| Titel: | Ueber die Fortschritte der chemischen Technologie der Textilfasern; von Dr. Otto N. Witt. | 
| Autor: | Otto N. Witt | 
| Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 290 | 
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                        Ueber die Fortschritte der chemischen Technologie
                           								der Textilfasern; von Dr. Otto N. Witt.
                        Patentklasse 8.
                        Witt, über Fortschritte der chemischen Technologie der
                           								Textilfasern.
                        
                     
                        
                           Wenn auch im Verlaufe des J. 1886 sehr tiefgreifende Neuerungen auf diesem Gebiete
                              									nicht zu verzeichnen sind, so liegt doch eine Anzahl von Errungenschaften vor,
                              									welche in ihrem Werthe nicht zu unterschätzen sind. Charakteristisch für diesen
                              									Zeitraum ist das bei den Farbenfabrikanten und Abnehmern erhöhte Interesse für die
                              									Anwendbarkeit der wohlbekannten und eingebürgerten künstlichen Farbstoffe, deren
                              									Anwendungsgebiet durch Aufsuchung neuer Färbe- und Druckmethoden stetig erweitert
                              									wird. Dagegen scheint in der Erfindung neuer Farbstoffe
                              									wieder ein gewisser Stillstand eingetreten zu sein; die vorliegenden Erfindungen
                              									sind gröſstentheils neue Analogien bereits früher festgestellter Reactionen.
                           Das Suchen nach neuen, in der europäischen Textilindustrie verwendbaren Spinnfasern
                              									hat, weit davon entfernt, zu erlahmen, einen neuen Aufschwung genommen. Derselbe
                              									wurde nicht wenig gefördert durch die groſsartige, im Sommer 1886 veranstaltete
                              									Indische und Colonial-Ausstellung zu London. Indien sowohl, wie die englischen
                              									Colonien hatten groſse Mengen von spinnbaren Fasern ausgestellt, unter denen sich
                              									viele bis jetzt nicht einmal dem Namen nach in Europa bekannte vorfanden. Eine
                              									überaus lehrreiche Zusammenstellung der von Indien gelieferten Fasern findet sich in
                              									dem von der indischen Regierung herausgegebenen Specialkataloge S. 118 ff, wo die
                              									verschiedenen Fasern in alphabetischer Reihenfolge besprochen und ihrer Verwendung
                              									nach klassificirt werden.
                           Als bedeutsame Neuheiten mögen zwei Gruppen von Fasern Erwähnung finden: Einerseits
                              									die Fasern der verschiedenen Arten der Gattung Sida (S.
                              										rhombifolia, S. carpinifolia u.a.m.), welche in
                              									ihrer Erscheinung und voraussichtlichen Verwendung der Jute ähnlich diese an
                              									seidenartigem Glänze, Weiſse, Feinheit und wie es scheint auch Festigkeit ihrer
                              									Bastfasern weit übertreffen. Eine andere Gruppe von neuen Fasern lassen sich unter
                              									der gemeinsamen Bezeichnung der Wilden Rheafasern
                              									zusammenfassen. Es sind dies die aus reiner Cellulose bestehenden Bastfasern einer
                              									Reihe von bisher unbeachteten, zum Theile sogar botanisch noch nicht bestimmten
                              									Urticaceen (Nesselarten), von denen man erwartet, daſs sie im Stande sein werden,
                              									die den Boden zu sehr erschöpfende Rhea- oder Ramiepflanze, bei der auch die
                              									Gewinnung des Bastes noch immer Schwierigkeiten bereitet, zu ersetzen. (Vgl. auch
                              									1883 249 204. 1882 244 83.
                              									1874 213 526).
                           Eine besonders einläſsliche Behandlung ist auf der Ausstellung der indischen Seidenindustrie zu Theil geworden. Ein eigener Hof war
                              									derselben eingeräumt, in welchem unter der Leitung von Thomas Wardle
                              									alles zusammengetragen
                              									worden war, was auf die indische Seidenkultur Bezug hat, während gleichzeitig A. Wailly die verschiedenen indischen Seidenspinner
                              									während der ganzen Dauer der Ausstellung lebend vorführte. Was zunächst den
                              									Maulbeerspinner anbelangt, so hat sich gezeigt, daſs Indien sehr wohl im Stande sein
                              									dürfte, einen groſsen Theil des europäischen Bedarfes zu decken, sobald der
                              									Seidenbau aus den Händen der Eingeborenen in den der Europäer übergegangen und nach
                              									dem Vorbilde der italienischen und französischen Seidenanpflanzungen eingerichtet
                              									sein wird. Dies ist zum Theile bereits der Fall und die Seidenzüchtereien
                              									verschiedener zu diesem Zwecke errichteter Actiengesellschaften, sowie namentlich
                              									des englischen Groſsindustriellen S. C. Lister haben
                              									die schönsten Erfolge aufzuweisen. Von groſsem Interesse ist auch die Zucht des nur
                              									in Indien heimischen, bisher in Europa nicht beachteten multivoltinen
                              									Maulbeerspinners, welcher bis zu 12 Brüten in einem Jahre hervorbringt und dessen
                              									Leistung daher trotz seiner sehr kleinen Cocons eine überaus reiche ist.
                           Von der einschneidensten Bedeutung für die europäische Industrie ist schon jetzt
                              									unter dem Einflüsse administrativer Begünstigung und europäischen Kapitals die
                              									Jahrtausende alte, aber allmählich ganz herabgekommene Industrie der wilden oder
                              									Tussurseiden in Indien geworden. Die Fasern, welche theils von dem eigentlichen
                              									Tussurspinner (Antheraea mylitta), theils aber auch von
                              									dem Eria- und Mugaspinner abstammen, werden jetzt in Indien auf zweckentsprechende
                              									Weise gewonnen, gelangen in groſsen Mengen nach Europa und werden hier zusammen mit
                              									der chinesischen, von Anth. Pernyi abstammenden
                              									Tussahseide zu eigenartigen Geweben verarbeitet, deren Herstellung aus der
                              									Maulbeerseide nicht möglich wäre.
                           Mit den wilden Seiden beschäftigt sich auch ein Vortrag,
                              									welcher von Otto N. Witt am 3. Januar 1887 zu Berlin im
                              									Verein zur Beförderung des Gewerbfleiſses gehalten wurde. Witt besprach zunächst die verschiedenen zur Gewinnung wilder Seiden
                              									geeigneten Seidenspinner und die von denselben gelieferten Producte; er beschrieb
                              									die verschiedenen zur Gewinnung dieser Seiden anwendbaren Methoden, welche in zwei
                              									groſse Gruppen – Haspel- sowie Spinnverfahren – zerfallen, und erörterte die
                              									Bleicherei dieser Seiden, welche nur mit Hilfe von Wasserstoffsuperoxyd (vgl. auch
                              										G. Lunge 1886 259 196.
                              									1882 244 246) gelingt und beliebige nachfolgende Färbung
                              									gestattet und ging endlich über auf eine Schilderung der aus diesen Seiden
                              									herstellbaren eigenartigen Stoffe – Plüschen, Fellimitationen,
                              									Bastseiden-Kleiderstoffe, elastische Wirkwaaren und Passementerien. Zum Schlusse
                              									machte der Vortragende darauf aufmerksam, daſs auch das tropische Afrika reich sei
                              									an derartigen Spinnern und daſs es wohl der Mühe lohnen würde, in den neuen
                              									deutschen Colonien und den mit Deutschland in regem Handelsverkehre stehenden
                              									Staaten Südamerikas diese Spinner aufzusuchen und auf ihre technische Brauchbarkeit
                              									zu prüfen.
                           
                           Die Verwendung dieser neuen Spinnstoffe hat zum Wiedererscheinen zahlreicher gemischter Gewebe aus Seide, Wolle und Baumwolle
                              									geführt. Die Untersuchung derselben erfolgt wohl am
                              									besten durch das Mikroskop unter Benutzung zuverlässiger Vergleichspräparate oder
                              									gut ausgeführter Zeichnungen. Dem Bedürfnisse nach letzteren hilft ein neuerdings
                              									erschienenes Werk von Prof. F. v. Höhnel (Die Mikroskopie der technisch verwendeten Faserstoffe.
                              									Wien 1887. Hartleben's Verlag) ab. Dasselbe schlieſst
                              									sich in der Behandlung seines Stoffes den classischen Untersuchungen Wiesner's an, berücksichtigt aber auch die Ergebnisse
                              									neuerer Forschungen und erläutert das Gesagte durch treffliche Textbilder nach
                              									sorgfältigen Originalzeichnungen des Verfassers. Es wird daher Allen, welche mit
                              									Faserstoffen zu thun haben, werthvolle Dienste leisten. Unter Umständen läſst sich
                              									indessen wohl auch eine chemische Trennungsmethode für
                              									die Gewebselemente gemischter Stoffe benutzen.
                           Die Wochenschrift für Spinnerei und Weberei, 1885 S. 758
                              									brachte eine Mittheilung von Herm. Krätzer, welcher zu
                              									Folge die alkoholische Glycerin-Kupferlösung (16g Kupfervitriol, 140 bis 160g Wasser, Glycerin und Natronlauge) von Löwe (vgl. 1876 222 274)
                              									Seide mit Leichtigkeit auflöst, während andere Fasern durchaus nicht angegriffen
                              									werden. Verfasser empfiehlt daher diese Flüssigkeit zur quantitativen Bestimmung der Seide in gemischten Geweben.
                           Bezüglich der Gewinnung der Wolle liegen wesentliche
                              									Neuerungen nicht vor. Dagegen hat die stetig zunehmende Verwendung des Mohair dazu geführt, die Versuche zur Acclimatisation
                              									der diese Faser liefernden Angoraziege auſserhalb ihrer kleinasiatischen Heimath
                              									wieder aufzunehmen. Während nun die früheren Versuche in Australien und Südamerika
                              									gescheitert sind, haben sich die jetzt am Cap der guten Hoffnung und in gewissen
                              									Theilen Nordamerikas angestellten Versuche vollkommen bewährt, so daſs schon jetzt
                              									diese Länder erhebliche Mengen von Mohair nach Europa liefern.
                           In der Gewinnung der verschiedenen Pflanzenfasern bildet ein
                              									wirklich praktisches Verfahren zur Abscheidung der
                                 										Ramiefasern noch immer den Gegen: stand zahlreicher Versuche. A. Sansone hat über diesen Gegenstand in der Society of Chemical Industry einen Vortrag gehalten und
                              									in demselben vorgeschlagen, die frisch geschnittenen Ramiestengel in Silos in einer
                              									schwachen Natriumbisulfitlösung einzulegen und dann allmählich unter Zuhilfenahme
                              									von Potaschenlauge aufzuarbeiten (vgl. 1886 260 184). Es
                              									bleibt abzuwarten, wie sich dieser Vorschlag in der Praxis bewährt.
                           Nach dem von P. Hosemann und B. Fiegel in Berlin vorgeschlagenen Verfahren zur Isolirung und Zubereitung von Gespinnstfasern, wie
                              									Flachs und Hanf (vgl. 1886 262 188), sollen die Fasern in
                              									der Weise von Gummi- und Harzstoffen befreit werden, daſs man sie einer künstlichen
                              									Verdauung aussetzt, indem man sie mit einem wässerigen Auszug aus zerkleinertem
                              									Ochsenmagen behandelt, was aber kaum praktisch durchführbar sein dürfte.
                           In der Wollenfärberei sind zahlreiche und bedeutsame
                              									Neuerungen zu verzeichnen. Abgesehen von der stetig wachsenden Anwendung des
                              									Wasserstoffsuperoxydes zum Bleichen der Wolle, von welcher weiter unten noch die Rede sein wird, ist es
                              									vor Allem die stets steigende Anwendung der echten Baumwollfarbstoffe – Alizarin und
                              									seiner Verwandten, Alizarin blau und Cöruleїn –, welche uns hier auffällt. Den
                              									Anstoſs zu dieser Neuerung haben wir in der von J. J.
                                 										Hummel und der Badischen Anilin- und
                                 										Sodafabrik in den J. 1884 und 1885 warm empfohlenen Verwendung des
                              									künstlichen Alizarins in der Wollfärberei zu suchen. Die damals bekannt gewordenen
                              									Verfahren haben sich rasch eine so groſse Beliebtheit erworben, daſs man nun auch
                              									daran gehen konnte, die ebenfalls durch auſserordentliche Echtheit ausgezeichneten
                              									Farbstoffe Alizarinblau und Cöruleїn unter Zuhilfenahme der dem Wollfärber wohlbekannten Chrombeizen
                              									aufzufärben. Die von Brunck entdeckten wasserlöslichen
                              									Bisulfitverbindungen der genannten Farbstoffe, welche von der Badischen Anilin- und Sodafabrik in vorzüglicher
                              									Reinheit auf den Markt gebracht werden, bilden ein für den Gebrauch des Färbers sehr
                              									geeignetes Material.
                           Im Deutschen Wollengewerbe, 1886 S. 1033 empfiehlt Walther Troose das Alizarinblau
                                 										als Ersatz des Indigos in der Wollfärberei. Durch 3 bis 4 Wochen langes
                              									Aussetzen an Sonne, Regen und Wind hat er sich überzeugt, daſs alizarinblaue
                              									Färbungen ebenso echt sind wie indigoblaue. Dabei ist Alizarinblau walk- und
                              									reibechter als Küpenblau. Die Salpetersäure-Reaction des Alizarinblau ist der des
                              									Indigos sehr ähnlich, zieht aber nach einiger Zeit ins Röthliche. Von den
                              									verschiedenen Handelsmarken empfiehlt Verfasser die Marken SW und SRW der Badischen Anilin- und Sodafabrik, erstere für helle, letztere für dunklere
                              									Töne. Für ganz dunkle Nuancen empfiehlt Verfasser ein Ansieden der Wolle mit
                              									Chromkali und Weinstein und Ausfärben mit 15 Proc. Alizarnblauteig und Blauholz.
                              									(Vgl. 1886 262 85.)
                           Dagegen betont ein Ungenannter (L. S.), a. a. O. S.
                              									1122, daſs die mit Alizarinblau gefärbte Wolle, wahrscheinlich in Folge des beim
                              									Färben unvermeidlichen Siedens, an Spinn- und Filzfähigkeit beträchtlich eingebüſst
                              									habe. Beim Spinnen sei viel mehr Abgang und beim Walken müsse zur Erreichung des
                              									erstrebten Zieles viel energischer verfahren werden. In der Aufsicht erschiene
                              									Alizarinblau blasser, in der Uebersicht aber dunkler und feuriger als Küpenblau. Im
                              									Allgemeinen lieſse sich Alizarinblau für Färbungen auf loser Wolle nicht empfehlen,
                              									wohl aber für stückfarbige Waare. Am wichtigsten erscheint dem Verfasser die
                              									Eigenschaft des Alizarinblau, nicht, wie das Küpenblau es thut, beim Tragen
                              									abzureiben.
                           Cöruleїn kann, nach einer Mittheilung des Textile Manufacturer, 1886 S. 593, auch in Form einer
                              									Küpe zum Wollenfärben verwendet werden. Der Farbstoff wird mit seinem eigenen
                              									Gewichte concentrirter Bisulfitlauge angerührt und mit 0,1 seines Gewichtes
                              									Zinkstaub versetzt. Nach etwa 2 Stunden wird die Mischung zum Färbebad verdünnt und
                              									dieses langsam angeheizt. Die zu färbende Wolle muſs vorher mit Weinstein und
                              									Alaun, oder noch besser mit Weinstein und Chromalaun regelrecht ausgesotten sein.
                              									Das Bad sieht bräunlichorange aus und man färbt in demselben unter gelindem Sieden,
                              									bis ein herausgenommenes Muster in etwa 10 Minuten den gewünschten Farbenton
                              									annimmt. Dann nimmt man die ganze Waare heraus und läſst durch Liegen an der Luft
                              									die Färbung sich entwickeln. Man erhält so auſserordentlich echte Töne.
                           Die schon im J. 1878 versuchsweise in der Wollfärberei eingeführten Sulfosäuren (vgl.
                              										Przibram 1879 231 384)
                              									des Alizarins und seiner Verwandten sind ebenfalls von der Badischen Anilin- und Sodafabrik wieder aufgenommen worden und unter dem
                              									Namen Alizarinroth S, 2 S und 3
                                 										S in drei verschiedenen Tönungen in den Handel gekommen; sie geben schöne
                              									und echte rothe Töne auf Wolle.
                           Ueber die Schwarzfärberei auf loser Wolle, Wollengarn und
                                 										Strickwaare bringt das Deutsche Wollengewerbe,
                              									1886 S. 1687 ff. eine Preisarbeit von Arthur Putzer.
                              									Als wichtigstes Mittel zum Schwarzfärben bespricht Verfasser zunächst das Blauholz
                              									und die Reactionen des in demselben enthaltenen Farbstoffes. Er weist nach, daſs
                              									Eisensalze den letzteren sehr rasch völlig ausfällen, während Kupfervitriol eine
                              									langsamere Fällung bewirkt und daher beim Schwarzfärben für die Tiefe und
                              									Gleiehmäſsigkeit der Färbung von Wichtigkeit ist. Peltzer empfiehlt nachstehende Vorschrift als zuverlässig: 10 Proc. (vom
                              									Gewichte der Waare) Blauholzextract, 8 Proc. Eisenvitriol, 4 Proc. Kupfervitriol
                              									(Blaustein), 1 Proc. Soda, 1 Proc. Zuckersäure (Oxalsäure) und nach Bedarf noch
                              									etwas Gelbholz. Es ist dies ein sogen. „Eisenschwarz auf einem Bade“. Die zum Schwarzfärben auf einem Bade
                              									verkauften Präparate (Kaiserschwarz u.s.w.) sind ganz ähnlich zusammengesetzt. Von
                              									den „Schwarz auf zwei Bädern“ unterscheidet der Verfasser wie üblich die
                              									verschiedenen Kali- oder Chromschwarz von den auf zwei Bädern gefärbten
                              									Eisenschwarz. Am schönsten und echtesten sind die (jetzt nur selten gefärbten)
                              									Schwarz auf Küpengrund. Am unechtesten sind die ohne Zuhilfenahme von Eisen- und
                              									Kupfersalzen nur mit Kaliumbichromat und Blauholz hergestellten reinen
                              									Kalischwarz.
                           Für die schönsten Schwarz empfiehlt es sich beim Färben, Blauholz anzuwenden, während
                              									vielfach der Bequemlichkeit halber Blauholzextract angewendet wird. 1 G.-Th. Extract
                              									(fester) entspricht 7 Th. nassem Blauholz und der Färber pflegt zu fordern, daſs
                              									sich Wolle mit 10 Procent ihres Gewichtes an Extract schön schwarz färben lasse.
                           Blauholz-Extract geht nach den Beobachtungen Peltzer's
                              									auf Kalisud (also Wolle, welche bloſs mit Kaliumbichromat oder diesem Salze und
                              									Weinstein oder Oxalsäure angesotten ist) nicht auf; es geling diesem Falle nur dann
                              									mit Extract schwarz zu färben, wenn man den Färbebade Kupfervitriol zusetzt, Die
                              									Angaben des Verfassers beziehen sich indeſs wohl nur auf festes Blauholzextract.
                           
                           Garne werden nur auf zwei Bädern schwarz gefärbt. Die Färbeflotte muſs beim Kochen
                              									stets gelb aussehen. Ist dieselbe schwärzlich trübe oder roth gefärbt, so ist sie zu
                              									alkalisch, ein Uebelstand, welcher durch Zusatz von etwas Schwefelsäure gehoben
                              									wird. Durch genügenden Säurezusatz vermeidet man auch den mitunter beim Kalischwarz
                              									auftretenden braunrothen Ton.
                           Eine bedeutsame Veränderung vollzieht sich zur Zeit in der Färberei der losen Wolle. Durch das bisher übliche Sieden derselben
                              									in losem Zustande im Färbekessel konnte ein gleichmäſsiges Angehen der Farbe nie
                              									erreicht werden, weil sich Blasen in der Masse bildeten, in welche die Flüssigkeit
                              									nicht eindrang. Durch das lange Sieden wurde die Faser stark verfilzt und spröde,
                              									wodurch beim nachherigen Verspinnen sich viel Abgang ergab. Alle diese Uebelstände
                              									werden beseitigt durch die Verwendung von Apparaten, in welchen die Wolle
                              									unverrückbar fest liegt, die heiſse Farbbrühe aber in gleichmäſsigem Strome durch
                              									die Fasern kreist. Diese Apparate bieten den weiteren Vortheil, daſs sie durch eine
                              									ganz geringe Abänderung befähigt werden, auch den auf Spulen aufgewickelten Kammzug
                              									vollkommen gleichmäſsig und ohne Jede Spur von Verfilzung zu durchfärben, eine
                              									Aufgabe, welche in der bisherigen Weise nicht gelöst werden kann.
                           Ueber J. O. Obermaier's Färbesystem (vgl. 1884 253 * 126. 1885 257 * 319. 1886 259 * 18) in der Praxis gibt Wilh.
                                 										Schweitzer in Romen's Journat, 1886 S. 163 einen Bericht, welcher die neuen Apparate sehr
                              									günstig beurtheilt. Auch das Färben loser Baumwolle war früher eine ungemein lästige
                              									Arbeit, bei welcher die Baumwolle nicht wenig angegriffen wurde. Im Obermaier'schen Apparate kann dagegen lose Baumwolle. im zusammengepreſsten Zustande gebleicht,
                              									gefärbt und getrocknet werden, ohne daſs irgend welche Mühe damit verbunden ist. Das
                              									Material färbt sich sehr gleichmäſsig, der Stapel der Faser wird vollkommen
                              									erhalten, so daſs die nach dem neuen Verfahren gefärbte Baumwolle weit spinnbarer
                              									ist als die nach der alten Methode erhaltene. Farben, welche mit Farbholzextracten
                              									oder Catechu erhalten werden, fallen am schönsten aus. Aber auch Türkischroth läſst
                              									sich im Obermaier'schen Apparate vorbeizen, so daſs nur
                              									noch die Färbung in loser Flotte zu geschehen braucht. Anilinschwarz bietet bei
                              									Vorsicht keine Schwierigkeiten. Auch Garne lassen sich sehr schön im Obermaier'schen Apparate färben.
                           Besonders verbreitet und vortheilhaft ist Obermaier's
                              									Apparat in der Wollfärberei. Die für Wolle bestimmten
                              									Apparate sind gröſser als die für die Baumwollfärberei gebauten und fassen 105 bis
                              										110k. Es wird in denselben sowohl lose Wolle,
                              									als auch Kammzug in passend gepackten Spulen gefärbt. Alle Färbungen erweisen sich
                              									als äuſserst gleichmäſsig und die Wolle leidet nicht im Geringsten durch Verwirren
                              									und Verfilzen. Auch Küpenblau läſst sich im Obermaier'schen Apparate färben und selbst zur Carbonisation roher Wollen soll
                              									derselbe mit Erfolg angewendet worden sein. Färbeapparate, welche auf dem gleichen
                              									Prinzipe wie der Obermaier'sche – Durchpumpen der
                              									Flotte durch die festliegenden Fasern – beruhen, sind ferner angegeben worden: von
                              										Pasquay (Englisches Patent 1886 Nr. 9690 von Salt und Stead) für
                              									Kammzug auf Spulen und von Bertrand für Kammwolle auf
                              									Spulen (vgl. Romen's Journal, 1886 Bd. 1 S. 193 bez. 206).
                           
                              (Fortsetzung folgt.)