| Titel: | Analytische Bestimmung des Phosphors und seine chemische Bindung im Eisen; von Leop. Schneider. | 
| Autor: | Leop. Schneider | 
| Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 383 | 
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                        Analytische Bestimmung des Phosphors und seine
                           								chemische Bindung im Eisen; von Leop. Schneider.Nach vom Verfasser gef. eingesendeten Sonderabdrücken aus der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und
                                    											Hüttenwesen, 1886 Bd. 34 S. 735 und 765.
                           							
                        L. Schneider, über Phosphor im Eisen.
                        
                     
                        
                           Der Phosphorgehalt in Eisen- und Stahlsorten wird ausschlieſslich dadurch bestimmt, daſs man den Phosphor in Phosphorsäure
                              									überführt und diese mit molybdänsaurem Ammoniak fällt. Das zu untersuchende Eisen
                              									wird in Salpetersäure gelöst, die Lösung entweder sofort oder nach Abscheidung der
                              									Kieselsäure filtrirt und ein Ueberschuſs einer Lösung von molybdänsaurem Ammoniak in
                              									Salpetersäure in der Wärme zugegeben. Das sich ausscheidende phosphormolybdänsaure Ammoniak wird entweder bei 100° getrocknet und mit
                              									dem Filter gewogen, oder in Ammoniak wieder aufgelöst und die Phosphorsäure als
                              									phosphorsaure Ammoniak-Magnesia gefällt, oder endlich in einem Porzellantiegel
                              									vorsichtig erhitzt und gewogen (vgl. Finkener 1878 230 190).
                           Nach den übereinstimmenden Erfahrungen verschiedener Analytiker liefern alle diese
                              									Arbeitsweisen zu niedrige Werthe, wenn man nicht die
                              									salpetersaure Eisenlösung zur Trockne abdampft und den Rückstand stark erhitzt. Die
                              									Ursache dieser Abweichung schrieb man entweder der Bildung einer besonderen durch
                              									molybdänsaures Ammoniak nicht fällbaren Modification der Phosphorsäure, oder dem
                              									Einflüsse der bei der Lösung des Kohlenstoff haltigen Eisens sich bildenden
                              									Humussubstanzen zu (vgl. Tamm bezieh. Eggertz 1883 250 418).
                           L. Schneider hat nun durch eine Reihe Analysen
                              									nachgewiesen, daſs allerdings, wenn das Eindampfen der Eisenlösung und Erhitzen des
                              									Rückstandes unterlassen wird, sehr bedeutend geringere Mengen von Phosphorsäure, als
                              									dem wirklich vorhandenen Phosphor entsprechen, gefunden werden, daſs dies aber weder
                              									der Bildung einer besonderen nicht fällbaren Phosphorsäure, noch dem Einflüsse der
                              									Humussubstanzen, sondern lediglich einer nicht vollkommenen
                                 										Oxydation des Phosphors zu Phosphorsäure zuzuschreiben ist. Es ist bekannt,
                              									daſs die Oxydation des Phosphors aufzuhören scheint, noch ehe der Phosphor
                              									vollständig oxydirt ist, und bei der Darstellung von Phosphorsäure durch Oxydation
                              									von Phosphor mit Salpetersäure zeigt es sich, daſs die letzten Antheile gebildeter
                              									phosphoriger Säure selbst längerem Kochen mit starker Salpetersäure widerstehen. Um
                              									nun den sicheren Nachweis zu liefern, daſs bei der zum Zwecke der Analyse
                              									vorgenommenen Auflösung des Phosphor haltigen Eisens in Salpetersäure thatsächlich
                              									phosphorige Säure neben Phosphorsäure gebildet wird, wurde 1g eines Eisens, welches 78,6 Proc. Eisen und 14,6
                              									Proc. Phosphor enthielt, mit 15cc Salpetersäure
                              									von 1,2 sp. G. 24 Stunden digerirt, auf dem Wasserbade zur Syrupdicke eingeengt und
                              									mit Salzsäure wieder aufgenommen. Aus dieser Lösung schied man das Eisen mit
                              									Schwefelammonium ab, zerstörte durch mehrmaliges Eindampfen mit Salzsäure die
                              									salpetersauren Salze und fällte aus der ammoniakalischen Lösung die Phosphorsäure
                              									als Ammoniak-Magnesiaphosphat. Auf diese Weise wurden 13,32 Proc. Phosphor gefunden.
                              									Durch Kochen des Filtrates wurde das Ammoniak ausgetrieben und nun die schwach
                              									salzsauer gemachte Lösung mit Quecksilberchlorid versetzt, worauf sich nach längerem
                              									Stehen 0g,099 Quecksilberchlorür abschieden. Nach dem Entfernen des überschüssigen
                              									Quecksilbers aus dem Filtrate mit Schwefelwasserstoff, konnte aus der Lösung
                              									abermals phosphorsaure Ammoniak-Magnesia gefällt werden und zwar berechneten sich
                              									aus der Menge dieses Niederschlages 1,23 Proc. Phosphor, was zusammen mit der
                              									erstgefundenen Phosphormenge dem ursprünglichen Phosphorgehalte des untersuchten
                              									Eisens gleichkommt. Verfasser hat damit den Beweis erbracht, daſs bei der Auflösung
                              									von Phosphor haltigem Eisen in Salpetersäure stets und
                              									in beträchtlicher Menge phosphorige Säure gebildet wird, für deren vollständige Oxydation am
                              									besten durch Eindampfen und Erhitzen des salpetersauren Eisenoxydes, bis dieses sich
                              									zersetzt, gesorgt und auf diese Weise ein Fehler in der Bestimmung der Phosphorsäure
                              									mit molybdänsaurem Ammoniak vermieden wird.
                           Die chemische Bindung des Phosphors im Roheisen ist von
                              										L. Schneider ebenfalls in den Kreis seiner
                              									Untersuchungen gezogen worden. Es sind bis jetzt durch Einwirkung von Phosphor auf
                              									Eisen und durch Reduction von Ferrophosphat zwei Verbindungen des Eisens mit
                              									Phosphor dargestellt worden, welche nach den Formeln Fe3P und Fe2P zusammengesetzt sind;
                              									auſserdem ist der Nachweis geführt worden, daſs das Phosphoreisen einen
                              									verhältniſsmäſsig niederen Schmelzpunkt hat und später erstarrt als das Roheisen
                              									(vgl. Stead 1878 230 274 und
                              										Snelus 1882 243 400). Um
                              									nun zu einer endgültigen Lösung der Frage über das Bindungsverhältniſs des Phosphors
                              									im Roheisen zu kommen, stellte Verfasser die Phosphorverbindung aus verschiedenen Roheisensorten dar und untersuchte
                              									dieselbe chemisch. Als Lösungsmittel wurde eine wässerige Kupferchloridlösung
                              									benutzt, welche sowohl reines Eisen, als auch die Eisenlegirungen rasch löst,
                              									während sie Phosphoreisen nur unbedeutend angreift. In nachfolgender Tabelle sind
                              									die Zusammensetzungen der untersuchten Roheisen sowie die Analysenergebnisse der
                              									Phosphoreisen haltigen Rückstände, letztere umgerechnet auf 100 Th. Eisen,
                              									zusammengestellt:
                           
                           
                              
                                 Bezeichnung
                                 
                                    
                                    Zusammensetzung der Roheisen
                                    
                                 Gehalt desRückstände
                                 
                              
                                 Cchem.geb.
                                 Gra-phit
                                 P
                                 Si
                                 Mn
                                 S
                                 Cu
                                 P
                                 Mn
                                 
                              
                                 Spiegeleisen (blaſsbläulich    grau)
                                 3,3
                                 –
                                 2,5
                                   0,06
                                   0,2
                                 0,04
                                 –
                                 18,6
                                 –
                                 
                              
                                 Weiſses Roheisen
                                 –
                                 –
                                   1,45
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 18,6
                                 –
                                 
                              
                                 Weiſses Roheisen
                                   3,56
                                 –
                                   0,53
                                   0,07
                                     2,47
                                   0,028
                                 0,03
                                 18,2
                                 –
                                 
                              
                                 Graues Roheisen (grob-    körnig)
                                 –
                                 2,2
                                   1,48
                                 4,0
                                 Spur
                                 Spur
                                 Spur †
                                 18,2
                                 –
                                 
                              
                                 Graues Roheisen
                                   0,55
                                   2,85
                                   0,94
                                 1,8
                                     0,07
                                 0,01
                                 0,01
                                 18,5
                                 –
                                 
                              
                                 Weiſsspiegeliges Roheisen
                                 –
                                 –
                                   2,01
                                   0,46
                                     4,33
                                 Spur
                                 Spur
                                 20,5
                                   5,7
                                 
                              
                                 Weiſsspiegeliges Roheisen
                                   3,98
                                 –
                                 3,4
                                   0,89
                                   18,15
                                 –
                                 –
                                 37,7
                                     52,8††
                                 
                              
                                 Ferromangan
                                   5,28
                                 –
                                   0,38
                                 Spur
                                 28,7
                                 Spur
                                 Spur
                                 38,8
                                 54,4
                                 
                              
                           † enthält 0,15 Ti. †† enthält 0,7 Si.
                           Vor Allem fällt in diesen Versuchszahlen die Gleichheit im
                                 										Phosphorgehalte aller von Mangan freien
                              									Phosphoreisen auf. Sämmtliche Roheisensorten, welche hinsichtlich ihres Kohlenstoff-
                              									wie Siliciumgehaltes stark aus einander gingen, hinterlassen, wenn sie nicht Mangan
                              									in gröſserer Menge enthalten, ein Phosphoreisen von gleicher chemischer Zusammensetzung, welche in der Formel Fe3P ihren Ausdruck findet. Ist jedoch Mangan in
                              									erheblicher Menge vorhanden., so steigt der Phosphorgehalt rasch mit dem
                              									Mangangehalte. Zieht man bei den Mangan haltigen Rückständen vom
                              									Gesammtphosphorgehalte die dem Phosphoreisen Fe3P
                              									entsprechende Phosphormenge ab, so bleibt für das Mangan eine dem Aequivalente nach
                              									doppelt so groſse Phosphormenge. Danach wäre das dem Phosphoreisen beigemengte
                              									Phosphormangan nach der Formel Mn3P2 zusammengesetzt.
                           Das Phosphoreisen wurde in den untersuchten Roheisensorten nur als pulverige
                              									krystallinische Beimengung gefunden. Als L. Schneider
                              									ein Stück Spiegeleisen mehrere Monate in verdünnter Salzsäure liegen lieſs, konnte
                              									man dasselbe nach dieser Zeit leicht in viele zarte Blätter zerbrechen, welche durch
                              									fortgesetztes Schütteln mit concentrirter Säure fast vollkommen frei von Phosphor
                              									erhalten wurden. Daraus folgt, daſs das Phosphoreisen weder für sich, noch in
                              									Verbindung mit Kohlenstoffeisen die für das Spiegeleisen charakteristischen
                              									Spiegelflächen bildet, sondern nur in Folge seiner Leichtflüssigkeit die Abscheidung
                              									von Krystallen der schwerer schmelzbaren Bestandtheile des Eisens begünstigt.
                           Die Thatsache, daſs in verschiedenen Roheisensorten stets dasselbe Phosphoreisen
                              									gefunden wurde, spricht dafür, daſs die geringen Mengen Phosphor, welche im
                              									Stabeisen und Stahl enthalten sind, in gleichem chemischen Bindungsverhältnisse
                              									anzunehmen sind wie im Roheisen. Ungleich schwieriger ist jedoch die Frage zu
                              									entscheiden, ob nicht durch die längere Bearbeitung des Roheisens, besonders in
                              									flüssigem Zustande, eine Trennung des Eisens vom Phosphor und Bindung desselben an
                              									Mangan stattfindet. Man muſs annehmen, daſs im geschmolzenen Roheisen nicht nur die Gröſse der
                              									chemischen Anziehungskraft der verschiedenen Bestandtheile bestimmend auf die Menge
                              									der vorhandenen Verbindungen wirkt, sondern daſs auch die bei der Reduction aus den
                              									Erzen sich bildenden Verbindungen für die Zusammensetzung der Endproducte noch
                              									maſsgebend sind. Immerhin spricht der höhere Mangangehalt des Rückstandes gegenüber
                              									der ursprünglichen Legirung, welcher überall da gefunden wurde, wo nicht die allzu
                              									geringen Manganmengen der Abscheidung hinderlich waren, für eine gröſsere Affinität
                              									des Phosphors zum Mangan als zum Eisen.
                           Vielleicht liefert diese gröſsere Verwandtschaft des Phosphors zum Mangan auch eine
                              									Erklärung dafür, daſs die durch den Phosphorgehalt bedingten nachtheiligen
                              									Eigenschaften des Stahles bei manchen Gewinnungsarten desselben durch Zusatz von
                              									Mangan verringert werden können.