| Titel: | Ueber Direktschwarz für Schafwolle; von Ferd. Breinl. | 
| Autor: | Ferd. Breinl | 
| Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 487 | 
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                        Ueber Direktschwarz für Schafwolle; von Ferd.
                              								Breinl.
                        Breinl, über Direktschwarz für Schafwolle.
                        
                     
                        
                           Unter den Namen Direktschwarz, Kaiserschwarz,
                                 										Nigrosaline u.s.w. werden seit mehreren Jahren Farbmaterialien in den
                              									Handel gebracht, mit deren Hilfe es möglich ist, Schafwolle auf einem Wasser in schwach saurer Flotte schwarz zu
                              									färben. Da diese Producte immer mehr in Aufnahme kommen, so habe ich einige
                              									derselben näher untersucht und damit Färbeversuche im Kleinen und im Groſsen
                              									angestellt, deren Ergebnisse im Folgenden mitgetheilt sind.
                           Das Direktschwarz kommt entweder in Form dunkler, fast
                              									schwarzer Brode, ähnlich wie festes Blauholzextract, oder auch als ein rothbraunes,
                              									an feuchter Luft zusammenbackendes Pulver in den Handel. Alle diese Präparate lösen
                              									sich selbst in kochendem Wasser nur wenig, in Säure haltigem Wasser dagegen fast
                              									vollständig mit gelbbrauner Farbe auf.
                           Die Analyse verschiedener solcher Produkte ergab, daſs sie im Wesentlichen Gemenge
                              									sind von Blauholzextract mit Eisen- und Kupfervitriol bezieh. Salzburger
                                 										Vitriol. Bei genauer Betrachtung derselben kann man sogar schon mit freiem
                              									Auge kleine Körnchen dieser Vitriole erkennen. Eines von den pulverförmigen
                              									Producten enthielt auch etwas Sumach beigemengt.
                           Bei der quantitativen Analyse eines solchen – allerdings schon ziemlich stark
                              									eingetrockneten – Direktschwarz (Brodform) wurde gefunden ein Gehalt von 22,90 Proc.
                              									Eisenvitriol und 10,20 Proc. Kupfervitriol; demnach berechnet sich der Gehalt an Blauholzextract auf 66,90 Proc. und dieses Product
                              									erscheint als ein Gemenge von 6 Th. Blauholzextract mit 2 Th. Eisen- und 1 Th.
                              									Kupfervitriol.
                           In einem zweiten, pulverförmigen Direktschwarz wurden 42,50 Proc. Eisenvitriol, 19,30
                              									Proc. Kupfervitriol, 38,20 Proc. Blauholzextract gefunden; dasselbe bildet also ein
                              									Gemenge, welches auf 2 Th. festen Blauholzextractes etwa 2 Th. Eisenvitriol und 1
                              									Th. Kupfervitriol enthält. Die pulverförmigen Producte werden jedenfalls durch
                              									Mahlen eines Gemenges von Blauholzextract mit den genannten Vitriolen, die in
                              									Brodform in den Handel kommenden durch Einrühren der gepulverten Vitriole in die –
                              									vielleicht durch Erwärmen dünnflüssig gemachten – Extracte hergestellt.
                           Aus der Zusammensetzung dieser Farbmaterialien erklärt sich nun leicht ihre
                              									unvollständige Löslichkeit in reinem, sowie ihre Löslichkeit in Säure haltigem
                              									Wasser, da bei der Behandlung derselben mit Wasser die in diesem unlöslichen, in
                              									Säuren dagegen leicht löslichen Eisen- und Kupferlacke des Blauholzfarbstoffes
                              									(Hämateïns) entstehen.
                           Die saure Lösung dieser Farbstoffe färbt Wolle bei etwa einstündigem Kochen schön
                              									blauschwarz. Jedoch ist der Erfolg, den man mit denselben erzielt, wesentlich von
                              									dem richtigen Säuregehalte der Farbflotte abhängig. Das beste Ergebniſs erhält man
                              									dann, wenn man dem Farbbade nur so viel Säure zusetzt, als zur Lösung des Farbmaterials gerade
                              									ausreichend ist, so daſs dadurch die Flotte eben klar und gelb – gebrochen – wird.
                              									Bei zu geringem Säuregehalte bleibt die Flotte trüb grauschwarz; sie gibt beim
                              									Färben kein tiefes Schwarz, sondern nur mehr oder weniger dunkle, graue Farben,
                              									welche auch stark abruſsen, da ein groſser Theil der ungelösten Farblacke bloſs
                              									oberflächlich auf den Fasern abgeschieden wird. Enthält das Farbbad einen geringen
                              									Ueberschuſs von Säure, so erhält man damit noch immer ein – wenn auch etwas
                              									rothstichiges – Schwarz, das durch Soda, Ammoniak u.s.w. in eine brauchbare Farbe
                              									übergeführt werden kann. Doch ist in diesem Falle zur Erreichung eines tiefen
                              									Schwarz ein gröſserer Aufwand an Farbmaterial nöthig, da stärker saure Flotten nicht
                              									ausgezogen werden, und ruſsen die in solchen gefärbten Waaren auch ziemlich stark
                              									ab, besonders wenn man nicht auf frischem Wasser mit Soda u.s.w. behandelt, sondern
                              									letztere dem Farbbade selbst zusetzt. Ein groſser Säureüberschuſs kann das Anfallen
                              									der Farbe vollständig verhindern, so daſs man mit Flotten, welche einen solchen
                              									enthalten, entweder bloſs lichtgraue oder sogar nur miſsfarbige braune Töne erhält,
                              									während die Hauptmenge des Farbstoffes in Lösung bleibt.
                           Was nun die Verwendung des Direktschwarz im Groſsen anlangt, so verfährt man am
                              									besten so, daſs man auf je 100k Wolle oder
                              									Wollstoffe 15 bis 20k von dem Farbmateriale (je
                              									nach der Güte desselben) unter Zusatz der richtigen Säuremenge kochend löst, die
                              									Flotte, nachdem sie klar und gelbbraun geworden, abschreckt, dann mit der Waare
                              									eingeht, langsam zum Kochen bringt und 1 bis 1½ Stunden kochen läſst.
                           Von Säuren, welche zur Lösung dieser Farbmaterialien dienen können, eignet sich am
                              									vortheilhaftesten die Oxalsäure, deren Verwendung auch von den Fabrikanten dieser
                              									Producte empfohlen wird; doch lassen sich auch mit Schwefelsäure – allerdings bei
                              									etwas gröſserer Vorsicht in der Zugabe derselben – ganz gute Ergebnisse erzielen.
                              									Daſs Weinsäure und Weinstein ebenso, wo nicht noch besser, sich eignen wie
                              									Oxalsäure, ist wohl selbstverständlich; doch werden dieselben wegen ihres höheren
                              									Preises seltener in Verwendung kommen.
                           Ueber die Menge der Säure, welche der Farbflotte zugesetzt werden muſs, lassen sich
                              									nur allgemeine Angaben machen. Dieselbe ist in erster Linie abhängig von dem Gehalte
                              									des zum Färben verwendeten Wassers an kohlensauren alkalischen Erden (Kalk und
                              									Magnesia), d. i. von der sogen. temporären Härte desselben, ferner aber auch von der
                              									Menge des verbrauchten Farbmaterials sowie von der Zusammensetzung, insbesondere von
                              									dem Eisenvitriolgehalte desselben. Je groſser die temporäre Härte des Wassers ist,
                              									je mehr Farbstoff man verwendet und je groſser der Vitriol-, hauptsächlich der
                              									Eisenvitriolgehalt des letzteren ist, desto mehr Säure muſs man der Flotte zugeben.
                              									Bei Verwendung eines
                              									weichen Wassers wird man in der Regel mit 1 bis 2 Proc. Oxalsäure vollständig
                              									ausreichen.
                           Es wäre nur noch zu bemerken, daſs, falls man bei den ersten Versuchen einmal zu viel
                              									Säure gegeben haben sollte, sich dieser Fehler durch Zusatz von Soda, Ammoniak
                              									u.s.w. bis zur eben eintretenden schwachen Trübung der Flotte leicht berichtigen
                              									läſst. Sollte andererseits die schon einmal richtig gestellte Flotte beim
                              									Abschrecken mit hartem Wasser, oder beim Eintragen von Waare, welche noch alkalische
                              									Rückstände (Soda u.s.w.) enthält, sich wieder trüben und schwarz färben, so ist es
                              									nothwendig, sie durch vorsichtige Zugabe von Säure zu brechen. Beim Färben von loser
                              									Wolle oder von Stücken im Apparate ist es hierbei gar nicht erforderlich, die Waare
                              									erst herauszunehmen.
                           Bei Verwendung der entsprechenden Menge von Farbmaterial und Säure erhält man also
                              									auf diese Weise ein sehr schönes Blauschwarz und durch Zusatz von Gelbholzextract zur Flotte kann man auch ein sehr
                              									tiefes Kohlschwarz erzielen. Dabei ist freilich noch zu berücksichtigen, daſs die
                              									von verschiedenen Fabrikanten gelieferten Farbmaterialien nicht immer dieselbe
                              									Zusammensetzung besitzen und daſs man daher bei Verwendung gleicher Mengen dieser
                              									verschiedenen Fabrikate weder dieselbe Tiefe, noch denselben Ton der Farbe erhält.
                              									Es wird daher bei Benutzung eines neuen derartigen Productes eine Probefärbung stets
                              									angezeigt sein.
                           Diese mit Direktschwarz hergestellten Farben haben vor dem nach dem alten Verfahren
                              									auf einem WasserDurch Ankochen der Wolle mit Blauholz oder dessen Extract (mit oder ohne
                                    											Schmack) und nachherigen Zusatz von Eisenvitriol oder Eisen- und
                                    											Kupfervitriol. gefärbten, sogen. Ordinärschwarz den Vorzug, daſs
                              									sie nicht so grau, sondern bedeutend tiefer sind und daſs die Waare, wenn die Färb
                              									flotte nicht zu viel Säure enthielt, weder so stark abruſst, noch einen so barschen
                              									Griff besitzt, weil nicht so viel Farblack oberflächlich auf den Fasern haftet.
                              									Ueberhaupt stehen diese Farben den durch Sieden mit Eisen- und Kupfer- oder
                              									Salzburgervitriol und nachheriges Ausfärben mit Blauholz erhaltenen kaum nach.
                           Da die Herstellung einer den meisten Anforderungen genügenden schwarzen Farbe mit
                              									diesen Farbmaterialien auſserdem auch billiger zu stehen kommt als die eines
                              									gesottenen Schwarz, so finden dieselben eine immer gröſsere Aufnahme in der Praxis
                              									und stehen besonders in Deutschland zum Färben von loser Wolle und von Garnen
                              									vielfach in Verwendung. Wahrscheinlich ist auch das in England unter dem Namen Bonsor's Schwarz bekannte
                              									Farbmaterial, von welchem Prof. Hummel in einer Sitzung
                              									der Society of Dyers erwähnte, „daſs dabei Blauholz
                                 										mit Kupfer- und Eisenbeize verwendet zu werden scheint“, ein ähnliches
                              									Product.
                           
                           Aus der Analyse und dem über die Verwendung der als Direktschwarz u.s.w. bezeichneten
                              									Farbmaterialien Gesagten geht hervor, daſs man Schafwolle mit Blauholz bezieh.
                              									dessen Extract, Eisen- und Kupfervitriol auf einem Wasser in
                                 										saurer Flotte schwarz färben kann, ebenso wie z.B. roth oder gelb mit Quercitron oder Cochenille
                              									und Zinnbeizen, nur mit dem Unterschiede, daſs bei Herstellung dieser Farben ein
                              									kleiner Säureüberschuſs in der Flotte – wenn dieser auch den Ton der Farbe etwas
                              									verändert – doch nicht so nachtheilig wirkt wie bei Schwarz, dessen Entwickelung
                              									durch einen gröſseren Säuregehalt der Flotte vollständig verhindert werden kann. Die
                              									Zinnlacke des Quercetins und der Carminsäure sind eben in Säuren viel schwerer
                              									löslich als die Eisen- und Kupferlacke des Hämateïns. Da man nun bei allen
                              									Ausfärbungen von Wolle sowie von Gewebsfasern überhaupt bemerken kann, daſs die
                              									Farbstoffe um so vollständiger und rascher ausgezogen werden, je schwerer löslich
                              									sie sind, so ist es begreiflich, daſs beim Färben mit Direktschwarz die Affinität
                              									der Farblacke zur Faser durch einen Säureüberschuſs vermindert und sogar vollständig
                              									aufgehoben werden kann.
                           Diese Möglichkeit, Schafwolle mit Blauholzextract auf einem Wasser auch so färben zu
                              									können, daſs man die Vitriole gleich zu Anfang dem Farbbade zusetzt, dieses aber
                              									behufs Lösung der entstehenden Farblacke entsprechend ansäuert, schien mir wichtig
                              									genug, darüber verschiedene Versuche anzustellen, deren Ergebnisse ich hier
                              									mittheilen will, da sie gewiſs auch für manchen Praktiker von Interesse sein
                              									werden.
                           Um zunächst die Wirkungsweise der einzelnen Vitriole kennen zu lernen, wurden
                              									Ausfärbungen von Schafwolle mit Blauholzextract unter Zusatz von nur einem der
                              									beiden Vitriole gemacht. Dabei erhielt ich bei Anwendung von Kupfervitriol allein
                              									immer grünstichige Farbentöne bis zu einem tiefen
                              									grünlichen Schwarz beim Färben mit:
                           
                              
                                 10
                                 bis
                                 12
                                 Proc. Blauholzextract Ia 30° B.
                                 
                              
                                 4
                                 bis
                                   5
                                 Proc. Kupfervitriol
                                 
                              
                                 1
                                 bis
                                   1½
                                 Proc. Oxalsäure,
                                 
                              
                           bei alleiniger Verwendung von Eisenvitriol dagegen roth- bezieh. violettstichige graue bis schwarze Farben und ein tiefes „Schwarz
                                 										pensée“ beim Färben mit:
                           
                              
                                 12
                                 bis
                                 15
                                 Proc. Blauholzextract Ia 300 B.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 5
                                 Proc. Eisenvitriol
                                 
                              
                                 1½
                                 bis
                                 2
                                 Proc. Oxalsäure.
                                 
                              
                           Beim Färben in Glasgefäſsen, demgemäſs auch beim Färben im Groſsen in Holzgefäſsen,
                              									wurden die Farben immer mehr roth als beim Färben in Kupferkesseln, offenbar
                              									deshalb, weil sich in letzterem Falle etwas Kupfer gelöst und als grünlicher
                              									Hämateïnlack in den Fasern ausgeschieden hatte. Es ist daher begreiflich, daſs man
                              									bei Verwendung eines Gemenges beider Vitriole je nach dem Mengenverhältnisse
                              									derselben verschiedene Töne von Blauschwarz herstellen kann und daſs durch vermehrten Zusatz von
                              									Kupfervitriol der violette Stich des reinen Eisenschwarz immer mehr gedeckt wird.
                              									Der Kupfervitriol spielt also hier eine ähnliche Rolle wie das Gelbholz und dessen
                              									Extracte, wenn es auch nicht in dem ausgiebigen Maſse wirkt wie diese, da die Eisen-
                              									und Kupferlacke der Gelbholzfarbstoffe doch noch weit grüner gefärbt sind als der
                              									Kupferlack des Hämateïns. Durch Zusatz von Gelbholzextract zur Farbflotte lassen
                              									sich die auf diese Weise zu erhaltenden Farbentöne noch vermehren und läſst sich
                              									dadurch insbesondere ein tiefes Kohlschwarz erzielen. So wurden beim Ausfärben von
                              									Wolle mit:
                           
                              
                                 10
                                 bis
                                 15
                                 Proc. Blauholzextract
                                 
                              
                                 
                                 
                                 5
                                 Proc. Eisenvitriol
                                 
                              
                                 1
                                 bis
                                 3
                                 Proc. Kupfervitriol
                                 
                              
                           unter Zusatz der entsprechenden Menge von Oxalsäure
                              									verschiedene sehr satte Blauschwarz erhalten, welche alle weder einen so rothen
                              									Stich besaſsen, noch auch so grünlich waren als die mit Kupfervitriol allein
                              									erzeugten Farben. Ich habe nach diesem Verfahren sowohl lose Wolle, als auch Garne
                              									und Stücke im gröſseren Maſsstabe gefärbt und dabei sehr befriedigende Ergebnisse
                              									erhalten.
                           Die schon einmal benutzten Farbflotten lassen sich natürlich noch zum Ausfärben
                              									weiterer Posten verwenden und ist selbstverständlich bei den folgenden Ausfärbungen
                              									nur ein geringerer Zusatz von Blauholzextract und Vitriolen, insbesondere aber von
                              									Säure nothwendig.
                           Zum Schlusse sei noch erwähnt, daſs man nach dem hier beschriebenen Verfahren –
                              									nämlich durch Ausfärben mit Blauholzextract, Eisen- und Kupfervitriol in schwach
                              									saurer Flotte – bei Anwendung einer geringeren Menge von Farbstoff und Vitriolen,
                              									als zur Erzeugung von Schwarz nöthig ist, verschiedene blaugraue, bei gleichzeitiger
                              									Verwendung von Gelbholzextract auch grüne (thee-, stein-, schlammgrüne) Farben töne
                              									erhalten kann. Insbesondere lassen sich mit Kupfervitriol allein (ohne Eisenvitriol)
                              									und den genannten Extracten derartige Farben von so stark blauem Tone herstellen,
                              									wie man sie sonst walkecht nur durch Anblauen der Waare
                              									in der Küpe oder Sieden mit chromsauren Salzen erzielen kann.
                           Färberei-Laboratorium der k. k. Staatsgewerbeschule in Bielitz,
                              									Februar 1887.