| Titel: | H. de Chardonnet's Verfahren zur Herstellung künstlicher Seide. | 
| Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 172 | 
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                        H.
                                 								de Chardonnet's Verfahren zur Herstellung
                           								künstlicher Seide.
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									11.
                        Chardonnet's Verfahren zur Herstellung künstlicher
                           								Seide.
                        
                     
                        
                           Den natürlichen Vorgang bei der Erzeugung der Seide sucht H.
                                 										de Chardonnet in Besançon, Frankreich (vgl. D. R. P. Kl. 29 Nr. 38368 vom
                              									20. December 1885) künstlich nachzuahmen, indem er aus besonders zusammengesetzten
                              									Flüssigkeiten zähe, biegsame und glänzende Fäden ziehen will. Die benutzte
                              									Flüssigkeit ist eine Art Collodium, welches durch Auflösen von Pyroxylin, eines
                              									reducirenden Metallchlorüres und einer kleinen Menge einer oxydirbaren organischen
                              									Base in einer Mischung von Aether und Alkohol erhalten wird; das Pyroxylin ist dabei
                              									auf bekannte Weise durch Nitrirung gereinigter Cellulose von Holz, Stroh, Baumwolle
                              									u.s.w. gewonnen worden. Eine Lösung, welcher man noch je nach der gewünschten
                              									Färbung der daraus hergestellten Seide einen Farbstoff zusetzt, erhält man, wenn in
                              									dem gröſseren Theile eines Gemisches von 2 bis 5l
                              									aus 40 procentigem Aether mit 60 procentigem Alkohol in der Wärme etwa 100g Pyroxylin, in dem kleineren Theile der Mischung
                              									10 bis 20g Eisen-, Chrom-, Mangan- oder
                              									Zinnchlorür mit 0g,2 Chinin, Anilin, Rosanilin o.
                              									dgl. und dem Farbstoffe gelöst und beide Mischungen dann vereinigt werden.
                           Wenn man eine solche heiſse Flüssigkeit durch ein enges Mundstück austreten läſst und
                              									den austretenden Strahl durch Wasser o. dgl. sofort kühlt, so erstarrt der Strahl
                              									und bildet einen Faden.
                           
                           Der zur Ausführung dieses Verfahrens dienende Apparat ist in Fig. 7 und 8 Taf. 11 nach
                              									der englischen Patentschrift 1886 Nr. 2211 veranschaulicht. Die auf die angegebene
                              									Weise zubereitete heiſse Flüssigkeit wird von einem geschlossenen Behälter
                              									aufgenommen, in welchem dann durch Preſsluft o. dgl. ein Druck von 2 bis 3at erzeugt wird. Dieser Druck preſst die
                              									Flüssigkeit durch den Hahn b (Fig. 7) in das Rohr a; dasselbe besitzt auf der oberen Seite eine Reihe
                              									Rohransätze eingeschraubt, auf welcher mit dünner Gummipackung kurze Rohrstücke d befestigt werden. Letztere stehen durch kurze
                              									Gummischläuche mit kurzen Glasröhrchen I in Verbindung,
                              									welche oben zu feinen Mundstücken von etwa 0mm,1
                              									lichter Weite ausgezogen sind. Durch stärkeres oder geringeres Klemmen der
                              									Gummischläuche mittels der Schrauben D kann der
                              									Ausfluſs jedes einzelnen Glasröhrchens I geregelt
                              									werden. Das Mundstück dieser Röhrchen I wird von
                              									arideren Glasröhrchen J umschlossen, in welche aus dem
                              									das Rohr a umschlieſsenden Behälter C kaltes Wasser durch die biegsamen Röhrchen f geleitet wird; der Wasserzufluſs wird dabei durch die
                              									Schlauchklemmen bei n geregelt. Die Röhrchen J können ganz genau eingestellt, also gehoben und
                              									gesenkt werden, indem dieselben an den Stiften r an
                              									senkrechten Spindeln hängen, welche von den Köpfen Q
                              									aus mittels Zahnstangentriebes bei P leicht und schnell
                              									bewegt werden.
                           Zu Beginn des Arbeitens mit diesem Apparate werden die
                              									Glasröhrchen J ganz tief gestellt, so daſs die
                              									Mundstücke der Röhrchen I gleichzeitig durch Plättchen
                              										J, welche an leicht beweglichen Armen (vgl. Fig. 8) sitzen,
                              									geschlossen gehalten werden. Bewegt man die Spindeln P
                              									etwas aufwärts, so werden die Mündungen durch Abheben der Plättchen J, indem die Spindelenden unter t fassen (vgl. punktirt in Fig. 8), frei gemacht und
                              									tritt die Flüssigkeit in feinem Strahle aus, welcher in Folge des nach J geleiteten Wassers erstarrt. Vorher wurde auch die an
                              									dem Winkelhebel e befestigte Schiene G niedergedrückt, so daſs die Nadeln v derselben in die Nähe der Mundstücke l zu stehen kommen. An diesen Nadeln haftet der
                              									ausgetretene Strahl, worauf die Schiene G durch
                              									Bewegung des um die Achse M drehbaren Hebels H nach aufwärts geführt wird, so daſs der sich bildende
                              									Faden dieser Bewegung folgen kann. Die richtige Bewegung von G vermittelt der Gegenlenker L und gelangt
                              									schlieſslich die Schiene G in die Nähe der umlaufenden
                              									Walzenbürste W. Der aufgezogene, in den Führer Y eingelegte Faden wird an dem Haspel Z befestigt, welcher denselben nun aufwindet, während
                              									gleichzeitig die Nadeln r der Schiene G von der Bürste W
                              									gereinigt werden. Sind mehrere Faden gleich zusammen zu winden, so werden dieselben
                              									über Leitdrähte X von dem Führer Y zusammengenommen. Der Haspel Z macht behufs gleichmäſsiger Aufwindung eine hin- und hergehende
                              									Bewegung, welche auf die aus Fig. 7 ersichtliche Weise
                              									von einer Kurbelscheibe aus abgeleitet wird.
                           Das Ganze ist in einem Kasten untergebracht, in welchem eine
                              									Temperatur von etwa 30° erhalten wird. Das Trocknen der Fäden kann auch durch eine
                              									Luftverdünnung in dem Kasten beschleunigt werden.
                           
                        
                     
                  
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