| Titel: | Ueber die Fortschritte der Photographie und der photo-mechanischen Druckverfahren; von Prof. J. M. Eder in Wien. | 
| Autor: | J. M. Eder | 
| Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 423 | 
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                        Ueber die Fortschritte der Photographie und der
                           								photo-mechanischen Druckverfahren; von Prof. J. M. Eder in Wien.
                        (Patentklasse 57. Fortsetzung des Berichtes S. 336
                           								d. Bd.)
                        Eder, über Fortschritte der Photographie.
                        
                     
                        
                           Augenblicksbilder und Ballonphotographien.
                           Von den zahlreichen Augenblicksbildern, welche in der jüngsten Zeit hergestellt
                              									wurden, sei nur das hauptsächlichste hervorgehoben.
                           Im Sommer 1886 stellte O. Anschütz in Lissa, Posen, am
                              									Militär-Reitinstitut zu Hannover, ebenfalls im Auftrage des Kriegsministeriums, an
                              									100 Aufnahmen von Pferden in allen regel- und unregelmäſsigen Gangarten her, welche
                              									alle vorausgegangenen weit übertreffen. Die Schnelligkeit seiner Apparate (mit
                              									elektrischer Auslösung der Momentverschlüsse) ist so groſs, daſs er 24 Aufnahmen in
                              									0,72 Secunde (d. i. also weniger als ¾ Secunde) macht. Je nach der Bewegungsart ist
                              									er im Stande, die
                              									Gesammtaufnahmezeit bis 3 Secunden auszudehnen. Trotz der groſsen Geschwindigkeit
                              									mancher Gangarten zeigen sich die Einzelheiten der Bewegung vollständig scharf
                              									zergliedert.
                           Diese Augenblicksbilder sind sämmtlich zunächst in kleinem Format mit sehr
                              									lichtstarken Objectiven aufgenommen und wurden nachher vergröſsert; dank der
                              									Vollkommenheit der Originalaufnahmen lassen sich Vergröſserungen in bedeutenden
                              									Abmessungen und vollkommener Schärfe herstellen, welche reich an Einzelheiten sind.
                              									Besonderes Aufsehen erregten bei Künstlern die Bilder des nackten menschlichen
                              									Körpers bei einem Discus-Werfer. Es sind alle Phasen der Bewegung wiedergegeben, von
                              									dem Zeitpunkte angefangen, wo er der Scheibe den ersten Schwung gibt, bis zu dem
                              									Augenblicke, wo er, dem entflohenen Geschosse nachblickend, es zu Boden schlagen
                              									sieht. Hier sowohl, wie bei den vergröſserten Bildern des Mannes, welcher einen
                              									Speer schleudert, ist der Uebergang aus einer Stellung zur anderen, sowie das Spiel
                              									der Muskeln vollkommen deutlich zu erkennen.
                           Neuerdings beschäftigt sich Anschütz mit Versuchen über
                              									die Aufnahmen fliegender Kanonenkugeln und stellte diesbezügliche Versuche an,
                              									welche ergaben, daſs diese Aufgabe zu lösen sei. Auſserdem hat Anschütz in neuerer Zeit photographische Thierstudien
                              									hergestellt, welche wahre Musterleistungen von Porträten lebender Thiere sind.
                              									Dieselben haben eine sehr ansehnliche Gröſse (15cm
                              									× 20cm) und stellen Affen, Wildschweine, Füchse u.
                              									dgl. in bewundernswürdiger Lebenswahrheit dar. Bemerkenswert! sind noch die
                              									Aufnahmen des Weitsprunges eines Menschen in der
                              									Wandlung während des Sprunges; eine Wiedergabe der betreffenden 12 Augenblicksbilder
                              									findet sich in der Leipziger Illustrirten Zeitung vom
                              									1. Januar 1887.
                           Die Professoren Saldier und Riegler haben nach der Methode von Prof. Mach
                              									abgeschossene Flintenkugeln im Fluge photographirt und vollkommen scharfe Bilder
                              									erzielt. Die von dem Geschosse verdichtete Luftmasse erscheint deutlich als ein
                              									einhüllendes Rotationshyperboloid. (Vgl. Eder,
                                 										Photographische Correspondenz, 1886 S. 363.)
                           Major Wallace in Ft. Hamilton zu New-York photographirte
                              									einen Schuſs aus einer Dynamitkanone aus 30m
                              									Abstand. Man sieht am Bilde das Geschütz, den Dampf der Explosion und das
                              									davonfliegende Geschoſs, welches 1m lang war und
                              									sich mit 200m Geschwindigkeit bewegte. (Photographisches Wochenblatt, 1886 S. 353.)
                           Lieutenant Harris stellte Momentbilder von Kanonen
                              									während des Abschieſsens her, wovon in Scientific
                                 										American, 1886 Bd. 55 * S. 361 eine sehr interessante Abbildung gegeben
                              									ist, welche einige Erscheinungen bei der Explosion des Pulvers zeigen, die bei
                              									anderen ähnlichen Photographien von Lieutenant David
                              									sowie O. Suck nicht sichtbar sind.
                           O. Suck in Karlsruhe, H.
                                 										Brandseph in Stuttgart u.a. fertigten sehr gelungene Momentbilder von
                              									Militär-Paraden und Manövern, welche sich durch groſse Schärfe bis an den Rand und das
                              									auſsergewöhnlich groſse Format (18cm × 24cm) auszeichnen. Suck
                              									benutzte Aplanate von Suter oder Francais und als Entwickler den Soda-Entwickler.
                           Heliographische Wiedergaben von Augenblicksaufnahmen von Pferden sind in La Nature bezieh. im Bulletin
                                 										de l'Association beige de Photographie, 1886 S. 495 abgebildet.
                           Prof. Marey in Paris setzte seine Studien über die
                              									einzelnen Bewegungen und Stellungen, welche der Mensch in den verschiedenen Stufen
                              									des Laufens, Gehens und Springens annimmt, mit Hilfe der Photographie fort. (Photographisches Archiv, 1886 * S. 169.)
                           In Paris unternahmen Tissandier und Nadar am 2. Juli 1886 eine Auffahrt im Luftballon und
                              									stellten Photographien vom Ballon aus in einer Höhe von 800 bis 1150m her. (Comptes
                                 										rendus, 1886 Bd. 102 S. 224. Photographische
                                 										Mittheilungen, 1886 Bd. 23 S. 128.)
                           Freiherr v. Hagen in Berlin fertigte eine Anzahl von
                              									sehr gelungenen Photographien vom Luftballon aus, welche durch ihre besondere
                              									Deutlichkeit und ansehnliche Gröſse als sehr hervorragende Leistungen auf diesem
                              									Gebiete bezeichnet- werden müssen. Für militärische Zwecke kam es besonders darauf
                              									an, sich zu Höhen zu erheben, bis zu welchen feindliche Geschosse entweder nicht
                              									reichen oder eine geringe Sicherheit des Treffens haben, z.B. 1000m und darüber. Die Aufnahmen wurden in Berlin und
                              									Umgebung gemacht. Ein Bild zeigt die Jubiläumsausstellung, welches in der Gartenlaube, 1886 S. 721 durch Holzschnitt
                              									veröffentlicht wurde.
                           
                        
                           Anwendung der Photographie zu wissenschaftlichen
                                 									Zwecken.
                           In der Ausstellung aus Anlaſs der deutschen Naturforscher-Versammlung in Berlin
                              									stellte Prof. Fritsch in Berlin die Photographien des
                              									Querschnittes und des elektrischen Apparates von elektrischen Fischen aus, welche sowohl durch die auſserordentliche
                              									Sorgfalt der Herstellung der anatomischen Präparate, als die vollkommene technische
                              									Ausführung der Bilder bemerkenswerth sind; ein Theil der mikrophotographischen
                              									Aufnahmen wurde mit Hilfe des Magnesiumlichtes hergestellt. Ferner rühren von Fritsch sehr gelungene Aufnahmen des Vesuvkraters sowie Küstenbilder her, welche nach den
                              									Originalaufnahmen (13cm × 18cm) auf das Doppelte vergröſsert waren.
                           Die Photographie der Netzhaut des Auges von Thieren war
                              									bisher (nach Dr. Stein) nur mit Anwendung von
                              									Chloroform und sehr starken Lichtquellen gelungen. Die Anwendung so starken Lichtes
                              									ist beim lebenden menschlichen Auge ausgeschlossen. Jackmann und Webster machten in dieser
                              									Richtung Versuche; sie fanden Kalklicht zu stark, elektrisches Glühlicht zu schwach,
                              									am besten sogen. Albo-Carbon-Gas; sie veröffentlichten in den Photographic News, 1886 S. 292 sowie im Photographischen Archiv, 1886 S. 180 vier bemerkenswerte Aufnahmen.
                           Beregzászy in Wien machte Mittheilungen über die
                              									Photographie des menschlichen Kehlkopfes, worin er die
                              									Geschichte der betreffenden Methoden und seiner eigenen Methode der
                              									Kehlkopfphotographie ohne Kehlkopfspiegel angibt. Als Lichtquelle dient ein
                              									elektrisches Glühlämpchen (Photographische
                                 										Correspondenz, 1886 S. 364). Dr. SteinVgl. auch S. Th. Stein: Das Licht im Dienste
                                       												wissenschaftlicher Forschung (Halle a. S. 1886). in
                              									Frankfurt a. M. machte aus dieser Veranlassung daselbst S. 461 auf seine früheren
                              									Arbeiten, mit welchen er erfolgreiche Aufnahmen des Kehlkopfes erzielte, aufmerksam
                              									und beschrieb seine neuesten Erfahrungen in Eder's Jahrbuch für Photographie, 1887 S. 257.
                           Im Arsenal zu Woolwich hat man mit Hilfe des elektrischen Lichtes das Innere von Kanonenläufen photographirt, um etwaige
                              									schadhafte Stellen in dem Metalle zu entdecken.
                           Nach Mittheilungen von H. Wedding wird an der Berliner
                              									Bergakademie bei mikroskopischen Eisenuntersuchungen
                              									die Photographie in Anwendung gebracht. Das Eisen erscheint nämlich unter dem
                              									Mikroskope als ein lockeres Gefüge von Krystallen, wobei die Art des Gefüges für die
                              									Bestimmung der Güte des Eisens maſsgebend ist. Die Untersuchung geschieht in der
                              									Weise, daſs das Eisen angeschliffen und geglüht wird; es läuft in verschiedenen
                              									Farben an und die Krystallkörner heben sich auffallend von einander ab. Eine
                              									Feststellung der Beschaffenheit dieses Gefüges ist nur mittels der Photographie
                              									möglich. (Vgl. Stahl und Eisen, 1886 * S. 633. 1887 S.
                              									82, mit Besprechung eines Vortrages. Verhandlungen des
                                 										Vereins zur Beförderung des Gewerbefleiſses, 1886 * S. 293.)
                           Viel Aufsehen erregte die angebliche Auffindung verschütteter
                                 										Bergleute mit Hilfe der Photographie. Gelegentlich einer Verschüttung zu
                              									Chancelade bei Périgueux hatte man sich an den Pariser Photographen Langlois gewendet, um durch Photographie festzustellen,
                              									ob in den unzugänglichen Räumen noch etwas sichtbar ist. Durch ein Bohrloch wurde
                              									ein Rohr eingeführt, welches einen photographischen Apparat und zahlreiche
                              									Glühlampen zur Aufhellung der Umgebung enthielt. Einige so gewonnene Photographien
                              									schienen das Profil eines verschütteten Bergmannes sowie zerbrochene Werkzeuge
                              									abzubilden. Jedoch wurde die Richtigkeit dieser Angaben bezweifeltBulletin de l'Association belge de Photographie,
                                    											1886 * S. 384. Photographisches Wochenblatt,
                                    											1887 S. 6. Photographisches Archiv, 1886 S.
                                    											282. und es stellte sich heraus, daſs das vermeintliche
                              									menschliche Profil ein grell beleuchteter Stein gewesen sei.
                           Selinger in Olmütz stellte eine Reihe sehr gelungener
                              									Blitzphotographien her, welche er freundlichst dem Referenten einsendete; sie zählen zu den besten
                              									Aufnahmen dieser Naturerscheinung, welche überhaupt geliefert wurden. Die Aufnahmen
                              									erfolgten bei Gewittern im Mai 1886.
                           H. v. Reisinger in Wien stellte gelungene
                              									Mikrophotographien von der Textur guſseiserner
                              									Hinterladermörser, von einer eisernen Marinekanone, von einer Stahlpanzerplatte, von
                              									Komma-Bacillen der asiatischen Cholera u. dgl. her.
                           In Paris wendet man jetzt im Municipal-Laboratorium die Mikrophotographie zur
                              									Ermittelung von Verfälschungen des Pfeffers, Mehles und
                              									anderer Handelswaaren an. Die Analyse geschieht mit kleinen Proben der Waare unter
                              									so starkem Lichte, daſs das photographische Mikroskop zur Anwendung kommen kann. Das
                              									so erhaltene Bild ist deutlich und groſs genug, um dem Gerichtshofe die Bestätigung
                              									des Befundes zu ermöglichen. Zugleich ist dem Angeklagten die Möglichkeit geboten,
                              									etwaige Irrthümer des Sachverständigen zur Sprache zu bringen.
                           Nach der Photographischen Correspondenz, 1886 S. 258
                              									macht Villanes den Vorschlag, zur Mikrophotographie,
                              									wenn es sich darum handelt, gefärbte mikroskopische Präparate wieder zu geben, isochromatische Platten anzuwenden. Die Wiedergabe der
                              									Einzelheiten erfolgt viel besser als auf gewöhnlichen Platten. Verfasser empfiehlt
                              									zur Plattenherrichtung eine Lösung von 100cc
                              									Wasser, 1cc Erythrosinlösung (1 : 400) und 0,5 bis
                              										2cc Wasser, worin die Gelatineplatten durch 2
                              									bis 4 Minuten bleiben und dann getrocknet werden. Mit solchen Platten kann man auch
                              									die Beleuchtung des Gegenstandes durch Lampenlicht vornehmen.
                           In der Photographic News, 1886 S. 737 findet sich ein
                              									Bericht über die Linsen für Photomikrographie.
                           Marktonner-Turneretscher in Wien beschreibt seine
                              									Anordnung zur Herstellung von Mikrophotographien bei mäſsiger Vergröſserung als
                              									Hilfsmittel zu naturwissenschaftlichen Forschungen,
                              									z.B. von Seesternen u. dgl. Er weist auf den Nutzen der Zeis'schen „apochromatischen Objective“ hin. (Vgl. Eder's Jahrbuch für
                                 										Photographie und Reproductionstechnik, 1887 S. 182.)
                           Die Anwendung der Photographie zur Spectralanalyse wird
                              									besonders vom Referenten in einer ausführlichen Abhandlung (vgl. Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften, Wien,
                              									Juliheft 1886) beschrieben und eine Anzahl von Spectrumphotographien in Lichtdruck
                              									veröffentlicht. Insbesondere hervorragende Ergebnisse lieferte V. Schumann in Leipzig mit seinen Quarz- und Gitterapparaten, sowie H. W. Vogel,
                                 										Hasselberg in Pulkowa, E. v. Gothard in
                              									Hereny, Lohse in Potsdam u.a.
                           Die Entwickelungsgeschichte der Photogrammetrie
                              									erörterte Pietsch in einem eingehenden Vortrage,
                              									welchen er im Verein für Gewerbefleiſs in Berlin (vgl.
                              										Sitzungsberichte desselben 1886 * S. 76, auch
                              									auszugsweise in den Photographischen Mittheilungen,
                              									1886 Bd. 23 S. 94) hielt.
                           
                        
                           
                           Ueber Bromsilbergelatine.
                           Ueber die Herstellung von Bromsilbergelatine liegen
                              									wenig neue Angaben sondern zumeist nur Mittheilungen über die bereits
                              									veröffentlichten Methoden des Referenten u.a. vor.Im Scientific American, 1886 Bd. 55 S. 49 findet
                                    											sich der Bericht des Referenten über die Fortschritte der Photographie im
                                    											vergangenen Jahre ohne Nennung des
                                    											ursprünglichen Verfassers und der Quelle abgedruckt.
                           Henry London beschreibt im Scientific American Supplement, 1886 S. 8642 die Vorrichtungen und
                              									Methoden zur Herstellung einer Jodbromsilberemulsion
                              									durch Kochen mit Zusatz von Essigsäure, wobei zahlreiche Figuren die Hantirungen
                              									veranschaulichen, ohne daſs neue Gesichtspunkte im Vergleiche mit Eder's Photographie mit
                                 										Bromsilbergelatine (Halle a. S. 1886) geboten würden.
                           Newbury in New-York lenkte die Aufmerksamkeit neuerdings
                              									auf die bekannte Thatsache, daſs ungekochte unempfindliche
                                 										Emulsion wohl sehr unempfindlich ist, aber feine, zarte Landschaftsbilder
                              									mit klaren Schatten gibt. Die Empfindlichkeit der Platten ist aber nur 2 bis 3°
                              									Warnerke und die erforderliche Belichtungszeit 20 mal länger als von sehr
                              									empfindlicher gekochter Emulsion. (Photographic News,
                              									1887 S. 10.)
                           Die Zeitschrift Industries, 1886 S. 622 veröffentlicht
                              									einen Bericht: „The Manufacture of Photographic
                                    											Plates“ und gibt einige allgemein be-merkenswerthe Angaben über die
                              									Methoden der Fabrik Cobb and Sons in Woolwich. Die
                              									Platten werden mit Soda gereinigt, mit einer schwachen Wasserglaslösung dünn
                              									bedeckt, getrocknet und mit Gelatineemulsion überzogen. Benutzt wird hauptsächlich
                              									schweizerische (Winterthurer) oder deutsche Gelatine. Um empfindliche Emulsion
                              									herzustellen, soll bei Cobb die Emulsion 2 bis 12
                              									Stunden bei 50° behandelt werden. Hiermit werden die Platten bedeckt, von welchen
                              									ein geübter Mann 250 bis 300 in der Stunde herstellt. Zur Beleuchtung der
                              									Arbeitsräume bedient man sich in neuerer Zeit des schwachen gelben Lichtes.
                              									Allerdings wirkt rothes Licht in noch geringerem Maſse auf Bromsilber als das gelbe
                              									Licht; aber andererseits ist das letztere für die menschlichen Augen nicht nur
                              									angenehmer, sondern braucht auch nicht sehr zu hell sein, ohne daſs die Arbeiter
                              									durch zu groſse Dunkelheit im Arbeiten behindert werden.
                           Burton gibt in der Photographic
                                 										News, 1886 S. 177 folgende Vorschrift zur Darstellung hochempfindlicher Gelatineemulsion: I) 20 Th.
                              									Silbernitrat, 100 Th. Wasser und soviel Ammoniak, als zur Lösung des anfangs
                              									entstehenden Niederschlages nöthig ist. II) 16 Th. Bromkalium, 1 Th. Jodkalium, 4
                              									Th. Nelsongelatine Nr. 1 und 200 Th. Wasser. III) 30 Th. trockene Gelatine. – Man
                              									erhitzt die Lösung II auf 70° und trägt die kalte Lösung I unter Schütteln ein. Man
                              									stellt 20 Minuten in ein Wasserbad von 50°, läſst langsam abkühlen, trägt III ein,
                              									läſst diese durch 20 Minuten quellen, stellt in Wasser, bis das Schmelzen erfolgt,
                              									worauf man erstarren läſst.
                           
                           Noch höhere Empfindlichkeit erhält man, wenn man im Wasserbade bei 70° digerirt,
                              									häufig schüttelt und nach der Auflösung der Gelatine die Emulsion mit Alkohol
                              									fällt,
                           Henderson berichtet über einen Centrifugalapparat zum
                              									Ausschleudern des Bromsilbers aus Gelatineemulsionen, dessen wesentliche
                              									Construction mit dem vor mehreren Jahren angegebenen Apparat von J. Plener übereinstimmt.Vgl. Eder: Ausführliches Handbuch der
                                       												Photographie, 3. Band: Photographie mit Bromsilbergelatine. (Halle
                                    											a. S. 1886.)
                           Gädike stellte Versuche über das Verhalten des latenten (unsichtbaren)
                              										Lichtbildes in Bromsilbergelatine beim Erhitzen an und fand, daſs Temperaturen von 60 bis
                              									70° dem Bilde nicht schaden, daſs höhere Temperaturen von 85 bis 90° das Bild wohl
                              									nicht zerstören, aber Verschleierung desselben bewirken, während beim längeren
                              									Erhitzen auf 100° allgemeine Reduction im Hervorrufer eintritt. (Photographische Mittheilungen, 1886 Bd. 23 S. 191.)
                           Hydrochinon wurde als Zusatz zu
                              									Bromsilbergelatineplatten empfohlen (vgl. Zusatz von Pyrogallol 1886 260 224) und Biering in
                              									Odense brachte nach dem Photographischen Archiv, 1886
                              									S. 230 so zugerichtete Platten in den Handel.
                           Bei Verpacken der Gelatineplatten wird gewarnt vor
                              									Benutzung verschiedener Papiersorten zum Einschlagen der Platten; selbst
                              									Seidenpapier ist zu verwerfen, da diese Stoffe noch zu viel Wasser gebunden
                              									enthalten. Braunes, mit Schellacklösung getränktes Packpapier sowie Bleifolie
                              									erwiesen sich als die geeignetste Umhüllung. (Nach dem British Journal durch die Papier-Zeitung,
                              									1886 S. 960.)
                           Für die Beurtheilung der Eignung der Gelatine zu
                              									photographischen Prozessen ist die Kenntniſs der Ausdehnung in verschiedenen
                              									Flüssigkeiten von Werth. Abney stellte darüber folgende
                              									Versuche an: Trockene Gelatinefolien dehnen sich in verschiedenem Grade beim
                              									Einweichen in Flüssigkeiten aus. Wird die Länge im trockenen Zustande = 1 gesetzt,
                              									so ergibt sich nach einstündigem Weichen folgende Länge:
                           
                              
                                 Bezeichnung
                                 Wasser
                                 Ammoniak
                                 KohlensauresKali oderNatron
                                 
                              
                                 Nelson Nr. 1
                                 1,2
                                 1,39
                                 1,29
                                 
                              
                                 Autotyp
                                     1,094
                                 1,28
                                 1,21
                                 
                              
                                 Heinrichs (Höchst a. M.)
                                   1,08
                                 1,22
                                 1,15
                                 
                              
                                 Winterthur (Simeons)
                                   1,05
                                 1,14
                                 1,09
                                 
                              
                                 Batty (England)
                                   1,32
                                 1,50
                                 1,42
                                 
                              
                                 X Opaque, Nelson
                                   1,19
                                 1,40
                                 1,17
                                 
                              
                                 Cross und Backwell
                                   1,09
                                 1,24
                                 1,51
                                 
                              
                           Ueber die verschiedenen Anwendungen der Gelatine bringt
                              									die Badische Gewerbezeitung, 1886 Bd. 19 S. 229 nach
                              									einer russischen Quelle folgende Mittheilung: Gelatinefolien werden verwendet zum
                              									Drucke von Bildern,
                              									Visitkarten, künstlichen Blumen o. dgl. Man macht zu diesen Zwecken die Gelatine
                              									durch Zusatz von ¼ Glycerin geschmeidig. Ein Gemisch von 100 Th. Gelatine, 400 bis
                              									500 Th. Glycerin und nach Bedarf 200 Th. Wasser dienen als Hektographenmasse. 1844
                              									stellte zuerst Franchi aus Gelatine und erdigen
                              									Substanzen künstliches Elfenbein her, jedoch erst auf der Wiener Weltausstellung
                              									1873 und der Pariser 1878 erschienen gröſsere Mengen solcher Arbeiten.
                           
                        
                           Negativpapier und Folien.
                           Die Verwendung des mit Bromsilbergelatine überzogenen Papieres (an Stelle der
                              									empfindlichen Glasplatten) gewinnt allmählich an Verbreitung. Vorläufig bedienen
                              									sich in Deutschland allerdings hauptsächlich Liebhaber und etwa noch
                              									Landschaftsphotographen des Negativpapieres.
                           Barclay beschreibt in den Photographischen Mittheilungen, 1886 Bd. 23 * S. 55 eine Vorrichtung, um
                              									Negativpapier in der Cassette gespannt zu halten: Eine
                              									Ebonittafel wird schwach gebogen, das Papier um die Ränder gelegt und mit
                              									Winkelblechen von Messing festgeklemmt. Die federnde Ebonittafel hält dann das
                              									Papier ganz straff und eben.
                           Für Lichtdruck und auch für andere Zwecke des photographischen Druckes dürften die
                              									Bromsilbergelatinepapiere mit abziehbarer Schicht alle Beachtung verdienen. Die
                              									Fabrik von Lumiere in Lyon (Monplaisir-lès-Lyon, 21 Rue
                              									St. Niclas) überzieht homogenes Papier mit Bromsilbergelatine in der Weise, daſs
                              									sich die Bildschicht nach der Fertigstellung der Photographie vom Papiere abziehen
                              									und umgekehrt auf Glas übertragen läſst. (Vgl. Eder in
                              									der Photographischen Correspondenz, 1886 S. 361.)