| Titel: | Fabrikation schmiedeiserner Gasleitungsröhren aus Holzkohleneisen in Brezowa (Ungarn); von Anton v. Kerpely. | 
| Autor: | Anton v. Kerpely | 
| Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 201 | 
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                        Fabrikation schmiedeiserner Gasleitungsröhren aus
                           								Holzkohleneisen in Brezowa (Ungarn); von Anton v. Kerpely.Nach einem Vortrage, gehalten auf der 4. Generalversammlung des Vereines der
                                 										Gasindustriellen in Oesterreich-Ungarn in Budapest 1885.
                           							
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									13.
                        Kerpely, über Fabrikation schmiedeiserner
                           								Gasleitungsröhren.
                        
                     
                        
                           Zur Erzeugung schmiedeiserner Rohre sind derzeit zwei von einander wesentlich
                              									verschiedene Methoden in Anwendung, wonach man im Allgemeinen gezogene und gewalzte
                              									Röhren unterscheidet.
                           Die gezogenen Rohre nennt man schlechtweg auch Gasröhren; die gewalzten,
                              									nachdem man sie in überwiegender Menge zu Dampfkesseln verwendet, Siederöhren; diese Eintheilung ist aber durchaus nicht
                              									gerechtfertigt, da Gasrohre von gröſseren Abmessungen zweckmäſsig ebenfalls durch
                              									Walzen hergestellt werden. Sowohl zum Ziehen als zum Walzen kommt das Eisenmaterial
                              									in Form von Blechstreifen zur Verwendung, welche man entweder durch Walzen
                              									unmittelbar in der gewünschten Breite erzeugt, oder man schneidet sie aus breiteren
                              									Blechen mittels Kreisscheren mit Geradführung. Die Länge und Breite der
                              									Blechstreifen hängt von den Gröſsen der gewünschten Rohre und von der
                              									Fabrikationsmethode ab; man bestimmt sie mit Rücksicht auf die beim Ziehen und
                              									Walzen beobachteten Stauungs- und Streckungsverhältnisse nach der Erfahrung und nach
                              									der Beschaffenheit des Eisens.
                           Ob es nun zweckmäſsiger ist, die Streifen für kleinere oder für gröſsere Röhren
                              									unmittelbar durch Walzen herzustellen, hängt von örtlichen Verhältnissen, namentlich
                              									davon ab, ob und welche Einrichtungen dafür auf der Werksanlage vorhanden sind. Für
                              									die Beschaffenheit des Eisenmaterials ist das unmittelbare Walzen, besonders wenn
                              									groſse Festigkeit verlangt wird, von Vortheil, da durch dasselbe die Bildung
                              									paralleler, nicht verschobener Sehne, also Gleichmäſsigkeit in der Structur
                              									befördert wird und insbesondere die Dicke sehr gleichmäſsig ausfällt. Sowohl
                              									unmittelbar gewalzte Streifen, als auch zu Streifen zu verwendendes Blech muſs
                              									natürlich frei von oberflächlichen Fehlern, namentlich von Rissen, Blasen und
                              									Schiefern sein, da diese Fehler alle in dem Rohre wieder zum Vorscheine kommen und
                              									zu verhältniſsmäſsig viel Ausschuſs Anlaſs geben würden; denn man darf auch die
                              									äuſsere Ausstattung der Rohre nicht unbeachtet lassen.
                           Die Dicke der Rohrbleche hängt von dem Durchmesser, von der Verwendung und der
                              									Fabrikationsmethode der Rohre selbst ab. Bei Gasröhren ist der Durchmesser und das Gewicht auf den
                              									laufenden Meter vorgeschrieben, folglich die Dicke des Rohres gegeben, wenn man die
                              									Aenderungen berücksichtigt, welche das Ziehen oder Walzen in den Uebergangs- und
                              									Vollendungsstufen veranlaſst, und den Verlust nicht auſser Acht läſst, welcher in
                              									Folge oberflächlicher Oxydation und Verschlackung des Eisens während der
                              									erforderlichen Glühprozesse unvermeidlich eintritt. Z.B. für ein 4m,5 langes Gasrohr von 2¾ Zoll englisch = 70mm innerem Durchmesser und 13k,45 Gewicht auf das Meter hat man bei gezogenen
                              									gewalzten Röhren:
                           
                              
                                 Breite
                                 des 
                                 Blechstreifens
                                   282mm
                                 bis
                                   267mm
                                 
                              
                                 Länge
                                 „
                                 „
                                 4500
                                 „
                                 3850
                                 
                              
                                 Dicke
                                 „
                                 „
                                      4,5
                                 „
                                      5,5
                                 
                              
                                 Wanddicke des fertigen Rohres
                                      5,0
                                 „
                                      5,0
                                 
                              
                           Länge des fertigen Rohres, nach Entfernung der etwa
                              										0m,5 langen Enden 4m,5.
                           Die während der Fabrikation sich ergebende Stauung und Streckung des Eisenmaterials
                              									ist aus diesem Beispiele deutlich zu entnehmen; aber sie ändert sich nicht nur nach
                              									den Abmessungen des Rohres, sondern nach Beobachtungen in der Entwickelung der Dicke
                              									und des Durchmessers, welche Gröſsen ein geschickter Meister nach Bedarf regelt. Bei
                              									gleichem Durchmesser werden übrigens Gasrohre immer dicker hergestellt als z.B.
                              									Siederohre, weil man in erstere Gewinde einschneiden muſs, in letztere nicht. So hat
                              									man z.B. für Rohre von 3 Zoll englisch = 76mm
                              									innerem Durchmesser bei:
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 Gasrohren
                                 
                                 Siederohren
                                 
                              
                                 Breite
                                 des
                                 Blechstreifens
                                        294mm
                                 
                                        315mm
                                 
                              
                                 Länge
                                 „
                                 „
                                      4500
                                 
                                      3850
                                 
                              
                                 Dicke
                                 „
                                 „
                                           4,75
                                 
                                           3,75
                                 
                              
                                 Dicke des fertigen Rohres
                                           6,15
                                 
                                           3,5
                                 
                              
                                 Länge (fertig)
                                 
                                 4m,5.
                                 
                                 
                              
                           Gezogenen Röhren gibt man überhaupt gröſsere Wandstärken als gewalzten – gewisse
                              									Verwendungszwecke der letzteren ausgenommen – insbesondere noch darum, weil man bei
                              									gezogenen Röhren die Blechstreifen stumpf an einander schweiſst, also eine gewisse
                              									Berührungsfläche vorhanden sein muſs, bei gewalzten aber die Ränder über einander
                              									geschweiſst werden.
                           Die Herstellung der gezogenen Röhren
                              									geschieht nun auf den meisten Röhrenfabriken fast ausschlieſslich in folgender
                              									Weise: Ein schmaler Flammofen (600 bis 1000mm) ungefähr von der Länge der zu erzeugenden
                              									Rohre (6 bis 8m) dient dazu, die Blechstreifen der
                              									ganzen Länge nach rasch und gleichmäſsig auf die zum Schweiſsen erforderliche Hitze
                              									zu bringen. Auf der Stirnseite des Ofens ist eine aufziehbare Thür angebracht, mit
                              									einer kleinen Oeffnung (Arbeitsluke) am unteren Rande, durch welche die glühenden
                              									Rohre während des Ziehens ein- und ausgeführt werden. Nahe zur Thür liegt der
                              									geräumige Rost derart angeordnet, daſs die Flamme den ganzen Ofen durchstreicht und
                              									am Ende desselben durch einen abfallenden Kanal zur Esse geführt wird. Unmittelbar
                              									vor der Arbeitsthür steht die Ziehbank (vgl. Fig. 1 und 2 Taf. 13); sie
                              									besitzt die Form eines einfachen starken Eisengestelles, zwischen dessen beiden
                              									Ständern a eine über Kettenscheiben gelegte Galle'sche
                              									Kette ohne Ende b angeordnet ist. Die eine dieser
                              									Kettenscheiben c nimmt die Betriebskraft auf und setzt
                              									sonach die Zugkette in Bewegung. Die Ziehvorrichtung
                              										(Fig. 3
                              									Taf. 13) ist eine starke, doppelgelenkige Schleppzange d; sie befindet
                              									sich auf einem vierräderigen kleinen Wagen, welcher auf Schienen e, die auf der Bankplatte angegossen sind, längs
                              									derselben auf- und abführt. Am hinteren Ende der Zangenvorrichtung ist ein Haken f angebracht, welcher, sobald er in die Kette
                              									eingehängt wird, die Schleppzange sammt Wagen mit fortzieht, so daſs in Folge des
                              									Zuges die Backen der Zangen fest geschlossen werden.
                           An der der Ofenthür zugewendeten Seite der Ziehbank befindet sich
                              									ein starker eiserner Rahmen (Support) g zur Aufnahme
                              									der das Formen oder Rollen der Rohre bewerkstelligenden Vorrichtung, des aus
                              									Guſseisen hergestellten sogen. Trichters oder Tiegels
                              										h (vgl. Fig. 6). Die vordere, der
                              									Ziehbank zugewendete kleinere Oeffnung des Trichters entspricht dem beiläufigen
                              									äuſseren Durchmesser des Rohres; sie ist immer einige Millimeter gröſser als der
                              									Durchmesser des zu fertigenden Rohres, aber doch eng genug, um die Blechstreifen
                              									unter sehr starkem Drucke einzurollen. Die trichterförmige Erweiterung des Trichters
                              									hat die Aufgabe, das allmähliche Einrollen des
                              									Blechstreifens möglich zu machen; der Trichter muſs also nicht nur eine dem Rohre
                              									entsprechende Erweiterung (Wandneigung) haben, sondern auch eine genügende
                              									Einrollungsfläche darbieten, wodurch man zum Nachtheile dieses Verfahrens genöthigt
                              									ist, bei Röhren von groſsem Durchmesser Trichter von ziemlich bedeutendem Umfange
                              									bezieh. groſsem Gewichte anzuwenden, was die Hantirung derselben wesentlich
                              									erschwert.
                           Die Fabrikation der gezogenen Rohre beginnt nun damit, daſs man
                              									die Blechstreifen, die natürlich durchaus parallele Ränder haben müssen, an dem
                              									einen Ende in einem Schmiedefeuer erhitzt, mit Hilfe eines Gesenkes etwas einrollt
                              									und dann behufs besserer Handhabung des Blechstreifens eine Schmiedeisenstange i (Fig. 4) von 14 bis 20mm Dicke und 0,8 bis 1m Länge an das eingerollte Ende anschweiſst. Den so vorgerichteten
                              									Streifen bringt man bei etwas gehobener Arbeitsthür in den Schweiſsofen und zwar
                              									derart, daſs 0,5 bis 0,6m der Stange durch die
                              									Thürluke aus dem Ofen herausragt und mit dem Ende in dem sogen. Ziehtrichter zu
                              									liegen kommt. Die Aufgabe des Schweiſsers ist es nun, den Streifen, welchen er von
                              									der Thürluke aus beobachtet, in dem Augenblicke, als derselbe Schweiſshitze
                              									angenommen hat, in die Ziehvorrichtung einzuspannen. Thut er dies zu früh, so
                              									schweiſst das Eisen überhaupt nicht; bleibt es zu lange in der Schweiſshitze, so
                              									verbrennen die Kantenflächen namentlich an der oberen Seite des Streifens und die
                              									Schweiſsung wird mindestens mangelhaft. Der schweiſswarme Streifen wird mit der
                              									Zange an der Stange dicht am vorgerollten Ende gefaſst, der Haken der
                              									Schleppvorrichtung in die Kette gehakt und der Streifen mit etwa 0m,4 Geschwindigkeit durch den Trichter hindurch
                              									gezogen, wobei ein Junge den Wagen der Schleppvorrichtung führt, ein anderer die
                              									durch dieselbe hindurchgehende Stange leitet.
                           Hinter der Kettentrommel entläſst die Zugkette den Schleppwagen,
                              									das Rohr entfällt dem Schluſsringe der Zange und wird rasch wieder durch die
                              									Thürluke in den Ofen zurückgeschoben, um nach Wiedererlangung der Schweiſshitze
                              									durch einen etwas engeren Trichter noch ein zweites Mal auf gleiche Weise
                              									hindurchgezogen zu werden.
                           War die Abmessung des ersten Trichters richtig gewählt, so treffen
                              									die beiden Randflächen des Blechstreifens unter einem starken Drucke genau auf
                              									einander, die zwischen diesen Flächen liegende Schlacke wird herausgepreſst und die
                              									metallisch reinen Berührungsflächen durch Schweiſsung vereinigt. Wie groſs der Druck
                              									zum Zusammenpressen der Schweiſsnaht im ersten Ziehtrichter z.B. bei einem Rohre von
                              										70mm innerem und 80mm äuſserem Durchmesser ist, geht aus obigem
                              									Beispiele hervor. Die Berechnung ergibt nämlich: 80 × 3,1415 = 251mm Blechbreite, während man diese in Wirklichkeit
                              									mit 267mm nimmt. Bei 76mm + 12mm-Rohren
                              									ist der berechnete Umfang 277mm,4, die Blechbreite
                              										294mm, so daſs selbst bei Berücksichtigung
                              									dessen, daſs der erste Trichter ungefähr 3mm, also
                              									im Umfange 9mm gröſser ist als das herzustellende
                              									Rohr, noch immer 7 bis 8mm für die
                              									Zusammenpressung erübrigen.
                           Beim zweiten Ziehen durch einen Trichter, der wohl enger als der
                              									erste, aber noch immer gröſser als der Durchmesser des fertigen Rohres ist, wirkt
                              										der erhöhte Druck
                              									einestheils auf die Vervollkommnung der Schweiſsung, anderentheils wird durch
                              									denselben die Schweiſsnaht vertheilt und der äuſsere Durchmesser des Rohres nahezu
                              									vollendet und, da das Ziehen nicht ohne Streckung vor sich geht, auch die Wandstärke
                              									des Rohres, welche in Folge Stauchens während des ersten Zuges bedeutend zugenommen
                              									hat, dem richtigen Maſse näher gebracht.
                           Nachdem das Rohr durch den zweiten Zug gegangen ist, bleibt es dem
                              									Ermessen des Betriebsleiters anheimgestellt, ob er noch einen dritten Zug und mit
                              									welchen Abänderungen anwendet, um etwa die äuſsere Abmessung des Rohres mit
                              									Rücksicht auf die in Folge gänzlichen Erkaltens eintretende Schwindung genau richtig
                              									zu stellen. Wie wichtig die richtige Wahl der auf einander folgenden Trichtermaſse
                              									für das Gelingen und den anstandslosen Verlauf der Fabrikation ist, braucht nach dem
                              									Gesagten wohl nicht weiter erörtert zu werden.
                           Das fertig gezogene Rohr wird nun sogleich von der Ziehbank weg
                              									auf die Richtbank (einer glatten ebenen
                              									Guſseisenplatte) gelegt, durch Aufschlagen und mit Holzschlägeln gerade gerichtet
                              									und hierauf die angeschweiſste Führungsstange abgehauen.
                           In Brezowa werden die Gasrohre nur bis zu 50mm Durchmesser auf die beschriebene Weise durch
                              									Ziehen erzeugt; alle gröſseren Röhren werden durch Walzen, also mittels des sonst
                              									überall nur für Siederohre angewendeten Verfahrens hergestellt. Diese
                              									Fabrikationsmethode ist zwar ungleich kostspieliger als die oben besprochene und
                              									daher nicht gut geeignet, bei den heutigen Preisen dem Werke Gewinn zu bringen; aber
                              									sie sichert auch so tadellose Fabrikate, daſs man mit denselben in Bezug auf Güte
                              									und äuſsere Ausstattung jeden Wettbewerb aus dem Felde zu schlagen im Stande
                              									ist.
                           Die Herstellung der gewalzten
                                 										Gasrohre geschieht in folgender Weise: Die unmittelbar gewalzten oder aus
                              									Blech geschnittenen Streifen, welche natürlich an allen Punkten gleich breit, deren
                              									Kanten also durchaus parallel sein müssen, werden an diesen unter einem spitzen
                              									Winkel der ganzen Länge nach keilförmig (vgl. Fig. 5 Taf. 13)
                              									abgehobelt, so daſs beim Zusammenrollen des Streifens diese gehobelten Kanten k gleichsam wie Lappen über einander gelegt werden
                              									können; daher auch die verhältniſsmäſsig gröſsere Breite der Streifen. Das Zurichten
                              									des Streifens durch Hobeln seiner Kanten ist zwar nicht unerläſslich, da man diese
                              									auch ohnedies über einander rollen und durch Walzen schweiſsen könnte; aber es wäre
                              									dazu unverhältniſsmäſsig mehr Druck in den Walzen erforderlich und dennoch gelänge
                              									es kaum, die Schweiſsnaht ganz zu entfernen, was zu Ausständen seitens der Abnehmer
                              									Anlaſs geben würde, bei Siederöhren aber ganz unzulässig ist. An den gehobelten
                              									Kanten muſs aber, wenn Schweiſsfehler ausgeschlossen sein sollen, noch so viel
                              									Blechdicke behalten werden, daſs ein Verbrennen der schwächeren und die
                              									Schweiſshitze schneller aufnehmenden Blechtheile sicher vermieden werde.
                           Das Abhobeln der Kanten geschieht auf
                              									einer der Zugbank ganz ähnlichen Hobelmaschine, nur daſs die mit der Schleppzange
                              									gefaſsten Blechstreifen zwischen zwei am Kopfende der Bank eingeschaltete, je nach
                              									der Blechbreite verstellbare Hobelmesser hindurchgezogen und sehr rasch an beiden
                              									Kanten auf einmal behobelt werden.
                           Die weitere Vorbereitung des Streifens besteht nun in dem Vorrunden und Vorrollen.
                              									Behufs Vorrundens wird der Streifen an einem Ende erhitzt und mit Hilfe eines
                              									Gesenkes derart eingebogen, daſs man eine Rundung erhält, welche etwas kleiner ist
                              									als der Durchmesser des zu erzeugenden Rohres. Der vorgerundete Streifen kommt
                              									hierauf in einen langen schmalen Glüh-Flammofen (dem Rundofen) von ganz derselben
                              									Einrichtung, wie er oben bei Erzeugung der gezogenen Rohre beschrieben wurde. Nun
                              									werden die Streifen behufs Vorrollens bloſs bis zu Rothglut erhitzt, um dann
                              									unmittelbar mit Hilfe einer gewöhnlichen Ziehbank durch einen Einrolltrichter von besonderer Construction
                              									hindurchgezogen zu werden. Dieser Trichter N (Fig. 7 Taf. 13)
                              									hat nämlich vorn als Führung einen seitlichen Einschnitt derart, daſs beim
                              									Durchziehen des Streifens seine beiden Ränder sich über einander legen müssen. Der
                              									Meister hat hierbei nur darauf zu achten, daſs das Einrollen ordnungsmäſsig vor sich gehe und der
                              									Biechstreifen nicht ungerollt, unförmlich zerknittert aus dem Trichter trete. Das
                              									vorgerollte Rohr wird noch warm mit Holzhämmern gerade gerichtet und gelangt dann
                              									zum Walzen, welches natürlich in Schweiſshitze vorgenommen wird.
                           Die zur Erhitzung benutzten Schweiſs-Flammöfen sind, entsprechend
                              									der Rohrlänge, etwa 6m lang, bei nur 500 bis
                              										600mm Breite; sie haben auf der einen
                              									Längenseite drei Feuerungen, um die Rohre der ganzen Länge nach rasch und
                              									gleichmäſsig zu erhitzen und sind vorn an der Stirnseite mit einer kleinen
                              									Arbeitsthür versehen, durch welche das Ein- und Austragen der Rohre erfolgt. Die
                              									gegen den Fuchs hin etwas geneigte Sohle des Ofens ist mit grobem Quarzsande
                              									bedeckt, auf welchem 2 bis 3 Rohre der Erhitzung unterzogen werden. Die Rohre liegen
                              									mit den über einander zu schweiſsenden Lappen nach unten, wodurch dem Verbrennen
                              									ihrer Ränder am besten vorgebeugt werden kann. Die richtige Leitung des
                              									Schweiſsprozesses ist überhaupt von gröſster Wichtigkeit und von ihr allein hängt
                              									der Erfolg der weiteren Walzarbeit ab. Der Schweiſser muſs das Rohr in dem
                              									Augenblicke dem Walzwerke zuführen, in welchem dasselbe eben Schweiſshitze
                              									angenommen hat; jedes Versäumniſs in dieser Richtung führt zum Miſslingen der
                              									Schweiſsung. In Folge Ueberhitzung verbrennt das Eisen, wird krystallinisch und
                              									brüchig und die Schweiſsung ist mangelhaft. Die zu verwendende Kohle muſs
                              									langflammig, arm an Asche sein und möglichst wenig Schwefel enthalten, um nicht
                              									durch Bildung von Schwefeleisen die Schweiſsung zu beeinträchtigen. Ebenso muſs der
                              									Eintritt von Flugasche in den Herd und dann zwischen die Rohrlappen möglichst
                              									vermieden werden. Das Schüren auf den Rosten darf daher nur in gewissen
                              									Zwischenpausen vorgenommen werden und ist überhaupt ein geschickter Heizer
                              									unerläſslich.
                           Das Walzwerk (Fig. 8 Taf. 13) befindet
                              									sich dicht vor der Arbeitsthür des Schweiſsofens. Es besteht aus einem
                              									zweistanderigen Gerüste o, in dessen je zwei Lagern die
                              									auf starken schmiedeisernen Wellen aufgekeilten guſseisernen Walzen p in Form ausgekehlter Scheiben derart über einander
                              									gelagert sind, daſs die in Schalenguſs hergestellten, also mit harter Oberfläche
                              									versehenen Hohlkehlen auf ihrem Umfange ein Rundkaliber bilden, welches dem äuſseren
                              									Durchmesser des zu walzenden Rohres angepaſst ist. Dieses Rundkaliber liegt mit der
                              									Ofensohle nahezu in gleicher Höhe, so daſs das Rohr unmittelbar in dasselbe
                              									eingeführt werden kann. Da jedes Walzenpaar nur ein Kaliber enthält, so müssen für
                              									jede Rohrweite besondere Walzen vorhanden sein, welche dann in das Gerüst nach
                              									Bedarf eingelegt werden. Die Walzen werden mit Hilfe eines Vorgeleges r von einer kräftigen Dampfmaschine in Umdrehung
                              									versetzt und zwar wechselt die Umdrehungszahl, d. i. die Umfangsgeschwindigkeit der
                              									Kaliberwalzen, gewöhnlich nach der Wandstärke der Rohre; sie muſs bei dünneren
                              									Rohren gröſser sein, da diese rascher abkühlen und die Schweiſshitze einbuſsen,
                              									während dies bei dickeren Rohren weniger der Fall ist.
                           Dicht vor den Walzen liegt eine Walzbank von U-förmigem
                              									Querschnitt s (vgl. Fig. 9); diese dient
                              									einestheils zur Aufnahme des durchgewalzten Rohres, andererseits aber zur
                              									Befestigung einer starken Eisenstange t, an deren Ende
                              									der den inneren Durchmesser des Rohres bestimmende Dorn u sitzt. Dieser Dorn wird in Hartguſs aus Guſseisen hergestellt; er ist
                              									theils cylindrisch, theils von parabolischer Form und der Länge nach mit einer
                              									cylindrischen Oeffnung versehen, mittels welcher er, das parabolische Ende nach
                              									auſsen, aut das abgedrehte Ende der Eisenstange t lose
                              									aufgesteckt wird. Der entgegengesetzte Theil des Dornes wird dem inneren Durchmesser
                              									des zu walzenden Rohres entsprechend genau cylindrisch abgeschliffen. Diese Stelle
                              									des Dornes kommt zwischen die Walzen genau in die Achse des Kalibers zu liegen,
                              									während die denselben tragende Stange sich an eine mit Schrauben verstellbare Platte
                              									am hinteren Ende der Walzbank anstemmt.
                           Denkt man sich nun die Walzen in der Richtung der Walzbank
                              									gedreht, so muſs selbstverständlich ein zwischen dieselben geschobenes Rohr – alle
                              									übrigen Bedingungen für das Gelingen des Walzprozesses vorausgesetzt – über den Dorn
                              									hinweg durch die Walzen gezogen und über die Haltstange des Dornes hinausgeschoben werden.
                              									Das vorgerollte Rohr wird auch, nachdem es Schweiſshitze angenommen hat, zunächst
                              									rasch mit dem Lappen nach oben gewendet, dann mit einer langarmigen Hohlzange nahe
                              									am Ende gefaſst und äuſserst rasch und mit gröſster Kraft über einen entsprechenden
                              									Dorn in das Walzenkaliber geschoben, welches es, von den Walzen erfaſst, mit
                              									Blitzesschnelle und mit Flintenschuſs ähnlichem Knallen durchläuft.
                           Die Schweiſsfuge muſs beim Walzen nach oben gekehrt sein, um unter
                              									dem gröſsten lothrechten Drucke der Walzen die Schlacke auszupressen, die beiden
                              									Blechlappen völlig zusammen zu schweiſsen und die Schweiſsnaht möglichst zu
                              									vertheilen. Das gewaltsame Herauspressen der weithin spritzenden Schweiſsschlacke
                              									verursacht das erwähnte Knallen. Das durchgewalzte Rohr wird sogleich von der
                              									Dornstange herabgenommen und wieder in den Ofen zurückgebracht, um nach
                              									Wiederaufnahme der Schweiſshitze über einen etwas gröſseren Dorn als das erste Mal
                              									gewalzt zu werden. Bei diesem zweiten Durch walzen, welches auch die Vervollkommnung
                              									der Schweiſsung und die völlige Entschlackung und Zertheilung der Schweiſsnaht zum
                              									Zwecke hat, wird das Rohr beim Durchwalzen, wie beim Walzen von Rundeisen, um etwa
                              									60° gegen den ersten Durchgang gewendet, um etwaige Unterschiede in der Wanddicke
                              									und Rundung des Rohres auszugleichen. Ferner wird bei diesem zweiten Durchwalzen
                              									dasjenige Ende des Rohres an die der Abkühlung ausgesetzte Schweiſsofenthür
                              									gebracht, welches früher im hinteren Theile des Ofens gelegen war, um aus der
                              									Erhitzung hervorgegangene Ungleichmäſsigkeiten ebenfalls auszugleichen.
                           Bei Gasröhren sind zwei Walzungen
                              									durchaus genügend; bei Siederöhren folgt meistens noch
                              									ein drittes und zuweilen ein viertes Durchwalzen der Röhren über immer gröſsere
                              									Dorne (immer um 60° gewendet und das Rohrende gewechselt), wenn die Richtigstellung
                              									der Wandstärke, des Durchmessers, der Rundung oder sonst sichtlicher Mängel in der
                              									Schweiſsnaht dies nöthig erscheinen lassen.
                           Die Arbeit des Walzens selbst dauert nur einige Augenblicke. Das
                              									fertig gewalzte Rohr ist also noch so glühend und das Eisen so zu sagen weich, daſs
                              									es, wollte man es als fertig bei Seite legen, sich derart krümmen, werfen und
                              									verziehen würde, daſs ein Geraderichten kaum gelingen würde; auch wäre der
                              									Durchmesser, schon wegen des möglichen Federns der Walzenachsen, oder, wenn man
                              									nicht alle Uebergangskaliber in den Walzenvorräthen zur Verfügung hat, nicht allemal
                              									genau und das Aeuſsere des Rohres wegen des daran haftenden Sinters ungefällig und
                              									für viele Zwecke nachtheilig. Man begegnet nun diesen Uebelständen dadurch, daſs man
                              									die Rohre nach dem letzten Walzen bis zur Rothglut abkühlen läſst und noch mehrere
                              									Mal auf der sogen. Eratzbank durch Hartguſsringe mit
                              									scharf geschliffenen Kanten zieht, welche etwas enger sind als das Walzenkaliber und
                              									genau dem vorgeschriebenen auſseren Durchmesser des Rohres entsprechen. In Brezowa
                              									werden gegenwärtig Rohre bis zu 140mm (5½ Zoll
                              									engl.) auf die eben beschriebene Weise hergestellt.
                           Mag nun das Rohr durch Ziehen oder Walzen hergestellt worden sein,
                              									so folgen bei Gasröhren noch nachstehende Vollendungsarbeiten. Zunächst werden die Röhren nach dem Erkalten von
                              									unvermeidlichen Krümmungen mit der Hand oder mit Maschine – je nach der Abmessung –
                              									gerade gerichtet, dann die Enden mit Hilfe einer kreisenden zahnlosen Scheibe mit
                              									Rücksicht auf die vorgeschriebenen Längen der Rohre abgeschnitten und endlich die
                              									Rohre an beiden Enden mit Gewinden und an einem Ende mit Muff versehen. Das Gewinde
                              									ist kein gewöhnliches Normalgewinde, sondern des dichteren Abschlusses wegen viel
                              									feiner als dieses und als Gasröhrengewinde bekannt. Jedes völlig ausgefertigte Rohr
                              									wird in Brezowa mit Hilfe einer Druckpumpe einem Drucke von mindestens 20at unterworfen und bei der geringsten Lässigkeit
                              									von der Verschickung ausgeschlossen. Eine solche Lässigkeit der Rohre könnte nur von
                              									Schweiſsfehlern an den Schweiſsfugen herrühren, was bei fachkundiger Leitung des
                              									Betriebes wohl selten vorkommen wird, trotzdem gerade die Schweiſsarbeit der
                              									wundeste Punkt der Röhrenfabrikation ist. Diese hängt jedoch nicht allein von der
                              									Behandlung des Eisens im Ofen, sondern auch von der richtigen Wahl des Materials ab. Schwefel
                              									haltiges Eisen ist von vornweg zu verwerfen; ebenso die Verwendung an Schwefel
                              									reicher Kohle zur Beheizung der Glüh- und Schweiſsöfen. Auch an Kupfer reiches Eisen
                              									ist zur Röhrenfabrikation nicht gut geeignet; hingegen ist Phosphor ein sehr
                              									erwünschter Bestandtheil der Röhrenbleche, weil er die Schweiſsbarkeit derselben
                              									erhöht. Ein groſser Phosphorgehalt veranlaſst aber Kaltbrach und muſs daher
                              									ebenfalls vermieden werden. Das in Brezowa verwendete Eisen enthält als
                              									Holzkohleneisen erster Güte kaum Spuren von Schwefel, äuſserst wenig Kupfer und
                              									durch absichtlichen Zusatz einer Roheisensorte nur so viel Phosphor, als
                              										„Qualitätseisen“ zur Beförderung der Schweiſsung eben zuläſst. Die
                              									Steinkohle aber ist an Asche arme preuſsische Flammkohle bester Beschaffenheit.
                           Schweiſsfehler können bei Röhren von groſsen Abmessungen dann noch
                              									vorkommen, wenn man dieselben durch Ziehen und nicht
                              									durch Walzen herstellt. Da nämlich beim Ziehen die
                              									beiden Ränder des Blechstreifens, welche einander nur gegenüber, nicht aber über
                              									einander zu liegen kommen, bei Weiſsglühhitze im erweichten Zustande stellenweise
                              									leicht einsinken, so wird die Berührung und Verschweiſsung derselben mangelhaft,
                              									selbst wenn man sich beim Ziehen eines Dornes bedient, was zuweilen zu geschehen
                              									pflegt. Liegen aber die beiden Blechränder über
                              									einander, so kann eine Unterbrechung der Schweiſsfuge gar nicht eintreten. Es kann
                              									nichts desto weniger selbst bei gut geschweiſsten Röhren vorkommen, daſs die
                              									Schweiſsfugen derselben beim Biegen, insbesondere beim Kaltbiegen, einknicken und
                              									fehlerhaft werden, was aber meistens nur einer fehlerhaften Behandlung beim Biegen
                              									zuzuschreiben ist, da man namentlich Rohre von etwas gröſserem Durchmesser behufs
                              									Erzielung schöner gesunder Biegungen zuerst mit Sand füllen muſs – die Rohrenden
                              									werden mit Holzpfropfen verschlossen – und dann erst die Biegung, ob warm oder kalt,
                              									vornehmen darf.
                           Um ein Lässigwerden der Rohre an den Gewinden zu verhüten, werden
                              									diese beim Legen der Gasleitungen durch geriebenen Menningkitt abgedichtet. Probirt
                              									man aber die mit Muffen versehenen Rohre noch, bevor jene Dichtung erfolgt ist, so
                              									ergibt sich zuweilen, namentlich bei frisch geschnittenen Gewinden, bevor also das
                              									angewendete Maschinenöl etwas verharzte, ein Lässigwerden an der Muffenverbindung.
                              									Man wird dies fast immer vermeiden, wenn man den Muff bis auf das letzte Gewinde des
                              									Rohres schraubt, so daſs kein Schraubengang leer bleibt, während man bei nicht fest
                              									aufsitzenden Muffen selten völlige Dichtigkeit erzielen wird.
                           Es kommt zuweilen auch vor, daſs Uebernehmer von Gasröhren,
                              									namentlich Zwischenhändler, die Röhren wegen der auf der Oberfläche derselben vom
                              									Trichter oder Ziehringe herrührenden schwachen Riefeln als Schönheitsfehler
                              									beanstanden, was gewiſs am wenigsten gerechtfertigt ist, da die Riefeln beim
                              									Handhaben der Rohre mit der Rohrzange von Seite des Personales der Gasanstalten
                              									geradezu erwünscht sind.Erwähnungswerth scheint noch, daſs die Röhrenfabrik in Brezowa, welche im J.
                                    											1882 gebaut wurde, die erste Anlage dieser Art in Oesterreich-Ungarn war;
                                    											Witkowitz folgte derselben sozusagen auf dem Fuſse. Im Auslande sind die
                                    											Röhrenfabriken meistens nicht auf Hüttenwerken eingerichtet, sondern bilden
                                    											ganz selbstständige Fabrikanlagen. Daſs man in Oesterreich-Ungarn überhaupt
                                    											so lange mit der Einführung dieser Fabrikation zögerte, hat seinen Grund,
                                    											abgesehen von manchen anderen Umständen, gewiſs auch im Mangel an
                                    											Unternehmungsgeist, so daſs bei Einführung dieses neuen Industriezweiges,
                                    											wie so oft vorher, wieder Montanistiker im Interesse der vaterländischen
                                    											Industrie ihre Rolle als Bahnbrecher aufnehmen muſsten.K.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
