſsen Cylinders und wird von der Kurbel der Schwungradwelle
                              									angetrieben. Durch diese Art der Aufstellung wird eine Raumersparniſs erzielt,
                              									welche wegen der ohnehin schon groſsen Längenausdehnung der Maschine sehr
                              									wünschenswerth erscheint. Die Hebelübersetzung, welche die Kurbelbewegung auf die
                              									Kolbenstange des Condensators überträgt, ist so gewählt, daſs die Geschwindigkeit
                              									der letzteren nicht hoch ist und die Luftpumpe ohne Geräusch arbeitet.
                           Auffallend erscheint das ungemein groſse Verhältniſs vom Kolbenhub zum
                              									Cylinderdurchmesser (1524 : 380, d. i. mehr als 4), welches bei dem kleinen Cylinder in
                              									Anwendung gekommen ist; dasselbe ist offenbar der hohen Kolbengeschwindigkeit zu
                              									Liebe gewählt; man darf aber billig bezweifeln, ob damit an und für sich irgend ein
                              									erheblicher Vortheil erreicht wird. Hohe Kolbengeschwindigkeit ist doch nur in so
                              									fern von Vortheil, als dadurch die Abmessungen der Maschine verringert werden; man
                              									hebt aber diesen Vortheil wieder auf, wenn man der Verringerung der Durchmesser eine
                              									Vergröſserung der Längen gegenüberstellt. Ganz richtig bemerkt Prof. Brauer a. a. O., daſs jedenfalls dem Besitzer der
                              									Maschine nicht damit gedient sein wird, wenn durch übergroſse Cylinderlänge die
                              									ganze Maschine um das 4½ fache dieser Zugabe verlängert wird, nämlich 1fach beim
                              									Cylinder, 2 ½ fach bei der Pleuelstange, 1fach bei der Kurbel. Ergibt sich
                              									solchergestalt bei der Anschaffung kein Vortheil, so ist auch beim Betriebe kein
                              									solcher zu sehen. Der Dampfverlust, an welchem allein gespart werden kann, ist zwar
                              									vom Verhältnisse zwischen Inhalt und Oberfläche nicht unabhängig; einen weit
                              									gröſseren Einfluſs hat aber die Dauer einer Arbeitsperiode: denn je kürzer die Zeit
                              									ist, während welcher eine Dampfmenge mit den Wänden eines Gefäſses in Berührung ist,
                              									um so geringer wird der Bruchtheil der Dampffüllung sein, welcher sich dabei
                              									condensirt. In dieser Beziehung ist also ein langer Hub nur nachtheilig. Handelt es
                              									sich aber um die Betreibung rasch laufender Maschinen, wie z.B. bei elektrischen
                              									Beleuchtungsanlagen, so ist die Verminderung der Umlaufzahl durch Einführung eines
                              									ungewöhnlich langen Hubes erst recht unvortheilhaft. Dieses Beispiel wird also kaum
                              									als ein nachahmenswertes zu betrachten sein, wenn schon die Maschine in Antwerpen
                              									dank ihrer im Uebrigen trefflichen Anordnung, vorzüglichen Ausführung und der hohen
                              									Anfangsspannung des Dampfes recht gute Betriebsergebnisse aufzuweisen hatte.
                           Textabbildung Bd. 262, S. 494Die beigegebenen Diagramme sind von dem Niederdruck- bezieh.
                              									Hochdruckcylinder genommen und ergeben als mittlere Ordinate 1k,14 bezieh. 4k,02; auf der anderen Kolbenseite aber betragen diese Werthe 1k,125 und 4k,00.
                              									Bei einem Cylinderquerschnitte von 1140qc,02
                              									erhält man die Gesammtarbeitsdrücke für den kleinen Cylinder 4583k und 4560k oder
                              									im Mittel 4571k und für den groſsen Cylinder bei
                              									einer Kolbenfläche von 4560qc,37 diese Drücke zu
                              										5199k und 5130k oder im Mittel zu 5165k. Bei 66
                              									minutlichen Umdrehungen ergibt sich die Kolbengeschwindigkeit zu 3m,353 und hieraus die mittlere Leistung der
                              									Maschine:
                           N=\frac{3,353\,(4571+5165)}{75}=205,7+230,9=436,6 Pferd.
                           Im Anschlusse an diese Mittheilungen gibt das Génie civil, 1886 Bd. 9 S. 262 noch eine Uebersicht der
                              									Betriebsergebnisse, welche mit einer ganz ähnlichen Compoundmaschine während
                              									7tägiger Versuche (15. bis 22. Oktober 1884) auf der Nourse-Mill in den Vereinigten Staaten von Nordamerika erhalten worden
                              									sind; diese beziffern sich, wie folgt:
                           
                           
                              
                                 Verbranntes Holz zum Anzünden der
                                    											Feuer
                                     1319,40k
                                 
                              
                                 Steinkohlenmenge, welche dem calorischen
                                    											Werthe des    Holzes entspricht (40%)
                                     527,76
                                 
                              
                                 Kohlenmenge zum Anheizen
                                   9445,41
                                 
                              
                                 Kohlenverbrauch während des Ganges
                                 19653,48
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 Gesammtmenge der verbrannten Kohlen
                                  29626,65k
                                 
                              
                                 Abzug für Kohle, welche nur theilweise
                                    											verbrannt aus    den Oefen gezogen wurde, 206k,8, zu 80% gerechnet
                                   165,44
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 Wirklich verbrannte Kohlen innerhalb 7
                                    											Tagen
                                 29461,10k
                                 
                              
                                 Arbeitszeit der Maschine
                                 79 Std. 52 Min.
                                 
                              
                                 Mittlere Umdrehungszahl in der
                                    											Minute
                                 57,10
                                 
                              
                                 Kohlenverbrauch in der Stunde
                                 368k,88
                                 
                              
                                 Mittlere Leistung der Maschine (aus 636
                                    											Diagrammen    berechnet)
                                 499e,13
                                 
                              
                                 Kohlenverbrauch für Stunde und
                                    											Indicatorpferd (im    regelmäſsigen Betriebe)
                                 0k,739
                                 
                              
                                 Dampfverbrauch für das Indicatorpferd in
                                    											der Stunde,    mit Kesseln, welche auf das Pferd 81 Wasser in
                                    											der    Stunde verdampfen
                                 5k,912
                                 
                              
                           Bei diesen Versuchen hatte die Umdrehungszahl der Maschine
                              									zwischen den Grenzwerthen 56,84 und 57,56, der Kohlenverbrauch für Indicatorpferd
                              									und Stunde zwischen 0k,706 und 0k,760 geschwankt.
                           Bei der Maschine von E. Boyer, welche in ihrer Anordnung
                              									ganz der oben beschriebenen Bollinckx'schen Maschine
                              									gleicht, ist hauptsächlich die Zusammensetzung des Cylinders bemerkenswerth.
                              									Derselbe besteht aus drei Theilen, den beiden Kopfstücken mit den Gehäusen für die
                              									Steuerschieber und dem eigentlichen Cylinder, welche, wie in Fig. 5 Taf. 31
                              									veranschaulicht ist, stumpf zusammenstoſsen. Das besondere Arbeitsfutter für den
                              									Kolben wird an den Rändern von den Kopfstücken gefaſst, welche hierzu etwas
                              									ausgedreht sind. Auf dieses Arbeitsfutter ist zur Bildung eines Dampfmantels ein
                              									zweiter Cylinder aufgeschoben, welcher oben den Dampfzutrittskanal erhält, und auf
                              									diesen nochmals ein äuſserer Cylinder aufgezogen. Der Dampfmantel wird durch in
                              									besondere Ausdrehungen am Arbeitsfutter und dem umhüllenden Cylinder eingestoſsenen
                              									Asbest gedichtet. Das bei der Beschreibung der Bollinckx'schen Maschine über die Cylinderanordnung Gesagte trifft auch
                              									hier zu.
                           Für die Vernon Spinning Company in Stockport hat J. B. Hamond daselbst eine groſse Betriebsdampfmaschine
                              									geliefert, deren Dampfvertheilung nach dem Textile
                                 										Manufacturer, 1886 * S. 243 ebenfalls mittels schwingender Cylinderschieber
                              									erfolgt. Diese sind alle vier, wie aus Fig. 4 Taf. 31 zu
                              									entnehmen ist, am unteren Theile des Cylinders angeordnet, so daſs wie bei der Wheelock'schen Anordnung (vgl. 1878 229 * 418) ein Einlaſs- und ein Auslaſsschieber je neben
                              									einander liegen. Entgegen dem Bewegungsmechanismus der letzteren Steuerung erhalten
                              									jedoch die Auslaſs- und die Einlaſsschieber, je zusammen, gesonderte Bewegung von
                              									Excentern auf der Schwungradwelle aus. Die Einwirkung des Regulators auf die
                              									Steuerung der Dampfeinlaſsschieber ist die bekannte; die Verstellung der
                              									Auslöseknaggen für die federnden Mitnehmerklinken bedingt eine geringere oder gröſsere
                              									Füllung des Cylinders. Die Verbindungsstange zwischen dem Regulatormuffe und den
                              									Stellhebeln für die Auslöseknaggen ist jedoch aus zwei durch starke Federn
                              									verbundenen Theilen zusammengesetzt; auſserdem erfolgt die Verbindung der beiden
                              									Stangentheile durch einen Hebel, welcher für gewöhnlich die Federn gespannt erhält
                              									und die Mitnahme des unteren Stangentheiles vom oberen bewirkt. Tritt im Gange der
                              									Maschine eine zu groſse Geschwindigkeit ein, so daſs der Regulator auf einmal
                              									plötzlich ausschlägt, so vermag der Hebel die Spannung der Federn nicht mehr zu
                              									halten, die letzteren kommen zur Wirkung und drehen die Auslöseknaggen auf einmal so
                              									viel, daſs ein Dampfeinlaſs in den Cylinder nicht mehr stattfinden kann, die
                              									Dampfmaschine also stehen bleibt. Der Regulator läuft sehr schnell; derselbe macht
                              									bei mittlerem Gange 230 Umdrehungen minutlich bei einer Pendellänge von 280mm.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
