| Titel: | Galvanisches Element von Dr. W. Borchers. | 
| Autor: | W. Borchers | 
| Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 32 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Galvanisches Element von Dr. W.
                              								Borchers.
                        Mit Abbildung.
                        Borchers' galvanisches Element.
                        
                     
                        
                           Das nachstehend beschriebene Element soll eine einfache Elektricitätsquelle
                              									beschaffen, welche wo möglich noch billiger als die bereits bekannten ist. Für
                              									verschiedene Verhältnisse wird man dasselbe nicht nur genannten Anforderungen
                              									entsprechend finden, sondern auch die Vorzüge der Einfachheit und Unzerbrechlichkeit
                              									des Apparates und seiner Bestandtheile anerkennen müssen.
                           Soll ein galvanisches Element, dessen eine Elektrode behufs Erzeugung von
                              									elektromotorischer Kraft oxydirt und gleichzeitig aufgelöst wird, eine billige
                              									Stromquelle sein, so müssen die Oxydationsproducte oder die Verbindungen derselben
                              									mit der in der erregenden und auflösenden Flüssigkeit enthaltenen Säure oder Base,
                              									entweder an und für sich genügenden Werth besitzen, oder leicht solche Producte
                              									liefern, welche die Kosten der sich abnutzenden Theile des Elementes möglichst
                              									annähernd decken. Unter Umständen leistet das neue Element in dieser Hinsicht noch
                              									mehr.
                           Textabbildung Bd. 263, S. 32 In der Abbildung ist die einfachste Form dieses Elementes dargestellt, wie
                              									dieselbe bei meinem ersten Versuche in dieser Richtung entstand. Als Gefäſs für die
                              									erregende Flüssigkeit dient ein einfaches, etwa 4cm weites Schmiedeisenrohr D von 30cm Länge, das an einem Ende mit einer Kappe
                              									verschlossen ist. Auf das andere Ende ist ein besonderes Rohrstück E aufgesetzt und in dessen seitliche Oeffnung O ein etwa 2cm weiter
                              									Stutzen geschraubt, der mittels Gummischlauch mit einem Kühler verbunden werden
                              									kann. Das Rohrstück E ist oben glatt geschliffen; durch
                              									einen Gummiring r isolirt, ruht darauf eine
                              									Eisenplatte, in deren Mitte eine kleine, etwa 6mm
                              									weite Oeffnung sich befindet. Durch diese Oeffnung hindurch geht die Schraube einer
                              									Verbindungsklemme V, welche auſser ihrer ursprünglichen
                              									Bestimmung zugleich noch den Dienst verrichten muſs, einen etwa 25mm weiten Zinn- oder Zinkstab Z innerhalb des Eisenrohres hängend zu halten. Um auch
                              									das untere Ende dieses Stabes vor Berührung mit dem Eisenrohre zu schützen, kann man
                              									entweder einen Gummiring darum legen, oder, wie in der Abbildung angedeutet ist, den
                              									Stab nahe an seinem Ende mit zwei sich kreuzenden Durchbohrungen versehen, durch
                              									welche zwei kleine Glasstäbe g derart gesteckt werden,
                              									daſs sie fast die Wandungen des Eisenrohres berühren. Das Eisenrohr dient nicht nur
                              									als Flüssigkeitsbehälter, sondern es bildet zugleich den positiven Pol des
                              									Elementes; um die leitende Verbindung mit demselben herzustellen, wird um das Rohr
                              										D herum unterhalb des Rohrstückes E ein Kupferdraht k
                              									gelöthet.
                           Die erregende Flüssigkeit ist eine wässerige Lösung von Aetznatron, Natronnitrat und
                              									Kochsalz, letzteres um zur Erhöhung der Leitungsfähigkeit beizutragen. Man ist
                              									gerade nicht an ein bestimmtes Verhältniſs gebunden; jedoch machen die chemischen
                              									Vorgänge in dem Elemente die Innehaltung gewisser Grenzen in den Mengen der
                              									einzelnen Stoffe schon aus Sparsamkeitsrücksichten wünschenswerth; für ein Eisen-Zinn-Element z.B.: 3Na2O + 4Sn + 2NaNO3 + 3H2O = 4Na2SnO3 + 3H2 + 2N.
                              									Demnach würde zwischen Na2O und SnO3 ein Verhältniſs von 93 : 85 richtig erscheinen.
                              									Die Endproducte wären dann zinnsaures Natron und Ammoniak. Wenn nun hieraus nach
                              									Aufnahme einer äquivalenten Menge Zinn und Abgabe des Stickstoffes 424 Th. Na2SnO3 bezieh. 532
                              									Th. Na2SnO3 + 3aq
                              									entstehen, so müſste man, um das sogen. 50procentige Präparirsalz des Handels zu
                              									erhalten, auf einen Zusatz von 316 Th. Kochsalz rechnen.532 Th. Na2SnO3 + 3aq + 316 Th. NaCl geben 848 Th. Präparirsalz mit 50 Proc. = 424 Na2SnO3. Für technische Zwecke wird es
                              									genügen, das Verhältniſs von Na2O : NaNO3 : NaCl = 90 : 80 : 300 zu nehmen und diese drei
                              									Stoffe in möglichst concentrirter Lösung als Erregungsflüssigkeit zu verwenden. Das
                              									dabei entstehende NH3 läſst sich schon während des
                              									Entstehens abdestilliren. Selbstverständlich trägt die dazu nöthige Wärme
                              									gleichzeitig zur Beschleunigung der Erregung sowie kräftigerer
                              									Elektricitätsentwickelung bei.
                           Wie gesagt, ist in dieser Beschreibung nur die allereinfachste Form des Apparates
                              									angegeben. Es läſst sich auf den ersten Blick einsehen, daſs sich bei Aufstellung
                              									gröſserer Apparate, oder bei Vereinigung mehrerer Elemente zu einer Batterie ein
                              									Feld für zahlreiche Verwendungen eröffnet. Die Rücksicht auf systematische
                              									Ausnutzung der Flüssigkeit und Gewinnung der entstehenden chemischen Producte, die
                              									Art der Schaltung der einzelnen Elemente neben und hinter einander, die Ausnutzung
                              									abgehender Wärme u.s.w. sind selbstverständlich alles Umstände von entscheidendem
                              									Einflüsse. So gut wie das Element aus eisernen Röhren und Zinnstäben bestehen kann,
                              									lassen sich auch Zinnplatten und runde oder eckige Eisengefäſse benutzen.
                           Statt des Zinnes läſst sich z.B. auch Zink verwenden. In diesem Falle wird natürlich
                              									Zinkoxydnatron und Ammoniak gebildet; letzteres kann abdestillirt werden und aus
                              									ersterem läſst sich das Zinkoxyd mittels Kohlensäure fällen sowie das gleichzeitig
                              									entstehende kohlensaure Natron durch Aetzkalk wieder kausticiren, um dann nach Ersatz des
                              									Natronnitrates von neuem wieder als Batterieflüssigkeit verwendet zu werden.
                           Es ist nicht ausgeschlossen, daſs auch noch andere Metalle oder Metalloide, deren
                              									Oxyde mit Aetznatron lösliche Verbindungen eingehen, an Stelle des Zinnes oder
                              									Zinkes sich verwenden lassen; jedoch habe ich meine Versuche vorläufig nicht weiter
                              									ausgedehnt.
                           West Wedford, Mass., Nordamerika, Oktober 1886.