| Titel: | Ueber Hanfseiltriebe. | 
| Autor: | H. Gollner | 
| Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 1 | 
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                        Ueber Hanfseiltriebe.
                        K. Keller bez. Gollner, über Hanfseiltriebe.
                        
                     
                        
                           In der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
                                 									1885 * S. 669 ff. ist ein Vortrag von Prof. K. Keller
                              									in Karlsruhe über „Seiltransmissionen“ veröffentlicht, in welchem die neueren
                              									Erfahrungen und Anschauungen über gröſsere Triebwerksanlagen für gegenseitig in
                              									unveränderlicher Lage befindliche Wellen besprochen sind. Der Vortragende stellt
                              									fest, daſs sich seit der Zeit der Einführung der Hanfseiltriebe durch die Gebrüder Pearce in Dundee (vgl. 1876 220 189. 221 * 411) die
                              									Verhältnisse der ersteren hinsichtlich der Gröſse der Arbeitsübertragung sowie in
                              									Bezug auf die zulässige Inanspruchnahme der Seile selbst wesentlich geändert haben,
                              									und hebt die der damaligen Zeit entstammende Regel hervor, nach welcher „ein Seil von 50mm
                                    											Durchmesser bei 10m Umfangsgeschwindigkeit
                                    											eine Leistung von 10 Pferd“ zu übertragen vermag. Daraus findet
                              									sich unter der Voraussetzung, daſs die Längsspannung im treibenden Seiltrume gleich
                              									dem doppelten Werthe der Umfangskraft ist, eine thatsächliche Inanspruchnahme des
                              									Seiles von 75at; wobei zu bemerken ist, daſs der
                              									eben angegebene Verhältniſswerth für die Längsspannung und Umfangskraft nur im
                              									Allgemeinen annähernd zutreffen wird und daher wohl auch nicht einschlägigen
                              									besonderen Rechnungen ohne Weiteres zu Grunde gelegt werden kann.
                           Der Vortragende weist auf die Ergebnisse der Zerreiſsproben mit Triebseilen in der
                              									kgl. Versuchsanstalt in Berlin hin, durch welche für Manilahanfseile eine mittlere
                              									Festigkeitsgrenze für Zug von K2
                              									= 700at nachgewiesen
                              									wurde. Diesem Zahlenwerthe können noch folgende vom Referenten angeschlossen werden:
                              									Nach Versuchen des Hauses Felten und Guilleaume in Köln
                              									wurden für Manilahanf-Triebseile eine mittlere Zugfestigkeit von 588at und eine Streckung an der Festigkeitsgrenze
                              										100(Δl : l) = 16
                              									Proc., für Seile aus badischem Schleiſshanfe die bezüglichen Werthe 598at und 11 Proc. gefunden. Nach Erfahrungen
                              									desselben Hauses ist der Manilahanf weniger für die Seilerzeugung geeignet, da er
                              									bei allerdings groſser Tragkraft von zu harter Faser ist und sich weniger leicht zu
                              									guten Fäden verspinnen läſst. Beim Spinnen selbst verbinden sich dessen Fasern
                              									unvollkommener, daher die gröſsere Längung der Litzen und Seile, welche Erscheinung
                              									unter Umständen groſse
                              									Uebelstände im Gefolge haben kann. Der badische Schleiſshanf hat erfahrungsgemäſs
                              									bei groſser Festigkeit eine bedeutende Biegsamkeit bei geringerer Längung; dessen
                              									Faser ist ziemlich grob und widersteht in feuchten Räumen der Fäulniſs am besten.
                              									Das genannte Haus hat sich nach seinen reichen Erfahrungen für die Verwendung des
                              									badischen Kern-Schleiſshanfes zur Erzeugung von Triebseilen entschlossen.
                           Prof. Keller berechnet weiter die Bruchsicherheit der
                              									Hanfseile mit etwa 90 und stellt diesem Werthe jenen für Trag- und Förderhanfseile
                              									gegenüber, welcher sich bei der Inanspruchnahme dieser Seile mit 100at auf etwa 7 stellt.
                           Die nach Keller's Angaben sich ergebende ungewöhnlich
                              									groſse Bruchsicherheit der Hanf-Triebseile gegenüber
                              									jener der Hanf-Förderseile, nämlich das Verhältniſs
                              									dieser Sicherheiten von rund 90 : 7, ist mit Berücksichtigung der gerade für
                              									Triebseile eintretenden auſserordentlichen Gesammt-Inanspruchnahme von sehr
                              									veränderlicher Gröſse wenigstens für die Zeit der Einführung dieses neuen Arbeit
                              									übertragenden Mittels wohl begründet. Denn die gefährliche Gesammt-Inanspruchnahme
                              									des Hanfseiles für Triebzwecke überhaupt wird keineswegs weder durch die statische
                              									Längsspannung desselben für sich, noch durch die hinzutretende und für die in den
                              									Rillen der Seilscheibe augenblicklich gelagerten Seiltrume maſsgebende statische
                              									Biegungsspannung hervorgerufen: dieselbe wird hauptsächlich durch die zuweilen
                              									groſse Veränderlichkeit der ersteren Inanspruchnahme in
                              									Folge schlechter Spleiſsung des Seiles, ferner unter dem Einflüsse des Wogens und der beständigen Querpendelung des Seiles
                              									erzeugt, so daſs derart dasselbe auf Arbeitsfestigkeit
                              									beansprucht wird. Wird noch der Einfluſs des Drehens, der Klemmung, des Schlupfes
                              									des Seiles beachtet und festgehalten, daſs durch letztere Erscheinungen ein
                              									unmittelbarer Angriff auf die Construction und die widerstehenden Querschnitte des
                              									Seiles erfolgen muſs, so ist wohl klar, daſs die Erfinder des Hanftriebes zur Zeit
                              									die rechnungsmäſsige sogen. zulässige statische Gesammt-Inanspruchnahme ihres
                              									Triebmittels möglichst verminderten, in welcher Zeit die Triebseilfabrikation erst
                              									so zu sagen geschaffen und ausgebildet werden muſste, in der aber schon erkannt
                              									wurde, daſs ein Hanf-Triebseil bestimmt nicht statisch,
                              									sondern in entschieden ungünstiger Weise dynamisch
                              									beansprucht wird.
                           Was die oben ermittelte Bruchsicherheit der Hanf-Förderseile anbelangt, so ist zu bemerken, daſs dieselbe eben nur als ein
                              									Mittelwerth anzusehen sein wird, da die Grenzwerthe der in Rede stehenden
                              									Bruchsicherheit je nach der Art und Verwendungsweise der Hanf-Förderseile ziemlich
                              									weit von einander gelegen sind.
                           Nach vorliegenden Versuchsergebnissen mit fertigen Hanf-Förderseilen ist
                              									sichergestellt, daſs dünne, „schwache“ Hanfseile
                              									eine entschieden höher gelegene Festigkeitsgrenze erreichen als dicke, „starke“ Seile oder gar Seiltaue. So
                              									wurden Hanfseile guter Fabrikation und ⅛ Zoll (3mm,2) äuſseren
                              									Durchmesser bei einer Inanspruchnahme von 731at
                              									zerrissen, während Hanftaue von 3 Zoll (76mm,2)
                              									äuſseren Durchmesser nur eine absolute Zugfestigkeit von 585at nachwiesen; diese Zahlen lassen weiter
                              									annähernd noch einen Schluſs auf die Zerreiſsfestigkeit des Hanfes an sich ziehen,
                              									wenn eine zweckentsprechende Erzeugungsmethode für die Seile vorausgesetzt wird. In
                              									jedem Falle konnte z.B. für das ⅛zöllige Hanfseil ursprünglich nur Hanf von
                              									vorzüglicher Güte verwendet werden, da im Gegenfalle dasselbe Seil schon während der
                              									Erzeugung voraussichtlich über die Bruchfestigkeit des Hanfes beansprucht und
                              									zerstört worden wäre.
                           Zur Beurtheilung der zulässigen Inanspruchnahme bezieh. Sicherheit eines
                              									Hanf-Förderseiles ist überhaupt die volle Rücksichtnahme auf dessen Verwendungsweise
                              									sowie auf die Art der Vorbereitung für diese nothwendig. Man verwendet bekanntlich
                              									als sogen. „laufende“ Seile solche im trockenen (weiſsen), sowie solche im
                              									getheerten, nassen Zustande. Die zulässige Inanspruchnahme solcher Seile ist sehr
                              									verschieden und zwar für den ersten Fall 111at,0,
                              									im letzteren etwa 85at,0.Stehende Hanfseile können in denselben Zuständen mit 200at bezieh. 150at beansprucht werden. Die Ermittelung des
                              									Sicherheitsgrades der Hanfseile mit Beziehung auf die Festigkeitsgrenze derselben
                              									ist wohl nicht sachgemäſs, allein dermalen nicht zu umgehen, nachdem die
                              									Elasticitätsverhältnisse derselben Fabrikate nicht genügend sichergestellt sind.
                           Die von Prof. Keller im Weiteren als durchschnittlich
                              									geltend angegebene Regel: „Ein Seil von 50mm Durchmesser überträgt bei 40m Geschwindigkeit 20 Pferd, bei einer
                                    											Materialanstrengung von 15at“,
                              									gründet sich auf Erfahrungen über neuere und mitunter im groſsartigen Maſsstabe
                              									ausgeführte Seiltriebanlagen, unter welchen Erfahrungen offenbar jene über die Wahl
                              									des Materials und die Herstellung der Hanf-Triebseile als maſsgebend zu erkennen
                              									sind, – Angaben, von denen weiter die Wahl der Seilgeschwindigkeit sowie des
                              									Keilwinkels für die Seiltrumen u.s.w. wesentlich abhängig waren.
                           Das heutige Bestreben, eine gröſsere Seilgeschwindigkeit einzuführen, um sparsamere
                              									Triebe zu erhalten, ist voll gerechtfertigt und auch schon mit entschiedenem Erfolge
                              									bethätigt worden, sobald Seile von vorzüglicher Güte und tadelloser Spleiſsung auf
                              									genau angearbeitete Seilscheiben von zweckmäſsiger Gröſse gelegt wurden.Die Seilgeschwindigkeit beträgt z.B. für die bezüglichen Triebeinrichtungen:
                                    												12m in der Weberei von H. Smith, in Bradford (N = 240 Pferd), 15m in Nicoll's Jutespinnerei zu Dundee (N = 400 Pferd), 19m,12 in Samugur's Jutespinnerei in
                                    											Calcutta (N = 1000 Pferd), 22m,4 in Heyerdahl's Segeltuchfabrik in Christiania (N = 270 Pferd), 20m in Crespi's Spinnerei zu Mailand
                                    												(N = 290 Pferd), 20m in der neuen Augsburger Spinnerei (N = 400 Pferd) u.s.f.
                              									Felten und Guilleaume erwähnen gleichfalls, daſs nach
                              									zahlreichen eigenen Beobachtungen eine Seilgeschwindigkeit von 15m,0 bei einem Seilscheibendurchmesser von mehr als 1m,5 und einem Scheibenabstande von 10 bis 12m (im wagerechten Sinne) vorzügliche Ergebnisse
                              									lieferte; mit dieser Angabe stimmen gleichfalls jene Seilgeschwindigkeiten sehr gut
                              									überein, welche bei Seiltrieben von sehr abweichender Anlage ermittelt wurden, die
                              									von der bezeichneten Firma zur Ausführung kamen. Auſserordentliche
                              									Seilgeschwindigkeiten konnten allerdings bei den Anlagen in der Verzinkerei zu
                              									Mühlheim a. Rh. (27m), ferner im Drahtwalzwerke
                              									daselbst (49m), im Walzwerke zu Hammerau (35m,5) u.s.w. erhoben werden; diesen der groſsen
                              									Seiltrieb-Praxis entnommenen Werthen der Seilgeschwindigkeit sei noch jene Ziffer
                              									der Seilgeschwindigkeit gegenüber gestellt, welche sich rechnungsmäſsig unter der
                              									Bedingung ergibt, daſs die durch einen Hanfseiltrieb zu übertragende mechanische
                              									Arbeit unter Berücksichtigung des Einflusses der Centrifugalkraft, ferner unter
                              									Voraussetzung mittlerer Reibungsverhältnisse und Eigengewichte des Seiles am
                              									gröſsten wird. Es berechnet sich unter obigen Voraussetzungen für PV = Max die
                              									Geschwindigkeit V = 25m,0.
                           Prof. Keller ermittelt weiter für die letzt gegebene
                              									Regel den durchschnittlichen Werth des Verhältnisses T : γ =
                                 										y, d. i. der gröſsten Längsspannung im treibenden Seiltrume zu seinem
                              									laufenden Gewichte und y = 150m, ferner die Anzahl (A) der erforderlichen Treibseile, um bei der Seilgeschwindigkeit (Vm), der äuſseren
                              									Seilstärke (dcm) eine
                              									Arbeit (N Pferd) zu übertragen, mit
                              										A=1250\,\frac{N}{d^2\,V} wenn obige Regel als maſsgebend
                              									erkannt wird. – Es sei hier noch angefügt, daſs der Werth y
                                 										= 150m die Ordinate jenes Punktes der
                              									Schwerpunktslinie des nach einer Pseudokettenlinie sich frei hängenden Seiles
                              									bedeutet, für welchen die gröſste Längsspannung des Seiles eintritt.
                           Im Weiteren wird auf den wesentlichen Einfluſs der Centrifugalkraft auf die
                              									Seilspannung hingewiesen und bemerkt, daſs nach englischen Regeln die zweckmäſsigste
                              									Seilgeschwindigkeit etwa 20 bis 25m und selbst
                              										30m zu betragen habe. Die durch den Einfluſs
                              									der Centrifugalkraft bedingte Mehrspannung des Seiles wird nach der begründeten
                              									Regel t_1=\gamma\,\left(\frac{V^2}{g}\right)=\frac{T}{y}\
                                 										\left(\frac{V^2}{g}\right) ermittelt; dieselbe erreicht für V = 10m....40m bezieh. (t1 : T) = 0,06.....1,01.
                              									Wie hieraus hervorgeht, würde unter dem Einflüsse der Centrifugalkraft bei
                              									unveränderter Inanspruchnahme des Seilmaterials bei einer Seilgeschwindigkeit von
                              										40m die der Seilspannung entsprechende
                              									Adhäsion vollständig aufgehoben werden.
                           Die in Folge eines lothrechten Höhenunterschiedes der Anlauf- und Ablaufstellen im
                              									treibenden Seiltrume (bei den schrägen Seiltrieben) nothwendige Mehrspannung des
                              									Seiles wird unter Beachtung obiger Regel mit 0,7 Proc. auf 1m Höhenunterschied ermittelt und endlich auf die
                              									Wichtigkeit der eben entwickelten zweifachen Berichtigungen der Seilspannung bei
                              									gröſserer Seilgeschwindigkeit und Höhenabweichung der Seilscheiben hingewiesen und
                              									erörtert, daſs sich die einschlägigen Verhältnisse bei Verwendung von Baumwollseilen
                              									wegen ihres geringeren Eigengewichtes, ihrer sicheren Spleiſsung und besseren
                              									Schmiegsamkeit entschieden günstiger stellen, daher auch Baumwollseile (bei einer
                              									Geschwindigkeit von 20 bis 23m) neuerdings eine
                              									hervorragende Anwendung bei groſsen Triebanlagen finden.Die Baumwollseile von James Taylor in Oldham,
                                    												Hick und Comp. in Bolton haben ein
                                    											laufendes Gewicht für:dmm=35384451vongk=0,7300,9201,0001,070.Nach Felten und Guilleaume erreichen die aus
                                    											badischem Schleiſshanf erzeugten Hanf-Triebseile ein Gewicht für:dmm=25303540455055vongk=0,510,710,921,161,411,672,00.
                           Prof. Keller erörtert ferner folgende für die Seiltriebe
                              									in der That wichtigen und oftmals beobachteten Erscheinungen und sucht nach deren
                              									Begründung. Zunächst handelt es sich um den Fall des Seilbruches in Folge innerlicher Zerstörung des Seiles. Thatsächlich
                              									wurden Hanf-Triebseile in verhältniſsmäſsig kurzer Zeit zerrissen, welche sich im
                              									Inneren völlig zu Staub zerrieben zeigten. Als Ursache werden angegeben: 1) Mangel
                              									im Material und in der Seilfabrikation, 2) ungenügende Trocknung der Triebseile vor
                              									der Spleiſsung, 3) zu geringer Durchmesser der Seilscheiben. – Es wäre an dieser
                              									Stelle noch als mögliche Ursache dieser Erscheinung anzuführen: 4) der Einfluſs der
                              									für die Triebseile maſsgebenden Inanspruchnahme auf Arbeitsfestigkeit innerhalb oft
                              									weit entfernt gelegener Grenzen, wodurch eine wiederholte, sehr veränderliche
                              									Aufdrehung (Streckung, Kürzung) der Seile eintreten muſs, welcher die selbst
                              									zunächst der Litzenachsen wie der Seilachse gelegenen Materialfasern nicht
                              									widerstehen können. Prof. Keller führt die erwähnte
                              									Erscheinung unmittelbar auf den Einfluſs der Drehung der Seile um ihre Achsen
                              									zurück.
                           Eine zweite in Betracht gezogene Erscheinung an Seiltrieben ist: der unruhige Gang, Schlagen, Ueberspringen der Seile. Mit
                              									Recht werden diese bedenklichen Erscheinungen auf die oftmals unvollkommene
                              									Ausführung des Seilspleiſses zurückgeführt und in dieser Richtung empfohlen, die
                              									Spleiſslänge 2,5 bis 3m,5 auszuführen, welche
                              									Regel auch von bewährten Seilfabriken beachtet wird.
                           Die dritte hervorgehobene Erscheinung bezieht sich auf die Drehung der Seile um ihre eigenen Achsen während ihrer Verwendung als
                              									Arbeit übertragende Mittel. Erfahrungsgemäſs findet selbst bei normal hergestellten
                              									Seilen aus Hanffasern (und Drähten) stets eine achsiale Drehung derselben bei
                              									Einwirkung einer Längsspannung statt; doch erreicht dieselbe bei einer auch aus
                              									anderen Gründen zweckmäſsigen Streckung der Seile sehr rasch ihre Grenze. Prof. Keller bespricht die mögliche Ursache der erwähnten
                              									achsialen Drehung und weist auf den Umstand hin, daſs die äuſseren Theile der Seile, welche gewundenen
                              									Seilelementen angehören, gegen die divergirenden Wandungen der Seilrillen gepreſst
                              									werden. Dieser Umstand wird nicht als maſsgebend für die beobachtete Erscheinung
                              									anerkannt; vielmehr erscheint es wahrscheinlich, daſs das abweichende Verhalten der
                              									verschiedenen Seile auf derselben Seilscheibe als Hauptursache anzusehen sein wird,
                              									da sich erfahrungsgemäſs die beobachtete Erscheinung weder auf alle Seile eines
                              									Triebes überhaupt, noch auf alle Seile desselben in gleichem Maſse erstreckt,
                              									worüber ein einfacher Versuch, bestehend in der Markirung sämmtlicher Triebseile im
                              									Ruhezustande und in einem gemeinsamen Querschnitte, in kurzer Zeit genügende
                              									Aufklärung gibt: Die ursprüngliche gemeinsame Marke an sämmtlichen Triebseilen (in
                              										einem Normalschnitte gelegen) wird nämlich je nach
                              									der Gröſse der Verschiebung der einzelnen Seile gegen den Scheibenumfang in
                              									Theilmarken für die einzelnen Seile zerlegt, welche verschiedene Entfernungen von
                              									einander nach derselben Arbeitszeit annehmen, wobei gleichzeitig in Folge der
                              									eingetretenen Verschiebung der Seile eine Drehung derselben erfolgen muſs. Je
                              									ungleichförmiger die Spleiſsung der Seile, je ungenauer die Profilirung der
                              									Seilrillen am Scheibenumfange, je ungleichartiger der Zustand der in Anspruch
                              									genommenen Flächenelemente der Rillen und Seile, desto störender wird die in Rede
                              									stehende Erscheinung auftreten und wirken, bezieh. desto rascher der Verschleiſs der
                              									Triebseile selbst und zwar sowohl in ihren arbeitenden Flächen, wie im Inneren
                              									derselben eintreten müssen.
                           Es ergeben sich sonach die für die Erhaltung der Hanf-Triebseile wesentlichen Regeln:
                              									1) gutes Rohmaterial, 2) zweckmäſsige Herstellung der Seile, 3) vollkommene
                              									Trocknung derselben, 4) entwickelte Spleiſslänge bei tadelloser Ausführung des
                              									Spleiſses selbst, 5) vollständig genau übereinstimmende Profilirung der Seilrillen,
                              									hergestellt durch Special-Arbeitsmaschinen unter Anwendung von Fräsen, 6)
                              									gleichmäſsige Lagerung und Spannung aller Triebseile für den Ruhezustand des
                              									Seiltriebes, nachweisbar durch die Einsenkungen der Seile, 7) Anwendung eines
                              									zweckmäſsigen Schmiermaterials für die Seile selbst, 8) Streckung der Seile vor
                              									ihrer Spleiſsung, um alle Querschnitte sofort möglichst gleich widerstandsfähig zu
                              									machen, 9) groſse Durchmesser der Seilscheiben (mindestens 40mal dem
                              									Seildurchmesser), 10) genaue Centrirung und Lagerung derselben, um die wechselnde
                              									Inanspruchnahme der Seile möglichst zu vermindern, 11) Bedachtnahme auf
                              									Ersatz-Triebseile.
                           Endlich erwähnt der Vortragende noch jener besonderen Anlagen von Seiltrieben, in
                              									denen ein einziges endloses Triebseil angeordnet ist,
                              									welches die Umfange der Hauptscheiben sowie jenen der Spannscheibe umfaſst. Es
                              									werden weiter Beispiele von bei solchen Anlagen üblichen Seilführungen angegeben,
                              									aus welchen die Verwendung des Triebseiles sofort ersichtlich ist. Die Anwendung eines Triebseiles hätte unleugbare Vortheile gegenüber dem
                              									mehrseiligen Trieb; allein der Bruch dieses einen Seiles bedingt die
                              									Betriebseinstellung der ganzen Anlage, worin ein
                              									wesentlicher praktischer Nachtheil liegt. Die gleichartige Lagerung, der
                              									regelmäſsige An- und Ablauf der Seile an den Umfangen der Haupt- und Hilfsscheiben
                              									ist entschieden schwieriger durchzuführen, wobei die Inanspruchnahme des Triebseiles
                              									unvermeidlich eine gefährlichere wird, besonders wenn Scheiben von verschiedenen
                              									Durchmessern (wie üblich) in den Trieb aufgenommen werden.
                           Prof. H. Gollner.