| Titel: | Die Fabrikation des Methylviolett; von Dr. Otto Mühlhäuser. | 
| Autor: | Otto Mühlhäuser | 
| Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 37 | 
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                        Die Fabrikation des Methylviolett; von Dr. Otto
                              								Mühlhäuser.
                        Mühlhäuser, über die Fabrikation des Methylviolett.
                        
                     
                        
                           Der Entdecker des Methylviolett ist Ch. Lauth, der im J.
                              									1860 das Methylanilin der Einwirkung solcher Oxydationsmittel unterwarf (vgl. 1861
                              										159 451), welche technisches Anilinöl in Rosanilin
                              									überführten. Lauth gelangte bei seinen Untersuchungen
                              									zu einem violetten Farbstoffe, hielt jedoch die Fortsetzung seiner Versuche nicht
                              									lohnend, da ihm die Lichtbeständigkeit seiner Farbstoffe – im Vergleiche zu
                              									derjenigen der damals fast allein in Verwendung kommenden natürlichen Farbstoffe –
                              									zu gering erschien.
                           Bald nach Lauth's Entdeckung gelang es A. W. Hofmann, technisches Kosanilin durch Methylirung
                              									in Violett überzuführen (vgl. 1864 172 306). Das nach Hofmanns Methode hergestellte Violett kam bald darauf
                              									in den Handel. Diese Thatsache mag wohl Lauth bewogen
                              									haben, seine früheren Versuche wieder aufzunehmen, deren Ausführung durch die
                              									erfolgte technische Herstellung des Methylanilins durch Bardy wesentlich gefördert wurde. Lautes
                              									Versuche endigten mit der Einführung der Violettfabrikation in der Farbenfabrik von
                              										Poirrier und Chappat in St. Denis, welches Haus
                              									lange Zeit allein das Violett erzeugte und als „Violet de
                                    											Paris“ in den Handel brachte.
                           Nach der von Lauth in Vorschlag gebrachten Methode
                              									erhält man das Violett durch Oxydation des mit Sand
                                 										verdünnten und so in möglichst groſser Oberfläche dargebotenen Methylanilins
                                 										durch ein KupfersalzDas Kupferchlorid wurde von Caro und Dale in die Farbentechnik als Oxydationsmittel
                                    											eingeführt.
                              									bei Gegenwart von Salpetersäure, Die mit Schaufeln
                              									gemischten Stoffe wurden in Formen gepreſst und die so erhaltenen Brode bei einer
                              									mäſsigen Temperatur in der Trockenkammer oxydirt. Die fertig gebackenen,
                              									bronzegelben Brode wurden entsalzt und die zurückbleibende Kupferviolettverbindung
                              									mit Schwefelnatrium zersetzt. Durch Filtration, Aufnahme des Rückstandes in
                              									verdünnter Salzsäure und Filtration wurde eine Farbstofflösung erhalten, aus welcher
                              									man den Farbstoff mit Kochsalz abscheiden und gewinnen konnte.
                           In der Folge ersetzte man die Salpetersäure durch chlorsaures Kali (Durand und Girard), dann
                              									durch Essigsäure (Bindschedler und Busch), den lästigen Sand aber durch Kochsalz. Im
                              									Uebrigen blieb die Fabrikation dieselbe; man mengte die Materialien mit der Hand,
                              									d.h. eben unvollkommen.
                              									Nach dieser viel zu wünschen übrig lassenden Mischmethode konnte selbst bei
                              									Anwendung von Oxydationsmischungen, die bei Versuchen im Kleinen höchste Ausbeute
                              									ergaben, im Groſsen eine höhere Ausbeute nicht erhalten werden. Bei der Mischung mit
                              									Hand zog sich – selbst wenn gut gemischt wurde – nach kurzer Zeit ein Theil des
                              									Methylanilins in die untersten Schichten der Brode, die Masse entmischte sich also
                              									wieder; auch war der Verlust durch Verdunstung des Methylanilins in der
                              									Trockenkammer unter den gegebenen Umständen ein nicht unbedeutender. Man begegnete
                              									diesen Uebelständen durch Vornahme der Oxydation in einer eisernen Trommel, deren
                              									eiserner Mantel durch Anwärmen mit Dampf oder Abkühlen mit Wasser eine Regelung der
                              									Temperatur der Oxydationsmasse gestattete, durch deren der Zähigkeit der Masse
                              									angepaſstes, eisernes Rührwerk eine vollkommene Mischung der Materialien im
                              									abgeschlossenen Raume bewerkstelligt wurde.
                           Die Fabrikation von Violett nach neuer Methode umfaſst folgende Arbeiten: 1)
                              									Oxydation, 2) Entsalzung, 3) Schwefelung, 4) Trennung des Farbstoffes vom
                              									Schwefelkupfer als salzsaures Salz, 5) Gewinnung des Rohviolett und 6)
                              									Reindarstellung des Violett.
                           Bei einer Tageserzeugung von 85k
                              									benöthigt man folgende Apparate:
                           5 gußeiserne, wagerecht liegende, mit
                              									starkem Rührwerk versehene eiserne Cylinder, sogen. Trommeln-, letztere sind bis zur halben Höhe mit einem
                              									Kühlmantel umgeben, welcher mit der Dampf- und Wasserleitung in Verbindung steht.
                              									Die Trommel liegt mit ihren eigenen Zapfen in 2 Lagerböcken und kann darin mittels
                              									einer Schraube ohne Ende so gedreht werden, daſs das während der Oxydation dem Boden
                              									abgekehrte Mannloch behufs Entleerung der Trommel dem Boden zugekehrt ist.
                           Einen groſsen eisernen Cylinderkessel
                              										2m hoch und von 2m Durchmesser; derselbe besitzt ein Rührwerk und ist oben durch ein weites
                              									Arbeitsloch zugänglich. Das Ablassen von Flüssigkeit gestatten 2 Hähne, von denen
                              									der eine am Kessel, der andere am Deckel des am Boden angebrachten Mannloches
                              									aufsitzt. Dieser Kessel dient zum Entsalzen der Violettmasse.
                           Ein groſser Filterkasten von ungefähr
                              										800l Inhalt.
                           Ein Schwefelungskessel, genau so
                              									beschaffen wie der Entsalzungskessel, dazu einen Schwefelwasserstoff-Entwickler, bestehend aus dem
                              									Entwickelungsgefäſse, einem mit Rührwerk versehenen Eisenkessel, und dem
                              									Gaswäscher.
                           Ein groſses Kastenfilter, wie eben
                              									beschrieben.
                           Eine groſse Holzbütte mit Rührwerk
                              									und 3000l Inhalt.
                           4 eiserne Wannen, zur Aufnahme der
                              									Rohviolettlösungen. Diese Wannen haben einen muldenförmigen Boden mit versenkten
                              									Nietköpfen. Der Boden gestattet das Ansammeln von Violett auf kleinem Raume. Inhalt
                              									eines Kastens 5000l.
                           Eine Umkochbütte, Inhalt 3000l, nebst Filterkasten
                              									zur Filtration der Lösung.
                           2 Reinfarbwannen derselben
                              									Einrichtung wie die Rohfarbwannen. Inhalt 5000l.
                           Eine Trockenpfanne aus Kupfer, etwa
                              										120cm im Durchmesser und 40cm Tiefe.
                           Ein Mahlgang.
                           Eine Trockenstube.
                           Bei Vornahme der Oxydation des Methylanilins in Trommeln hat man sich zu allererst
                              									einer Oxydationsmischung von Kochsalz, KupfervitriolDer Kupfervitriol kann auch durch die äquivalente Menge Kupferchlorid ersetzt
                                    											werden; man wendet indessen besser den billigeren Kupfervitriol an, da
                                    											letzterer sich mit dem Kochsalze umsetzt: CuSO4 + 2 NaCl = CuCl2 + Na2SO4.und 50 procentiger Essigsäure bedient; später oxydirte man
                              									mit einer Mischung von
                              									Kochsalz, Kupfervitriol und chlorsaurem Kali. In neuester Zeit verwendet man mit
                              									bestem Erfolge eine Mischung von Kupfervitriol, Kochsalz und Phenol.
                           
                        
                           Oxydation.
                           (1. Tag): In jede der 5 eisernen Trommeln kommen des Morgens 175k getrocknetes und fein gemahlenes Kochsalz,
                              									welches man durch das Arbeitsloch mittels einer Schaufel einschöpft. Nach der
                              									Salzeingabe setzt man das Rührwerk in Gang. Zu dem durch Umrühren in Bewegung
                              									gehaltenen Kochsalze gibt man 10k fein gemahlenen
                              									und gesiebten Kupfervitriol zu. Der äuſsere Mantel wird nun mit kaltem Wasser
                              									angefüllt und letzteres mit Dampf zum Kochen gebracht. Sobald das Wasser kocht,
                              									stellt man den Dampf ab. Durch 5 bis 10 Minuten langes Rühren erhält man eine innige
                              									Mischung von Salz und Vitriol. Zu dieser Salzmischung setzt man ein Gemisch von 8k Phenol und 2l
                              									Wasser. Die Flüssigkeit wird alsbald von der Salzmasse angesaugt und durch 10
                              									Minuten langes Umrühren gleichmäſsig in der ganzen Masse vertheilt.
                           Zur Oxydationsmischung gieſst man nun 20k
                              									Methylanilin unter Inganghaltung des Rührwerkes ein. In dieser Weise werden die 5
                              									Trommeln innerhalb ½ Stunde beschickt:
                           
                              
                                 Trommel
                                 Steinsalz
                                 Kupfervitriol
                                 Phenol
                                 Methylanilin
                                 
                              
                                 I
                                 175
                                 10
                                   8
                                   20
                                 
                              
                                   II
                                 175
                                 10
                                   8
                                   20
                                 
                              
                                   III
                                 175
                                 10
                                   8
                                   20
                                 
                              
                                   IV
                                 175
                                 10
                                   8
                                   20
                                 
                              
                                  V
                                 175
                                 10
                                   8
                                   20
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 –––––
                                 –––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 875
                                 50
                                 40
                                 100
                                 
                              
                           Das Laden der Trommel erfordert etwa ½ Stunde Zeit. Nachdem man den Inhalt der
                              									Trommeln durch etwa 2 bis 3 Minuten langes Erhitzen mit Dampf auf 55° gebracht hat,
                              									schlieſst man die Trommeln durch Aufsatz eines Deckels und läſst 2½ Stunden bei
                              									geschlossenem Apparate die Oxydation unter Umrühren und Einhaltung einer Temperatur
                              									von 55 bis 60° vor sich gehen. Nach Verlauf von ungefähr 2½ Stunden, d.h. wenn die
                              									Masse nicht mehr dampft, hebt man die Deckel ab und arbeitet nun unter denselben
                              									Bedingungen und bei Luftzutritt noch weitere 5½ Stunden. Nach Verlauf dieser Zeit,
                              									also nach etwa 8 Stunden, ist alles Methylanilin in Violett übergeführt; die erst
                              									flüssige, dann klebrige Masse ist endlich zähe geworden und bleibt am Finger nicht
                              									mehr hängen, d.h. schmilzt nicht mehr bei Hand wärme, was den Endpunkt der Oxydation
                              									anzeigt.
                           Die Temperatur wird am besten während der ganzen Dauer der Oxydation auf 55 bis 60°
                              									gehalten; man muſs daher von Zeit zu Zeit eine zu hohe oder zu niedere Temperatur
                              									durch Eintretenlassen von Dampf oder Wasser aufs richtige Maſs zurückführen. Die
                              									Temperaturverhältnisse bei 8 stündigem Gange und bei der angegebenen Beschickung
                              									stellten sich bei der Beobachtung einer Trommel folgendermaſsen:
                           
                           
                              
                                 Temperatur
                                 der. 10 Minuten lang durchgerührten Masse
                                   36°
                                 
                              
                                 „
                                 am Anfange der
                                 2. Stunde
                                 58
                                 
                              
                                 
                                 
                                 3.     „
                                 59
                                 
                              
                                 
                                 
                                 4.     „
                                 56
                                 
                              
                                 
                                 
                                 5.     „
                                 55
                                 
                              
                                 
                                 
                                 6.     „
                                 52
                                 
                              
                                 
                                 
                                 7.     „
                                 57
                                 
                              
                                 
                                 
                                 8.     „
                                 55
                                 
                              
                           Die nach Vermischung der Materialien dunkel und miſsfarbig gewordene Masse wird
                              									später goldglänzend. Ist die Oxydation beendet, so kühlt man – um die Masse leichter
                              									der Trommel entnehmen zu können – von auſsen ab, indem man Wasser in den Kühlmantel
                              									eintreten läſst. Die goldglänzende Masse wird hierbei zähe. Man stellt das Rührwerk
                              									ab und neigt nun die cylindrische Trommel derart, daſs das anfangs dem Boden
                              									abgewendete Mannloch dem Boden zugekehrt wird. Man setzt das Rührwerk in Gang, die
                              									Masse fällt dann von selbst, durch das Rührwerk ausgetrieben, in einen unterstellten
                              									Karren. In dieser Weise werden alle 5 Trommeln entleert. Die weiche Masse überführt
                              									man auf einen mit Steinplatten belegten Boden und bringt sie dort durch Auflegen von
                              									Brettern und Aufstampfen in Kuchenform. Den groſsen 10 bis 12cm dicken Kuchen läſst man über Nacht
                              									erkalten.
                           (2. Tag): Der vollständig hart gewordene Kuchen wird in faustgroſse Stücke
                              									zerschlagen. Dieses Zerkleinern der Masse wird von einem Arbeiter mittels Holzhammer
                              									vorgenommen und geht namentlich bei kühlem Wetter rasch vor sich. Gleichzeitig
                              									bereitet man noch eine Kalkmilch aus 40k gut
                              									gebranntem Kalke und 200l Wasser. Nach dem Löschen
                              									des Kalkes wird die erhaltene Milch durch ein Sieb laufen gelassen, welches gröſsere
                              									Stücke von Steinen und todtgebranntem Kalke, wenn solche vorhanden sein sollten,
                              									zurückhält.
                           
                        
                           Entsalzung.
                           (3. Tag): In den 6000l haltenden Mischapparat
                              									kommen 3000l Wasser; dazu gibt man unter Umrühren
                              									die aus 40k Kalk bereitete Kalkmilch durch das
                              									Mannloch ein. Zu der durch ein starkes, eisernes Rührwerk in Bewegung und
                              									Gleichförmigkeit gehaltenen Milch bringt man die den 5 Trommeln entnommenen und in
                              									Stückform gebrachte Oxydationsmasse eimerweise, d.h. allmählich ein. Phenol und Salz
                              									gehen in Lösung, Violett, Kupferoxydhydrat und Gyps fallen aus. Nach mehrstündigem
                              									Umrühren ist die Lösung des Salzes und die Zersetzung des Kupferviolett vollständig.
                              									Man erfährt das Ende des Prozesses am schnellsten und zweckmäſsigsten durch
                              									Befühlung des Kesselbodens mittels einer langen Stange. Begegnet der Stange am Boden
                              									ein Hinderniſs in Form von groſsen Stücken, so ist eben noch unangegriffene Masse
                              									vorhanden, wenn nicht, so ist die Lösung und Zersetzung vollkommen und das Rührwerk
                              									kann abgestellt werden. Die Masse wird über Nacht der Ruhe überlassen; es findet
                              									dann eine Scheidung in salzige Flüssigkeit und schlammigen Rückstand statt. Man kann daher beide den
                              									nächstfolgenden Tag leicht durch Decantiren trennen.
                           (4. Tag): Am Umsetzkessel befinden sich zwei weite Hähne, von denen der eine
                              									unmittelbar am Kessel – in einer vom Boden richtig gewählten, dem Verhältnisse von
                              									Bodensatz und darüber stehender Salzlauge entsprechenden Entfernung – sitzt, so
                              									zwar, daſs durch denselben nur Salzwasser, kein Schlamm ablaufen kann. Der zweite
                              									Hahn ist auf einem Deckel angebracht, welcher ein dicht am Boden befindliches
                              									Mannloch abschlieſst. Will man den Kessel entleeren und den Inhalt filtriren, so
                              									läſst man erst das Salzwasser durch Oeffnen des oberen Hahnes durch ein groſses
                              									Wollfilter ablaufen. Ist dies geschehen, so setzt man das Rührwerk in Gang und
                              									öffnet den unteren Hahn, schlieſslich, wenn dem unteren Hahne nur noch wenig Schlamm
                              									entläuft, das Mannloch. Durch Einspritzen von kaltem Wasser in den Kessel wird
                              									derselbe ausgewaschen und so die letzte Menge Rückstand ausgewaschen. Nach dem
                              									Abtropfen des Niederschlages, das man durch Umrühren begünstigt, wird der Schlamm in
                              									den mit 3000l Wasser angefüllten Kessel
                              									zurückgebracht, einige Zeit durchgerührt, absitzen gelassen und decantirt. Man
                              									bringt den Schlamm wieder mit Wasser auf ein Volumen von 3000l, mischt und decantirt nochmals. Den vollständig
                              									aufs Filter gebrachten Rückstand läſst man über Nacht vollkommen abtropfen.
                           
                        
                           Schwefelung.
                           (5. Tag): Den schwarzen feinkörnigen Filterrückstand bringt man – nachdem der
                              									Schwefelungskessel, welcher genau wie der Entsalzungskessel beschaffen und
                              									aufgestellt ist, mit 3000l Wasser angefüllt wurde
                              									– unter Umrühren zum Wasser. Man schlieſst den Kessel, hält das Rührwerk in Gang und
                              									leitet mit Wasser gewaschenen, aus Sodaschlamm und Salzsäure bereiteten
                              									Schwefelwasserstoff in den Kessel ein. Nach etwa 3 stündigem Einleiten ist die Masse
                              									geschwefelt, alles Kupfer in CuS verwandelt, eine nachherige Trennung der in
                              									Salzsäure löslichen Violettbase von dem in Salzsäure unlöslichen Schwefelkupfer
                              									möglich. Eine der Masse entnommene und nach heftigem Durchschütteln in der
                              									Reagirröhre noch nach Schwefelwasserstoff riechende Probe zeigt den Endpunkt der
                              									Schwefelung an. Man öffnet das Mannloch des Kessels, stellt das Rührwerk ab und
                              									überläſst den Kesselinhalt einige Zeit der Ruhe. Dann wird decantirt und durch ein
                              									dem Kessel vorgelegtes Wollfilter filtrirt. Ein goldglänzender feiner Schlamm, aus
                              									Schwefelkupfer und Violettbase bestehend, bleibt auf dem Filter zurück. Der
                              									Rückstand tropft über Nacht vollkommen ab.
                           
                        
                           Trennung des Farbstoffes vom Schwefelkupfer.
                           (6. Tag): Ein 3000l haltender, mit eisernem
                              									Rührwerke versehener Holzbottich wird mit 1500l
                              									Wasser angefüllt. Dazu rührt man den geschwefelten Rückstand ein und versetzt mit
                              										40k Salzsäure von 21° B.
                           
                           Man erhitzt alsbald zum Sieden mittels einströmenden Dampfes und kocht etwa 10
                              									Minuten lang. Der gröſste Theil des Violett geht in Lösung. Man läſst absitzen und
                              									filtrirt mittels eines in den Bottich geworfenen weiten Hebers durch ein Wollfilter
                              									in einen eisernen Kasten ab. 3 weitere Bäder, welche man dem im Bottich
                              									zurückbleibenden Rückstande gibt, entziehen demselben vollends sämmtlichen
                              									brauchbaren Farbstoff. Das erste Bad wird mit 800l
                              									Wasser und 10k Salzsäure, das zweite und dritte
                              									Bad mit je 500l Wasser und 5k Salzsäure vorgenommen. Manchmal genügen auch
                              									schon zwei weitere Auszüge. Ob sich ein weiterer Auszug lohnt, zeigt die mehr oder
                              									weniger stark gefärbte Farbbrühe des zuletzt gemachten Bades. Ist letztere stark, so
                              									macht man noch einen Auszug, wenn nicht, so unterläſst man eine weitere Extraction.
                              									Nach jedem Bade filtrirt man in der eben beschriebenen Weise durch ein Doppelfilter
                              									in den unten stehenden eisernen Kasten ab.
                           
                        
                           Gewinnung des Rohviolett.
                           Den Rückstand gibt man verloren. Zum vereinten Filtrate wird unter Umrühren eine
                              									gesättigte und vorher filtrirte Kochsalzlösung zugesetzt, wobei das Violett
                              									ausfällt. Man fügt soviel Kochsalzlösung zu, bis ein in die Lösung getauchter
                              									Streifen Filtrirpapier nicht mehr gefärbt erscheint, also kein Farbstoff mehr in
                              									Lösung ist. Das Violett fällt zu Boden und flieſst in der noch warmen Salzlösung
                              									zusammen, am Boden des Kastens ein zähes canthariden glänzendes Harz bildend.
                           (7. Tag): Die in der Wanne über dem Violett stehende, noch warme Salzlösung wird
                              									durch Oeffnen eines wenig über der Oberfläche des Violettharzes an der Auſsenwand
                              									angebrachten Hahnes durch ein Filter abflieſsen gelassen. Den letzten Rest des
                              									Wassers entfernt man vom Violett, indem man von innen aus einen Trichter in die
                              									Ausfluſsöffnung steckt und die letzten Mengen Salzwasser mit einem Schöpfer in den
                              									in die Hahnröhre gesteckten Trichter einschöpft. Da die Wanne geneigt aufgestellt
                              									ist, das Wasser also von oben nach dem unten befindlichen Hahne zuläuft, so kann
                              									diese Trennung sehr rasch von einem in die Wanne gestiegenen Arbeiter beendet
                              									werden. Nach Trennung von. der Flüssigkeit schöpft man das Rohviolett in Blecheimer
                              									und schafft es in die mit Wasser angefüllte Reinbütte, in welcher es umgelöst
                              									wird.
                           
                        
                           Reinigung des Rohviolett.
                           Die letzten Mengen des der Wanne anhaftenden Violett kratzt man mit einem metallenen
                              									Schäufelchen vom Boden ab. Da die Nieten im gewölbten Wannenboden versenkt sind, so
                              									gelingt die Loslösung des Farbstoffes leicht. Sämmtliches Violett wird umgelöst. Zu
                              									dem Zwecke hat man in der etwa 3000l Wasser
                              									haltenden Bütte 2000l Wasser zum Kochen gebracht.
                              									Zum kochenden Wasser gibt man das Violett unter Umrühren ein. Der Farbstoff löst
                              									sich in kurzer Zeit auf, harzige Massen bleiben ungelöst im Wasser zurück. Man läſst
                              									absitzen und filtrirt
                              									mittels eines Hebers die blaue Flüssigkeit durch zwei Doppelfilter in eine unten
                              									stehende eiserne Wanne ab. Den in der Bütte zurückbleibenden Rückstand behandelt man
                              									nochmals in der eben beschriebenen Weise mit kochendem Wasser, dessen Menge der
                              									Menge Rückstand entspricht. Der zweite Auszug enthält nur reinen Farbstoff, dem
                              									ersten ist immer etwas Salz beigemengt und ist derselbe daher weniger stark als der
                              									zweite.
                           Den schlieſslich in der Bütte verbleibenden Rückstand stellt man bei Seite und kocht
                              									solchen bei Gelegenheit zusammen mit mehreren anderen Posten nochmals aus. Man
                              									verarbeitet gewöhnlich 12 bis 15 solcher Rückstände; was dann noch übrig bleibt gibt
                              									man weg. Die vereinten Reinfiltrate salzt man mit Salzwasser unter Umrühren aus.
                           (8. Tag): Das noch warme und am Boden als harzige Masse befindliche Reinviolett wird
                              									genau in derselben Weise wie das Rohviolett vom Salzwasser getrennt, nach
                              									vollkommener Trennung von letzten Salzwasserresten aus der Wanne herausgenommen und
                              									in eine Kupferpfanne gebracht. Durch Einleiten von Dampf in den äuſseren Kessel
                              									bringt man die goldglänzende Masse unter schwacher Dampfzufuhr zum Schmelzen. Um
                              									keine zu starke Hitze in der Violettmasse zu erzeugen, stellt man das Dampfventil
                              									des Heizapparates auf 1at,5 ein. Das Vortrocknen
                              									geschieht unter fortwährendem Umrühren der Masse mittels eines Holzrührers. Nach
                              									etwa 6 stündigem Erhitzen beginnt das Harz an dem aus der Masse gezogenen Rührer
                              									leicht kleben zu bleiben und auf der Oberfläche eine runzelige Haut zu ziehen, was
                              									das Ende des Vortrocknens bedeutet. Man hört daher mit dem Erhitzen auf, bringt das
                              									Violett mittels eines kupfernen Schöpfers auf Zinkbleche, wo es erkaltet.
                           (9. bis 11. Tag): Das über Nacht auf den Zinkblechen erkaltete Violett wird am
                              									einfachsten über der vorher benutzten und kalten Trockenpfanne mittels Holzhammer
                              									aus den Blechen geschlagen und das an den Blechen hängen bleibende Violett mit einem
                              									zu Hakenform gekrümmten Stücke Bandeisen abgekratzt. Die zerschlagenen Violettstücke
                              									werden alsdann im Kollergange gemahlen. Das aus der Mühle kommende moosgrüne Pulver
                              									wird auf ungefähr 40 Trockenblechen zu je 0qm,35,
                              									also auf einer Fläche von etwa 15qm vertheilt und
                              									die Bleche in den durch eine Dampfheizung auf 60° erwärmten Trockenraum gebracht.
                              									Das Trocknen des Violett bei der angegebenen Temperatur dauert den ganzen 10. und
                              									11. Tag.
                           (12. Tag): Das der Trockenstube entnommene Violett wird auf den Trockenblechen in
                              									einem kühlen und trockenen Raume erkalten gelassen und zum zweiten Male gemahlen.
                              									Die Ausbeute an gemahlenem ViolettDas nach dieser Methode erzeugte Methylviolett stellt ein Gemenge von Tetra- und Pentamethylpararosanilin dar.beträgt 86k im Mittel. Nach dem Einstellen auf eine
                              									Musterprobe, d.h. durch Vermischung des Methylviolett mit einer entsprechenden Menge Benzylviolett wird dasselbe als Methylviolett 3 B marktfähig, welche Mischung ihrerseits wieder durch
                              									weiteren Zusatz von Benzylviolett in Violett 4 B und
                              										5 B umgewandelt werden kann.
                           Beschaffenheit der Rohstoffe: Man
                              									verwendet zur Erzeugung von Violett ein Monomethylanilin haltiges Dimethylanilin, wie man es bei der Methylirung von
                              									Anilin mit Salzsäure und Holzgeist unmittelbar, also ohne nachfolgende Fractionirung
                              									erhält. Das Kochsalz muſs gut getrocknet und fein
                              									gemahlen sein. Der Kupfervitriol kommt krystallisirt
                              									und gemahlen zur Verwendung. Das erforderliche Phrnol
                              									(Carbolsäure) muſs nicht vollkommen rein sein; eine Carbolsäure, welche innerhalb
                              									10° 80 Vol.-Proc. übergehen läſst, genügt. Beispielsweise wurde eine Carbolsäure von
                              									folgenden Siedeverhältnissen zur Oxydation verwendet:
                           
                              
                                 Wasser
                                   3 Vol.-Proc.
                                 188°
                                 77 Vol.-Proc.
                                 
                              
                                 180°
                                   8
                                 189
                                 82
                                 
                              
                                 181
                                   9
                                 190
                                 86
                                 
                              
                                 182
                                 10
                                 191
                                 88
                                 
                              
                                 184
                                 15
                                 192
                                 90
                                 
                              
                                 185
                                 28
                                 195
                                 93
                                 
                              
                                 186
                                 55
                                 200
                                 97
                                 
                              
                                 187
                                 68
                                 
                                 
                                 
                              
                           Vor Verwendung der Carbolsäure benutzte man zur Herstellung von
                              									Methylviolett ein Verfahren, das noch bis vor kurzer Zeit in manchen Fabriken
                              									ausgeführt wurde und bis gegen das J. 1884 fast allgemein im Gebrauche war. Es soll
                              									deshalb hier derjenige Theil dieser älteren
                              									Fabrikation, welcher sich von dem letzt beschriebenen Verfahren unterscheidet, kurz
                              									besprochen werden.
                           Die Oxydation wurde früher durch Zusatz von chlorsaurem Kali zum
                              									Kupfersalze ausgeführt. Das Verfahren hat den Vortheil, daſs man das bei der
                              									Entsalzung der Oxydationsmasse erhaltene concentrirte Salzwasser nach nochmaliger
                              									Filtration zum Aussalzen des Rohviolett benutzen kann und nicht wie beim
                              									Phenolverfahren verloren gehen lassen muſs.
                           Die Apparate, die bei dieser Methode benöthigt werden, sind
                              									dieselben wie bei dem Phenolverfahren.
                           Aeltere Oxydationsmethode: Die
                              									Trommel wird zuerst mit 200k Kochsalz und 3k chlorsaurem Kali beschickt. Beide Salze werden
                              									in feinem und trockenem Zustande angewendet. Nach 10 Minuten langem Mischen gibt man
                              										20k Oel zur Salzmischung ein und läſst nun
                              									wieder 10 Minuten durch den Rührer mischen. Inzwischen hat man das Wasser im
                              									Wärmmantel durch Dampf zum Kochen gebracht, nach Erreichung der Siedhitze den Dampf
                              									aber abgestellt. Die ölige Salzmasse erhält dadurch eine Temperatur von etwa 30°,
                              									die indessen nach Zusatz einer Lösung von 6k
                              									Kupferchlorid in etwa 51 heiſsem Wasser rasch auf 50° steigt. Man bringt endlich
                              									nach 10 Minuten langem Mischen die Temperatur der Reactionsmasse auf 55 bis 60° und
                              									erhält diese Temperatur ungefähr 4 Stunden lang. Die Temperaturschwankungen, welche
                              									der Inhalt einer Trommel während der Dauer der Oxydation erleidet, sind aus
                              									folgenden Beobachtungen zu entnehmen:
                           
                              
                                  9 Uhr
                                 – Min.
                                 55°
                                 12 Uhr
                                 – Min.
                                 58°
                                 
                              
                                  9
                                 20
                                 60
                                   1
                                 –
                                 61
                                 
                              
                                 10
                                 –
                                 60
                                   2
                                 –
                                 45
                                 
                              
                                 11
                                 –
                                 58
                                   2
                                 30
                                 44
                                 
                              
                           Die Masse ist im Anfange der Oxydation dünnflüssig, später teigig,
                              									d.h. besteht aus einem Teige von Violett und Salz; im weiteren Verlaufe wird die
                              									Masse sandig, indem sich das Violett allmählich vom Salze abzulösen beginnt, sich
                              									scheidet, was zugleich den Endpunkt der Oxydation anzeigt.
                           Im Anfange, wenn die Masse dünnflüssig ist, wird sie von den
                              									messerartigen Armen der sich drehenden Welle gleichmäſsig verrührt; später findet
                              									die Mengung mehr durch Kneten statt, indem die teigige Masse theilweise von den
                              									Rührarmen in die Höhe gehoben und dann beim Herabgange der unten liegenden Masse
                              									eingeknetet wird. Später, wenn Scheidung der Masse in Salz und Violettknollen stattgefunden
                              									hat, durchschneiden die Messer nur noch die Masse und dann kann auch die Entleerung
                              									der Trommeln stattfinden, da die Oxydation beendet ist.
                           
                              
                                 Methylanilin
                                 Salz
                                 Kupferchlorid
                                 Chlorsaures Kali
                                 
                              
                                   20
                                 200
                                   6
                                   3
                                 
                              
                                   20
                                 200
                                   6
                                   3
                                 
                              
                                   20
                                 200
                                   6
                                   3
                                 
                              
                                   20
                                 200
                                   6
                                   3
                                 
                              
                                   20
                                 200
                                   6
                                   3
                                 
                              
                                 –––––
                                 –––––
                                 –––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 100
                                 1000
                                 30
                                 15
                                 
                              
                           Die weitere Verarbeitung der den 5 Trommeln entnommenen
                              									Oxydationsmasse, die Entsalzung, Schwefelung, die Gewinnung von Roh- und
                              									Reinviolett, sowie die endliche Fertigstellung ist dieselbe, wie weiter oben
                              									ausgeführt wurde. Die Mittelausbeute aus 100k
                              									Methylanilin beträgt 75k Violett.